OGH 12.11.1997, 3Ob323/97i
Rechtssatz
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Norm | |
RS0109102 | Wohl hat der Geschäftsführer den Verzicht zu beweisen, daß der erlassene Betrag aber zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich wäre, hat die Gesellschaft darzulegen und zu beweisen. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Dkfm.Helmut K*****, vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, und 2) Dipl.Ing.Iradj M*****, vertreten durch Dr.Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen 250.000 S sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 186.387,10 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom , GZ 1 R 71/97m-26, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei (GmbH) wurde am im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragen. Die zwei Gründungsgesellschafter, die Treuhänder anderer Personen waren, bestellten die Beklagten als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer. In Verbindung mit dem Eintragungsgesuch erklärten diese am gemäß § 10 Abs 3 GmbHG, daß sich der bar in die Gesellschaftskasse eingezahlte und inbesondere nicht durch Gegenforderungen beschränkte Teil der Stammeinlagen in ihrer freien Verfügung befinde. Der einzige Zweck der Gesellschaftsgründung war der Erwerb und die Verwertung einer Wiener Liegenschaft. Der Erwerb sollte durch Bankkredit (rund 20 Mio S) finanziert werden. Die Beklagten, die selbst nicht Gesellschafter waren, hatten den Auftrag, sich um die Kreditgewährung zu bemühen. Bis zur Kreditzusage - die Fremdfinanzierung sollte auch sämtliche Nebenkosten des Liegenschaftserwerbs decken - hinterlegten die Beklagten je 125.000 S im Tresor eines Gesellschafters zur Deckung des von den Gesellschaftern bar zu leistenden Teils der Stammeinlagen. Dabei war die Rückerstattung dieser Beträge an die Beklagten "nach Vorliegen der Finanzierung" im voraus vereinbart. So wurde, als die erörterte Kreditfinanzierung wenig später - noch 1991 - gesichert war, "auch verfahren". Am hatten sich jene Beträge noch im Tresor des Gesellschafters befunden.
Die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Zweitbeklagte führt gegen die Bejahung seiner Haftung nach § 10 Abs 4 GmbHG ins Treffen, daß die Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG gesetzmäßig gewesen sei, habe sie doch im Zeitpunkt ihrer Abgabe den Tatsachen entsprochen. Der Ersatzanspruch der klagenden Partei müsse daher schon mangels rechtswidrigen Verhaltens scheitern. Das ergebe sich eindeutig aus einem strafrechtlichen Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs (15 Os 120/88 = SSt 60/36 = RdW 1990, 13).
Dieser Ansicht vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. In 15 Os 120/88 sprach der Oberste Gerichtshof aus, das Tatbild des § 122 Z 1 GmbHG werde nicht verwirklicht, selbst wenn eine Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG nur im Zeitpunkt ihres Einlangens beim Registergericht (jetzt Firmenbuchgericht) tatsachengemäß gewesen sei. Komme es nach diesem Zeitpunkt - wenn auch aufgrund einer zivilrechtlich nichtigen Vorausvereinbarung - zur Einlagenrückgewähr, sei darin kein tatbildliches Handeln zu erblicken, weil es - unabhängig von Vereinbarungen im Innenverhältnis - nur "auf die von außen her nicht eingeschränkte Verfügungsmacht des Geschäftsführers" ankomme.
