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OGH vom 09.10.2019, 7Nc28/19f

OGH vom 09.10.2019, 7Nc28/19f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Höllwerth und die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B***** K*****, 2. C***** K*****, beide *****, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, wegen 1.318 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Parteien den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.

Text

Begründung:

Die Kläger streben die Verpflichtung der beklagten Fluglinie mit Sitz in ***** (Ägypten) zur Zahlung von 1.318 EUR sA aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen an. Bei ihrem von der Beklagten durchgeführten Flug von Wien nach H***** am sei es zu einer Verspätung von insgesamt 24 Stunden gekommen.

Nach rechtskräftiger Zurückweisung ihrer Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit durch das Bezirksgericht Schwechat beantragen die Kläger die Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN und die Zuweisung des Rechtsstreits an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien. Sie hätten ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und der Abflugort sei in Österreich (Flughafen WienSchwechat) gelegen, womit jedenfalls ein Naheverhältnis zum Inland bestehe. Die Rechtsverfolgung am Sitz der Beklagten in Ägypten wäre aussichtslos, unmöglich bzw unzumutbar, insbesondere weil der Verfahrensaufwand unverhältnismäßig wäre und zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung bestehe. Die Kläger beabsichtigten deshalb eine Exekutionsführung in Österreich, insbesondere auf Vermögensgegenstände, welche von der Beklagten im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit immer wieder nach Österreich verbracht würden (wie Flugzeuge und sonstige Betriebsmittel) bzw auf Forderungen, welche der Beklagten aus ihrer Geschäftstätigkeit in Österreich und gegen Schuldner in Österreich erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.

1. Die Ordination hat zu unterbleiben, wenn ohnehin ein Gerichtsstand im Inland besteht. Die Klage wurde hier bereits rechtskräftig zurückgewiesen.

2. Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN hat der Oberste Gerichtshof unter anderem dann ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn der Kläger seinen Wohnsitz in Österreich hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (7 Nc 23/19w mwN).

3. Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland liegt unter anderem dann vor, wenn eine Exekutionsführung im Inland geplant ist, die ausländische Entscheidung in Österreich aber nicht vollstreckt würde (RS0046148 [T17]). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Behauptungen der Kläger gegeben, weil zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung besteht (7 Nc 23/19w, 7 Nc 24/19t, 5 Nc 20/19i). Dem Ordinationsantrag ist daher stattzugeben, was auch unionsrechtlichen Überlegungen (effet utile) entspricht (4 Nc 11/19h).

4. Für die Auswahl des zu ordinierenden Gerichts enthält § 28 JN keine ausdrücklichen Vorgaben. Nach der Rechtsprechung ist dabei auf die Kriterien der Parteinähe und der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat eine Zuweisung der vorliegenden Sache an das Bezirksgericht Schwechat zu erfolgen, weil der Abflugort im Sprengel dieses Gerichts gelegen war, zudem wurde die vorliegende Klage bei diesem Gericht bereits behandelt (4 Nc 11/19h). Gründe, die eine Ordination an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien zweckmäßig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0070NC00028.19F.1009.000

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Fundstelle(n):
UAAAD-62951