OGH vom 30.08.2011, 2Ob6/11p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dkfm. H***** Z*****, und 2. Dkfm H***** Z*****, vertreten durch die Gruber Partner Rechtsanwalts KG in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Dr. Thomas Herndl und Dr. Maria Pöltner, Rechtsanwälte in Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Ing. J***** B*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 10.500 EUR), über die Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 107/10h-25, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 4 Cg 40/08v-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das (abweisende) Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei deren mit 3.375,25 EUR (darin enthalten 336,31 EUR USt und 1.357,40 EUR Barauslagen) und dem Nebenintervenienten dessen mit 1.911,41 EUR (darin enthalten 318,57 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Kläger und Beklagte sind jeweils Miteigentümer einer Liegenschaft. Diese stand ursprünglich im Alleineigentum des J***** S***** (Voreigentümer) und wies nur ein Gebäude (Hintertrakt) auf. Im Jahr 1956 wurde die Errichtung eines Neubaus bewilligt und ein Vordertrakt errichtet. Im Erdgeschoss betrieb der Voreigentümer eine Garage, und zwar sowohl im Hintertrakt als auch im Vordertrakt und auch im Hof zwischen den beiden Trakten (Seitentrakte). Sämtliche Garagenhallen waren bis zum Jahr 1978 miteinander verbunden. In die Garage gab es nur eine Zufahrt. Im Jahr 1961 verkaufte der Voreigentümer mehrere Liegenschaftsanteile und es wurde Wohnungseigentum begründet.
Im Kaufvertrag wurde festgehalten: „Die Käufer räumen dem Verkäufer und seinen Nachfolgern im Eigentum des Hintergebäudes (Altbestand-Garagenhalle, Garage im rechten Seitentrakt, Büro- und Umkleideraum im linken Seitentrakt) unwiderruflich und zeitlich unbeschränkt das Recht auf ausschließliche Benutzung der Garageneinfahrt (Hauseinfahrt) und des Haushofes unentgeltlich ein, mit der Einschränkung, dass es den Käufern, den in ihrer Eigentumswohnung wohnenden sonstigen Personen, sowie ihrem Personal (Bedienerin, Hausgehilfin etc) gestattet ist, den Haushof zum Ausleeren des Mülls in die Müllkübel und zur Benutzung der Klopfstange während der in der Hausordnung bestimmten Zeiten zu betreten.“ Dem Voreigentümer verblieben im Eigentum die Garage im Vordertrakt, Garagenhalle im Hintertrakt, Garage und Büro in den Seitentrakten.
Im Wohnungseigentumsvertrag wurde ua vereinbart: „Dem Miteigentümer, Herrn J***** S*****, und seinen Nachfolgern im Eigentum seiner Wohnungseigentumsobjekte wird darüber hinaus von den übrigen Miteigentümern der Liegenschaft unwiderruflich und zeitlich unbeschränkt das Recht auf ausschließliche Benutzung der Garageneinfahrt (Hauseinfahrt) und des Haushofes (Garagenhofes) eingeräumt mit der einzigen Einschränkung, dass der Haushof von den übrigen Wohnungseigentümern, von denen in ihren Wohnungen wohnenden Personen und von ihrem Personal (Bedienerinnen, Hausgehilfinnen etc) zum Ausleeren des Mülls in die Müllkübel und zur Benützung der Klopfstange während der in der tieferstehenden Hausordnung bezeichneten Zeiten betrieben werden darf. Dieses Herrn J***** S***** und seinen Nachfolgern eingeräumte Recht erstreckt sich auch auf sein Personal, seine Angehörigen, seine Kunden und auf die Mieter von Einstellplätzen in seiner Garage, sodass das von Herrn J***** S***** im rückwärtigen Trakt und in den beiden Seitentrakten (Altbestandsobjekten) der gegenständlichen Liegenschaft betriebene Garagierungsunternehmen keinerlei Einschränkungen unterworfen wird.“
