OGH vom 21.12.2004, 5Ob270/04y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Hradil und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Ernst M*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 25.000,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 138/04z-11, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 30 Cg 135/03k-7, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.315,08 (darin enthalten EUR 219,18 USt bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Unternehmensgegenstand der Beklagten ist primär die Errichtung und Verwaltung von Wohnbauten sowie die Vermietung von Wohnungen an Privatpersonen zu Wohnzwecken. Sie hat ihre Mieter (Nutzer), darunter den Kläger, mit Rundschreiben vom eingeladen, unter folgenden Bedingungen gemäß § 15c (aF) WGG einen Antrag auf Übertragung ihrer Wohnungen (beim Kläger seiner Mietwohnung im Haus *****) ins Eigentum zu stellen:
1. Mindestquote: Mindestens 25 % der Mieter des von Ihnen bewohnten Hauses stellen einen entsprechenden Antrag auf nachträgliche Übertragung ihrer Wohnung ins Wohnungseigentum mittels beiliegendem Antragsformular.
2. Die Kosten für die Vertragserrichtung, der grundbücherlichen Durchführung und aller sonstigen Nebenkosten müssen von Ihnen getragen werden.
3. Sie ermächtigen uns im Falle der Einleitung des Verkaufsverfahrens, einmalig einen anteiligen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von ÖS 7.500,-- als Kostenbeitrag für die erforderlichen Schätzgutachten etc von Ihrem Konto abzubuchen. Von diesem Einziehungsauftrag werden wir nur dann Gebrauch machen, wenn Sie das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen, oder aus Gründen, die allein in Ihrer Sphäre liegen, nicht annehmen. Insbesondere werden wir vom Abbuchungsauftrag keinen Gebrauch machen, wenn Sie Ihre Wohnung nicht kaufen, da der Kaufpreis den in der Beilage beispielhaft dargestellten Richtpreis um mehr als 25 % übersteigt."
Die Beklagte verpflichtete sich (in einem zweiten Teil dieses Rundschreibens) bei Vorliegen folgender Bedingungen über das WGG hinaus zum Verkauf der Wohnung:
- Mindestens 25 % der Mieter der von Ihnen bewohnten Wohnhausanlage nehmen anhand des festgestellten Preises das Kaufanbot rechtsverbindlich an.
Ein rechtsverbindliches Kaufanbot seitens unserer Gesellschaft wird nur dann gestellt, wenn der durch Schätzgutachten festgestellte Verkehrswert nicht niedriger ist als der Buchwert der Wohnung.
- Bei der Verkehrswertermittlung wird das Vorliegen eines aufrechten Mietverhältnisses als wertbildender Umstand nicht berücksichtigt, sodass Sie die Beschränkungen hinsichtlich Weiterverkauf und Mietzinsbildungen nicht treffen.
- Verbindlichkeiten der B*****, in die der Mieter nicht eintreten kann, insbesondere das Nominale von zur Baukostenfinanzierung herangezogenen Bundesdarlehen, werden vom Käufer aufgebracht.
Der Kläger unterfertigte die beigeschlossene Erklärung (den vorformulierten Antrag) am und sandte sie an die Beklagte.
Am langte beim HG Wien eine von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte gegen die B***** GmbH erhobene Klage auf Unterlassung der weiteren Verwendung einzelner Klauseln des Rundschreibens ein (10 Cg 188/01d dieses Gerichtes). Am wurde der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung verboten, drei der Klauseln zu verwenden. Dem Kläger gelangte die einstweilige Verfügung wenige Tage nach deren Erlassung zur Kenntnis. Die Entscheidung des HG Wien wurde in der Folge vom OLG Wien und vom OGH bestätigt. Der Argumentation der Beklagten, sie habe kein Einladungsschreiben gemäß § 15c WGG ausgeschickt, sondern ein verbindliches Anbot gestellt (das sie mangels Verkaufsverpflichtung an beliebige Bedingungen knüpfen könne), wurde nicht gefolgt.
