OGH vom 17.10.1995, 1Ob574/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Kurt H*****, vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Franz K***** Gesellschaft mbH, *****, 2. Carl G*****, und 3. Susanne D*****, alle vertreten durch Dr.Helmut Michlmayr, Rechtsanwalt in Wien, wegen 152.698,16 S sA und 6.689,63 S sA sowie Räumung (Streitwert 47.427,63 S) infolge Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 189.048,77 S) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 49 R 454/94-17, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 53 C 446/92-12, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 10.505,25 S (darin 1.750,88 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer einer Wiener Liegenschaft mit Haus. Aufgrund des schriftlichen Mietvertrages vom war ein Einzelkaufmann vom bis zu seinem Tod Hauptmieter eines Geschäftslokals im Haus des Klägers. Die Witwe des Verstorbenen trat sodann in das Hauptmietverhältnis ein und betrieb das nunmehr in ihrem Eigentum stehende Unternehmen bis zu ihrem Tod am weiter. Deren Erben wären ihre beiden Kinder gewesen. Diese verzichteten jedoch „auf Anraten ihres Steuerberaters und eines Rechtsanwaltes“ zugunsten der Enkelkinder der Verstorbenen, nämlich des Zweit- und der Drittbeklagten, auf die Erbschaft. Der Steuerberater und der Rechtsanwalt rieten den Erben, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Fortführung des Unternehmens unter Beibehaltung der bisherigen Firma zu gründen. Der Zweit- und die Drittbeklagte wurden als erbserklärte Erben vom Verlassenschaftsgericht ermächtigt, das zum Nachlaß gehörende protokollierte Einzelunternehmen gemäß § 6 a GmbHG „unter Inanspruchnahme der Begünstigungsbestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in eine neu zu gründende GesmbH einzubringen“. Der Zweit- und die Drittbeklagte gründeten in der Folge eine solche Gesellschaft, nämlich die erstbeklagte Partei, mit Vertrag vom . § 4 des Gesellschaftsvertrages lautet:
„In Anrechnung auf ihre Stammeinlagen bringen die beiden Gesellschafter unter Inanspruchnahme der Bestimmungen des § 6 a des Ges.m.b.H.-Gesetzes sowie der Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in die Gesellschaft das bisher als Einzelfirma geführte Unternehmen ... mit dem Standort in ... ein, ... Die Einbringung erfolgt zum ausschließlichen Zweck der Fortführung dieses Einzelunternehmens.“
§ 11 des Gesellschaftsvertrages hat folgenden Wortlaut:
„Das Geschäft gilt als vom an für Rechnung der Gesellschaft geführt.“
Dem Kläger oder seiner Hausverwaltung war weder der Tod des ursprünglichen Hauptmieters noch der Eintritt seiner Witwe in dessen Hauptmietrechte bekanntgegeben worden, noch wurde ihm bzw. der Verwaltung die Gesamtrechtsnachfolge des Zweit- und der Drittbeklagten mitgeteilt. Es unterblieb auch eine Benachrichtigung des Klägers oder seiner Hausverwaltung über die Gründung der erstbeklagten Partei und die Einbringung des einzelkaufmännischen Unternehmens als Sacheinlage in diese. Die Beklagten traten „wegen des Neuabschlusses eines Hauptmietvertrages ... nie an den Kläger oder die Hausverwaltung“ heran. Sie waren allerdings weder vom Steuerberater noch vom Rechtsanwalt darauf hingewiesen worden, daß „der Hauseigentümer von der Einbringung des Unternehmens in die Ges.m.b.H. zu verständigen sei“; eine solche Verpflichtung „war ihnen nicht bewußt“. Der Kläger und die Hausverwaltung erlangten von der Gesellschaftsgründung und der Einbringung des einzelkaufmännischen Unternehmens als Sacheinlage in die Gesellschaft erstmals aufgrund einer Nachschau im Firmenbuch im Jänner oder Februar 1991 Kenntnis. Mit Schreiben vom forderte der Kläger die erstbeklagte Partei unter Hinweis auf § 12 Abs 3 MRG in der Fassung vor dem 3.WÄG (im folgenden: § 12 Abs 3 MRG aF) auf, einen angemessenen und wertgesicherten Hauptmietzins von 10.000 S monatlich zuzüglich Betriebskosten inklusive EDV-Gebühr und Umsatzsteuer ab zu bezahlen. Diese Aufforderung langte noch im Februar 1991 bei der erstbeklagten Partei ein.