1978 erwarb die Offene Handelsgesellschaft B***** Co Reifenhandel, die Rechtsvorgängerin der B***** KG, deren Komplementär der Nebenintervenient war, vom Voreigentümer Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der Garage top Nr I im Vordertrakt und an dem ebenfalls im Vordertrakt gelegenen Gefolgschaftsraum samt Waschraum verbunden war. Im Kaufvertrag wurde unter anderem festgehalten, dass dem Verkäufer und seinen Nachfolgern im Eigentum seiner Wohnungseigentumsobjekte gemäß dem zwischen allen Miteigentümern abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrag das unwiderrufliche zeitlich unbeschränkte und kostenlose Recht auf ausschließliche Benutzung der Garageneinfahrt (Hauseinfahrt) und des Haushofes (Garagenhofes) mit der einzigen Einschränkung eingeräumt worden war, dass der Haushof von den übrigen Wohnungseigentümern, von den in ihren Wohnungen wohnenden Personen und von ihrem Personal (Bedienerinnen, Hausgehilfinnen etc) zum Ausleeren des Mülls in die Müllkübel und zur Benutzung der Klopfstange während der in der Hausordnung genannten Zeiten betreten werden darf. Dieses dem Verkäufer und seinen Nachfolgern eingeräumte Recht erstrecke sich auch auf deren Personal, die Angehörigen, Kunden und auf die Mieter von Einstellplätzen in der Garage. Der Verkäufer verkaufe und übergebe und die Käuferin kaufe und übernehme die Liegenschaftsanteile mit allen Rechten und Befugnissen, mit denen der Verkäufer diese Liegenschaft bisher besessen und benützt habe bzw zu besitzen und zu benützen berechtigt gewesen sei, insbesondere auch mit dem mit diesem Anteil verbundenen Wohnungseigentumsrecht an den Räumlichkeiten top Nr I.
Gleichzeitig mietete die genannte OHG vom Voreigentümer die im Hintergebäude gelegene Garagenhalle, die im rechten Seitentrakt gelegene Garage sowie das im linken Seitentrakt gelegene Büro samt Umkleideraum. Im Mietvertrag wurde auf das im Wohnungseigentumsvertrag festgehaltene ausschließliche Benützungsrecht des Voreigentümers an der Hauseinfahrt sowie darauf hingewiesen, dass die Vermietung der Räumlichkeiten das Recht auf Benutzung der Garageneinfahrt und des Haushofes umfasse.
Die OHG führte in den Garagen Umbauarbeiten durch. Sie trennte die Garagenhallen räumlich ab. Es wurden Abmauerungen und Türen errichtet. Seither ist die im Vordertrakt gelegene Garagenhalle top Nr I von den übrigen Garagenräumlichkeiten abgetrennt und ist ein in sich abgeschlossener Raum, der als Reifenlager verwendet wurde.
Die Kläger erwarben im Jahr 1995 vom Sohn des Voreigentümers Wohnungseigentumsanteile am Büro und Umkleideraum im linken Seitentrakt und an der Garagenhalle im rechten Seitentrakt. Bis ins Jahr 2003 war die B***** KG Mieterin der Wohnungseigentumsobjekte der Kläger. Die Kläger verwenden die Räumlichkeiten nunmehr als Garage.
Im Jahr 2005 erwarb die Beklagte die der B***** KG gehörenden Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der Garage top Nr I im Vordertrakt rechts und ehemaligen Gefolgschaftsraum samt Waschraum im Vordertrakt links von der Hauseinfahrt gesehen verbunden ist. Im Kaufvertrag wurde festgehalten, dass die Zufahrt in den Innenhof der Liegenschaft gemäß Wohnungseigentumsvertrag dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgegenstands gestattet ist. Die Verkäuferin hafte für die Zufahrtsmöglichkeit.
Für den Hof der Liegenschaft werden Betriebskosten vorgeschrieben, die von den Klägern allein getragen werden.