Mit Schreiben vom verständigte die Beklagte den Kläger, dass nur fünf Mieter seiner Wohnhausanlage einen Antrag auf nachträgliche Übertragung ihrer Wohnungen ins Wohnungseigentum gestellt hätten, davon einer mit einer Einschränkung, letztlich also nur 4 % der Mieter. Demnach seien die „Voraussetzungen für unser (der Beklagten) rechtsverbindliches Verkaufsangebot leider nicht erfüllt". In einem offenbar an alle Nutzer ergangen Schreiben der Beklagten vom heißt es (zum selben Thema), die Beklagte halte „daher auch die Einleitung des Preisfestsetzungsverfahrens für hinfällig", doch werde sie „über Ihren ausdrücklichen schriftlichen Wunsch" ein solches Verfahren einleiten.
Der Kläger beantragte am die Durchführung des Preisfestsetzungsverfahrens. Mit Entscheidung der Schlichtungsstelle vom wurde der Preis für die Wohnung des Klägers mit EUR 73.344,18 (unter Berücksichtigung eines 30 %-igen Abschlages für das Vorliegen eines aufrechten Mietverhältnisses) festgesetzt.
Mit Schreiben vom teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er ihr verbindliche Anbot bereits (am ungeachtet der noch ausstehenden Preisfestsetzung) angenommen habe (seinen Kaufwillen jedoch neuerlich bekräftige) und ersuche, den Verkauf in die Wege zu leiten.
Dies lehnte die Beklagte ab.
Im jetzt mit Klage vom eingeleiteten Verfahren begehrt der Kläger 1. die Feststellung, dass er Wohnungseigentumswerber und die Beklagte Wohnungseigentumsorganisatorin hinsichtlich Wohnung top 13 im Haus ***** sei, und 2. (in eventu) mit Wirkung zwischen den Streitteilen festzustellen, dass zwischen ihnen ein Vertragsverhältnis zustandegekommen sei/ein Rechtsverhältnis bestehe, auf Grund dessen die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises von EUR 73.344,18 vermindert um die im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung der Schlichtungsstelle dem Kläger nach § 17 Abs 1 WGG bei Auflösung des Mietverhältnisses zustehenden Rückzahlungsbeträge Wohnungseigentum an der genannten Wohnung zu verschaffen. Er begründete dieses Begehren im Wesentlichen wie folgt:
Das Rundschreiben der Beklagten stelle ein verbindliches Angebot dar, für das die zwingenden Bestimmungen des WGG zu gelten hätten. Der Kläger habe dieses Angebot bereits am angenommen. Zwei der Bedingungen des Kaufanbotes seien erfüllt; die beiden anderen Klauseln (die Erfüllung einer 25 %-Käuferquote sowie der Vermietungsabschlag) seien laut Entscheidung des OGH rechtswidrig, weshalb der Vertrag mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt zustandegekommen sei. Darüber hinaus ergebe sich aus den Übergangsbestimmungen des § 39 Abs 21 WGG idF der WRN 2002 eine gesetzliche Verkaufsverpflichtung der Beklagten. Bei Antragstellung spätestens bis sei nur in Ansehung der Preisregelung weiterhin die alte Rechtslage maßgeblich; im Übrigen sollten die §§ 15b bis 15f WGG in der novellierten Fassung gelten. Der Kläger habe auf Grund des nach der neuen Rechtslage zulässigen Kaufanbotes fristgerecht eine dem § 15e Abs 3 WGG entsprechende Erklärung abgegeben.
Die Beklagte beantragte die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestreitet, dem Kläger ein verbindliches Angebot zum Kauf seiner Wohnung gemacht zu haben. Das Einladungsschreiben enthalte keine diesbezügliche Verpflichtung und sei vom Kläger auch nicht als verbindliches Angebot gewertet worden. Würde man das Rundschreiben als Anbot qualififizieren, wären die darin enthaltenen Bedingungen nicht eingetreten; außerdem wäre davon auszugehen, dass das Anbot mit Schreiben vom noch vor der behaupteten Annahme durch den Kläger widerrufen wurde. Nach der zitierten OGH-Entscheidung sei ein Vorausverzicht auf den Vermieterabschlag unmöglich, weshalb keine Einigung über den Kaufpreis erzielt worden sei. Der Vertrag sei zur Gänze nichtig, weil sich bei einer Verkaufsverpflichtung ohne die genannten Voraussetzungen die Rechtspositionen der Parteien zueinander in einer vom Parteiwillen nicht mehr gedeckten Weise verschieben würden. Aus den Übergangsbestimmungen der WRN 2002 lasse sich keine Verkaufsverpflichtung ableiten. Der Kläger stütze seinen Anspruch auf ein nach der neuen Rechtslage zulässiges verbindliches Angebot. Damit müssten aber sämtliche Regelungen des WGG neu (mit Ausnahme der Preisregelung: § 39 Abs 21b) zur Anwendung kommen. Die Vereinbarung einer Mindestkäuferquote wäre daher zulässig.
Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Evenutalbegehren des Klägers ab. Es ging dabei von den eingangs wiedergegebenen (in einzelnen Punkten an Hand der verwerteten Urkunden geringfügig korrigierten) Feststellungen aus, denen noch folgender Satz angefügt war:
Der Grund für diese (das Rundschreiben der Beklagten vom Juni 2001 betreffende) Zweiteilung des Schreibens war, dass nach der damaligen Rechtslage ein verbindliches Kaufanbot nicht zulässig gewesen wäre.
In rechtlicher Hinsicht wertete das Erstgericht das Rundschreiben der Beklagten als Einladungsschreiben iSd § 15c Abs 1 (aF) WGG und nicht als verbindliches Verkaufsanbot. Dies habe aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers klar sein müssen. Selbst bei einer Qualifikation als Anbotschreiben wäre dieses zu unbestimmt. Die verwendeten Klauseln (25 %-Quote, Mieterabschlag) seien sittenwidrig, weshalb für die Frage des Kaufpreises lediglich die Punkt 2. und 4. der Erklärung verblieben, aus denen kein bestimmbarer Betrag abgeleitet werden könne.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Die vom Kläger bekämpfte Feststellung, Grund für die Zweiteilung des (Rund-)Schreibens sei die damalige Unzulässigkeit eines verbindlichen Kaufangebots gewesen, sei so zu interpretieren, dass damit keine übereinstimmende Parteienabsicht der Streitteile, sondern lediglich festgestellt worden sei, was die Intentionen der Beklagten bei der Gestaltung des Rundschreibens waren. Bei der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen komme es aber auf den Empfängerhorizont an. Der subjektive Parteiwille und damit das Motiv der Beklagten für die Gestaltung ihres Schreibens vom Juni 2001 sei nicht relevant.
Die Interpretation der Entscheidungen des Rekurssenates und des Obersten Gerichtshofes im Verfahren 10 Cg 188/01d des Handelsgerichtes Wien sei nicht den Tatsachenfeststellungen, sondern der rechtliche Beurteilung zuzuordnen und daher dort behandeln.
Anzumerken sei, dass neben dem Text der Annahmeerklärung des Klägers vom (mit den Bedingungen einer 25 %-igen Mindestantragsquote sowie dem Verzicht auf die Berücksichtigung des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildenden Umstand) und des Schreibens vom auch noch der Umstand unstrittig sei, dass mit Ausnahme des Klägers kein anderer Mieter der Anlage F***** einen Antrag auf Übertragung des Mietobjektes ins Eigentum gestellt hat. Weiters stehe unstrittig fest, dass die genannte Wohnhausanlage jedenfalls vor 1993 errichtet wurde.
Rechtlich ergebe sich Folgendes:
Anzuwenden sei § 15c WGG in der zum Zeitpunkt des Einladungsschreibens geltenden Fassung der WRN 2000 (BGBl I 2000/36). Während § 15b WGG aF dem Mieter unter bestimmten -hier nicht in Betracht kommenden - Voraussetzungen eine gesetzliche Kaufoption und damit einen Anspruch auf Erwerb von Miteigentumsanteilen verbunden mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht an der bisherigen Mietwohnung einräumte, sei ein Anspruch des Mieters/Nutzungsberechtigten auf nachträgliche Übertragung ins Eigentum nach § 15c WGG aF von einem endgültigen Anbot der Bauvereinigung nach dem Abschluss des gerichtlichen Preisfestsetzungsverfahrens abhängig. Die Bauvereinigung sei nur zur Einleitung des Preisfestsetzungsverfahrens verpflichtet (Würth/Zingher Wohnrecht20 § 15c WGG Anm 4; 5 Ob 88/03g). Die gemeinnützige Bauvereinigung sei keinem Verkaufszwang ausgesetzt und in ihrer Entscheidung frei, ob sie entweder ein Kaufanbot eines Mieters annimmt oder ob sie ihren Mietern selbst ein verbindliches Verkaufsanbot stellt; tut sie dies aber, habe sich ihre Vertragserklärung an die zwingenden Vorgaben des § 15b Abs 3 bis 7 WGG idF vor der WRN 2002 zu halten. Es habe daher nicht nur eine Einladung iSd § 15c Abs 1 WGG aF, sondern auch ein verbindliches Verkaufsanbot der gemeinnützigen Bauvereinigung diesen zwingenden Normen zu entsprechen (RIS-Justiz RS0116914).
