OGH vom 02.09.2015, 7Ob51/15y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prim. Dr. A***** G*****, vertreten durch Dr. Andreas König und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei DI G***** L*****, vertreten durch Dr. Harald Rittler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 7.335,90 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 165/14z 27, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom , GZ 3 C 255/13z 23, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,63 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte wurde aufgrund eines Sportunfalls in der Sporttraumatologie (Unfallchirurgie) im Landeskrankenhaus H***** behandelt. Der Beklagte unterfertigte bei der Aufnahme drei Erklärungen: 1. Die Erklärung auf dem Aufnahmeschein, dass er ausdrücklich die Aufnahme in die höhere Gebührenklasse wünsche; 2. Das Formular „Erklärung für Patienten der Sonderklasse (Privatpatienten)“ mit folgendem Inhalt: „Durch meine freiwillige Aufnahme als Privatpatient in der Sonderklasse verpflichte ich mich, das ärztliche Honorar, welches von Prim. Dr. A. G***** als Leiter der unfallchirurgischen Abteilung in Rechnung gestellt wird, zu bezahlen. Ich nehme zur Kenntnis, dass für allfällige Rechtsstreitigkeiten in Folge des Behandlungsvertrags zwischen mir und Prim. Dr. A. G***** bzw dem Landeskrankenhaus H***** das Bezirksgericht H***** örtlich zuständig ist“; 3. Die Verpflichtungserklärung des Patienten betreffend die Aufnahme in die höhere Gebührenklasse.
Der Kläger war im entscheidungsrelevanten Zeitraum urlaubsbedingt abwesend. Die akut notwendige Operation wurde vom diensthabenden Oberarzt durchgeführt. Letztlich stellte der Kläger dem Beklagten einen Betrag von 7.335,90 EUR als ärztliches Honorar für die Behandlung als Privatpatient in der Sonderklasse in Rechnung. Die gesetzliche Krankenversicherung des Beklagten verweigerte die Kostenerstattung. Der Beklagte verfügt über keine Zusatzversicherung, die die Kosten abdecken könnte.
Der Kläger begehrt die Zahlung von 7.335,90 EUR sA. Er sei aufgrund einer Vereinbarung sowie gemäß § 41 Abs 5 TirKAG berechtigt, für Patienten die in der Sonderklasse betreut werden, Sondergebühren in Rechnung zu stellen. Die Verrechnung von Mehrkosten, den Sondergebühren und Honoraren für die Sonderklasse sei gesetzeskonform erfolgt. Die Honorare der honorarberechtigten Ärzte einschließlich des Klägers seien nach den entsprechenden Honorartarifempfehlungen der Tiroler Ärztekammer abgerechnet worden. Die Aufnahme in die Sonderklasse sei damit verknüpft, dass auch die Arzthonorare gemäß den Tarifempfehlungen der Tiroler Ärztekammer abgerechnet würden.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Aufgrund der schweren Verletzungen, den damit verbundenen Schmerzen und des erlittenen Schocks sei er nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung der von ihm unterfertigten Urkunden zu erkennen. Er sei auch nicht über deren Inhalt aufgeklärt worden. Eine rechtsgültige Verpflichtungserklärung sei nicht zustande gekommen. Die Leistungen des Klägers seien bereits durch den gesetzlichen Krankenversicherer des Beklagten abgegolten worden, eine chefärztliche Behandlung habe er nie erhalten.
Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung des Klagsbetrags. Zwischen den Streitteilen sei ein Dienstleistungsvertrag zustande gekommen. Dem Beklagten sei die Tragweite seiner Entscheidung bewusst gewesen, er habe auch gewusst, welche Erklärungen und Schreiben er unterfertigt habe. Die Aufklärung sei ausreichend und das Honorar angemessen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil ab. Die Geltendmachung eines über § 41 Abs 10 TirKAG hinausgehenden Privathonorars für eine chefärztliche Behandlung, die tatsächlich nie stattgefunden habe, scheide aus. Sowohl § 41 Abs 5 TirKAG als auch die Grundsatzbestimmung des § 46 Abs 1 KAKuG normierten als Voraussetzung für das Arzthonorar die persönliche Betreuung und Behandlung des Pfleglings. Die Betreuung und Behandlung sei damit (zumindest in der Fachdisziplin des Wahlarztes) nicht substituierbar. Das Berufungsgericht ließ nachträglich die ordentliche Revision zu, weil zu § 41 Abs 5 TirKAG höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte begehrt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
1. Die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:
Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz (KAKuG)
…
§ 16
(1) …
(2) Durch die Landesgesetzgebung wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen neben der allgemeinen Gebührenklasse eine Sonderklasse eingerichtet werden darf und unter welchen Bedingungen ein Pflegling in die Sonderklasse aufzunehmen ist. Die Sonderklasse hat durch ihre besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen.
...
LKF Gebühr; Pflege- und Sondergebühr
§ 27
(1) Mit den LKF Gebühren oder den Pflegegebühren der allgemeinen Gebührenklasse sind, unbeschadet Abs 2 und § 27a, alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten.
…
(4) Durch die Landesgesetzgebung ist zu bestimmen:
1. ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den LKF Gebühren oder den Pflegegebühren eingehoben werden können;
...
(5) Ein anderes als das gesetzlich vorgesehene Entgelt (Abs 1 bis einschließlich 4, §§ 27a und 46) darf von Pfleglingen oder ihren Angehörigen nicht eingehoben werden.
…
§ 46
(1) Den Vorständen von Universitätskliniken und den Leitern von Klinischen Abteilungen (§ 7a) ist es gestattet mit Pfleglingen der Sonderklasse und mit Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu vereinbaren, wenn diese Personen auf ihren Wunsch durch den Klinikvorstand oder Leiter der klinischen Abteilung persönlich behandelt werden.
(2) Die mit den Klinikvorständen (Leitern von Klinischen Abteilungen) vereinbarten Honorare unterliegen nicht § 27 Abs 4 sowie § 28.
...
Tiroler Krankenanstaltengesetz (TirKAG):
§ 40 LKF Gebühren, Pflegegebühren
…
(2) Mit den LKF Gebühren bzw den Pflegegebühren sind unbeschadet des Abs 3 und der §§ 41 und 41a alle Leistungen der Krankenanstalt für die Pfleglinge abgegolten.
…
§ 41 Sondergebühren, Honorare
(1) Folgende Sondergebühren sind zu entrichten:
a) für die in der Sonderklasse aufgenommenen Pfleglinge eine Anstaltsgebühr für den erhöhten Sach und Personalaufwand und eine Hebammengebühr und
…
(3) Neben den in Abs 1 genannten Sondergebühren kann von den Pfleglingen in der Sonderklasse nach Maßgabe der Abs 4 bis 9 ein Arzthonorar verlangt werden.
(4) Voraussetzung für die Ausübung der Honorarberechtigung nach Abs 5 sowie nach § 46 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten ist das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den honorarberechtigten Ärzten und dem Anstaltsträger. Die Vereinbarung muss jedenfalls die Reglungen nach den Abs 6 bis 8 zum Inhalt haben.
(5) Folgende Ärzte sind berechtigt, von den von ihnen betreuten Pfleglingen in der Sonderklasse ein mit diesen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen (honorarberechtigte Ärzte):
a) im klinischen Bereich des A.ö. Landeskrankenhauses Innsbruck die Klinikvorstände, die Leiter von Klinischen Abteilungen und die Vorstände gemeinsamer Einrichtungen;
b) in sonstigen Krankenanstalten sowie im nichtklinischen Bereich des A.ö Landeskrankenhauses Innsbruck die Leiter einer Abteilung oder eines Instituts und jene Fachärzte, die krankenanstaltenrechtlich bewilligte, organisatorisch selbstständige Einrichtungen leiten, sowie die Konsiliarfachärzte.