Mit Antrag vom zur AZ 46 Msch 103/91 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien begehrte der Kläger schließlich - gestützt auf § 12 Abs 3, § 37 Abs 1 Z 8 und § 40 Abs 2 MRG idF vor dem 3.WÄG - gegenüber der erstbeklagten Partei die Feststellung, „daß der von der Antragsgegnerin für das im Parterre des Hauses ... straßenseitig gelegene Geschäftslokal ab 1983 zu entrichtende Hauptmietzins mit 10.000 S monatlich zuzüglich Betriebskosten und gesetzlicher Umsatzsteuer, wertgesichert in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 16 Abs 4 MRG, angemessen“ sei. Unter Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG aF wurde in diesem Verfahren rechtskräftig festgestellt, daß der angemessene monatliche Hauptmietzins für das Geschäftslokal ab 2.665 S monatlich, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976, beträgt. Der die erstgerichtliche Entscheidung bestätigende Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom zur AZ 48 R 908/93 wurde dem Rechtsvertreter der erstbeklagten Partei am zugestellt. Die erstbeklagte Partei „erzielte Gewinn, aus dem sie die Miete durchaus erwirtschaften kann“. Da um dem Monatsersten jedoch immer mehrere Zahlungen fällig werden, kann die erstbeklagte Partei „manchmal vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten geraten“. Diese lassen sich im Lauf des Monats aber immer beheben. Der Zweit- und die Drittbeklagte kümmern sich als Gesellschafter nicht um die Angelegenheiten der erstbeklagten Partei. Deren Geschäftsführerin „sammelt die Erlagscheine öfters während des Monats und leistet dann alle Zahlungen auf einmal, damit manchmal auch die Zinszahlungen“. 1993 wurden der Mietzins für August Mitte September, der Septemberzins Anfang Dezember und die Mietzinszinse für Oktober bis Dezember erst am bezahlt; die Zahlung der Mietzinse von Jänner bis März 1994 erfolgte am . Die Mietzinszahlungen hätte die erstbeklagte Partei „durchaus laufend, also im jeweiligen Monat,“ erbringen können. Nicht feststellbar ist, warum die erstbeklagte Partei die wegen der Erhöhung des Hauptmietzinses geleistete Zinsnachzahlung von 86.266,88 S erst im Mai 1994 erbrachte; es ist aber auch nicht feststellbar, „wie die finanziellen Verhältnisse“ der erstbeklagten Partei „tatsächlich sind bzw. waren“.
Der Kläger begehrte, die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihm 120.227,07 S an Mietzinsdifferenz für Oktober 1982 bis Februar 1991 und 32.471,12 S an kapitalisierten Zinsen für November 1989 bis November 1992 zu bezahlen; die erstbeklagte Partei sei überdies (nach der letzten Modifizierung des Klagebegehrens - ON 11 S. 3) zur Leistung von weiteren 6.689,63 S sA und zur Übergabe des Bestandobjektes geräumt von eigenen Fahrnissen zu verurteilen. Er brachte im wesentlichen vor:
Die beklagten Parteien hafteten aus dem Titel des Schadenersatzes solidarisch für die Differenz zwischen dem bezahlten und dem angemessenen Mietzins für Oktober 1982 bis Februar 1991; die erstbeklagte Partei habe im übrigen den zuletzt noch aushaftenden fälligen Mietzins zu leisten. Diese sei unter Setzung von Fristen wiederholt ergebnislos zur Zahlung des jeweils rückständigen Mietzinses aufgefordert worden. Es werde daher die Erklärung abgegeben, den Mietvertrag gemäß § 1118 ABGB aufzuheben. Der erstbeklagten Partei sei ein grobes Verschulden am Zahlungsrückstand anzulasten. Der Mietzins werde seit mehr als zehn Jahren nicht oder nicht vollständig oder unpünktlich bezahlt. Er habe derart der Mietzinszahlung durch die erstbeklagte Partei in dieser Art und Weise nie zugestimmt.
Die beklagten Parteien wendeten im wesentlichen ein:
Ihnen sei unklar gewesen, den Tatbestand einer Unternehmensveräußerung verwirklicht zu haben. Es treffe sie daher kein Verschulden an der Unterlassung einer Verständigung des Klägers, weshalb das Schadenersatzbegehren scheitern müsse. Bis zur Klageeinbringung habe der Kläger verspätete Mietzinszahlungen toleriert. Die Nachzahlung auf den angemessenen Mietzins habe die erstbeklagte Partei nach ihren finanziellen Möglichkeiten im Mai 1994 geleistet. Ihr sei daher kein grobes Verschulden am Zahlungsverzug anzulasten.