Nach der Entscheidung 5 Ob 149/02a verstießen die von der Beklagten verwendeten Klauseln (Mindestquote, Kostenbeitrag, Verzicht auf den Vermietungsabschlag) gegen die zwingenden Vorschriften des § 15b Abs 3 bis 7 aF WGG. Eine ausdrückliche Qualifikation des Rundschreibens vom als Einladungsschreiben oder als verbindliches Kaufanbot sei dieser Entscheidung nicht entnehmen, weil beide Varianten zum selben Ergebnis, nämlich zur Unzulässigkeit der verwendeten Klauseln und damit zur Klagsstattgebung im Verfahren nach § 28 KSchG geführt hätten. Die Frage, ob ein verbindliches, annahmefähiges Kaufanbot vorlag, sei daher nach den allgemeinen Kriterien der Auslegung von Willenserklärungen nach § 914 ABGB zu lösen.
Bei Wertung als verbindliches, den Bestimmtheitserfordernissen genügendes Verkaufsanbot wäre davon auszugehen, dass durch eine wirksame Annahmeerklärung des Klägers der Vertrag mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt ohne gesetzwidrige Klauseln zustandegekommen wäre. Entsprechend dem Schutzzweck der Normen des § 15b Abs 3 bis 7 aF WGG wäre der Kaufvertrag nur teilnichtig, weil er ohne die unzulässigen Klauseln auf Grund der Willenseinigung über den Verkauf und des bestimmbaren, zulässigen Preises fortbestehen könnte (vgl RIS-Justiz RS0014676 [T 5], Krejci in Rummel § 879 Rz 250).
Entscheidend sei bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen stets der Empfängerhorizont, wie also ein redlicher Erklärungsempfänger die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Vertragspartners verstehen konnte (RIS-Justiz RS0113932; RS0014160 uva). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei dabei jener des Empfangs der Willenserklärung (9 Ob 51/03w = RS0014205 [T 29]). Es komme bei der Auslegung von Willenserklärung weder alleine auf den Willen oder das Motiv des Erklärenden noch auf die subjektive Auslegung des Erklärungsempfängers an (8 Ob 190/98v; 9 ObA 337/97t; Binder in Schwimann ABGB2 § 914 Rz 36). Nicht relevant sei daher, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Abfassung des Rundschreibens ein verbindliches Verkaufsanbot abgeben wollte oder ob sie nachträglich im Schriftverkehr mit dem Kläger bzw in ihren Prozessbehauptungen im Verfahren nach den §§ 28 ff KSchG diese Qualifikation annahm.