Die Kläger begehren von der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen, die Hauseinfahrt und den Haushof der gegenständlichen Liegenschaft zu benützen und somit weder zu befahren noch zu begehen, sofern es sich nicht um das Betreten des Haushofes zum Ausleeren des Mülls in die Müllkübel und zur Benutzung der Klopfstange während der in der Hausordnung bestimmten Zeiten handelt. Sie als Rechtsnachfolger des Voreigentümers im Eigentum des Hintergebäudes hätten das ausschließliche Nutzungsrecht der Garageneinfahrt (Hauseinfahrt) und des Haushofes. Dies ergebe sich aus dem Wohnungseigentumsvertrag und dem in unmittelbarem Zusammenhang abgeschlossenen Kaufvertrag jeweils aus 1961, als das Nutzungsrecht ihrem Rechtsvorgänger als Eigentümer des Hintergebäudes eingeräumt worden sei. Der Voreigentümer habe sein Garagierungsunternehmen, das nach der Formulierung im Wohnungseigentumsvertrag keinen Einschränkungen unterworfen werden sollte, damals ausschließlich im Hintertrakt betrieben. Der Beklagten als Rechtsnachfolger des Voreigentümers hinsichtlich von Objekten nur im Vordertrakt stehe dieses Recht dagegen nicht zu, weil sie nicht Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Hintergebäudes geworden sei. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei bloß Mieterin des Hintertrakts gewesen, woraus nicht abzuleiten sei, dass sie als Eigentümerin der Räumlichkeiten im Vordertrakt Rechte auf Benutzung von Einfahrt und Hof erworben hätte. Über all die Jahre habe der jeweilige Eigentümer des Hintertrakts die auf Einfahrt und Hof entfallenden Betriebskosten und sonstigen Aufwendungen alleine getragen.
Die Beklagte und der auf ihrer Seite dem Streit beigetretene Nebenintervenient wendeten ein, aus dem allein maßgeblichen Wohnungseigentumsvertrag, der 1961 zeitlich nach dem Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, ergebe sich ein Nutzungsrecht der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft, deren Komplementär der Nebenintervenient gewesen sei, die ihr Recht im Eigentum der Objekte im Vordergebäude ebenfalls vom Voreigentümer ableite. Der Wohnungseigentumsvertrag habe nach seinem objektiven Wortlaut dem Voreigentümer und seinen Rechtsnachfolgern im Eigentum aller seiner Objekte somit nicht nur des Hintergebäudes, sondern auch der im Vordergebäude ein Nutzungsrecht eingeräumt. Es würden also die Rechtsnachfolger sämtlicher Miteigentumsobjekte des Voreigentümers das Zufahrtsrecht genießen. Selbst wenn diese Benützungsregelung laut Wohnungseigentumsvertrag nicht rechtswirksam sein sollte, so wäre eine solche Regelung durch entsprechende jahrzehntelange Übung konkludent zustande gekommen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es vertrat die Auffassung, für die Frage des Benützungsrechts an der Hauseinfahrt und am Hof sei ausschließlich der Wohnungseigentumsvertrag aus 1961 heranzuziehen. Seit 1978 seien die ursprünglich verbundenen Garagenhallen des Vordertrakts und des Hintertrakts voneinander getrennt. Die Garagenhalle top Nr I, das spätere Reifenlager im Vordertrakt, sei ein vollkommen eigenständiger Raum. Die Argumentation der Kläger, dass sich die Benützungsregelung betreffend den Hof und die Hauseinfahrt nicht auf die Garage top Nr I beziehe, da die Regelung nur den Altbestand umfasse, diese Räumlichkeit jedoch dem Neubau zuzurechnen sei, habe nur dann Berechtigung, wenn man vom Zustand seit 1978 ausgehe. Allerdings könne nicht vom Ist-Zustand ausgegangen werden. Zur Auslegung der Benützungsregelung müsse man von den Gegebenheiten des Zeitpunkts der Errichtung des Wohnungseigentumsvertrags, daher dem Jahr 1961 ausgehen. Damals sei in den Garagenhallen des Hintertrakts, des rechten Seitentrakts sowie in jener des Vordertrakts top Nr I, die allesamt im Eigentum des Voreigentümers gestanden seien, ein Garagierungsunternehmen geführt worden. Alle Garagenräumlichkeiten seien miteinander verbunden und eine Einheit gewesen. Es habe zu diesen Garagen nur eine Zufahrt über den Hof gegeben; eine Zufahrt zur Garage top Nr I im Vordertrakt wäre ohne Benutzung der Hauseinfahrt und des Hofs unmöglich gewesen. Die Benützungsregelung im Wohnungseigentumsvertrag führe ohne Einschränkung alle im Wohnungseigentum des Voreigentümers befindlichen Objekte an. Im Übrigen ergebe sich aus der Formulierung, wonach das auf der Liegenschaft betriebene Garagierungsunternehmen keinerlei Einschränkungen unterworfen werde, dass jedenfalls alle Räumlichkeiten des Voreigentümers, in denen das Garagenunternehmen geführt werde, von der Benützungsregelung umfasst seien. Damit sei auch die Garage top Nr I, die im Zeitpunkt der Errichtung des Wohnungseigentumsvertrags mit den übrigen Garagenhallen verbunden gewesen sei und zum Garagierungsunternehmen gehört habe, von der Benützungsregelung umfasst.
