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OGH vom 20.11.2002, 5Ob268/02a

OGH vom 20.11.2002, 5Ob268/02a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ***** Grundbuch*****, vertreten durch Dr. Michael Kaufmann, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Helga Maria B*****, ***** vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle und Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 2.180,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 179/02z-6, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom , GZ 4 C 218/02y-2, aufgehoben und die Klage unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 55,52 USt) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit der Behauptung, ihre Mitglieder seien Eigentümer der EZ ***** Grundbuch ***** ***** begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, das widerrechtliche Abstellen eines Fahrzeuges auf dieser Liegenschaft zu unterlassen. Auf dem zur bezeichneten EZ gehörigen Grundstück Nr ***** befinde sich eine zu den dort errichteten Gebäuden gehörige Parkfläche, die durch Tafeln als Privatparkplatz gekennzeichnet sei. Die Beklagte sei Halterin des PKWs mit dem Kennzeichen DO*****. Am sei dieses Fahrzeug widerrechtlich auf dem bezeichneten Parkplatz abgestellt gewesen. Die Klägerin sei daher zur Einbringung einer Unterlassungsklage gezwungen.

Über diese Klage erließ das Erstgericht antragsgemäß am ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens.

Einer dagegen wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung der Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob das erstinstanzliche Versäumungsurteil samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück.

Die Aktivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft sei auf Verwaltungsmaßnahmen beschränkt. Die Durchsetzung von Besitzrechten sei keine Verwaltungsmaßnahme im Sinn des § 13c WEG. Zu einer Besitzstörungsklage sei auch nur derjenige legitimiert, der tatsächlich Besitz erwerben könne. Eine Wohnungseigentumsgemeinschaft könne jedoch an einer Liegenschaft oder den Miteigentumsanteilen nicht Besitz erwerben, da eben Besitzerwerb nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung zähle.

Nichts anderes könne auch für ein Unterlassungsbegehren gelten, in dem, wie im gegenständlichen Fall, gleich dem Besitzstörungsverfahren rechtswidrige Eingriffe Dritter in das gemeinschaftliche Recht abgewehrt werden sollen. So wie die Einbringung einer Eigentumsfreiheitsklage nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung (der Wohnungseigentümergemeinschaft) gehöre (5 Ob 230/97b), sei die Wohnungseigentumsgemeinschaft auch nicht zur Abwehr unzulässiger Immissionen legitimiert (Call in Glosse zu WoBl 1998/201; Illedits,

Die Wohnungseigentümergemeinschaft, WoBl 2000, 65 [77]). Fehle es aber an der Parteifähigkeit sei das mit der nicht existierenden oder nicht rechtsfähigen Partei geführte Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Versäumungsurteils. Die beklagte Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zufolge § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin macht geltend, dass die Abwehr von Störungshandlungen Dritter zur Freihaltung des Gemeinschaftsgutes "Parkplatz" für die Mitglieder der klagenden Partei eindeutig eine Verwaltungstätigkeit im Sinne des § 13c WEG sei, weil hier ein gemeinschaftliches Vorgehen erforderlich sei, um die Interessen aller Gemeinschafter wahren zu können. "Verwaltung" werde von der Rechtsprechung so definiert, dass alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung oder Erhaltung des Gemeinschaftsgutes betreffe, dazuzuzählen sei. Verwaltungshandlungen zeichneten sich insbesondere dadurch aus, dass sie eben gemeinschaftliches Vorgehen erforderten, weil es um die Wahrung der Interessen aller Gemeinschafter gehe (5 Ob 458/97g, 5 Ob 216/98w; 5 Ob 299/99b). Dass daneben noch jeder Miteigentümer zur Abwehr rechtswidriger Eingriffe berechtigt sei, lasse die Legitimation auch der Klägerin, im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftsgutes und im Interesse aller Gemeinschafter deren Rechte geltend zu machen, nicht ausschließen.

Lehne man die Legitimation der Kläger ab, so werde unzumutbarerweise einzelnen Gemeinschaftern auferlegt, auf ihre eigenen Kosten und eigenes Risiko Gemeinschaftsinteressen zu verfolgen. Die Beklagte hält dem entgegen, dass Besitzrechte dingliche Sachenrechte seien und nicht Gegenstand der Verwaltung im Sinn des § 13c WEG sein könnten. Besitzstörungsansprüche seien ausschließlich Individualrechte der Miteigentümer, weshalb der Wohnungseigentümergemeinschaft im Besitzstörungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Der vorliegende Sachverhalt sei auch ident mit dem, der Gegenstand der Entscheidung 5 Ob 493/97d (= MietSlg 50.067) gewesen sei.

Es entspreche auch bereits zweitinstanzlicher Rechtsprechung (MietSlg 46.529), dass weder der Verwalter noch die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erhebung von Besitzstörungsklagen berechtigt seien.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Die nunmehr in § 2 Abs 2 WEG 2002 ausdrücklich normierte, auf Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung beschränkte Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft wurde schon zuvor für die durch das 3. WÄG neugeschaffene Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG 1975 definiert. Demnach sind Verwaltungshandlungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer einerseits von den bloßen Besitzhandlungen oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Teilhaber zu unterscheiden, andererseits von den Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelne Anteile. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes beeinträchtigen könnte (RIS-Justiz RS0109188 u. a.). Über die Verwaltungsrechte hinaus sind ihr keine Eigentümerrechte zugeordnet. Sie kann daher nur in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sowie klagen und geklagt werden (WoBl 1999/82 [Call]; immolex 2000/52 u.a.).

Deshalb wurde etwa die Passivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft für eine Eigentumsfreiheitsklage des Liegenschaftsnachbarn verneint (WoBl 1998/209 mit Anm Call), ebenso die Legitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft sondern für Fragen einer Grundstücksgrenze verneint (5 Ob 392/97a) und ausgesprochen, dass die Frage der Freiheit des Eigentums von fremden Nutzungsrechten nicht in einer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft sondern gegen alle Wohnungseigentümer als notwendige Streitgenossen gerichteten Klage zu klären sei (6 Ob 255/00v). In einem durchaus zu vergleichenden Fall hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, dass für ein Begehren, ein Dritter sei schuldig, das Abstellen seines Fahrzeuges auf den Parkplätzen der im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft zu unterlassen, von den Miteigentümern durchzusetzen sei. Zur Abwehr von Eingriffen in das gemeinsame Eigentum und damit auch in jedes Miteigentum sei jeder Miteigentümer berechtigt (5 Ob 493/97d = MietSlg 50.067). Zu der vom Revisionsrekurs aufgeworfenen Frage, ob für die Erhebung von Besitzstörungsklagen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Aktivlegitimation zuerkannt werden kann (dafür: Löcker in Hausmann/Vonkilch Österr. Wohnrecht Rz 29 zu § 18 WEG; dagegen: Call in WoBl 1998/201; LGZ Wien 46529; LGZ Graz 50593), braucht hier nicht Stellung bezogen zu werden.

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren auf das Eigentumsrecht ihrer Mitglieder stützt, somit eine Eigentumsfreiheitsklage erhebt (vgl dazu Koziol/Welser I 313f).

Die Durchsetzung petitorischer Rechtsschutzansprüche ist aber keine Angelegenheit der Verwaltung im Sinn des § 13c, nunmehr 18 WEG (vgl Illetits in WoBl 2000, 65; WoBl 1998/201 [Call]; immolex 1998/68; 6 Ob 255/00v; MietSlg 50.067).

Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin besteht schon deshalb kein Rechtsschutzdefizit, weil das entsprechende Abwehrrecht jedem Mit- und Wohnungseigentümer zusteht.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.