Das Rundschreiben der Beklagten sei mit "Einladung zum Wohnungskauf: Antrag gemäß § 15c WGG" übertitelt und enthalte den Hinweis, dass der angeschriebene Mieter gemäß dieser Gesetzesbestimmung unter bestimmten Bedingungen und Setzung einer Frist von 6 Monaten zur Antragstellung auf sonstige nachträgliche Übertragung der Wohnung ins Wohnungseigentum eingeladen werde. Diese Formulierungen ließen iVm der angeschlossenen Erklärung, gemäß den Bedingungen des Einladungsschreibens vom den Antrag zu stellen, aus der Sicht eines vernünftigen Mieters nicht die Interpretation zu, dass die Beklagte damit ein verbindliches Kaufanbot stellte, das vom Mieter nur mehr angenommen werden müsse, um einen Kaufvertrag zu begründen. Auch das angeschlossene Antwortformular mit der Erklärung des Mieters entspreche nicht einem üblichen Konzept einer Annahmeerklärung einer bindenden Offerte, zumal eindeutig sowohl in der Erklärung als auch in der "Verpflichtungserklärung" der Beklagten darauf verwiesen worden sei, dass ein rechtsverbindliches Kaufanbot nur unter einer bestimmten Bedingung gestellt werde. Dass ein rechtsverbindliches Kaufanbot von einem zukünftigen Ereignis abhängig gemacht wurde, bringe gegenüber dem angesprochenen Mieter einen (noch) fehlenden Bildungswillen zum Ausdruck und relativiere die eingangs festgehaltene Verpflichtungserklärung. Da der Kaufpreis zum Zeitpunkt des Zugangs des Einladungsschreibens aus der Sicht des Mieters eine völlig unbekannte Größe darstellte, widerspräche die Wertung der Erklärung als rechtsverbindliche Annahme eines Kaufanbots generell den Interessen der Mieter, die in diesem Fall einem Kaufzwang ausgesetzt wären. Selbst bei Annahme eines verbindlichen Kaufanbotes der Beklagten durch das Rundschreiben könnte daher die vom Kläger unterfertigte Erklärung nicht als Annahme gewertet werden.
Den angesprochenen Interessen des Mieters trage jetzt die Neuregelung des § 15c und durch die WRN 2002 Rechnung. § 15c lit b WGG idgF ermögliche ein verbindliches Anbot der Bauvereinigung unter bestimmten zulässigen Bedingungen (zB Mindestquote). Es müsse die wesentlichen Bestimmungen des Vertrages enthalten, um es als verbindlich werten zu können (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 15c WGG Anm 6). Nach § 15e Abs 1 WGG habe die Bauvereinigung dem Mieter bei einer (unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen) Antragstellung auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum schriftlich eine Fixpreisvereinbarung anzubieten. Erfolgt kein Fixpreisanbot durch die Bauvereinigung, werde über Antrag des Mieters der Preis gerichtlich festgesetzt (Abs 2). Erklärt der Mieter binnen 6 Monaten, das Anbot der Bauvereinigung anzunehmen oder das Objekt zum gerichtlich festgesetzten Preis erwerben zu wollen, werde er mit Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bauvereinigung Wohnungseigentumsbewerber (Abs 3). Damit sei die Entscheidungsfreiheit des Mieters, das Objekt zu einem bestimmten und ihm bekannten Preis zu erwerben, gewahrt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergebe sich aus der Übergangsbestimmung des § 39 Abs 21b WGG idFd WRN 2002 keine Verkaufsverpflichtung der Beklagten. Auf Grund der Antragstellung bis seien die entsprechenden Bestimmungen der §§ 15b, 15c und 39 Abs 21 aF WGG anstelle der Preisregelung gemäß § 15d weiterhin anzuwenden und Grundlage der Erklärung gemäß § 15e Abs 3. Damit hätten die Preisvorschriften des § 15b aF weiter zu gelten. Der Verkehrswert sei Ausgangspunkt der Preisbildung und zwingend, um die vom Mieter im Bemessungszeitpunkt anteilig zu übernehmenden Verpflichtungen der Bauvereinigung zu vermindern (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Rz 7 zu § 15d WGG). Der Verweis auf die Bestimmung des § 15c WGG