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OGH 25.11.2003, 5Ob261/03y

OGH 25.11.2003, 5Ob261/03y

Rechtssatz


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Normen
RS0118800
Die unmittelbare Erzwingung von Bestimmungen einer Hausordnung ist nicht vorgesehen. Verstöße gegen die Hausordnung sind nur mittelbar sanktioniert, im Bereich des Wohnungseigentums vor allem durch die Möglichkeit einer Ausschlussklage nach § 22 WEG 1975 bzw § 36 WEG 2002 sowie über Leistungs- und Unterlassungsklagen, wie sie dem Eigentümer nach § 364 und § 523 ABGB zustehen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maria O*****, 2.) Erwin P*****, 3.) Reinhard P*****, 4.) Helga P*****, 5.) Franz C*****, und 6.) Gerda C*****, alle vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Sabine K*****, vertreten durch Mag. Stefan Wirth, Rechtsanwalt in Bregenz, und 2.) Andreas H*****, letzterer vertreten durch Dr. Hans-Peter Türtscher, Rechtsanwalt in Bezau, wegen Unterlassung (Streitwert Euro 2.118,19), über den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 157/03s-26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom , GZ 8 C 1231/01w-21, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Urteil des Erstgerichtes, soweit es aufgehoben war, wieder hergestellt, sodass nunmehr das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen ist.

Die klagenden Parteien sind schuldig, dem Zweitbeklagten die mit Euro 1.064,66 (darin enthalten Euro 177,43 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sowie die nicht am Verfahren beteiligten Ehegatten Bruno und Notburga B***** sind neben anderen Personen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ *****, auf der zwei Häuser mit den Anschriften L*****straße 108b, 108c und 108d stehen. Ihre Wohnungen befinden sind alle im Haus L*****straße 108d. Sie verfügen zusammen über 379/1143 Anteile der Liegenschaft.

Der Zweitbeklagte hat seine Wohnung top 18 im Sommer 2001 an die Erstbeklagte vermietet; diese hält in der Wohnung einen Schäferhund-Mischling.

Mit der am eingebrachten Klage haben die Kläger beantragt, die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, das Halten von Haustieren in der Wohnung top 18 des Mehrfamilienwohnhauses L*****straße 108d in H***** zu unterlassen. In der mündlichen Streitverhandlung am stellten sie dann noch das Eventualbegehren, die beiden Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, das Halten von Hunden im genannten Mehrfamilienhaus zu unterlassen.

Die Kläger begründeten ihr Begehren zunächst nur mit einem Verstoß der Beklagten gegen die Hausordnung. Die ursprüngliche Hausordnung habe zwar das Halten von Tieren erlaubt, sofern der Halter für Ruhe und Reinlichkeit sorgt und es zu keinerlei Belästigungen der Mitbewohner kommt, doch sei diese am in einer Versammlung der Eigentümergemeinschaft des Hauses L*****straße 108d einstimmig dahin abgeändert worden, dass die Haltung von Haustieren nicht mehr gestattet sei und lediglich zugunsten der Ehegatten B***** eine Ausnahme des Inhalts gemacht werde, dass diese ihre bereits 12 Jahre alte Katze bis zu deren Ableben behalten dürfen. Für diese Regelung sei die Eigentümergemeinschaft des Hauses L*****straße 108d zuständig gewesen. Diese Eigentümergemeinschaft bestehe mit räumlich eingeschränkter Zuständigkeit neben der Wohnungseigentümergemeinschaft aller Miteigentümer für die ganze Liegenschaft. Das ergebe sich aus der Hausordnung, die vorsehe, für jedes Haus einen eigenen Hausobmann zu bestellen, und in der auch von beiden Hauseigentümergemeinschaften die Rede sei. Der Beschluss mag, wie dann in einem weiteren Schriftsatz (ON 6) ausgeführt wurde, für einen in der Wohnung gehaltenen Kanarienvogel belanglos sein, sei aber "für die einzelnen Wohnungseigentümer und deren Mieter verbindlich, wenn es um einen Hund geht, der immer wieder durch das Stiegenhaus und über den Hausvorplatz geführt wird, öfters bellt, Schmutz und üblen Geruch verursacht und dadurch die Hausbewohner belästigt".