Die Erfüllung des bloß auf eine logische Sekunde (Einlangen beim Firmenbuchgericht) abgestellten Erfordernisses der inhaltlichen Richtigkeit einer Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG mag die Strafbarkeit nach § 122 Z 1 GmbHG ausschließen, nicht vermeidbar ist dagegen die zivilrechtliche Haftung der Geschäftsführer für jedes dem Schutzzweck des § 10 Abs 3 GmbHG widersprechende Verhalten, wäre es doch sonst ein leichtes, Gesellschaften ohne jeden für deren Gläubiger realistisch verfügbaren Haftungsfonds zu gründen. Diese Haftungsfrage wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in 4 Ob 546/91
(SZ 64/143 = EvBl 1992/43 = ÖBA 1992, 568 [Novotny] = WBl 1992, 128 =
RdW 1992, 77 = ecolex 1992, 240) erörtert. Danach dient § 10 Abs 3
GmbHG dem Zweck, "die zur freien Verfügung des Geschäftsführers stehenden Stammeinlagen als Haftungsfonds der Gläubiger zu sichern", sodaß die künftigen Gesellschaftsgläubiger mit dem Zugriff auf das Eigenkapital der Gesellschaft rechnen können, "ohne dabei mit Forderungen von Gläubigern konkurrieren zu müssen, die durch Kreditieren des Stammkapitals selbst entstanden sind". Ob die Gesellschafter den bar zu leistenden Teil der Stammeinlagen durch Kredit finanzierten, sei zwar unerheblich, diese Beträge stünden der Gesellschaft jedoch bei einer reinen "Scheineinlage" oder auch dann nicht zur freien Verfügung, wenn "die Gesellschaft selbst" für diese Beträge hafte. Nichts anderes gelte für Beträge, die sich die Gesellschafter zwecks vorübergehender Einlage ausgeliehen und zu deren Rückzahlung an die Gläubiger sich die Geschäftsführer (im voraus) verpflichtet hätten. Die auf die Stammeinlagen bezahlten Beträge stünden den Geschäftsführern daher immer nur dann zur freien Verfügung, wenn sie "für die Gesellschaft ein reines Aktivum" seien.
Für den erkennenden Senat besteht kein Anlaß, von dieser Rechtsprechung, der die Lehre zustimmt (Koppensteiner, GmbHG - Kommentar Rz 15 zu § 10 mwN; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I2 Rz 1/599; offenbar auch Novotny, ÖBA 1992, 572), abzugehen. Deren Richtigkeit wird vom Zweitbeklagten auch gar nicht in Frage gestellt. Dieser beruft sich nur darauf, die Entscheidung 4 Ob 546/91 beziehe sich auf einen anderen Sachverhalt. Das trifft nur soweit zu, als dort die Frage der Haftung einer kreditierenden Sparkasse Entscheidungsgegenstand war. Bei dessen Erörterung war jedoch die Abgrenzung der Haftung eines Kreditgläubigers von jener der Geschäftsführer der Gesellschaft erforderlich. Soweit war daher deren Verant- wortlichkeit ebenso entscheidungswesentlich. Nach den hier maßgeblichen Tatsachenfeststellungen war die Vorausvereinbarung der Gründungsgesellschafter mit den Geschäfts- führern über die Tilgung deren Darlehensforderungen aus Mitteln der Gesellschaft durch Rückzahlung der als Stammeinlagen erliegenden Barbeträge zu erfüllen. Damit waren aber diese Beträge bei Abgabe der Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG - nach der auch vom erkennenden Senat gebilligten ratio der Entscheidung 4 Ob 546/91 - kein "reines Aktivum" der Gesellschaft, worüber die Geschäftsführer frei verfügen hätten können.
Soweit der Zweitbeklagte im übrigen - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - ein Verschulden als Voraussetzung seiner Haftung nach § 10 Abs 4 GmbHG verneint, gelingt es ihm ebenso nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sind doch Verschuldensfragen nach besonderen Tatumständen zu lösen, deren Bedeutung gewöhnlich über den konkreten Einzelfall - wie auch hier - nicht hinausreichen. In einem solchen Fall wäre die Revision nur zulässig, wenn dem Gericht zweiter Instanz bei Lösung der Verschuldensfrage eine - hier jedenfalls zu verneinende - extreme Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RZ 1994/45; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 502 mN aus der Rsp).
Die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist daher zurückzuweisen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Dkfm.Helmut K*****, vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, und 2) Dipl.Ing.Iradj M*****, vertreten durch Dr.Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen 250.000 S sA infolge außerordentlicher Revision der erstbeklagten Partei (Revisionsinteresse 186.387,10 S sA) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom , GZ 1 R 71/97m-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 20 Cg 206/96i-20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, daß es - in teilweiser Wiederherstellung des Ersturteils - wie folgt zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 186.387,10 S samt 5 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten."