Das Erstgericht gab dem gegen die beklagten Parteien gerichteten Schadenersatzbegehren mit 120.227,04 S samt 4 % Zinsen seit und 14.824,46 S an kapitalisierten Zinsen statt; im übrigen verurteilte es die erstbeklagte Partei nach der durch das Berufungsgericht ausgesprochenen Entscheidungsberichtigung weitere 6.569,64 S sA zu bezahlen und dem Kläger das Bestandobjekt geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben. Das Schadenersatzmehrbegehren von 17.646,66 S an kapitalisierten Zinsen und weiteren 2,7 % Zinsen aus 120.227,04 S seit und das nur gegen die erstbeklagte Partei gerichtete Mehrbegehren von 119,99 S und weiteren Zinsen wies es dagegen ab. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht:
Durch die rechtskräftige Entscheidung im Verfahren 46 Msch 103/91 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien stehe bindend fest, daß die erstbeklagte Partei aufgrund einer Unternehmensveräußerung gemäß § 12 Abs 3 MRG aF in das Bestandverhältnis eingetreten sei. Die beklagten Parteien wären verpflichtet gewesen, die Unternehmensveräußerung dem Kläger anzuzeigen. Sie hätten es jedoch leicht fahrlässig unterlassen, ihrer Mitteilungspflicht nachzukommen und hafteten daher aus dem Titel des Schadenersatzes für die eingeklagte Mietzinsdifferenz und einen Teil der kapitalisierten Zinsen. Die erstbeklagte Partei habe sich durch die Leistung der Mietzinse für September bis Dezember 1993 erst im Dezember 1993, der Mietzinse für Jänner bis März 1994 Ende März 1994 und der Mietzinsnachzahlung erst Anfang Mai 1994 grob schuldhaft in Zahlungsverzug befunden. Der Entlastungsbeweis sei der erstbeklagten Partei nicht gelungen. Es fehle aber auch an einem Beweis dafür, daß der Kläger vor Klageeinbringung „einen monatelangen Zinszahlungsverzug toleriert oder gar akzeptiert hätte“. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bestandverhältnisses gemäß § 1118 ABGB seien somit erfüllt. Einer Beschlußfassung gemäß § 33 Abs 2 und 3 MRG habe es wegen des von der erstbeklagten Partei nicht erbrachten Entlastungsbeweises nicht bedurft.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog rechtlich im wesentlichen:
Die Einbringung des einzelkaufmännischen Unternehmens als Sacheinlage in eine neu gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung habe auch den Übergang der Hauptmietrechte am Geschäftslokal zum Gegenstand gehabt. Dem Zweit- und der Drittbeklagten sei die Tatsache des Rechtsübergangs bewußt gewesen; diese hätten sich nämlich als „von der Zinszahlungsverpflichtung befreit“ angesehen. Es bedürfe keiner besonderen Rechtskenntnis, um erkennen zu können, daß ein Wechsel in der Rechtspersönlichkeit des Mieters dem Vermieter mitzuteilen sei. Das gelte unabhängig von § 12 Abs 3 MRG aF aufgrund der aus einem Bestandvertrag erfließenden Schutz- und Sorgfaltspflichten. Die beklagten Parteien wären daher bei gehöriger Aufmerksamkeit in der Lage gewesen, rechtmäßig zu handeln. Daran ändere auch die abzulehnende Entscheidung 1 Ob 591/93 im Grundsätzlichen nichts, doch sei den beklagten Parteien infolge der „Unsicherheit in der nunmehrigen Rechtsprechung“ nur leichte Fahrlässigkeit anzulasten. Das genüge, um dem Schadenersatzbegehren stattzugeben. Das Erstgericht sei auch zutreffend davon ausgegangen, daß sich die erstbeklagte Partei in Ansehung bestimmter fälliger Mietzinse grob schuldhaft im Zahlungsverzug befunden habe. Im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz () sei auch der Mietzins für Juli 1994 (4.959,86 S) schon fällig gewesen, da der Mietzins gemäß § 15 Abs 3 MRG am Monatsersten zu entrichten sei. Die Verurteilung der erstbeklagten Partei zur Leistung von 6.569,64 S beziehe sich zum Teil auf diese Mietzinsschuld.
