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OGH vom 29.08.2017, 5Ob29/17a

OGH vom 29.08.2017, 5Ob29/17a

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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. S***** M*****, 2. T***** M*****, beide vertreten durch Dr. Harald Friedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei MR Dr. P***** L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in Wien, wegen Löschung einer Grundbuchseintragung (Streitwert 33.750 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 126/16h-29, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht ist in die Prüfung der von den Klägern behaupteten Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens infolge Nichtberücksichtigung der in einem Vorverfahren erfolgten Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht (vgl RIS-Justiz RS0039721) eingegangen und hat eine solche verneint. Die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz ist daher nicht mehr möglich (RIS-Justiz RS0042981, RS0043405).

2. Die fälschliche Annahme einer Bindungswirkung wird in der Rechtsprechung als Fall eines auch in dritter Instanz wahrnehmbaren Stoffsammlungsmangels, als Mangel des Berufungsverfahrens selbst oder als Ursache für sekundäre Feststellungsmängel angesehen (5 Ob 253/11h mwN). Ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensverstoß bildet aber nur dann den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO, wenn er abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RIS-Justiz RS0043027, RS0043049). Der Rechtsmittelwerber ist dabei zur Dartuung der abstrakten Eignung des Verfahrensmangels gehalten, wenn die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist (RIS-Justiz RS0043027 [T10], RS0043049 [T6]). Die Revisionswerber beschränken sich auf den Hinweis der Unrichtigkeit der diesbezüglichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und die Begründung dafür. Die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels zeigen sie hingegen nicht auf. Diese ist im Hinblick auf die zur Beurteilung des von der angenommenen Bindungswirkung betroffenen Einwands der Kläger ausreichenden Feststellungen des Erstgerichts auch keineswegs offenkundig.

3. Entgegen der Annahme der Revisionswerber wurde nach den Feststellungen zum Wohnungseigentumsvertrag und den darauf basierenden Grundbuchseintragungen an der Gartenfläche kein – rechtlich unmögliches (vgl 5 Ob 54/95; RIS-Justiz RS0082677) – selbständiges Wohnungseigentum, sondern Zubehör-Wohnungseigentum begründet. Den Revisionswerbern ist zwar zuzugestehen, dass die Gartenfläche als Gegenstand des Zubehör-Wohnungseigentums im Zuge der Ermittlung des Jahresmietwertes für das Hauptobjekt entgegen § 2 WEG 1948 (vgl 5 Ob 83/95 = RIS-Justiz RS0082820) nicht durch einen Zuschlag Berücksichtigung fand, sondern ein eigener Jahresmietwert festgesetzt und dem des Hauptobjekts hinzu gezählt wurde. Ein solcher Verstoß gegen die Grundsätze der Ermittlung der Jahresmietwerte nach dem WEG 1948 rechtfertigt aber allenfalls die Neufestsetzung der Jahresmietwerte (vgl 5 Ob 225/14w mwN; 5 Ob 83/95 = RIS-Justiz RS0082820), er bewirkt nicht die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung als solche.

4.1. Gemäß § 5 Abs 3 WEG 2002 (idF der WRN 2015 [BGBl I Nr 100/2014]) ist für die sachenrechtlich wirksame Begründung und Existenz von Zubehör-Wohnungseigentum eine eigene Eintragung der Zubehörobjekte in das Grundbuch nicht erforderlich. Diese Erstreckungsregelung umfasst sowohl die erstmalige Begründung als auch den derivativen Erwerb von Wohnungseigentum als auch den Vorgang, mit dem ein Zubehörobjekt von einem Wohnungseigentumsobjekt an ein anderes übertragen wird. Weder die Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum noch dessen Übertragung bedarf somit einer gesonderten Eintragung im Grundbuch (5 Ob 162/16h). Die Anordnung des § 5 Abs 3 dritter Satz WEG 2002 gilt auch für Eintragungen, die vor ihrem Inkrafttreten am vorgenommen wurden (§ 58c Abs 1 WEG 2002).

4.2. Voraussetzung der Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt auch auf die diesem Objekt zugeordneten Zubehörobjekte ist dessen eindeutige Zuordnung zum Hauptobjekt durch eine eindeutige Darstellung im Titel für die Wohnungseigentumsbegründung oder in der Urkunde über die Nutzwertermittlung oder -festsetzung (5 Ob 162/16h mwN). Ob sich die Zuordnung eines Zubehörobjekts zum Hauptobjekt iSd § 5 Abs 3 dritter Satz WEG 2002 aus diesen der Eintragung zugrundeliegenden Urkunden eindeutig ergibt, richtet sich nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls; dieser Frage kommt daher keine über diesen hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (5 Ob 162/16h). Dem Berufungsgericht ist auch keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung unterlaufen. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ungeachtet der Festsetzung eines eigenen Jahresmietwertes im behördlichen Parifizierungsverfahren ergebe sich die Zuordnung der Gartenfläche als bloßes Wohnungseigentumszubehör – in allen hiefür erforderlichen Facetten (vgl ErläutRV 352 BlgNR 25. GP 7) – eindeutig und widerspruchsfrei aus dem Wohnungseigentumsvertrag, ist jedenfalls vertretbar.

5. Die Eintragung des Wohnungseigentums am Wohnungseigentumsobjekt der Beklagten erstreckte sich daher gemäß § 5 Abs 3 WEG idF WRN 2015 auch schon vor der erst nachträglich im B-Blatt des Grundbuchs vollzogenen Ergänzung der Objektbezeichnung (vgl 5 Ob 196/15g = RIS-Justiz RS0130569) auch auf die Gartenfläche. Nach dem materiellen Publizitätsprinzip (Vertrauensgrundsatz) des Grundbuchsrechts schließen grundbücherliche Eintragungen den guten Glauben Dritter von einer falschen Rechtslage aus (Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht² § 5 Rz 1). Der von den Klägern behauptete gutgläubige Erwerb kommt daher nicht in Betracht.

6. Die außerordentliche Revision war daher mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00029.17A.0829.000
Schlagworte:
Streitiges Wohnrecht

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