(6) Dem Anstaltsträger gebührt für die Bereitstellung der Einrichtung zur Untersuchung und Behandlung der Pfleglinge in der Sonderklasse ein Anteil von mindestens 20 vH der vereinnahmten Honorare in Abs 5 (Hausanteil). Der Anstaltsträger hat vom Hausanteil einen Betrag von mindestens 3,33 vH der Honorare für Sozialleistungen für das Anstaltspersonal zu verwenden.
…
2.1 Das KAKuG geht für öffentliche und gemeinnützige Krankenanstalten vom Modell eines Zweiklassenspitals aus. Anstaltspflege in öffentlichen und gemeinnützigen Krankenanstalten ist primär in der „Allgemeinen Gebührenklasse“ zu erbringen, die in jeder öffentlichen oder gemeinnützigen Krankenanstalt zur Verfügung stehen muss. Sie verkörpert den Standard der aus öffentlichen Mitteln getragenen Anstaltsversorgung ( Kopetzky , Krankenanstaltenrecht in Holoubek/Potacs [Hrsg], Öffentliches Wirtschaftsrecht³ [2013] 468). Die Anstaltspflege wird in öffentlichen und gemeinnützigen Krankenanstalten grundsätzlich als Gesamtleistung in der allgemeinen Gebührenklasse erbracht ( Fördermayr , Sonderklasse auf Intensivstationen und im Rahmen diagnostischer Maßnahmen in OÖ, RdM 2012/33). Die Pflegegebühr ist nicht davon abhängig, mit welcher Intensität der einzelne Patient im konkreten Fall behandelt wird (vgl Radner , Die Anstaltspflege [1995] 217 f).
2.2 § 16 Abs 2 KAKuG führt im zweiten Satz zum Unterschied zwischen der allgemeinen Gebührenklasse und der Sonderklasse aus, dass die Sonderklasse (…) durch ihre besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen hat. Unterschiede hinsichtlich der ärztlichen Behandlung und der Pflege dürfen nach herrschender Ansicht nicht bestehen; die Erfüllung „höherer Ansprüche“ hat sich auf die „Komfort- oder Hotelkomponente“ zu beschränken ( Mazal , Die Behandlung in der Sonderklasse, in Schrammel [Hrsg], Rechtsfragen der ärztlichen Behandlung 1992, 77; Kopetzky aaO 469; Fördermayr aaO, Schrammel , Die Sonderklasse in öffentlichen Krankenanstalten, in Martinek/Wachter [Hrsg], Arbeitsleben und Rechtsordnung, Festschrift Gerhard Schnorr zum 65. Geburtstag [1988] 424; derselbe , Die Sonderklasse als Wahlanstaltspflege, in Tomandl/Schrammel [Hrsg] Schnittstelle Krankenanstaltenversicherungs und Krankenanstaltenrecht [2004] 107; Radner aaO; , 12 Os 73/02). Für die ärztliche Behandlung der Pfleglinge ist ausschließlich der Gesundheitszustand des Patienten maßgeblich (§ 16 Abs 1 lit d KAKuG). Die Hotel bzw Komfortkomponente äußert sich zum Beispiel in Größe, Ausstattung und Lage der Krankenzimmer, geringere Bettenanzahl, Qualität und Vielfalt bei der Verpflegung, bessere Infrastruktur (Bad, Telefonanschluss, TV, Radio) sowie in sonstigen Zusatzleistungen ( Kopetzky aaO 469,VfGH B 1973/88).
3.1 In der allgemeinen Gebührenklasse sind nach § 27 Abs 1 KAKuG mit den LKF Gebühren oder den Pflegegebühren (unbeschadet Abs 2 und § 27a) alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten so auch nach § 40 Abs 2 TirKAG. Nach § 27 Abs 4 Z 1 KAKuG ist durch Landesgesetzgebung zu bestimmen, ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den LKF Gebühren oder den Pflegegebühren eingehoben werden können. Der Grundsatzgesetzgeber stellt es dem Ausführungsgesetzgeber in § 27 Abs 4 Z 1 KAKuG frei, zu bestimmen, ob und welche „weiteren Entgelte“ in der Sonderklasse neben den LKF Gebühren und Pflegegebühren eingehoben werden können (VfGH G 119/06 uva).