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie beriefen sich darauf, dass die (noch gültige) Hausordnung die Haustierhaltung gestatte und ein generelles Verbot der Haustierhaltung gar nicht Gegenstand einer Hausordnung sein könnte. Denkbar wäre nur die Abwehr von Belästigungen durch die direkt betroffenen Personen. Die Erstbeklagte bestritt in diesem Zusammenhang, dass ihr Hund Mitbewohner belästige. Den klagenden Parteien fehle außerdem die Aktivlegitimation, da in der gegenständlichen Angelegenheit nur die gesamte Eigentümergemeinschaft als Prozesspartei auftreten könnte. Der Zweitbeklagte wiederum behielt sich die Überprüfung des angeblich die Hausordnung abändernden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft des Hauses L*****straße 108d durch den Außerstreitrichter vor. An der Versammlung am  habe er gar nicht teilgenommen. Er hätte einem Verbot der Haustierhaltung auch keinesfalls zugestimmt, da er damals selbst Hundehalter gewesen sei.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren der Kläger ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:

Am haben die Wohnungseigentümer des Hauses L*****straße 108d eine Eigentümergemeinschaftssitzung durchgeführt. Alle Wohnungseigentümer dieses Hauses waren anwesend oder vertreten. Sie fassten einen mehrheitlichen Beschluss, dass die Hausordnung dahin geändert wird, dass künftig im Mehrfamilienhaus L*****straße 108d keine Haustiere mehr gehalten werden dürfen. Eine Ausnahme wurde nur für Bruno und Notburga B***** betreffend ihre 12 Jahre alte Katze gemacht, solange diese Katze lebt.

Der Erstbeklagte hat in der Folge seine Wohnung an die Zweitbeklagte vermietet. Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass die Zweitbeklagte einen Hund halten darf.

Beim Hund der Erstbeklagten handelt es sich um einen 7 Jahre alten, schwarzen, langhaarigen Rüden. Das Verhalten des Hundes ist ruhig und aufmerksam. Wenn sich ihm fremde Leute nähern, bellt er nur ganz kurz und zeigt keinerlei Anzeichen von Aggressivität. Es gibt bei ihm auch keinerlei Anhaltspunkte für ein gestörtes Allgemeinbefinden. Der Hund wird gut gehalten; insbesondere sein Fell ist sehr gepflegt. Aus tierärztlicher Sicht bestehen keine unzumutbaren Belästigungen für die anderen Hausbewohner.

In seinen Rechtsausführungen wies das Erstgericht darauf hin, dass zwischen Hausordnungen und Gemeinschaftsordnungen streng zu unterscheiden sei, was sich insbesondere bei der Frage der Haustierhaltung zeige. Ein Verbot der Haustierhaltung in einem Wohnungseigentumsobjekt sei im Hinblick auf das durch § 1 Abs 1 WEG 1975 gewährleistete ausschließliche Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers eine elementare Einschränkung. Die Haustierhaltung könne daher nur in einer einstimmig zu beschließenden Gemeinschaftsordnung versagt werden. Zwar unterliege jede Haustierhaltung der Schranke, dass keine unzumutbaren Belästigungen für die Miteigentümer entstehen, doch gingen vom Hund der Erstbeklagten keinerlei unzumutbare Belästigungen aus. Im Übrigen hätte eine Änderung der Hausordnung bzw eine Gemeinschaftsordnung nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft der gesamten Liegenschaft beschlossen werden können.