Die Revision der beklagten Parteien ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Veräußerte der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen und führte es dessen Erwerber dort weiter, so gingen gemäß § 12 Abs 3 MRG aF die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses auf den Erwerber des Unternehmens über. Der bisherige Hauptmieter und der Erwerber des Unternehmens und der Hauptmietrechte waren verpflichtet, dem Vermieter den Übergang der Hauptmietrechte unverzüglich anzuzeigen. War der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene, so konnte der Vermieter vom Erwerber des Unternehmens und der Mietrechte die Erhöhung des Hauptmietzinses auf den für den Mietgegenstand angemessenen Betrag begehren.
Gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG aF war im Verfahren außer Streitsachen ua über einen Antrag auf Festsetzung der „Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§ 12 Abs 3 und 4 ... )“ zu entscheiden. Ein solches auf § 12 Abs 3 MRG aF gestütztes Begehren hatte der Kläger gegen die erstbeklagte Partei im Verfahren zur AZ 46 Msch 103/91 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien erhoben und die Feststellung erwirkt, daß der angemessene monatliche Hauptmietzins für das Geschäftslokal - unter Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG aF - ab 2.665 S, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976, beträgt.
Es ist deshalb die Frage zu prüfen, ob durch die rechtskräftige Entscheidung im Vorverfahren für diesen Rechtsstreit bindend feststeht, daß eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF zur Festsetzung des ab angemessenen Hauptmietzinses für das Geschäftslokal der erstbeklagten Partei führte, weil auch im Verfahren außer Streitsachen ergangene Entscheidungen der materiellen Rechtskraft teilhaftig sind und daher die aus dieser folgende Einmaligkeits- und Bindungswirkung entfalten (RZ 1992/13; EFSlg 64.690; SZ 25/170; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 52).
Wegen der - nur bei Identität des Anspruchs, der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts gegebenen - Wirkung der materiellen Rechtskraft als Einmaligkeits- und Bindungswirkung wird von der Rechtsprechung eine inhaltliche Bindungswirkung des Vorverfahrens für den Folgeprozeß auch dann anerkannt, wenn zwar eine Identität des Begehrens nicht vorliegt, der rechtskräftig entschiedene Anspruch jedoch Vorfrage für den neuen Anspruch ist oder wenn - als Sonderfall der Präjudizialität - ein im Gesetz begründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht und dieser inhaltliche Zusammenhang so eng ist, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten (RdW 1995, 386; NZ 1994, 228; JBl 1994, 482 [Frauenberger]; JBl 1990, 52; SZ 55/74; SZ 52/151). Diese Bindungswirkung schließt die Verhandlung, Beweisaufnahme und neuerliche Prüfung in Ansehung des bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruchs aus, nicht aber auch die Verhandlung und Entscheidung über das nunmehrige Klagebegehren. Auszugehen ist dabei allerdings von dem bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruch, der ohne weiteres der neuen Entscheidung zugrunde zu legen ist. Im allgemeinen wird zwar das Ausmaß der Bindungswirkung nur durch den Urteilsspruch bestimmt, doch sind die Entscheidungsgründe - soweit erforderlich - zur Auslegung und Individualisierung des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs heranzuziehen (NZ 1994, 228; SZ 55/74; Frauenberger, JBl 1994, 483). Das gilt vor allem, aber nicht nur dann, wie in der Entscheidung JBl 1995, 458 [Oberhammer] angenommen wird, wenn der Umfang der Rechtskraftwirkung einer abweisenden Entscheidung festzustellen ist (NZ 1994, 228; SZ 55/74; Fasching, ZPR2 Rz 1523). Nur wenn eine bestimmte Tatsache nicht den Hauptgegenstand des Vorverfahrens bildete, sondern lediglich als Vorfrage zu beurteilen war, kommt dieser Vorfragenentscheidung keine Bindungswirkung für den Folgeprozeß zu (JBl 1995, 458; NZ 1994, 228; JBl 1990, 52).
Gegenstand des hier zu beurteilenden Vorverfahrens war aber als Hauptfrage, ob infolge Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG aF ein höherer als der bisher von der erstbeklagten Partei bezahlte Zins als angemessener Hauptmietzins festzusetzen sei. Das wird besonders durch die Zitierung des § 12 Abs 3 MRG aF im § 37 Abs 1 Z 8 MRG aF deutlich. Die in der Vorentscheidung ausgesprochene Bejahung des Vorliegens einer Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF steht somit in einem so engen Individualisierungskonnex mit der Festsetzung des angemessenen monatlichen Hauptmietzinses für das Geschäftslokal der erstbeklagten Partei von 2.665 S ab , daß hierin nicht bloß die Lösung einer Vorfrage zu erblicken ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der gebotenen Entscheidungsharmonie gestattet der bestehende enge inhaltliche Zusammenhang auch im vorliegenden Fall keine widersprechende Beantwortung ein und derselben in beiden Verfahren entscheidenden Rechtsfrage.
