OGH vom 30.01.2020, 2Ob61/19p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** S*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die beklagten Parteien 1. A***** K*****, 2. S***** O*****, 3. I***** P*****, 4. K***** S 5. G***** P*****, 6. M***** P*****, 7. V***** S 8. S***** S*****, alle vertreten durch Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Feststellung (Streitwert 42.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 17/19w-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 12 Cg 106/18w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache verworfen wird. Dem Erstgericht wird die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die beklagten Parteien sind jeweils schuldig, der klagenden Partei die mit 709,82 EUR (darin enthalten 118,30 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist das einzige Kind, die am geborene Tochter der Klägerin ist das einzige Enkelkind des am verstorbenen Erblassers. Die erst- bis viertbeklagten Parteien sind die Geschwister, die fünft- bis achtbeklagten Parteien sind Nachkommen der Geschwister des Erblassers.
Im Testament vom setzte der Erblasser die Klägerin zur Erbin seines gesamten Nachlasses, insbesondere des in seinem Eigentum stehenden Mehrfamilienwohnhauses ein. Gleichzeitig bestimmte er, dass seine Enkeltochter, beginnend mit ihrem 21. Lebensjahr, das lebenslängliche, höchstpersönliche unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an der im ersten Stock des Hauses gelegenen Wohnung erhalten solle.
Punkt 4. dieses Testaments lautet wie folgt:
„Ausdrücklich wird festgehalten, dass der geschiedene Ehegatte meiner Tochter [...] und Vater meiner Enkeltochter [...], Herr [...] und dessen Nachkommen aus meinem Nachlassvermögen weder durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden noch durch letztwillige Verfügung oder gesetzliches Erbrecht begünstigt werden dürfen und verfüge ich in diesem Fall eine Nacherbschaft gleichteilig zugunsten meiner Geschwister und deren Nachkommen.“
In einem zwischen den Streitteilen geführten Vorprozess wurden mit der durch das Urteil des Obersten Gerichtshofs, AZ 2 Ob 167/16x, wiederhergestellten Entscheidung des damaligen Erstgerichts die Klagebegehren,
a) es werde festgestellt, dass die im Testament nach R***** S***** vom angeordnete fideikommissarische Substitution zugunsten der erst- bis viertbeklagten Parteien sowie der acht- bis elftbeklagten Parteien (den nunmehrigen Fünft- bis Achtbeklagten) gegenüber der klagenden Partei unzulässig und rechtsunwirksam sei, und (in eventu)
b) die erst- bis viertbeklagten Parteien sowie die acht- bis elftbeklagten Parteien schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der klagenden Partei ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, ohne Beschränkung durch eine fideikommissarische Substitution zugunsten der erst- bis viertbeklagten Parteien sowie der acht- bis elftbeklagten Parteien einzuwilligen,
abgewiesen.
Die Klägerin hatte in diesem Vorprozess zur Begründung ihrer Ansprüche vorgebracht, es entspreche nicht dem Willen des Erblassers, auch dann eine Nacherbschaft zugunsten der Beklagten einzuräumen, wenn sichergestellt sei, dass der geschiedene Ehegatte der Klägerin oder dessen Nachkommen aus dem Nachlassvermögen des Erblassers nicht begünstigt werden könnten. Dieser habe nur vermeiden wollen, dass der geschiedene Ehegatte seiner Tochter aus seinem Vermögen etwas erbe. Es sei der Wille des Erblassers gewesen, dass seine Tochter im Fall ihres Todes das Haus ins Eigentum seiner Enkelin übergeben könne. Diesem Willen sei mit einem vom geschiedenen Ehegatten der Klägerin abgegebenen Erbverzicht Genüge getan worden. Die Bedingung sei überdies unzulässig, weil ihr Eintritt in der Hand der Erbin liege. Selbst bei Gültigkeit der fideikommissarischen Substitution läge lediglich eine solche auf den Überrest vor.
Nach den Feststellungen des Vorprozesses war es das Hauptanliegen des Erblassers, unter allen Umständen zu verhindern, dass der geschiedene Ehemann der Klägerin sowie dessen Nachkommen irgendetwas von seinem Vermögen erhalten könnten, weshalb Punkt 4. in das Testament aufgenommen wurde. Der Erblasser wusste, dass die Anordnung der Nacherbschaft in diesem Punkt des Testaments dazu führen würde, dass die Klägerin die Liegenschaft ohne Zustimmung der Nacherben weder verkaufen noch belasten werde können und er wollte dies auch so. Er wählte auch bewusst und gewollt die Formulierung „und dessen Nachkommen“. Der Erblasser wusste und wollte, dass er durch die Anordnung der Nacherbschaft in Punkt 4. des Testaments zugunsten seiner Geschwister seine Enkelin vom Erbe ausschließen würde. Er wollte nämlich, dass der geschiedene Ehegatte der Klägerin unter keinen Umständen, also nicht nur durch letztwillige Verfügung oder gesetzliches Erbrecht, sondern auch nicht durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden, etwas von seinem Vermögen erhalte. Er war der Überzeugung, dass die Klägerin und ihre Tochter durch das Testament alles bekämen, was ihnen zustünde.