Das Berufungsgericht gab der Klage statt und ließ die ordentliche Revision nachträglich zu. Letzteres mit folgender Begründung: Wenn man entgegen dem Berufungsgericht die erstinstanzlichen Tatsachenbehauptungen der Beklagten in dem Sinne verstehen wollte, dass ihr bei Klagsstattgebung jeder Zutritt zu ihren Objekten verwehrt würde, so könnte das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis deshalb als unvertretbar angesehen werden, weil damit einem Mit- und Wohnungseigentümer durch eine Benützungsregelung hinsichtlich eines allgemeinen Teils der Liegenschaft der Zutritt zu seinen Objekten verwehrt würde. Das Berufungsgericht verstand das Beklagtenvorbringen in erster Instanz jedoch nicht in diesem Sinne, sondern erachtete die nunmehrige Behauptung der Beklagten, dass ihr bei Klagsstattgebung jeder Zutritt zu ihren Objekten verwehrt würde, als unzulässige Neuerung.
In der Sache argumentierte das Berufungsgericht, dass kein Grund ersichtlich sei, warum einer Benützungsregelung im Rahmen des Wohnungseigentumsvertrags der Vorrang gegenüber einer Regelung im gleichzeitig errichteten Kaufvertrag zukommen sollte. Andererseits habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, welche seine Rechtsansicht tragen könnten, die Vertragsparteien hätten sich auf ein ungeteiltes Unternehmen des Voreigentümers bezogen, das im Zeitpunkt der Errichtung der Verträge auch im Vordertrakt betrieben worden wäre. Vielmehr gehe aus beiden Verträgen hervor, dass im Zeitpunkt ihrer Errichtung der Vordertrakt erst gebaut werden sollte. Der Voreigentümer sei selbst davon ausgegangen, dass das streitgegenständliche Benutzungsrecht an seinen Objekten im Hintertrakt gehangen sei, denn wenn die OHG dieses Recht schon durch das Eigentum an der top Nr I erworben hätte, dann hätte es keiner Erwähnung des Benützungsrechts im Mietvertrag bedurft. Die Rechtsnachfolgerin der OHG habe daher im Jahr 2005 ein Recht veräußert, das ihr nicht gehörte, sondern das sie nur vom Eigentümer des Hintertrakts mit in Bestand genommen habe und das nach Beendigung des Bestandvertrags den Klägern als nunmehrigen Eigentümern allein zustehe. Die Kläger dürften daher die Beklagte von diesem Recht ausschließen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenienten. Die Revisionen sind zulässig und berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, dass Wohnungseigentumsverträge objektiv also aus sich selbst heraus auszulegen seien. Dabei liege es auf der Hand, dass die Nutzungsregelung eines Wohnungseigentumsvertrags unter anderem darauf abziele, allen Wohnungseigentümern Zutritt zu ihren Wohnungseigentumsobjekten zu verschaffen. Jede andere Annahme sei lebensfremd. Ebenso klar sei das Ziel jeder Nutzungsregelung unter Wohnungseigentümern, eine widmungsgemäße Nutzung der einzelnen Objekte zu gewährleisten. Der Wohnungseigentümer eines als „Garage“ gewidmeten Objekts müsse daher eine Zufahrtsmöglichkeit zu diesem Objekt erhalten. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob eine Nutzungsregelung in einem Wohnungseigentumsvertrag so ausgelegt werden dürfe, dass bestimmte Wohnungseigentumsobjekte überhaupt nicht oder nicht ihrer vertraglich festgelegten Widmung entsprechend benützt werden dürfen. Nach § 17 Abs 1 WEG 2002 wäre eine Nutzungsvereinbarung nur über verfügbare allgemeine Teile der Liegenschaft zulässig, also nur über Flächen, die nicht notwendig der allgemeinen Benutzung dienen. Somit könnten Flächen, die notwendig dem Zutritt oder der Zufahrt zu bestimmten Wohnungseigentumsobjekten dienen, dieser Nutzung nicht entzogen werden. Das bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags im Jahr 1961 gültige WEG 1948 enthalte keine dem § 17 Abs 1 WEG 2002 entsprechende ausdrückliche Regelung. Es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob auch nach dem WEG 1948 nur verfügbare allgemeine Teile der Liegenschaft einer Nutzungsregelung zugänglich gewesen seien.