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 23.150 S (darin 1.650 S Umsatzsteuer und 133.250 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei (GmbH) wurde am im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragen. Die zwei Gründungsgesellschafter, die Treuhänder anderer Personen waren, bestellten die Beklagten als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer. Diese erklärten am gemäß § 10 Abs 3 GmbHG im Zusammenhang mit dem Eintragungsgesuch, daß sich der bar in die Gesellschaftskasse eingezahlte und inbesondere nicht durch Gegenforderungen beschränkte Teil der Stammeinlagen in ihrer freien Verfügung befinde. Der einzige Zweck der Gesellschaftsgründung war der Erwerb und die Verwertung einer Wiener Liegenschaft. Der Erwerb sollte durch Bankkredit (rund 20 Mio S) finanziert werden. Die Beklagten, die selbst nicht Gesellschafter waren, hatten den Auftrag, sich um die Kreditgewährung zu bemühen. Bis zur Kreditzusage - die Fremdfinanzierung sollte auch sämtliche Nebenkosten des Liegenschaftserwerbs decken - hinterlegten die Beklagten je 125.000 S im Tresor eines Gesellschafters zur Deckung des von den Gesellschaftern bar zu leistenden Teils der Stammeinlagen. Dabei war die Rückerstattung dieser Beträge an die Beklagten "nach Vorliegen der Finanzierung" im voraus vereinbart. So wurde, als die erörterte Kreditfinanzierung wenig später - noch 1991 - gesichert war, "auch verfahren". Am hatten sich jene Beträge noch im Tresor des Gesellschafters befunden.
Noch 1991 übertrug einer der Gründungsgesellschafter seinen gesamten, der andere einen Teil seines Geschäftsanteils einer GmbH. Diese hatte damit eine Beteiligung von 50 % am Stammkapital der klagenden Partei erworben. Gleichzeitig wurde der Erstbeklagte als Geschäftsführer abberufen und ihm einhellig "die Entlastung als Geschäftsführer erteilt". Anläßlich dieser Abtretung von Geschäftsanteilen wurde der Geschäftsführer der neuen Gesellschafterin über die finanzielle Situation der klagenden Partei aufgeklärt, "vor allem auch darüber, daß das bar einbezahlte Stammkapital zwischenzeitig wieder an die Einzahler zurückerstattet worden war".
Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 250.000 S sA und brachte vor, die Erklärung ihrer Geschäftsführer vom gemäß § 10 Abs 3 GmbHG sei unrichtig gewesen. Der mit Kredit finanzierte und in den Büchern der Gesellschaft "fälschlich als Einzahlung auf die übernommenen Stammeinlagen" ausgewiesene Betrag habe die Tatsache verschleiert, daß die "Gesellschaft mit Null errichtet" worden sei. Der Bankkredit "mit der Rückzahlungsverpflichtung durch die Gesellschaft" sei nach deren Eintragung im Firmenbuch getilgt worden.
Der Erstbeklagte wendete ein, die von den Gründungsgesellschaftern auf das Stammkapital geleisteten Barzahlungen seien durch Darlehen der Beklagten finanziert worden. Die Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG habe den Tatsachen entsprochen. Überdies sei ihm anläßlich seiner Abberufung als Geschäftsführer ausdrücklich die Entlastung erteilt worden. Damit habe die klagende Partei auf allfällige Ersatzansprüche verzichtet.
Der Zweitbeklagte, der primär Klageabweisung beantragte, wendete jedoch aufrechnungsweise auch eine Gegenforderung von 63.612,90 S ein.
Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang (auch) das Klagebegehren gegen den Erstbeklagten ab. Nach seiner Rechtsansicht ist eine Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG nicht als unrichtig anzusehen, wenn die Rückzahlung der bar geleisteten Stammeinlage bereits im Erklärungszeitpunkt geplant gewesen sei. Überdies habe die klagende Partei einen Anspruch auf Leistung der Stammeinlage gegen ihre Gesellschafter. Dem "Abgang an Stammeinlagen" stehe daher dieser Anspruch gegenüber, sodaß keine "Minderung des Buchvermögens" eingetreten sei.