Ist aber im Prozeßrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der erstbeklagten Partei infolge der sich aus der Entscheidung des Vorverfahrens ergebenden Bindungswirkung davon auszugehen, daß die Einbringung des vorher einzelkaufmännischen Unternehmens durch den Zweit- und die Drittbeklagte als Sacheinlage in die erstbeklagte Partei eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF war, so können sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - insofern gar nicht jene Fragen stellen, die sich sonst aus der auch auf die Rechtslage gemäß § 12 Abs 3 MRG aF ausstrahlenden Entscheidung des erkennenden Senates 1 Ob 591/93 (WoBl 1995/93 [Würth] = ecolex 1995, 256) ergeben mögen. Es bedarf daher hier keiner Prüfung, ob an der Entscheidung 1 Ob 591/93 zur Auslegung des § 12 Abs 3 MRG aF auch unter Berücksichtigung der seither im Schrifttum erfolgten Meinungsäußerungen (Würth Der neue § 12 a Abs 1 MRG und sein Verhältnis zu Abs 3, WoBl 1995, 73; Kerres/Freytag, Die mietrechtlichen Folgen von Unternehmensumgründungen nach § 12 a MRG, ÖJZ 1995, 533; C.N., Mietzinserhöhung nur bei Änderung des rechtlichen und wirtschaftlichen Einflusses des Geschäftsinhabers, RdW 1995, 89) festzuhalten ist.
Der Zweit- und die Drittbeklagte sind die Gesellschafter der erstbeklagten Partei. Sie führten auch jene Unternehmensveräußerung durch, die im Verfahren gegen die erstbeklagte Partei zur AZ 46 Msch 103/93 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zur Festsetzung eines monatlichen Hauptmietzinses von 2.665 S für das Geschäftslokal führte. Im Prozeßrechtsverhältnis des Klägers zum Zweit- und zur Drittbeklagten kann das vorhin behandelte Bindungsproblem unerörtert bleiben, weil der Zweit- und die Drittbeklagte nach dem Eintritt der Rechtskraft im außerstreitigen Verfahren den Tatbestand einer Unternehmensveräußerung gar nicht mehr bestritten, sondern nur noch ins Treffen führten, „es sei nicht klar gewesen, ob diese Einbringung des Einzelunternehmens in die Ges.m.b.H. nach dem Strukturverbesserungsgesetz eine Unternehmensveräußerung darstelle“, das Unterlassen der Verständigung des Klägers „von dieser Einbringung des Einzelunternehmens in die Ges.m.b.H.“ rechtfertige keinen Verschuldensvorwurf (ON 6 S. 2) und es treffe die beklagten Parteien „kein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Mietzinses“ (ON 10 S. 2). Von den beklagten Parteien wurde „im Hinblick auf die Msch-Entscheidung“ auch nicht bestritten, „daß der zu zahlende Hauptmietzins ab Oktober 1982 2.665 S betragen habe“ (ON 6 S. 2). Auch in der Berufung gegen das Ersturteil bestritten der Zweit- und die Drittbeklagte das Vorliegen des Tatbestandes einer Unternehmensveräußerung nicht, sondern argumentierten in der Verschuldensfrage lediglich damit, es sei für sie im „Vorgang der Einbringung ein Veräußerungstatbestand nicht ersichtlich“ gewesen (ON 13 Punkt 2). Selbst in der Revision führen der Zweit- und die Drittbeklagte nur zur Verschuldensfrage ins Treffen, es sei für sie „weder damals noch in der Folge erkennbar“ gewesen, „daß diese Transaktion (Anmerkung: die Einbringung des Unternehmens als Sacheinlage in die Gesellschaft) eine Unternehmensveräußerung im Sinne des MRG“ darstelle, „da durch dieselbe weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Änderung eingetreten“ sei, seien doch der Zweit- und die Drittbeklagte „alleinige Eigentümer“ des einzelkaufmännischen Unternehmens gewesen und „in der Folge alleinige Gesellschafter“ der erstbeklagten Partei geworden. Der Zweit- und die Drittbeklagte machten sich damit das durch eine rechtskräftige Entscheidung im außerstreitigen Verfahren gegen die erstbeklagte Partei erzielte Ergebnis schließlich für ihren Prozeßstandpunkt zu eigen, sodaß auch im Verhältnis zu diesen die Rechtsfrage der Unternehmensveräußerung nicht neuerlich zu erörtern ist.