Der Nebenintervenient macht geltend, dass der Wohnungseigentumsvertrag jener sei, durch welchen die Benützungsrechte typischerweise festgelegt würden. Das Interpretationsergebnis des Berufungsgerichts würde bedeuten, dass als Garage gewidmete Räumlichkeiten durch Vereinbarung von der Zufahrt abgeschnitten werden sollten. Dem Voreigentümer werde daher unterstellt, dass er geradezu eine Selbstschädigung vorgenommen hätte. Dies unabhängig davon, dass die Garage im Vordertrakt noch nicht fertig gestellt gewesen sei. Als Wohnungseigentumsobjekt sei sie bereits deklariert gewesen und damit habe das Erfordernis bestanden, im Wohnungseigentumsvertrag die Zufahrt zu regeln. Alles andere wäre sachwidrig und ungewöhnlich. Nach objektiven Kriterien komme keine andere Vertragsinterpretation in Frage als jene, dass alle Garagenobjekte in die Zufahrtsberechtigung einbezogen würden. Bei einer Garageneinfahrt sei davon auszugehen, dass sie allen als Garage gewidmeten Objekten zu dienen habe, was eine abweichende Regelung unzulässig mache.
Rechtliche Beurteilung
Der Senat hat dazu erwogen:
1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042963).
2. Im vorliegenden Fall gilt es zu beurteilen, ob dem Voreigentümer anlässlich der Begründung von Wohnungseigentum, des Abverkaufs einer Vielzahl von Anteilen und der Errichtung des Wohnungseigentumsvertrags im Jahr 1961 die ausschließliche Benutzung der Einfahrt und des Hofs für sich und seine „Nachfolger im Eigentum des Hintergebäudes“ (Kaufvertrag) oder für sich und seine „Nachfolger im Eigentum (aller) seiner Wohnungseigentumsobjekte“ (Wohnungseigentumsvertrag) eingeräumt wurde.
Die Begründung von Wohnungseigentum im Jahr 1961 erfolgte unter der Geltung des WEG 1948. Dieses enthielt keine dem § 17 Abs 1 WEG 2002 (Schriftformgebot für Benützungsvereinbarungen) vergleichbare Bestimmung. Es sind daher über den der objektiven Auslegung zugänglichen Wortlaut hinaus die Auslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB anzuwenden (vgl auch 5 Ob 181/02g).
3. Die Beklagte macht in der Revision geltend, dass das Berufungsurteil im Ergebnis jede Benutzung ihrer Wohnungseigentumsobjekte untersage. Dies hat sie sinngemäß bereits in erster Instanz vorgebracht, indem sie ausführte, Hauseinfahrt und Hof zu benützen, um zu ihren Wohnungseigentumsobjekten im Hof zu gelangen. Der Nebenintervenient hat vorgebracht, dass die Zufahrt zu allen Garagenobjekten ausschließlich durch die im Neubau des Hauses gelegene Zu- und Abfahrt erfolge. Das Vorbringen, wonach eine Klagsstattgebung im Ergebnis jede Benutzung der Wohnungseigentumsobjekte der Beklagten untersage, ist daher nicht als Neuerung im Sinn von § 482 ZPO zu qualifizieren.
4. Das Erstgericht hat unbestritten festgestellt, dass der Voreigentümer eine auch aus der Garagenhalle top Nr I bestehende Garage betrieb. Mag dies auch erst nach dem Abschluss des Kauf- und des Wohnungseigentumsvertrags erfolgt sein, so ist es doch ausgeschlossen, dass er sich mit diesen Verträgen des Zugangs zur Garagenhalle top Nr I für den Fall der späteren Teilung seiner Wohnungseigentumsanteile begeben wollte. Daraus folgt zwingend die Auslegung der genannten Verträge in dem Sinn, dass dem Voreigentümer die Benutzung der Einfahrt und des Hofs für sich und seine Rechtsnachfolger aller seiner Wohnungseigentumsobjekte eingeräumt wurde.
Die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts ist demgegenüber unvertretbar. Den Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten war daher Folge zu geben und somit die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50 und 41 Abs 1 ZPO.
Fundstelle(n):
IAAAD-62433