3.2 § 41 Abs 1 TirKAG bestimmt, dass als Sondergebühren eine Anstaltsgebühr für den erhöhten Sach- und Personalaufwand (Abs 1 lit a) sowie bei ambulanter Behandlung eine Ambulanzgebühr (Abs 1 lit b) zu entrichten sind. Gemäß § 41 Abs 3 TirKAG kann, neben den in Abs 1 genannten Sondergebühren von den Pfleglingen nach Maßgabe der Abs 4 bis 9 ein Arzthonorar verlangt werden. § 41 Abs 5 TirKAG bestimmt, welche Ärzte (honorarberechtigte Ärzte) berechtigt sind, von „den von ihnen betreuten Pfleglingen“ in der Sonderklasse ein mit diesen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen.
Das Ärztehonorar nach § 41 Abs 5 TirKAG wird gemäß Abs 9 leg cit aus dem Begriff der Sondergebühren und den dafür geltenden Einbringungsvorschriften ausgenommen (§ 28 Abs 1 KAKuG, § 41 Abs 9, §§ 42, 43 TirKAG). Es handelt sich um einen rein der privatrechtlichen Vereinbarung unterliegenden Honoraranspruch, der keine Sondergebühr iSd § 27 Abs 4 KAKuG darstellt und im Hinblick auf seine Höhe nicht den Vorgaben des § 28 Abs 1 KAKuG (umgesetzt in den §§ 42 f TirKAG) unterliegt.
4.1 Der VfGH (VfSlg 10066/1984, 11579/1987) hat lange den Standpunkt vertreten, dass das Sondergebührenmodell des KAKuG eine privatrechtliche Rechtsbeziehung zwischen Arzt und den in der Sonderklasse untergebrachten Patienten nicht zulässt. Nach dieser Auffassung waren sämtliche Sondergebühren (und somit auch die Arztgebühren) unter der gesetzlich vorgesehenen Mitwirkung der Anstaltsträger zu ermitteln (§ 28 Abs 1 KAKuG) und konnten nicht abweichend privatautonom festgelegt werden. Damals war der Oberste Gerichtshof (12 Os 73/02) der Ansicht, dass im Hinblick auf die gesetzliche Regelung einer in der allgemeinen Gebührenklasse und in der Sonderklasse unabdingbar unterschiedslosen umfassenden medizinischen Leistungsverpflichtung der öffentlichen Krankenanstalten (…) das Krankenanstaltenrecht insoweit keine Möglichkeit einer diese allenfalls partiell begleitenden, ersetzenden oder ergänzenden medizinischen Leistung eröffnet, woraus folgt, dass für eine allfällige Honorarvereinbarung zwischen Patient und Arzt vorweg kein Raum bleibt.