aF stelle klar, dass nach Beendigung des gerichtlichen Preisfestsetzungsverfahrens noch die in § 15c Abs 2 Satz 2 aF WGG genannte Zusage als Basis für eine Annahmeerklärung des Mieters im Sinne der neuen Bestimmung des § 15e Abs 3 WGG erforderlich ist, weil kein Verkaufszwang bestand. Auch nach der neuen Rechtslage könne die Bauvereinigung außerhalb des unmittelbar auf dem Gesetz beruhenden Anspruchs des Mieters nach § 15c a WGG nicht dazu gezwungen werden, nach lit b ein verbindliches Angebot zu stellen, das der Mieter iSd § 15e Abs 3 WGG annehmen kann. Die Interpretation des Klägers würde eine Besserstellung des Mieters bedeuten, der keine gesetzliche Kaufoption hat, und zu einem weder durch die alte noch die neue Rechtslage gedeckten Verkaufszwang führen. Unabhängig davon habe der Kläger nicht einmal behauptet, seiner in § 15e Abs 3 nF WGG vorgeschriebenen Zahlungsverpflichtung nachgekommen zu sein, was Voraussetzung für seine Stellung als Wohnungseigentumsbewerber wäre.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass die Revision (offenbar auf Basis eines mit mehr als EUR 20.000,-- bewerteten Entscheidungsgegenstandes) zulässig sei. Soweit überblickbar, bestehe nämlich keine höchstgerichtliche Judikatur zur Auslegung der Übergangsbestimmung des § 39 Z 21b WGG idFd WRN 2002 sowie zur Abgrenzung eines verbindlichen Anbots von einem Einladungsschreiben.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes hat der Kläger Revision mit dem Antrag erhoben, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Von der Beklagten liegt dazu eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig , weil höchstgerichtliche Judikatur zu den entscheidungsrelevanten Übergangsbestimmungen des § 39 Abs 21 und Abs 21b WGG idF der WRN 2002 fehlt; sie ist jedoch nicht berechtigt .
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt der Kläger, dass das Berufungsgericht die Feststellung des Erstgerichtes übernommen habe, Grund für die Zweiteilung des (Rund-)Schreibens der Beklagten vom Juni 2001 sei die Unzulässigkeit eines verbindlichen Kaufanbots nach der damaligen Rechtslage gewesen. Mit der Bekämpfung dieser Feststellung, die weder im Vorbringen der Beklagten noch in den Beweisergebnissen gedeckt sei, habe sich das Berufungsgericht nicht oder nicht ausreichend auseinandergesetzt.
Der gerügte Verfahrensmangel liegt mangels Entscheidungsrelevanz der fraglichen Feststellung nicht vor. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Intentionen der Beklagten für die Auslegung des Schreibens tatsächlich ohne Bedeutung sind (wie das Berufungsgericht meinte und deshalb ein Eingehen auf die Tatsachenrüge des Klägers nicht für erforderlich hielt) oder ob sie (wie der Kläger argumentiert) bei richtiger Feststellung und rechtlicher Würdigung doch einen Schluss auf das Vorliegen eines verbindlichen Kaufanbots zuließen. Die rechtliche Unverbindlichkeit des Angebots ergibt sich nämlich, wie noch auszuführen sein wird, aus einer Änderung der Gesetzeslage.
In seiner Rechtsrüge versucht der Kläger darzulegen, dass der zweite Teil des Rundschreibens der Beklagten vom sehr wohl ein verbindliches (lediglich von den gesetzwidrigen Klauseln zu bereinigendes) Kaufanbot gewesen sei, das er fristgerecht angenommen habe. Unabhängig davon ergebe sich eine gesetzliche Verkaufsverpflichtung der Beklagten aus § 39 Abs 21 und Abs 21b WGG idF der WRN 2002 zu den (nach den Regeln der Teilnichtigkeit bereinigten) Bedingungen des im Jahr 2001 gelegten und angenommenen Kaufanbots, wobei die Verfassungskonformität der Regelung des § 15e Abs 3 WGG idF der WRN 2002 in Frage gestellt werde, die Rechtsposition eines Wohnungseigentumsbewerbers könne erst durch die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bauvereinigung erworben werden.