In seinen Entscheidungsgründen hatte das damalige Erstgericht ausgeführt, der Erblasser habe die mit der fideikommissarischen Substitution für die Klägerin und ihre Tochter verbundenen Beschränkungen bewusst und gewollt in Kauf genommen. Der Klägerin komme als Vorerbin nur ein eingeschränktes Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten einer Fruchtnießerin zu. Der Oberste Gerichtshof ergänzte zu 2 Ob 167/16x, es stehe der Wirksamkeit der fideikommissarischen Substitution nicht entgegen, dass der Eintritt der Bedingung, unter der die Nacherbschaft eintreten solle, vom Willen der Vorerbin abhänge. Sowohl die potentiellen Nacherben seien konkret bestimmt als auch jene Personen, deren Bedenkung mit Nachlassvermögen den Nacherbfall auslöse. Auch nach dem AußStrG 2005 sei von einer Pflicht auszugehen, fideikommissarische Substitutionen (bzw Nacherbschaften) in das Grundbuch einzutragen.
Im nunmehrigen Verfahren begehrt die Klägerin
a) die Feststellung gegenüber den Beklagten, dass die der Klägerin in Punkt 4. des Testaments vom auferlegten Verbote, über das Nachlassvermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder letztwillige Verfügung oder gesetzliches Erbrecht zu verfügen, nicht für den Fall gelten würden, dass das Haus an die Tochter der Klägerin übertragen werde;
in eventu
b) die Feststellung, dass die der Klägerin in Punkt 4. des Testaments vom auferlegten Verbote, über das Nachlassvermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder letztwillige Verfügung oder gesetzliches Erbrecht zu verfügen, nur für den Fall gelten würden, als daraus der geschiedene Ehegatte der Klägerin und/oder dessen Nachkommen begünstigt werden;
in eventu
c) die Feststellung gegenüber den Beklagten, dass die in Punkt 4. des Testaments vom zu ihren Gunsten verfügte fideikommissarische Substitution eine solche auf den Überrest sei.
Die Klägerin brachte dazu vor, Hauptanliegen des Erblassers sei es gewesen, dass der geschiedene Ehegatte der Klägerin nichts von seinem Vermögen erhalte, insbesondere durch gesetzliche Erbfolge. Ansonsten habe er die freie Verfügung der Klägerin über das Nachlassvermögen nicht beschränken und auch seine Enkelin nicht „enterben“ wollen. Wegen der Testierunfähigkeit seiner Enkelin habe der Erblasser die Regelung in Punkt 4. des Testaments in Kauf genommen. Diese hätte mit Erreichen der Testierfähigkeit seiner Enkelin geändert werden sollen. Der geschiedene Ehegatte der Klägerin habe einen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgegeben und sei von der Erbfolge ausgeschlossen. Die Enkelin habe nunmehr selbst andere Personen letztwillig begünstigt und akzeptiere den Wunsch des Erblassers. Hätte der Erblasser davon gewusst, hätte er Punkt 4. des Testaments nicht verfügt. Im Vorprozess sei die Rechtsgültigkeit der Nacherbschaft zu klären gewesen. Das vorliegende Verfahren betreffe hingegen die Frage, in welchem Umfang und in welchen Fällen eine Substitution angeordnet sei.
Die Beklagten wendeten ein, der Klage stehe die Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozess entgegen. Mit dieser sei bindend ausgesprochen worden, dass die fideikommissarische Substitution rechtswirksam und das Eigentumsrecht der Klägerin nur mit dieser Beschränkung zugunsten der Beklagten einzutragen sei. Mit dem nunmehrigen Haupt- und beiden Eventualbegehren, die nur die Geltung der Substitution für bestimmte Fälle beträfen, werde jeweils nur ein Minus gegenüber der im Vorprozess festgestellten allumfassenden Substitution begehrt. Auch das nunmehrige Vorbringen der Klägerin sei bereits Gegenstand des Vorprozesses gewesen.
Das Erstgericht wies die Klage wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurück. Die nunmehrigen Klagebegehren stellten gegenüber dem Vorprozess ein Minus dar, weil sie nur darauf abzielten, dass die Anordnung der fideikommissarischen Substitution in bestimmten Fällen nicht gelte.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt (aber auch hinsichtlich jedes einzelnen Beklagten) 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Den Klagebegehren stehe die Rechtskraft der Entscheidung des Vorprozesses entgegen. Die zur Begründung der Klagebegehren vorgetragenen Tatsachen zum vom Erblasser mit der Anordnung der fideikommissarischen Substitution in Punkt 4. seines Testaments verfolgten Zweck seien bereits im Vorprozess gegenständlich gewesen. Relevante nachträglich hervorgekommene Tatsachen seien nicht behauptet worden. Sowohl das Hauptbegehren als auch beide Eventualbegehren stellten lediglich ein Minus gegenüber der Sachentscheidung des Vorprozesses dar.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Die Beklagten beantragen in der ihnen durch den Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist wegen einer vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Rekursgerichts zulässig. Er ist auch berechtigt.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, Gegenstand des Vorverfahrens sei nur die Rechtsgültigkeit der Anordnung der Nacherbschaft gewesen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Definition des Substitutionsfalls und das Ausmaß der Nacherbschaft.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Gegenstand einer Feststellungsklage:
Nach § 228 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder Recht alsbald festgestellt werde. Das Recht oder Rechtsverhältnis muss kein selbständiges sein. Auch einzelne rechtliche Beziehungen, die nur Ausfluss eines weitergehenden Rechtsverhältnisses sind oder einzelne rechtlichen Folgen einer solchen Rechtsbeziehung, wie etwa einzelne Forderungen oder daraus abgeleitete Ansprüche, können Gegenstand einer Feststellungsklage sein (RS0039223; RS0039053; RS0038986; Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny³ III/1 § 228 ZPO Rz 39).
2. Reichweite der Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft:
Die Zurückweisung einer Klage wegen Einmaligkeitswirkung der
Rechtskraft setzt nach der Rechtsprechung Identität der Parteien und der Ansprüche im
Folgeprozess sowie im rechtskräftig entschiedenen
Vorprozess voraus (RS0041340). Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist (nur) die anhand des der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalts und seiner rechtlichen Qualifikation festgestellte Rechtsfolge. Die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft, die eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung über die bereits entschiedene Hauptfrage verhindert, liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand der neuen Klage und der Urteilsgegenstand des schon vorliegenden Urteils gleich sind, also sowohl das Begehren inhaltlich dasselbe (oder bloß ein quantitatives Minus) fordert, was bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, als auch – unter Zugrundelegung der zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie – die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen den im Prozess festgestellten entsprechen (RS0041281 [T2]; vgl auch Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO5§ 411 Rz 7). Nach ihrer Reichweite erfasst die Einmaligkeitswirkung sich betragsmäßig deckende Ansprüche oder ein quantitatives Minus (RS0039347 [T33]), sie erfasst ebenso das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Begehrens (vgl RS0039246).
Diese Grundsätze gelten auch für ein rechtskräftig entschiedenes
Feststellungsbegehren (8 Ob 126/12f; 6 Ob 7/13t). Daher entfaltet auch die Abweisung eines negativen Feststellungsbegehrens aus meritorischen Gründen gegenüber einer später erhobenen positiven Feststellungsklage Sperrwirkung, weil damit
– durch die doppelte Negation – das zugrunde liegende Recht oder Rechtsverhältnis rechtskräftig positiv festgestellt ist (4 Ob 52/14x; RS0039157).
3. Urteilsgegenstand des Vorprozesses:
3.1 Im Vorprozess wurde das Klagebegehren, die fideikommissarische Substitution zugunsten der Beklagten sei unzulässig und rechtsunwirksam, rechtskräftig abgewiesen. Ihr anspruchsbegründendes Vorbringen, die Nacherbschaft solle nach dem Willen des Erblassers dann nicht eintreten, wenn sichergestellt sei, dass der geschiedene Ehemann der Klägerin nicht begünstigt werden könne, konnte die Klägerin nicht beweisen. Vielmehr ergab sich aus den Feststellungen, dass Punkt 4. des Testaments vom dem Willen des Erblassers entsprach. Auch mit ihrem Standpunkt, die Bedingung sei unzulässig, drang die Klägerin nicht durch.