4.2 Eine einschneidende Wende seiner Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit von Arzthonoraren leitete der VfGH Anfang 2007 (G 119/06) ein. In diesem Erkenntnis hat der VfGH die Grundsatzkonformität der direkten Rechtsbeziehung zwischen Arzt und Sonderklassenpatient anerkannt. Der VfGH führte zum damaligen § 45 Abs 3 WrKAG über ärztliche Honorare aus: „Die angefochtene Norm hat weder den Inhalt, dass Sondergebühren durch Vereinbarungen zwischen Arzt und Patient festgelegt würden, noch dass der Sonderklassepatient aus Anlass der Aufnahme in eine öffentliche Krankenanstalt in jedem Fall verhalten wäre, mit den in § 45 Abs 3 WrKAG genannten Ärzten Vereinbarungen über das für die medizinische Betreuung in der Krankenanstalt zu entrichtende Honorar abzuschließen (also über ein Honorar für Dienstleistungen, die in den dienstrechtlichen Pflichtenbereich der vom Rechtsträger der Krankenanstalt angestellten Ärzte gehören) und dadurch mit diesen gleichsam als Voraussetzung der Aufnahme in die Sonderklasse eines öffentlichen Krankenhauses in ein gesondertes Vertragsverhältnis einzutreten. Mit der Entrichtung der Pflegegebühr (die ja der Abgeltung 'aller Leistungen der Krankenanstalt' dient vgl § 44 Abs 1 WrKAG) und der Anstaltsgebühr (für die 'Hotelkomponente' vgl § 45 Abs 1 und 2 WrKAG) sind nach dem Gesetz alle (auch die medizinischen) Leistungen der Krankenanstalt und ihrer Institute in der Sonderklasse abgegolten. Nicht anders als in der allgemeinen Gebührenklasse hat allerdings auch ein Patient der Sonderklasse aufgrund des mit der öffentlichen Krankenanstalt geschlossenen Kranken-anstaltenaufnahmevertrags noch keinen Rechtsanspruch auf Behandlung bzw Betreuung durch einen bestimmten Arzt (vgl § 16 Abs 2 KAKuG und § 32 Abs 4 WrKAG, wonach die Sonderklasse nur 'durch ihre besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen' hat; zum daraus abgeleiteten Gebot der Unterschiedslosigkeit in der medizinischen Betreuung und Behandlung in der allgemeinen Gebühren und in der Sonderklasse vgl VfSlg 12.107/1989 und 14.094/1995). Die jeweilige konkrete Behandlungszuständigkeit und -verantwortung wird vielmehr grundsätzlich ohne Mitwirkung des Patienten festgelegt. Mit der angefochtenen Norm des § 45 Abs 3 WrKAG über die ärztlichen Honorare nimmt der Landesgesetzgeber nun auf den als notorisch anzusehenden Umstand Bedacht, dass über den Krankenanstaltenaufnahmevertrag hinausgehende Vereinbarungen zwischen Patienten der Sonderklasse und Ärzten, welche eine persönliche Betreuung und Behandlung durch einen bestimmten Anstaltssarzt zum Inhalt haben, gewünscht und seit langem üblich sind und mit denen im Übrigen auch eine Vertragshaftung des Arztes neben jener der Krankenanstalt begründet wird (vgl JBl 1960, 188 ff). Zu persönlichen Bemühungen kann der Leiter einer Abteilung oder eines Instituts aufgrund seiner medizinischen Verantwortlichkeit zwar auch ohne eine solche Vereinbarung im Rahmen seiner Dienstpflichten verhalten sein, wenn dies die konkreten medizinischen Erfordernisse bei einem Patienten gebieten; er ist dazu aber nicht persönlich und im Vorhinein gegenüber einem bestimmten Patienten verpflichtet. Das Grundsatzgesetz stellt es dem Ausführungsgesetzgeber in § 27 Abs 4 Z 1 KAKuG frei, zu bestimmen, ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den LKF Gebühren und den Sondergebühren eingehoben werden können. Es schließt aber eine Regelung über Arzthonorare, wie die in Rede stehenden, grundsätzlich nicht aus: Dies ergibt sich nicht nur aus dem Nebeneinander grundsatzgesetzlicher Regelungen wie § 27 Abs 4 KAKuG einerseits und der für die Klinikvorstände und Leiter klinischer Abteilungen als unmittelbar anwendbares Bundesrecht geltenden gleichartigen Norm des § 46 Abs 1 KAKuG andererseits, sondern auch daraus, dass das Grundsatzgesetz Arzthonorare iSd § 46 Abs 1 KAKuG und Sonderklassegebühren iSd § 27 Abs 4 leg cit vom Verbot zusätzlicher Entgelte in gemeinnützigen öffentlichen Krankenanstalten ausdrücklich ausnimmt.“
4.3 Ob § 41 Abs 5 TirKAG grundsatz und damit verfassungsmäßig ausgelegt werden kann, kann dahingestellt bleiben, weil der Anspruch des Klägers jedenfalls aus folgenden Gründen zu verneinen ist.