Die Lösung einer Rechtsfrage, deren Bedeutung über den Anlaßfall nicht hinausgeht, kommt keine erhebliche Bedeutung für die Rechtsentwicklung zu. Die Kasuistik des Einzelfalles schließt daher im allgemeinen die Zulässigkeit der Revision aus. Das gilt insbesondere auch für reine Ermessensentscheidungen wie zB jene über das Bestehen und die Schwere eines Verschuldens (RZ 1994/45; Kodek in Rechberger, Komm zur ZPO Rz 3 zu § 502 je mwN), solange dem Berufungsgericht kein an die Grenzen des Mißbrauches gehender Fehler unterlief oder der Ermessensspielraum eklatant überschritten wurde (RZ 1994/45 mwN). Diese Voraussetzungen, die eine Überprüfung von Verschuldensfragen im Revisionsverfahren zuließen, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Vom Gericht zweiter Instanz wurde nämlich plausibel begründet, warum die Einbringung des im Bestandobjekt geführten Unternehmens als Sacheinlage in eine Ges.m.b.H. dem Vermieter anzuzeigen gewesen wäre.
Soweit die erstbeklagte Partei rügt, daß „entweder ein Beschluß gemäß § 33 Abs 2 MRG oder ein Teilurteil über die rückständige Miete“ hätte erlangen werden müssen, wird damit nur ein bereits in der Berufung behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz wiederholt, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht nach sachlicher Prüfung verneint wurde; ausgehend davon kann aber ein behaupteter Mangel erster Instanz im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger aaO Rz 3 zu § 503 mwN). Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß die erstbeklagte Partei in ihrer Argumentation gegen die Annahme eines grob schuldhaften Verzuges mit Mietzinszahlungen auch im Revisionsverfahren nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Weshalb der erstbeklagten Partei ein grobes Verschulden anzulasten ist, wurde bereits vom Erstgericht richtig dargelegt.
Soweit das Berufungsgericht meint, als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung sei zu entscheiden, „ob der Mieter das Fehlen des groben Verschuldens im Sinn des § 33 Abs 2 und 3 MRG auch für während des Verfahrens aufgelaufene Mietzinsrückstände nachzuweisen“ habe, „wenn ihn an dem der Auflösungserklärung zugrunde gelegten Rückstand kein grobes Verschulden“ getroffen habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß unter der im § 33 Abs 2 MRG verwendeten Wendung „geschuldeter Betrag“ der der Vertragsauflösung gemäß § 1118 ABGB zugrunde liegende Mietzinsrückstand zu verstehen ist; dazu gehören auch alle auch erst im Laufe des Verfahrens fällig werdenden Mietzinse, wenn nicht einmal während des Verfahrens - wie im vorliegenden Fall - sämtliche Mietzinsrückstände abgedeckt wurden (MietSlg 41.364). Obwohl die im Verfahren zur AZ 46 Msch 103/91 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ergangene Entscheidung des Rekursgerichtes der erstbeklagten Partei (als Antragsgegnerin) bereits am zugestellt worden war, blieben doch auch noch die Mietzinse für die Monate Jänner bis März 1994 bis Ende März d.J. unbeglichen; überdies wurden von dem durch das Erstgericht mit 87.876,66 S errechneten Mietzinsrückstand erst am 86.266,88 S bezahlt. Ein Betrag von 1.609,78 S aus diesem Rückstand war selbst noch im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz () offen. Die erstbeklagte Partei befand sich also mit einem im Sinne des § 1118 ABGB qualifizierten Mietzinsrückstand noch in Verzug, als bereits rechtskräftig feststand, daß der angemessene Hauptmietzins für das Bestandobjekt ab 2.665 S monatlich beträgt. Der grob schuldhafte Zahlungsverzug der erstbeklagten Partei bezog sich daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - auch auf die während des Verfahrens aufgelaufenen und der Auflösungserklärung des Klägers ebenso zugrunde gelegten Mietzinsrückstände.
Die Revision der beklagten Parteien ist somit - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO - mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Gemäß §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO sind dem Kläger die Kosten seiner Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich zuzuerkennen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde.