OGH vom 02.06.2003, 5Ob263/02s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Maryoud ***** el M*****, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Emmerich M*****, vertreten durch Boller, Langhammer, Schubert, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 (und 12) MRG, infolge 1. des Rekurses des Antragstellers gegen Punkt 1 des Beschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 61/02w-31, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 17 Msch 27/98h-21, aufgehoben und der Zwischenantrag auf Feststellung zurückgewiesen wurde, und 2. des außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen Punkt 2 dieses Beschlusses, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 17 Msch 27/98h-21, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Dem Rekurs des Antragstellers zu Punkt 1 wird Folge gegeben. Der Beschluss des Rekursgerichtes wird insoweit ersatzlos aufgehoben und diesem die sachliche Erledigung über den Zwischenantrag auf Feststellung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zu Punkt 2 wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Der Antragsgegner ist Mehrheitseigentümer des Hauses S***** in *****. Seit 1999 ist seine minderjährige Tochter Petra M***** mit 15/904-Anteilen verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 10 Miteigentümerin dieser Liegenschaft. Zuvor war der Antragsgegner Alleineigentümer der Liegenschaft.
Mit Notariatsakt vom , pflegschaftsbehördlich genehmigt am , räumte der Antragsgegner seiner minderjährigen Tochter Petra M***** überdies das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft für die Dauer von fünf Jahren, sohin bis zum , ein. Der Antragsteller ist jedenfalls seit Hauptmieter der Wohnung top Nr 18 im Haus S***** in *****. Die Wohnung ist 48 m2 groß, der Betriebskostenanteilschlüssel beträgt 4,229 %. Eine Hofabstellfläche wurde dem Antragsteller nicht vermietet, jedoch im Mietvertrag bezeichnete Möbel, wofür das angemessene monatliche Entgelt S 200 beträgt.
Die Wohnung weist keine dem zeitgemäßen Standard entsprechende
Badegelegenheit auf.
Das Mietverhältnis ist mittlerweile unbefristet.
Mit Entscheidung vom zu Schli 1/95/768 der Schlichtungsstelle für den 17. Bezirk wurde die Erhöhung der Hauptmietzinse für den Zeitraum vom bis für das genannte Haus bewilligt und für die gegenständliche Wohnung der Hauptmietzins mit S 2.419,56 festgesetzt. Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.
Zwischen den Parteien wurde zunächst ein Pauschalmietzins von S 4.700 und anlässlich einer Verlängerung ein Pauschalbetrag von S 4.900 vereinbart.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde dem Antragsteller ein Betrag von S 6.100 monatlich vorgeschrieben, welchen Betrag er jedoch nicht bezahlt hat, sondern bloß den von ihm als berechtigt angesehenen Mietzins von S 1.500.
Im Jahr 1995 betrugen die auf den Antragsteller entfallenden monatlichen Betriebskosten S 1.062,70, im Jahr 1996 S 1.306,34 und im Jahr 1997 S 1.264,56.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte der Antragsteller die Überprüfung der Zulässigkeit der ihm in den Jahren 1995 bis 1997 vorgeschriebenen Mietzinse (bezeichnet wurde das Begehren als "Feststellung des gesetzlichen Mietzinses im Zeitraum bis ").
In der mündlichen Verhandlung vom stellte der Antragsteller einen Zwischenantrag auf Feststellung "des gesetzlichen Mietzinses" hinsichtlich des Objekts top 18 in *****. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist (auf AS 33) zu entnehmen, dass nach Erörterung mit den Parteien der Zwischenantrag auf Feststellung dahin verstanden wurde, dass die Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses an sich Gegenstand dieses Begehrens war.
Zu 1.) Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag:
Das Erstgericht erkannte über den Zwischenantrag durch Sachbeschluss wie folgt: "Der gesetzlich zulässige Mietzins des Mietvertrages des Antragstellers mit dem Antragsgegner für die Wohnung top Nr 18 im Haus ***** beträgt - außerhalb des Zeitraumes von bewilligten Mietzinserhöhungen gemäß § 18 MRG - den jeweiligen Mietzins der Kategorie C samt S 1.015,20 Betriebskosten sowie der gesetzlichen Umsatzsteuer aus diesen Beträgen". Ausgehend von dem oben wiedergegebenen Sachverhalt sowie der Feststellung, dass die dem Antragsteller vermieteten Möbel ab dem Jahr 1994 unbrauchbar waren, gelangte das Erstgericht zur Rechtsansicht, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (1995 bis Ende 1997) vom Antragsteller kein Möbelmietzins mehr geschuldet wurde und die Höhe der monatlich zulässigen Betriebskosten mit jenem Betriebskostenanteil des Jahres 1990 (d.i. das Jahr der Mietzinsvereinbarung) begrenzt sei. Bei Vereinbarung eines Pauschalmietzinses trage nämlich der Vermieter das Risiko von Erhöhungen der Betriebskosten.