5. Allein aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergibt sich noch kein Honoraranspruch. Dieser setzt wie ausgeführt gemäß § 41 Abs 5 TirKAG den Abschluss der genannten privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem honorarberechtigten Arzt und dem Pflegling voraus. Zu prüfen ist daher, ob bzw welche (Gegen )Leistungen der das Honorar mit dem Sonderklassepatienten vereinbarende Arzt aufgrund dieser privatrechtlichen Vereinbarung schon im Hinblick auf § 917 ABGB zu erbringen hat. Bei entgeltlichen Rechtsgeschäften kommt es nämlich auf den Austausch von Leistungen im Sinne einer synallagmatischen, konditionellen oder auch bloß kausalen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung an ( Binder/Kolmer in Schwimann ABGB 4 IV § 917 Rz 1).
In der Lehre werden im Wesentlichen drei Thesen zur Vereinbarung von Arzthonoraren in der Sonderklasse vertreten:
5.1.1 Bei Aufnahme in die Sonderklasse in einem öffentlichen Krankenhaus wird ein einheitlicher, im Zweifel entgeltlicher Krankenanstaltenaufnahmevertrag betreffend Unterbringung, Verpflegung, pflegerischer Leistung und ärztliche Untersuchung und Behandlung geschlossen ( Steiner , Arzthonorar in der Sonderklasse [2004] 37; Fördermayr , aaO; Emberger in Emberger/Wallner [Hrsg] ÄrzteG mit Kommentar² [2008] 177; VfGH 10066/1984, 11579/1987; 8 ObA 2317/96k, 9 ObA 96/97f) Der Vertragspartner des Patienten ist der Krankenanstaltsträger, der Arzt ist Erfüllungsgehilfe des Trägers iSd § 1313a ABGB ( Emberger aaO; F. Bydlinski , Verträge über ärztliche Leistungen in Rechberger/Welser [Hrsg], Verfahrensrecht Privatrecht, Festschrift für Winfried Kralik zum 65. Geburtstag [1986] 355f). Der Krankenanstaltenträger schuldet damit auch in der Sonderklasse die volle Anstaltspflege einschließlich medizinischer Behandlung ( Fördermayr aaO). Nicht anders als in der allgemeinen Gebührenklasse hat allerdings auch ein Patient der Sonderklasse aufgrund des mit der öffentlichen Krankenanstalt geschlossenen Krankenhausaufnahmevertrags keinen Rechtsanspruch auf Behandlung bzw Betreuung durch einen bestimmten Arzt (VfGH G 19/06).
Auch Mazal (aaO 89 f) geht davon aus, dass Anstaltspflege bei Unterbringung in der Sonderklasse im Regelfall als eine ungeteilte und einheitliche Gesamtleistung zu sehen sei. Dennoch sei ein Modell denkbar, das neben jener Leistungs- und Entgeltbeziehung, die zwischen der Krankenanstalt und dem Patienten bei Unterbringung in der Sonderklasse bestehe, eine weitere Austauschbeziehung vorsehe. Zum Patienten sei ein gesondertes vertragliches Verhältnis im Regelfall nur in den Bundesländern anzunehmen, in denen die landesgesetzlichen Regelungen über die Arzthonorare in der Sonderklasse eine solche Vereinbarung voraussetzten. Aus diesem Vertrag sei eine eigenständige Verpflichtung des Arztes zur persönlichen Betreuung anzunehmen, die darin bestehe, sich umfassend persönlich um die Behandlung des Patienten zu kümmern. Sie münde in die Pflicht, die einzelnen Behandlungsschritte entweder selbst vorzunehmen oder im Rahmen seiner Möglichkeiten zu veranlassen, dass sie durch Ärzte des Vertrauens des „behandelnden Arztes“ vorgenommen würden, wenn dieser selbst entweder aus zeitlichen oder fachlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Behandlung durchzuführen. Zudem sei eine Pflicht des Arztes anzunehmen, auf Wunsch des Patienten nach Maßgabe der Zumutbarkeit auch außerhalb der Visitezeit für Information und zu betreuenden Gesprächen zur Verfügung zu stehen.