Dieses Urteil ist in Ansehung der Erstbeklagten in Rechtskraft erwachsen. Soweit es den Zweitbeklagten betrifft, wurde es jedoch vom Gericht zweiter Instanz in Stattgebung einer Berufung der Kläger aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Dazu führten folgende Erwägungen:

Es bestünden unterschiedliche Auffassungen, ob die Tierhaltung Gegenstand der Gemeinschaftsordnung oder der Hausordnung ist. Nach Meinhart, WEG 1975, 145, zähle die Frage der Haustierhaltung zur Gemeinschaftsordnung, nach Faistenberger/Barta/Call, WEG 1975, Rz 69 zu § 14, hingegen zur Hausordnung. Spruzina (in Schwimann2, Rz 24 zu § 14 WEG 1975) differenziere: Die allgemeine Zulässigkeit der Haustierhaltung im WE-Objekt sei, da ein Verbot eine elementare Einschränkung des nach § 1 Abs 1 WEG 1975 zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechtes darstellen würde, eine Angelegenheit der Gemeinschaftsordnung. Die Versagung der Haustierhaltung habe einstimmig zu erfolgen (§ 828 ABGB) und sei Verfügung, nicht Beschluss. Zu folgen sei der beiden Standpunkten Rechnung tragenden Meinung von Prader (in WEG 2002, Rz 12 zu § 28), wonach Gegenstand der Hausordnung auch die Tierhaltung sein könne; der generelle Ausschluss jeglicher Tierhaltung sei im Bereich des Wohnungseigentums aber unzulässig, wenngleich bis zu einer Anfechtung bzw Aufhebung/Abänderung wirksam.

Damit sei zu prüfen, ob die von der Eigentümergemeinschaft des Hauses L*****straße 108d am mehrheitlich beschlossene Abänderung der Hausordnung mit dem generellen Verbot der Tierhaltung Rechtswirksamkeit erlangt hat.

§ 28 Abs 1 WEG 2002 bzw sämtlichen Fassungen des § 14 WEG 1975 sowie alle anderen verwaltungsbezogenen Bestimmungen des WEG (1975 wie 2002) sei gemein, dass Verwaltungsobjekt die Liegenschaft ist. Dieser Liegenschaftsbegriff sei im Umfang des ganzen Grundbuchskörpers samt Zubehör zu verstehen, sodass es möglich sei, dass Wohnungseigentümer, die räumlich getrennte, hinsichtlich der Interessenlagen voneinander abweichende Häuser bewohnen, eine einzige Verwaltungsgemeinschaft bilden ([H. Löcker in] Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 25 zu § 28 WEG 2002). Befinden sich mehrere Häuser auf einer Liegenschaft, spreche aber nichts dagegen, die Installierung von Verwaltungsgemeinschaften zuzulassen, die nur aus den Eigentümern von in einem Gebäude untergebrachten WE-Objekten bestehen. Diesbezüglich bedürfe es aber eines Beschlusses aller Wohnungseigentümer (Gemeinschaftsordnung iSd Entscheidung 5 Ob 52/89 bzw des § 26 WEG 2002). Diese gebäudebezogene Verwaltungskompetenz umfasse auch die Erlassung bzw Änderung der Hausordnung (§ 28 Abs 1 Z 7 WEG 2002; § 14 Abs 1 Z 6 WEG 1975) für das betreffende Gebäude, zumal darunter die Regelung der Benützung der allgemeinen Teile des Hauses durch die Bewohner und das Verhalten derselben in den ihnen zur alleinigen Nutzung überlassenen Teilen des Hauses (soweit dadurch andere Bewohner beeinträchtigt werden könnten) verstanden werde (MietSlg 42.442; MietSlg 44.451/10).