Aus Anlass der Rekurse beider Teile gegen den Sachbeschluss hob das Rekursgericht den den Antrag auf Zwischenfeststellung betreffenden Teil auf und wies den Antrag zurück. Ohne Berücksichtigung des vom Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien gewonnenen Verständnisses vom Inhalt des Zwischenfeststellungsantrages beurteilte es diesen als nicht ausreichend bestimmt, da weder die Präjudizialität für den konkreten Rechtsstreit noch eine über das Verfahren hinausgehende Bedeutung dieses Begehrens beurteilt werden könne. Zunächst sei nicht klar, was der Antragsteller mit dem Begehren auf Feststellung des "gesetzlichen Mietzinses" meine. Sollte er damit die Feststellung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung im Auge gehabt haben, so bleibe offen, auf welche Mietzinsvereinbarung sich der Antrag beziehen solle, ob auf die ursprüngliche von S 4.700 bzw die folgende von S 4.900. Weiters sei auch noch die Deutung möglich, dass der Antragsteller eine Überprüfung des nach § 18 MRG erhöhten Hauptmietzinses im Auge gehabt habe. Neben all dem sei auch noch zu bedenken, dass ein solcher Zwischenantrag sich auch gegen die Fruchtgenussberechtigte hätte richten müssen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschlussteil gerichtete Rekurs des Antragstellers ist zulässig und berechtigt.
Wie schon ausgeführt, hat das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien den Zwischenantrag auf Feststellung dahin verstanden, dass die Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses an sich Gegenstand des Begehrens war, sodass an der Schlüssigkeit des Antrags keine Zweifel bestehen. Es ist die Unwirksamkeit der alten Hauptmietzinsvereinbarung nicht nur als Vorfrage für bestimmte Überschreitungszeiträume (hier 1995 bis Ende 1997) zu klären, sondern die Unwirksamkeit auch zum Gegenstand einer selbständigen Entscheidung zu machen. Dieser Entscheidung kommt Präjudizialität für alle späteren Mietzinsperioden zu, im konkreten Fall also nach Auslaufen der Erhöhung nach § 18 MRG.
Der Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichtes ist daher ersatzlos zu beheben. Dem erkennenden Senat ist es jedoch verwehrt, in der Sache selbst zu erkennen, weil kein Fall des § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO vorliegt. Dem Rekursgericht muss deshalb die sachliche Erledigung über den Zwischenantrag auf Feststellung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werden. Es ist aus Zweckmäßigkeitsgründen jedoch schon jetzt darauf hinzuweisen, dass als zusätzlicher Mietzinsbestandteil der Betrag der monatlich zulässigen Möbelmiete festzustellen ist sowie, dass der jeweilige Betriebskostenanteil (und nicht nur jener des Monats des Vertragsabschlusses) verlangt werden darf.
Im Übrigen ist noch zu bemerken, dass das rechtliche Gehör der mj Fruchtgenussberechtigten dadurch ausreichend gewahrt wurde, dass ihr gesetzlicher Vertreter dem Verfahren beigezogen worden war.
Zu 2.) Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses:
Sämtliche vom Revisionsrekurswerber aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt:
Unterliegt eine Pauschalmietzinsvereinbarung wie hier den gesetzlichen Zinsbeschränkungen, so ist bei Prüfung der behaupteten Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes zu untersuchen, inwieweit der vereinbarte und vorgeschriebene Pauschalmietzins die für die jeweiligen Zinsperioden sich ergebende Summe aus gesetzlich zulässigem Hauptmietzins, gesetzlich zulässigem Anteil an Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben übersteigt (WoBl 1989, 46 = MietSlg XL/17; RIS-Justiz RS0069835).
Die Berechnung des angemessenen Entgelts nach § 25 MRG hat nach der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebenen restlichen Nutzungsdauer zuzüglich eines angemessenen Gewinns zu erfolgen. Der so errechnete Betrag kann monatlich während der gesamten Vertragsdauer und nicht nur während des Zeitraums der Restnutzungsdauer verlangt werden (OGH MietSlg 44.396). Im Weiteren ist den erstinstanzlichen Feststellungen in Verbindung mit jenen der zweiten Instanz in einer keine Zweifel aufkommen lassenden Eindeutigkeit zu entnehmen, dass die Entscheidung Schli 1/95/768 in Rechtskraft erwachsen ist, sodass für den Zeitraum bis der erhöhte Hauptmietzins mit S 2.419,56 unüberprüfbar feststeht.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO war der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zurückzuweisen.