Auch Steiner (aaO 48 f) ist der Auffassung, dass die Arzthonorare wohl nur eine zusätzliche Betreuung betreffen könnten. Die Landesgesetzgeber dürften weiter Entgelte in der Sonderklasse nur vorschreiben, wenn dort im Verhältnis zur allgemeinen Gebührenklasse auch wirklich eine Mehrleistung erbracht werde.
Eberhard (Wofür wird die Sonderklasse bezahlt? RdM 2012, 134 [212]) geht davon aus, dass Gegenstand eines solchen Vertrags die persönliche Betreuung und Behandlung durch den jeweiligen Arzt und somit denklogisch vorausgesetzt die Ausübung einer freien Arztwahl sei, wodurch man einen persönlichen Ansprechpartner erhalte.
Dem hält Radner (aaO 267) entgegen, dass nach § 27 Abs 5 KAKuG andere als die gesetzlich vorgesehenen Entgelte von Pfleglingen oder ihren Angehörigen nicht eingehoben werden dürften. Aufgrund dieses ausdrücklichen Verbots sei es keineswegs der Privatautonomie überlassen, ob Ärzte für ihre Dienste gleich welcher Art Entgelte verlangen dürften. § 27 Abs 5 KAKuG nehme ebenso wie § 16 Abs 1 lit f KAKuG die „weiteren Entgelte“ gemäß § 27 Abs 4 KAKuG vom Anwendungsbereich aus. Das Arzthonorar sei daher jedenfalls als „weiteres Entgelt für die Unterbringung in der Sonderklasse“ zu qualifizieren. Der Begriff der „persönlichen Betreuung“ lasse sich darüber hinaus inhaltlich sehr schwer erfassen. Nach der Umschreibung von Mazal könne diese von einer Behandlungspflicht kaum bis nicht unterschieden werden.
Pircher (Honorarberechtigung in der Sonderklasse öffentlicher Heilanstalten [2002] 215) argumentiert, gegen die Abgeltung der persönlichen Zuwendung spreche zudem, dass in manchen LandesKAG [zB § 59 BgldKAG, § 45a WrKAG) technische Untersuchungen abgegolten würden, obwohl der honorarberechtigte Arzt etwa im Zentrallabor den Patienten zwecks Untersuchung gar nicht sehe. Die Definition der vertraglichen Leistungspflicht als bloße persönliche Zuwendung widerspreche dem wahren Willen, denn der Patient erwarte sich vom Arzt seiner Wahl eine tatsächlich durchgeführte ärztliche Heilbehandlung.
5.1.2 Ein anderer vertretener Deutungsansatz ist jener des „totalen Krankenanstaltenaufnahmevertrags mit Arztzusatzvertrag“. Hier wird zusätzlich zu dem mit dem Anstaltsträger abgeschlossenen totalen Krankenanstaltenaufnahmevertrag vom Pflegling ein hauptbehandelnder Arzt gewählt, mit welchem ein Behandlungsvertrag geschlossen wird ( Radner aaO 260 f, Pircher aaO 237). Insbesondere Pircher (aaO 258 f) führt aus, nach § 49 Abs 2 ÄrzteG sei die Behandlung durch einen freiberuflich tätigen Arzt persönlich und unmittelbar durchzuführen. Aufgrund dieser Regelung dürfe der honorarberechtigte Arzt nachgeordnete Ärzte im Rahmen der Erfüllung seines Behandlungsvertrags nur zu untergeordneten Tätigkeiten heranziehen. Werde hingegen die wesentliche Behandlung durch einen Erfüllungsgehilfen des Anstaltsträgers erbracht, könne der honorarberechtigte Arzt den Behandlungsvertrag nicht mehr erfüllen. Der Patient müsse wegen der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung das ärztliche Honorar nicht bezahlen. Ohne entsprechende Arztwahl gebe es ausschließlich einen einheitlichen Vertrag, der mit der Krankenanstalt abgeschlossen werde und alle anstaltlichen Leistungen einschließlich der medizinischen Behandlungen umfasse, die dann in diesem Fall von dem jeweils dienstlich zugeteilten Arzt vorgenommen werden ( Pircher aaO 179 ff).