Zu diesen Argumenten wurde erwogen:
Dem Kläger ist beizupflichten, dass sich die Annahme der Vorinstanzen, beim zweiten Teil des Rundschreibens der Beklagten vom handle es sich um kein Kauf- oder sonstiges Vertragsangebot, weil der Beklagten der Bindungswille gefehlt und sie das auch klar zum Ausdruck gebracht habe, mit den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen kaum vereinbaren lässt. Vieles spricht dafür, dass den am Kauf ihrer Wohnungen interessierten Mietern (Nutzern) zu den angeführten Bedingungen eine Option auf den Erwerb des Wohnungseigentums eingeräumt werden sollte. Es sei in diesem Zusammenhang an den Prozessstandpunkt der Beklagten im Verfahren 10 Cg 188/01d des Handelsgerichtes Wien (5 Ob 149/02a des OGH) und die keiner substanziellen Würdigung unterzogene Zeugenaussage ihres Prokuristen erinnert, wonach die Beklagte rechtsverbindlich erklären (versprechen) wollte, unter welchen Bedingungen sie (später) die Wohnungen tatsächlich verkaufen werde (ON 6, 9 f). Hinge die Entscheidung davon ab, ob das fragliche Rundschreiben nur eine dem § 15c aF WGG zu unterstellende Einladung zur Antragstellung oder (auch) ein verbindliches Angebot zum Kauf der Wohnungen enthielt, wäre demnach die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, allenfalls auch die Vollständigkeit der Verfahrensergebnisse zu hinterfragen. Die von einem verbindlichen Angebot ausgehenden Erwägungen des Klägers (wobei noch zu klären wäre, ob alle im Verfahren 10 Cg 188/01d des Handelsgerichtes Wien = 5 Ob 149/02a des OGH als gesetzwidrig erkannten Klauseln nach den Regeln der Teilnichtigkeit zu entfallen hätten oder ob nicht doch einzelne - etwa die Erreichung einer Mindestkäuferquote - außerhalb eines Verfahrens nach § 28 Abs 1 KSchG einer geltungserhaltenden Reduktion zugänglich wären) sind jedoch seit der Änderung der einschlägigen Bestimmungen des WGG durch die WRN 2002 obsolet geworden:
Gemäß § 39 Abs 21 WGG idF der (im hier relevanten Regelungsbereich teils mit , teils mit in Kraft getretenen) WRN 2002 (Art IV Abs 1 Z 1h und Z 1i WGG) gelten die §§ 15b bis 15f (mit denen ua den Mietern bzw sonstigen Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum eingeräumt wurde) nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs 21a und 21b leg cit für alle Fälle einer nachträglichen Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) nach dem . Der Kläger selbst versteht diese in den Gesetzesmaterialien nicht näher erläuterte Übergangsbestimmung so, dass sie grundsätzlich alle Fälle erfassen soll, in denen die Übereignung (letztlich also die Verbücherung des Wohnungseigentums) zum angegebenen Stichtag noch nicht vollzogen war. Das entspricht nicht nur dem Wortsinn des Begriffes „Übertragung in das Eigentum", sondern steht auch im Einklang mit der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers, den Anspruch möglichst vielen Mietern (Nutzern) von Genossenschaftswohnungen zu geben, auch denen, die sich noch nach den alten Vorschriften um den Kauf ihrer Wohnungen bemüht hatten (idS ist offenbar auch die rückwirkende Inkraftsetzung des § 15c lit a nF WGG durch Art IV Abs 1 Z 1i und die Regelung des § 39 Abs 21b nF WGG zu verstehen).
Grundsätzlich gilt daher auch die in § 15c lit b nF WGG enthaltene Neuregelung über den Anspruch auf Übertragung in das Wohnungseigentum auf Grund eines verbindlichen Angebots der Bauvereinigung (also auf rechtsgeschäftlicher Basis) seit dem für alle Fälle, in denen es noch nicht zur Übereignung der Wohnung gekommen ist. Die Bauvereinigung darf jetzt ihr Verkaufsangebot davon abhängig machen, dass es von einer Mindestanzahl von Mietern (Nutzungsberechtigten) angenommen wird (§ 15c lit b Z 1 nF WGG). Damit hat der Gesetzgeber die früher unzulässige Praxis von Bauvereinigungen (insbesondere der Beklagten) gebilligt, ihre Verkaufsbereitschaft an die Erfüllung einer Mindestkäuferquote zu binden.