Demnach hätte sich das Erstgericht mit dem Vorbringen der Kläger beschäftigen müssen, neben der Wohnungseigentümergemeinschaft für die ganze Liegenschaft bestünden auch noch Eigentümergemeinschaften mit räumlich eingeschränkter Zuständigkeit für die Häuser I und II, wovon die eine am die strittige Änderung der Hausordnung rechtswirksam beschlossen habe. Sollte sich herausstellen, dass in der ursprünglichen, von allen Miteigentümern der Liegenschaft unterfertigten Hausordnung die Bildung von Eigentümergemeinschaften für die Häuser I und II mit eigenständiger Verwaltungsbefugnis vorgesehen ist, wäre die am beschlossene Änderung, wonach keine Tiere mehr gehalten werden dürfen, bis zu deren Aufhebung bzw Abänderung rechtswirksam. Zur Behebung der Feststellungsmängel sei das Verfahren zu ergänzen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes Euro 4.000 übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass zur Frage, ob das Verbot jeglicher Tierhaltung in einer Eigentumswohnung Gegenstand der Hausordnung oder der Gemeinschaftsordnung ist, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Außerdem fehle Judikatur des Obersten Gerichtshof zur Frage, ob es zulässig ist, in einer die gesamte Liegenschaft betreffenden, einvernehmlich festgelegten und von allen Wohnungseigentümern unterfertigten Hausordnung Eigentümergemeinschaften zur Verwaltung einzelner Gebäude ua mit der Befugnis zu bilden, die Hausordnung (betreffend die Gesamtliegenschaft) abzuändern.

Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss hat der Zweitbeklagte fristgerecht Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Es wurde der Antrag gestellt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche (wie zu erschließen ist: das Ersturteil bestätigende) Entscheidung aufzutragen.

Die Kläger haben in einer Rekursbeantwortung die Bestätigung der berufungsgerichtlichen Entscheidung beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und iS einer gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO möglichen sofortigen Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils auch berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber hält die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes aus mehren Gründen für unrichtig. Zunächst einmal fehle es an den rechtlichen Voraussetzungen für die Bildung einer eigenen, nur die Wohnungseigentümer eines von mehreren Häusern der Liegenschaft umfassenden Verwaltungseinheit. Selbst wenn eine solche Verwaltungseinheit durch einstimmigen Beschluss sämtlicher Miteigentümer einer Liegenschaft installiert werden könnte, sei darauf mangels Vorlage eines solchen Beschlusses nicht einzugehen. Keinesfalls fiele aber ein generelles Verbot der Haustierhaltung in die Kompetenz einer solchen Verwaltungseinheit. Ein derartiges Verbot könnte überhaupt nur einstimmig - im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung - von allen Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft beschlossen werden. Außerdem fehle den Klägern die aktive Sachlegitimation. Sie hätten ihr Begehren nicht auf § 364 ABGB, also das Recht auf Abwehr unzumutbarer Beeinträchtigungen durch den Hund der Erstbeklagten, sondern auf eine Verletzung der Hausordnung gestützt. Die Durchsetzung der Hausordnung stehe aber nur der Eigentümergemeinschaft oder dem Hausverwalter zu. Schließlich sei nicht einsichtig, warum ein Beschluss, der im Zuge einer Änderung der Hausordnung unzulässiger Weise das generelle Verbot der Haustierhaltung ausspricht, bis zu seiner Abänderung oder Aufhebung rechtswirksam sein soll.

Demgegenüber vertreten die Kläger in ihrer Rekursbeantwortung den Rechtsstandpunkt, dass die Frage der Haustierhaltung (auch ihr generelles Verbot) sehr wohl eine Angelegenheit der Hausordnung und damit der ordentlichen Verwaltung sei. Gegenstand einer Gemeinschaftsordnung könnten nach § 26 Abs 1 WEG 2002, der zufolge der Übergangsregelung in § 56 Abs 13 WEG 2002 auch im gegenständlichen Fall anzuwenden sei, nur Themen der Einrichtung bestimmter Funktionen innerhalb der Eigentümergemeinschaft bzw der Willensbildung sein. Die Bildung einer nur die Wohnungseigentümer des Hauses L*****straße 108d umfassenden besonderen Verwaltungseinheit sei ebenfalls durch § 26 Abs 1 WEG 2002, jedenfalls aber durch § 829 ABGB gedeckt.