5.1.3 Bei der These des gespaltenen Krankenanstaltenaufnahmevertrag entstehen zwei Vertragsbeziehungen nebeneinander: Der Anstaltsträger schuldet dem Patienten die volle Anstaltspflege (einschließlich gewisser ärztlicher Leistung) abzüglich aller ärztlichen Dienstleistungen, die vom an sich im Krankenhaus tätigen Arzt persönlich mit dem Patienten vereinbart werden. Die genaue Bestimmung der ärztlichen Leistungen für die ein Honorar zu entrichten ist, erfolgt daher mangels klarer Vereinbarung unter Berücksichtigung der nach der Verkehrsübung selbstverständlichen Erwartungen des Patienten (§§ 914, 863 Abs 2 ABGB; so insbesondere F. Bydlinski aaO 367 f).
Markl/Pittl (Ausgewählte Fragen der Erfüllungsgehilfenhaftung beim ärztlichen Behandlungsvertrag, ÖJZ 1997, 774 ff) ergänzten diesen Ansatz: Der Patient erwarte sich vom Arzt seiner Wahl eine tatsächlich durchgeführte ärztliche Heilbehandlung und nicht bloß eine persönliche Betreuung. Dabei treffe den Arzt die Verpflichtung schon bei Abschluss des Behandlungsvertrags seine dienstlichen Anforderungen entsprechend zu berücksichtigen. Sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für den Arzt schon absehbar, dass er die persönliche Behandlung nicht oder nur eingeschränkt wahrnehmen werde können, müsse er entweder den Patienten darüber aufklären oder den Vertragsabschluss nicht vornehmen.
6. Wie bereits ausgeführt, kommt es bei entgeltlichen Rechtsgeschäften wie dem hier vorliegenden auf den Austausch von Leistungen im Sinne einer synallagmatischen, konditionellen oder auch bloß kausalen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung an. Die Regelung des § 41 Abs 5 TirKAG geht von einer vertraglichen Beziehung zwischen Arzt und Patienten aus, die einen Anspruch auf ein Honorar vermittelt, das nicht als „weiteres Entgelt“ iSd § 27 Abs 4 Z 1 KAKuG für die Unterbringung in der Sonderklasse zusteht, sondern für eine Leistung, die nicht bereits der Anstaltsträger schuldet. Dahingestellt bleiben kann hier, welchen (zusätzlichen) Leistungsumfang (persönliche Betreuung und/oder persönliche Behandlung) der Arzt aufgrund einer solchen Vereinbarung schuldet, weil der Kläger aufgrund seiner bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung gegebenen urlaubsbedingten Abwesenheit keine solche Leistung erbrachte oder gar zu erbringen beabsichtigte, die nicht bereits der Anstaltsträger schuldete. Weder hat er einzelne Behandlungsschritte selbst vorgenommen, noch hat er sich sonst um die konkrete Behandlung des Beklagten gekümmert. Die Behandlung wurde vom diensthabenden Oberarzt aufgrund des Gesundheitszustands des Pfleglings ohne die geringste selbst organisatorische Beteiligung des Klägers durchgeführt. Auch wenn der Beklagte nicht ausdrücklich vom Vertrag zurückgetreten ist, scheitert der Entgeltanspruch des Klägers, der seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat und auch nicht mehr erfüllen wird, bereits an § 1052 Satz 1 ABGB.
7. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen, die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00051.15Y.0902.000