Das Berufungsgericht erkannte die Beklagten mittels Teilurteils zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 186.387,10 S samt 5 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu bezahlen und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im übrigen hob es das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Nicht ausgesprochen wurde gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß eine korrekte Erklärung nach § 10 Abs 3 GmbHG unter anderem das Fehlen von Abreden, die auf eine "direkte oder indirekte Rückgewähr der Leistung an den betreffenden Gründer" hinausliefen, voraussetze. Für Geldeinlagen dürfe daher "keine Rückzahlungs- oder Verrechnungsabrede zwischen der Gesellschaft und dem Einleger hinsichtlich des Einzahlungsbetrags" getroffen werden, weil eine derartige Vereinbarung die "endgültige freie Verfügung und damit eine Bewirkung der Einlage mit Erfüllungswirkung" verhindere. Sei daher - wie hier - "für die Zeit nach der Eintragung der GmbH die Rückzahlung einer in bar geleisteten Stammeinlage vorausgeplant", sei "eine Erklärung, wonach die Leistung mit Erfüllungswirkung erbracht" worden sei, unkorrekt. Abzulehnen sei daher eine dieser Ansicht widersprechende (strafrechtliche) Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (15 Os 120/88 = SSt 60/36 = RdW 1990, 13). Die Ersatzpflicht der Geschäftsführer gemäß § 10 Abs 4 GmbHG diene dem Zweck, jenen Ausfall zu decken, den die Gesellschaft durch eine schuldhaft unrichtige Erklärung an ihrem Stammkapital erleide. Die Geschäftsführer hätten für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen und zu beweisen, daß ihnen wegen einer Verletzung des § 10 Abs 3 GmbHG kein Verschuldensvorwurf gemacht werden könne. Die Beklagten hätten lediglich bewiesen, daß "die Vorgangsweise in Absprache mit den Gesellschaftern" erfolgt sei, was deren Verschulden an ihrer nach den Erfordernissen des § 10 Abs 3 GmbHG unrichtigen Erklärung nicht mindern könne. Der Zweitbeklagte habe jedoch eine Gegenforderung von 63.612,90 S aufrechnungsweise eingewendet. Dieser Schuldtilgungseinwand wirke auch zugunsten des Erstbeklagten. Weil sich das Erstgericht infolge seiner unzutreffenden Rechtsansicht nicht mit der Aufrechnungseinrede auseinandergesetzt habe, sei das angefochtene Urteil daher teilweise abzuändern und teilweise aufzuheben gewesen.
Mit Endurteil vom (ON 27) sprach das Erstgericht im zweiten Rechtsgang aus, daß die Klageforderung mit 63.612,90 S und die "vom Zweitbeklagten eingewendete Gegenforderung ... in eben dieser Höhe ebenfalls zu Recht" bestehe. Demzufolge wies es das Klagebegehren ab. Gegen diese Entscheidung erhoben alle Parteien Berufung. Das Verfahren über diese Rechtsmittel ist anhängig.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revison des Erstbeklagten ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, zulässig und berechtigt.
Der erkennende Senat wies mit Beschluß vom (= 3 Ob 323/97i) die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurück. Dort wurde im einzelnen begründet, daß die Ansicht des Berufungsgerichts über die Erfordernisse einer Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG mit Rücksicht auf allfällige Ersatzansprüche gemäß § 10 Abs 4 GmbHG im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht. Dieses Thema ist jedoch im Prozeßrechtsverhältnis der klagenden Partei zum Erstbeklagten aus folgenden Gründen nicht entscheidungswesentlich:
Nach im Berufungsverfahren des ersten Rechtsgangs unbekämpften Feststellungen waren die Gesellschafter der klagenden Partei, als sie dem Erstbeklagten mittels einhelligen Gesellschafterbeschlusses im Sinne des § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG die Entlastung als Geschäftsführer erteilten, in voller Kenntnis jener Tatsachen, die dem Schadenersatzbegehren der Gesellschaft nach dem im Rechtmittelverfahren nur mehr wesentlichen Streitgegenstand als Grundlage dienen. Dabei ist hervorzuheben, daß die klagende Partei im Verfahren erster Instanz nicht etwa behauptete, der begehrte Betrag solle der Tilgung von Forderungen der Gesellschaftsgläubiger dienen. Ein solches Vorbringen findet sich - als unzulässige Neuerung - erstmals in der Revisionsbeantwortung.
