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OGH vom 21.02.1985, 7Ob513/85

OGH vom 21.02.1985, 7Ob513/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Honf.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Christa A, Hausfrau, Maria Gail, Johann-Lamprecht-Straße 3, vertreten durch Dr. Kuno Ther, Rechtsanwalt in Villach, wider den Antragsgegner Alois A, Magistratsbeamter, Villach, Sonnrain 30, vertreten durch Dr. Wilfried Piesch, Rechtsanwalt in Villach, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom , GZ. 2 R 461/84-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom , GZ. F 18/82-23, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Parteien waren vom bis verheiratet.

Ihrer Ehe entstammen die Kinder Heinz, geboren am , Klaus geboren am und Doris geboren am . Die Antragstellerin ist zu 49/100-Anteilen, der Antragsgegner zu 51/100-Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 159 KG Maria Gail mit dem Haus Johann-Lamprecht-Straße 3. Mit den Miteigentumsanteilen der Antragstellerin ist das Wohnungseigentum an der im Erdgeschoß, mit den Miteigentumsanteilen des Antragsgegners das Wohnungseigentum an der im Obergeschoß gelegenen Wohnung untrennbar verbunden. Die Wohnung im Obergeschoß mit den zwei im Halbstock befindlichen Räumen diente als Ehewohnung.

Aufgrund des von der Antragstellerin rechtzeitig gestellten Aufteilungsantrages traf das Erstgericht folgende Verfügungen: Die Wohnung im Obergeschoß, eine Garage und verschiedene, von beiden geschiedenen Ehegatten gemeinsam benützte Räume wies das Erstgericht der Antragstellerin zu (Punkt A 1 lit.a des erstgerichtlichen Beschlusses); desgleichen die im Zwischenstock befindlichen zwei Zimmer (Punkt A 1 lit.b). Es verpflichtete den Antragsgegner unter Auferlegung der übersiedlungskosten zur Räumung dieser Teile des Hauses binnen 4 Wochen (Punkt A lit.c - d). Es verfügte die Begründung eines Mietrechtes der Antragstellerin an den unter Punkt A 1 lit.a genannten Räumen für die Zeit ab dem dem Eintritt der Rechtskraft des Aufteilungsbeschlusses folgenden Monatsersten bis zum Ablauf von 2 Monaten nach dem Ende des Monats, in dem das den Großeltern der Antragstellerin Franz und Franziska B an den im Erdgeschoß gelegenen Räumen zustehende Nutzungsrecht erlischt. Der Mietzins wurde mit S 2.800,-- zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten bestimmt (Punkt A 2 lit a.-d). Unter den Punkte B - D des erstgerichtlichen Beschlusses traf das Erstgericht Verfügungen über das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter Bedachtnahme auf die von den Parteien bereits einvernehmlich getroffene Teilregelung und verpflichtete gemäß Punkt E den Antragsgegner zu einem teilweisen Kostenersatz von S 20.000,--. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes zog der Antragsgegner am aus der Ehewohnung aus. Er hat aufgrund gerichtlicher Vergleiche folgende Unterhaltsleistungen zu erbringen:

für die Antragstellerin S 10.000,-- monatlich wertgesichert, für den Sohn Klaus S 2.400,-- und für die Tochter Doris S 2.000,-- je monatlich zuzüglich der Familienbeihilfen. Die Unterhaltsverpflichtung für den Sohn Heinz ruht. Dem Unterhaltsvergleich mit der Antragstellerin liegt ein monatliches Durchschnittseinkommen des Antragsgegners von brutto S 56.000,-- zugrunde. Die elterlichen Rechte und Pflichten über die Kinder Klaus und Doris stehen der Antragstellerin, über den Sohn Heinz dem Antragsgegner zu. Das monatliche Durchschnittseinkommen des Antragsgegners betrug im Jahre 1981 S 41.238,--, im Jahre 1983 S 45.621,-- und in den Monaten Jänner bis März 1984 S 33.420,-- netto. Die Antragstellerin war bis Juni 1964 als Friseurin berufstätig. In der Folge widmete sie sich der Haushaltsführung und der Kindererziehung. Daneben erzielte sie ein geringes Einkommen durch private Leistungen in ihrem Beruf, das zur teilweisen Finanzierung der Lebenshaltungskosten der Familie herangezogen wurde. Alle anderen Aufwendungen wurden vom Einkommen des Antragsgegners bestritten.

