OGH vom 02.09.2019, 7Nc24/19t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Höllwerth und die Hofrätin Dr. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** eU, *****, vertreten durch Mag. Volkan Kaya, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** C*****, wegen 1.800 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.
Text
Begründung:
Die Klägerin strebt die Verpflichtung der beklagten Fluglinie mit Sitz in ***** zur Zahlung von 1.800 EUR sA aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen an. Der bei der Beklagten gebuchte Flug von vier Passagieren von Wien nach ***** am sei annulliert worden bzw laut Klage mehr als drei Stunden verspätet angekommen, die Passagiere hätten ihre daraus resultierenden Ansprüche der Klägerin zediert.
Die Klägerin beantragt beim Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN unter Anschluss der Klage die Ordination eines örtlich zuständigen Gerichts in Österreich. Die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts seien aufgrund des Zurückweisungsbeschlusses des Bezirksgerichts Schwechat vom nicht gegeben. Der Abflugort sei in Österreich (Flughafen Wien-Schwechat) gelegen, womit jedenfalls ein Naheverhältnis zum Inland bestehe. Die Rechtsverfolgung am Sitz der Beklagten in ***** sei aussichtslos, unmöglich bzw unzumutbar, insbesondere weil der Verfahrensaufwand unverhältnismäßig wäre und zwischen Österreich und ***** kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung bestehe. Die Klägerin beabsichtige eine Exekutionsführung in Österreich, insbesondere auf Vermögensgegenstände, welche von der Beklagten im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit immer wieder nach Österreich verbracht würden (insbesondere Flugzeuge und sonstige Betriebsmittel) bzw auf Forderungen, welche der Beklagten aus ihrer Geschäftstätigkeit in Österreich und gegen Schuldner in Österreich erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.
1. Die Ordination hat zu unterbleiben, wenn ohnehin ein Gerichtsstand im Inland besteht, was der Oberste Gerichtshof anhand der Angaben im Ordinationsantrag zu prüfen hat (7 Nc 23/19w; 2 Nc 2/19w mwN). Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich kein Gerichtsstand im Inland.
2. Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN hat der Oberste Gerichtshof unter anderem dann ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (7 Nc 23/19w; 8 Nc 16/19y).
3. Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland liegt ua dann vor, wenn eine Exekutionsführung im Inland geplant ist, die ausländische Entscheidung in Österreich aber nicht vollstreckt würde (RS0046148 [T17]). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Behauptungen der Klägerin gegeben, weil zwischen Österreich und ***** kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung besteht (7 Nc 23/19w; 2 Nc 12/19s mwN; vgl auch 6 Nc 18/19b). Dem Ordinationsantrag ist daher stattzugeben, was auch unionsrechtlichen Überlegungen (effet utile) entspricht (7 Nc 23/19w; 4 Nc 11/19h).
4. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts erfolgte nach den Kriterien der Sachnähe (Abflugort) und der Zweckmäßigkeit (RS0106680 [T13]).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0070NC00024.19T.0902.000 |
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Fundstelle(n):
MAAAD-62890