3.2 Aus den Entscheidungsgründen des Vorprozesses ergibt sich zwar, dass der Erblasser eine Nacherbschaft mit allen deren Konsequenzen wollte (und daher auch nicht eine Substitution auf den Überrest) sowie welchen Zweck er mit der Bedingung verfolgte. Die Auslegung der Bedingung oder der Umfang der Substitutionsbindung fand jedoch keinen Niederschlag im Klagebegehren oder im Urteilsspruch. Nach den oben dargelegten Grundsätzen können aber die Entscheidungsgründe alleine die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft einer Entscheidung nicht bewirken.
3.3 Durch die Abweisung des negativen Feststellungsbegehrens wurde daher zwischen den Streitteilen lediglich das Bestehen eines Rechtsverhältnisses aufgrund der angeordneten fideikommissarischen Substitution rechtskräftig (positiv) festgestellt.
3.4 Im Vorprozess wurde zu 2 Ob 167/16x bereits klargestellt, dass sich durch das AußStrG 2005 an der Eintragung von Substitionen im Grundbuch nichts geändert hat. Daher kann auch eine fideikommissarische Substitution auf den Überrest in das Grundbuch eingetragen werden (RS0008199; RS0008149; Eccher/Nemeth in Schwimann/Kodek, ABGB5§ 614 Rz 7). Der Umfang der Substitutionsbindung kann somit auch nicht aus der Abweisung des Begehrens auf Einwilligung in die Einverleibung ohne Anmerkung der fideikommissarischen Substitution abgeleitet werden.
4. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens:
4.1 Nunmehr begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die ihr in Punkt 4. des Testaments vom auferlegten Verbote, über das Nachlassvermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder letztwillige Verfügung oder gesetzliches Erbrecht zu verfügen, nicht für den Fall gelten, dass das Haus der Tochter der Klägerin übertragen werde.
Damit soll festgestellt werden, wie die Bedingung auszulegen ist, unter der die fideikommissarische Substitution eintreten soll. Das Begehren zielt somit auf die Feststellung des (Nicht-)Bestehens bestimmter aus dem Gesamtrechtsverhältnis abgeleiteter rechtlicher Folgen ab. Es betrifft einzelne Fragen des Inhalts der zwischen den Streitteilen aufgrund der fideikommissarischen Substitution bestehenden Rechtsbeziehung.
4.2 Ein solches Begehren reicht aber weiter, als die Feststellung des Bestehens des gesamten Rechtsverhältnisses an sich (4 Ob 231/06h). Wurde daher – wie im vorliegenden Fall – das Bestehen eines Gesamtrechtsverhältnisses bereits rechtskräftig festgestellt, bedeutet dies doch kein Prozesshindernis für eine spätere (positive oder negative) Feststellungsklage betreffend einzelne aus diesem Rechtsverhältnis entspringende rechtliche Folgen. Allerdings ist im Folgeprozess die Bindungswirkung der Vorentscheidung zu beachten (vgl 4 Ob 52/14x; vgl RS0039157) und der Entscheidung das Bestehen des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen.
4.3 Das Klagebegehren stellt somit entgegen der Annahme der Vorinstanzen nicht ein bloßes Minus gegenüber dem Urteilsgegenstand des Vorprozesses dar. Daher kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die nunmehr zu dessen Begründung vorgebrachten Tatsachen bereits Gegenstand des Vorverfahrens waren.
4.4 Die vorstehenden Erwägungen treffen auch auf eine allenfalls erforderliche Beurteilung beider Eventualbegehren zu, mit denen ebenfalls das Bestehen einzelner aus dem Gesamtrechtsverhältnis entspringender rechtlicher Folgen festgestellt werden soll.
5. Ergebnis: Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind somit dahin abzuändern, dass die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache verworfen und dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wird.
6. Kosten: Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 ZPO iVm § 52 Abs 1 und § 41 ZPO. Die Beklagten sind im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Klage unterlegen; sie haben dem Kläger daher anteilig dessen Kosten zu ersetzen. Solche von der Hauptsache abgrenzbare Kosten sind nur im Rechtsmittelverfahren angefallen. Die verzeichneten Pauschalgebühren waren jedoch weder im Rekurs- noch im Revisionsrekursverfahren zu entrichten (Anm 1 und 1a je zu TP 2 und 3 GGG). Die Erhöhung der Entlohnung für die Einbringung des Rekurses und des Revisionsrekurses im elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 23a RATG beträgt jeweils lediglich 2,10 EUR, weil es sich dabei nicht um verfahrenseinleitende Schriftsätze handelt (RS0126594).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00061.19P.0130.000 |
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Fundstelle(n):
YAAAD-62834