Mit Vertrag vom schenkte die Mutter der Antragstellerin Anna C den Parteien je zur Hälfte die Liegenschaft EZ 159 KG Maria Gail mit dem darauf befindlichen Einfamilienhaus. Die Geschenknehmer übernahmen die zugunsten der Großeltern der Antragstellerin Franz und Franziska B einverleibte Dienstbarkeit des Nutzungsrechtes und der Reallast der zusätzlichen Versorgung. Sie verpflichteten sich ferner zur Bezahlung von S 50.000,-- an die Schwester der Antragstellerin. Hiefür wurde von den Großeltern der Antragstellerin ein nicht feststellbarer Teilbetrag beigesteuert. Vom Juni 1972 bis Herbst 1973 bauten die Parteien das Haus in ein Wohnhaus mit zwei getrennt benützbaren Wohnungen um. Die Wohnung om Obergeschoß und die zwei im Halbstock befindlichen Räume dienten seither als Ehewohnung. Die Räume im Erdgeschoß wurden von den Großeltern der Antragstellerin benützt. Mit notariellem Vertrag vom wurde das obgenannte Wohnungseigentum und nach Festsetzung der Jahresmietwerte das derzeitige Miteigentumsverhältnis begründet. Am starb die Großmutter der Antragstellerin. Seither bewohnt der Großvater der Antragstellerin die Wohnung im Erdgeschoß allein. Der ortsübliche Mietzins für die Wohnung im Obergeschoß samt Nebenräumen mit Benützung des Gartens und des Kellers beträgt S 3.600,--, der Mietzins für die Garage S 400,-- monatlich je zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten.

Nach der Auffassung des Erstgerichtes seien das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse zwischen den Parteien im gleichen Verhältnis aufzuteilen, weil die Beiträge beider geschiedenen Ehegatten als gleichwertig anzusehen seien. Die Liegenschaft sei von der Aufteilung ausgenommen, weil es sich um eine den Ehegatten von einem Dritten geschenkte Sache handle. über die Ehewohnung bestehe zwischen den Parteien Einigkeit darüber, daß sie der Antragstellerin bis zum Erlöschen des Nutzungsrechtes ihres Großvaters zur Verfügung stehen soll. Bei Festsetzung des vom Antragsgegner begehrten Benützungsentgeltes seien jedoch die Lebensverhältnisse der Parteien, insbesondere aber die der Antragstellerin zu berücksichtigen. Danach sei der Antragstellerin eine maximale Belastung in Höhe von rund einem Drittel ihres Einkommens zumutbar.

Gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhoben beide Parteien Rekurs. Im Rekursverfahren waren nur die Begründung des Mietrechtes an der Wohnung im Obergeschoß für die Antragstellerin, der Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginnes dieses Mietverhältnisses, die Festsetzung eines Mietzinses und eine Ausgleichszahlung von S 6.150,-- sowie die Kostenentscheidung strittig. Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung eine neue Entscheidung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Das Rekursgericht hielt ergänzende Feststellungen zur Beurteilung der Frage für erforderlich, ob sich das grundbücherlich einverleibte Nutzungsrecht des Großvaters und das angeblich auch der Mutter der Antragstellerin zustehende Nutzungsrecht auf die Gesamtliegenschaft und daher auch auf die Wohnung im Obergeschoß erstrecke oder auf bestimmte Teile der Liegenschaft eingeschränkt sei und welche Versorgungsansprüche dem Franz B zustünden. Sollten sich die erwähnten Nutzungsrechte auch auf die im Obergeschoß liegende Wohnung erstrecken, wäre es ohne Zustimmung der Nutzungsberechtigten nicht möglich, der Antragstellerin ein mit den Nutzungsrechten im Widerspruch stehendes Miet- oder sonstiges Benützungsrecht einzuräumen. Die Ehewohnung wäre in diesem Falle nur auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses zu den Nutzungsberechtigten bewohnt worden, und es käme im Aufteilungsverfahren nur eine Anordnung nach § 87 Abs. 2 EheG in Betracht, wonach die Antragstellerin in das bestehende Rechtsverhältnis eintrete oder es allein fortsetze. Nur bei Beschränkung der Nutzungsrechte auf die Wohnung im Erdgeschoß könnte der Antragstellerin auch ein entgeltliches oder unentgeltliches Benützungsrecht an der Wohnung im Obergeschoß eingeräumt werden. Auch für die Beurteilung des in diesem Falle einzuräumenden Rechtes und der Frage der Entgeltlichkeit seien ergänzende Feststellungen erforderlich.

Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Für die Ehewohnung kann das Gericht, wenn sie kraft Eigentums oder eines anderen dinglichen Rechtes eines oder beider Ehegatten benützt wird, die übertragung des Eigentums oder des dinglichen Rechtes von einem auf den anderen Ehegatten oder die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses zugunsten eines Ehegatten anordnen (§ 87 Abs. 1 EheG).