Nach der zitierten Übergangsbestimmung des § 39 Abs 21 WGG idF der WRN 2002 gilt dies auch für jene Angebote einer Bauvereinigung und die auf dieser Basis abgeschlossenen, aber noch nicht bis zur Übereignung der Wohnung gediehenen Verträge, die vor dem - noch im Geltungsbereich der alten Gesetzeslage - gemacht bzw abgeschlossen wurden. Ein Teil der Lehre vertritt dazu zwar den Standpunkt, dass eine Übertragung von Mietwohnungen ins Wohnungseigentum auf Grund einer (alten) vertraglichen Zusage der Bauvereinigung von der Änderung der Rechtslage unberührt bleibt (Rosifka, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 2002, wobl 2002, 65 [83]), doch wird bei dieser Argumentation (die sich auf die Judikatur stützt, wonach die gesetzlichen Ansprüche des Mieters einen auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Anspruch auf Erwerb von Wohnungseigentum unberührt lassen) übersehen, dass der Gesetzgeber der WRN 2002 gezielt den (hier vorliegenden) Fall regeln wollte, dass sich eine Bauvereinigung unter bestimmten Bedingungen zum Verkauf ihrer Wohnungen verpflichtet(e). Im Rückblick auf die alte Gesetzeslage zeichnet sich dieser Fall durch ein besonderes Spannungsverhältnis zwischen der fehlenden Verkaufsverpflichtung der Bauvereinigung einerseits und dem zwingenden Inhalt einer Einladung der Mieter zur Antragstellung bzw eines Verkaufsangebots andererseits aus. Darin erblickte der Gesetzgeber einen besonderen Regelungsbedarf, dem durch die WRN 2002 entsprochen wurde. Dass sie einzelnen Mietern (so wie hier dem Kläger) nachteilig sein kann, stellt ihre Geltung nicht in Frage, weil sie den Mietern insgesamt (in ihrer großen Zahl, die letztlich maßgeblich ist) Vorteile brachte. Sie ist Teil der erstmaligen Normierung einer (wenngleich beschränkten: § 15c lit a iVm § 39 Abs 21a WGG idF der WRN 2002) Verkaufsverpflichtung der Bauvereinigungen.
Nun trifft es wohl zu, dass der Gesetzgeber für die Anwendung neuen Rechts auf Fälle einer nach dem verwirklichten Übertragung von Mietwohnungen ins Wohnungseigentum Ausnahmen statuierte. Im Anlassfall ist hier die Bestimmung des § 39 Abs 21b WGG idF des WRN 2002 zu nennen, die anordnet, dass die entsprechenden Bestimmungen der §§ 15b, 15c und 39 Abs 1 idF BGBl I Nr. 47/2001 anstelle der Preisregelung gemäß § 15d (nF WGG) weiterhin anzuwenden sind, wenn ein Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter auf Grund einer Einladung der Bauvereinigung fristgerecht, spätestens bis einen Antrag gemäß § 15c Abs 1 idF BGBl I Nr. 47/2001 gestellt hat. Diese Bestimmung ist jedoch eindeutig so zu verstehen, dass (unter den angeführten Voraussetzungen) nur die alten Preisregelungsvorschriften anwendbar bleiben, während für alle übrigen Modalitäten einer Übertragung von Mietwohnungen ins Eigentum neues Recht zu gelten hat (vgl Würth in Rummel3, Rz 8 zu § 15d WGG).
Eine demnach zu beachtende (weil nicht die Preisregelung betreffende) Gesetzesänderung ist die Zulassung der Bindung des Verkaufsanbots an die Erfüllung einer Mindestkäuferquote (§ 15c lit b Z 1 nF WGG). Die Beklagte kann sich daher nach der neuen Gesetzeslage auf die Nichteinhaltung dieser Bedingung (und damit auf die Hinfälligkeit ihres Verkaufsanbots) berufen. Dass die Mindestkäuferquote nicht erreicht wurde, steht fest. Es fehlt somit an einer verbindlichen Zusage bzw an einem verbindlichen, vom Kläger angenommenen Anbot der Einräumung von Wohnungseigentum, die das eingeklagte Haupt- oder Eventualbegehren rechtfertigen könnte. Dass andererseits die Voraussetzungen eines Anspruchs auf nachträgliche Übertragung der vom Kläger gemieteten Wohnung ins Wohnungseigentum nach § 15c lit a bzw § 39 Abs 21a WGG idF der WRN 2002 nicht erfüllt sind, hat bereits das Berufungsgericht aufgezeigt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, ohne auf die sonst noch in der Revision vorgetragenen Argumente eingehen zu müssen.