Davon ausgehend rügt der Erstbeklagte zutreffend, daß der geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen der - herrschender Ansicht entsprechenden - Präklusionswirkung der Entlastung (siehe dazu im einzelnen bereits SZ 69/153 mzwN = JBl 1997, 114 = RdW 1996, 581 = ecolex 1997, 27 [zustimmend Zehetner]; EvBl 1993/24; Arb 10.873; SZ 55/1 = EvBl 1982/115 = GesRZ 1983, 30; SZ 32/2; Koppensteiner, GmbHG - Kommentar Rz 32 zu § 10 und Rz 19 zu § 35 mwN; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I2 Rz 2/408 und 2/422) nicht berechtigt sein kann, ist doch hier in der Entlastung des Erstbeklagten als Geschäftsführers ein Verzicht der klagenden Partei auf Schadenersatzansprüche wegen Unrichtigkeit der Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG bei Anmeldung der Gesellschaft zu erblicken. Dagegen wendet die klagende Partei im Revisionsverfahren ein, der Erstbeklagte hätte behaupten und beweisen müssen, daß der Klagebetrag nicht zur Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern benötigt werde. Das ist unzutreffend. Wohl ist der haftpflichtige Geschäftsführer für den Verzicht der Gesellschaft auf gegen ihn zu richtende Schadenersatzanspruch behauptungs- und beweispflichtig; gelingt ihm dieser Beweis, hat dann aber die Gesellschaft darzulegen und zu beweisen, daß der erlassene Betrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich wäre (Scholz/Winter, GmbHG8 Rz 9 zu § 9 b dGmbHG; Hachenburg/Ulmer, GmbHG8 Rz 10 zu § 9 b dGmbHG). Dabei ist besonders hervorzuheben, daß sich der Erstbeklagte bereits in der Klagebeantwortung darauf berufen hatte, die Gesellschaft habe wegen seiner Entlastung als Geschäftsführer "auf sämtliche allfälligen Ansprüche ... ausdrücklich verzichtet" (ON 3 Seite 3). Dem einhelligen Entlastungsbeschluß der Gesellschafter liegt - nach den Feststellungen - im übrigen deren vollständige Information über alle hier maßgeblichen Tatumstände zugrunde. Die Behauptung der klagenden Partei im Revisionsverfahren, die Gesetzwidrigkeit der Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG sei vor dem Entlastungsbeschluß auch bei sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar gewesen, ist somit schlicht tatsachenwidrig. Schließlich ist auch der - im einzelnen gar nicht konretisierte - Vorwurf, der Entlastungsbeschluß sei im "Zusammenspiel" mit dem Geschäftsführer in der sittenwidrigen Absicht gefaßt worden, Gesellschaftsgläubiger zu benachteiligen, eine im Rechtsmittelverfahren unbeachtliche Neuerung. Derartiges läßt sich auch den Tatsachenfeststellungen nicht entnehmen.
Soweit das Klagebegehren in der Klageerzählung "hilfsweise" auch auf die "Geschäftsführung der Beklagten (nach) der Eintragung der Gesellschaft" gestützt wurde (ON 1 Seite 5), mangelt es - entsprechend den zutreffenden Ausführungen im Ersturteil des ersten Rechtsgangs - an jedem näheren Tatsachenvorbringen. Ein solches wäre jedoch zur schlüssigen Darstellung dieses Klagegrunds erforderlich gewesen. Dieses Thema machte die klagende Partei auch nicht zum Gegenstand ihrer Berufung im ersten Rechtsgang (ON 21). Soweit sie in diesem Rechtsmittel (Pkt II.2.) behauptete, ein präzises und ausreichendes Tatsachenvorbringen erstattet zu haben, bezieht sich das nach den weiteren Ausführungen nur auf den Sachverhaltskomplex der Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG. Daher ist die erörterte Hilfsbegründung im Revisionsverfahren nicht mehr von Bedeutung.
Der Revision ist somit Folge zu geben und das dem angefochtenen Teilurteil zugrundeliegende Klagebegehren abzuweisen, weil das Gericht zweiter Instanz die Präklusionswirkung der Entlastung des Erstbeklagten als Geschäftsführers unbeachtet ließ.
Anzumerken bleibt, daß das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang nicht mehr an die seinem Aufhebungsbeschluß zugrundeliegende Rechtsansicht, daß das Klagebegehren dem Grunde nach (auch) gegen den Erstbeklagten zu Recht bestehe, gebunden ist, weil diese Rechtsansicht, wie den vorangegangenen Ausführungen zu entnehmen ist, vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligt wird.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Ein Anwendungsfall des § 52 Abs 2 ZPO liegt nicht vor, weil der Erstbeklagte im Berufungsverfahren des zweiten Rechtsgangs in Ansehung des noch nicht rechtskräftig erledigten Teils des Klagebegehrens obsiegen muß und eine Kostenteilung nach § 43 Abs 1 ZPO daher jedenfalls nicht in Betracht kommt.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1997:0030OB00323.97I.1112.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAD-62551