Sonst kann das Gericht ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, daß ein Ehegatte an Stelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis allein fortsetzt (§ 87 Abs. 2 EheG). Dieser Regelung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die Benützung einer Ehewohnung auf einer Vielfalt von Rechtsverhältnissen beruhen kann (916 BlgNR 14.GP 16). Dem Rekursgericht ist daher darin beizupflichten, daß es für die hier über die eheliche Wohnung zu treffende Verfügung einer Klarstellung bedarf, aufgrund welchen Rechtsverhältnisses die Ehewohnung benützt wurde. Die Parteien sind zwar Miteigentümer der Liegenschaft mit dem Haus, in dem sich die Ehewohnung befindet, nach dem Grundbuchstand und dem Inhalt des Notariatsaktes Beilage 10

steht jedoch den Großeltern der Antragstellerin an der Gesamtliegenschaft ein Fruchtgenußrecht zu. Daß das Haus nach Begründung dieses Rechtes von den Parteien umgebaut wurde, hatte nicht zwangsläufig eine Beschränkung des Nutzungsrechtes zur Folge, weil dem Fruchtgenußberechtigten im Zweifel auch die Nutzungen einer vom Eigentümer oder mit seiner Zustimmung neu errichteten Anlage zukommen (Petrasch in Rummel ABGB Rdz 1 zu § 516). Im Bereich der persönlichen Servituten wird die übertragung eines Fruchtgenußrechtes der Ausübung nach mit schuldrechtlicher und mit dinglicher Wirkung anerkannt (SZ 23/280; 1 Ob 55/81; Petrasch aaO Rdz 1 zu § 509; Klang 2 II 566;

Gschnitzer Sachenrecht 149). Demnach muß auch die übertragung der Ausübung des Rechtes hinsichtlich eines Teiles der Sache als zulässig angesehen werden.

Rechtliche Beurteilung

Sollte daher unter ausdrücklicher Wahrung des Gesamtrechtes des Franz und der Franziska B den Parteien lediglich das Recht zur Benützung der Wohnung im Obergeschoß eingeräumt worden sein, wäre die Ehewohnung nicht aufgrund des Eigentums der Parteien benützt worden und es käme nur eine Anordnung nach § 87 Abs. 2 EheG in Betracht. Bei gänzlicher oder teilweiser überlassung des Fruchtbezuges an den Eigentümer der dienenden Sache ist allerdings fraglich, ob nicht ein gänzlicher oder teilweiser Verzicht des Fruchtgenußberechtigten vorliegt (§ 1444 ABGB, vgl. Petrasch aaO Rdz 2 zu § 524). Ein gänzliches oder teilweises Erlöschen der Servitut kann auch durch Freiheitsersitzung erfolgen, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinanderfolgende Jahre sein Recht nicht geltend macht (Koziol-Welser 6 II 134). Als allgemeiner teilweiser Erlöschungsgrund käme im vorliegenden Fall auch eine ausdrückliche oder schlüssige vertragliche Neuregelung in Betracht% Wäre das Nutzungsrecht des Franz B teilweise erloschen, lägen die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 87 Abs. 1 EheG vor. Von der Art des Rechtes, aufgrund dessen die Ehewohnung benützt wurde, hängt auch die Frage der näheren Ausgestaltung des der Antragstellerin einzuräumenden Rechtes ab. Auch im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse kann einem Auftrag des Rekursgerichtes zur Ergänzung des Verfahrens und des Sachverhaltsbildes, um bei richtiger rechtlicher Beurteilung entscheidungswesentliche Umstände klarzustellen, nicht entgegen getreten werden (3 Ob 614/82 ua).

Das Gesagte gilt sinngemäß auch für die behaupteten Nutzungsrechte der Anna C. Zu Unrecht beruft sich der Rekurswerber auf die fehlende Verbücherung dieses Rechtes, weil eine vertragliche, nicht verbücherte Servitut jedenfalls zwischen den Vertragsparteien wirkt (Petrasch aaO Rdz 2 zu § 481). Daß die Parteien im vorliegenden Verfahren ursprünglich übereinstimmend den Standpunkt vertraten, dem Franz B komme nur mehr ein Nutzungsrecht an der Erdgeschoßwohnung zu - die Antragstellerin hat offensichtlich ihre Ansicht ohnehin geändert - ist unerheblich, weil nach § 229 AußStrG im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse außer den Ehegatten auch Dritte, deren Rechte berührt werden, Beteiligte sind. Dadurch soll einem möglichen Eingriff in die Rechte Dritter Rechnung getragen werden (916 BlgNR 14. GP 32). Die Möglichkeit eines solchen Eingriffes ist im vorliegenden Fall nicht auszuschließen. Dessen ungeachtet wurde aber den hier als Beteiligte in Betracht kommenden Vorfahren der Antragstellerin keine Möglichkeit der Verfahrensbeteiligung gegeben. Im fortgesetzten Verfahren wird daher darauf Bedacht zu nehmen sein. Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.