Dazu wurde erwogen:

Schon in ihrer Berufung gegen das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes haben die Kläger klargestellt, dass sie ihr Unterlassungsbegehren nicht primär auf die Geruchsbelästigung durch den Hund der Erstbeklagten, sondern auf die am beschlossene Änderung der Hausordnung stützen, wonach im Haus L*****straße 108d keine Haustiere mehr gehalten werden dürfen (ON 22, AS 169). Tatsächlich ist das Zuwiderhandeln des Zweitbeklagten gegen das ihrer Meinung nach rechtswirksame Verbot der Haustierhaltung der einzige Rechtsgrund, den es noch zu prüfen gilt. Nach den Verfahrensergebnissen ist nämlich davon auszugehen, dass die Hundehaltung selbst gar keinen Angriffspunkt für eigentumsrechtliche Abwehransprüche bietet. Eine Geruchsbelästigung konnte nicht festgestellt werden; auf die offenbar vernachlässigbare Lärmbelästigung kommen die Kläger selbst nicht mehr zurück.

Damit stellt sich die Frage, ob ein generelles Verbot der Haustierhaltung überhaupt Thema einer nach dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer ausgestalteten Hausordnung sein kann (was zumindest nicht dem üblichen Inhalt einer Hausordnung entspräche, wie sie der Gesetzgeber bei der Regelung in § 14 Abs 1 Z 6 WEG 1975 bzw § 28 Abs 1 Z 7 WEG 2002 als bekannt voraussetzte: vgl Würth in Rummel3, Rz 8 zu § 28 WEG 2002), ob ein formell und inhaltlich fragwürdiger Beschluss der Eigentümergemeinschaft oder gar nur der Eigentümer der Wohnungen eines von mehreren Häusern der Liegenschaft bis zu seiner Aufhebung bzw Abänderung rechtswirksam ist, wer auf Durchsetzung der Hausordnung dringen kann und welche Mittel hiefür zur Verfügung stehen.

Träfe die Rechtsansicht der Kläger zu, dass es sich beim Verbot der Haustierhaltung in einer Wohnungseigentumsanlage um eine Angelegenheit der Hausordnung handelt, die wiederum im Rahmen der ordentlichen Verwaltung von der Mehrheit der Wohnungseigentümer beschlossen oder abgeändert werden kann, und dass ein gerichtlich klagbarer Anspruch auf Einhaltung der Hausordnung besteht, dann wäre es nur konsequent, die Klagslegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft (jetzt Eigentümergemeinschaft) und nur dieser zuzuerkennen, weil die Rechtspersönlichkeit der Gemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung (§ 13c Abs 1 WEG 1975 bzw § 18 Abs 1 WEG 2002) in diesem Bereich auch deren ausschließliche Sachlegitimation bedingt (vgl 5 Ob 239/97a = WoBl 1997, 281/119 mit Anm von Call; 8 ObA 4/98s = WoBl 1998, 308/200; 5 Ob 249/00d = WoBl 2001, 61/42 mit Anm von Call). Die Klage einzelner Wohnungseigentümer - wie hier - wäre demnach abzuweisen. Tatsächlich ist die unmittelbare Erzwingung von Bestimmungen einer Hausordnung gar nicht vorgesehen. Verstöße gegen die Hausordnung sind nur mittelbar sanktioniert, im Bereich des Wohnungseigentums vor allem durch die Möglichkeit einer Ausschlussklage nach § 22 WEG 1975 bzw § 36 WEG 2002 sowie über Leistungs- und Unterlassungsklagen, wie sie dem Eigentümer nach § 364 und § 523 ABGB zustehen (vgl Faistenberger/Barta/Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 72 zu § 14; 5 Ob 49/89 = RS0010591; die Gefährdung der körperlichen Integrität der Kläger durch den Hund der Erstbeklagten war nie ein Thema). Der von den Klägern mit der gegenständlichen Unterlassungsklage relevierte Verstoß gegen die Hausordnung wäre daher nur im Zusammenhang mit der Abwehr von Eingriffen in ihre Eigentümerbefugnisse, konkret zur Untermauerung eines Untersagungsanspruchs nach § 364 Abs 2 ABGB, beachtlich. Zur Begründung eines solchen Anspruchs fehlt es jedoch schon am grundsätzlichen Tatbestandserfordernis einer wesentlichen Beeinträchtigung der Nutzungsbefugnisse der Kläger durch eine vom Hund der Erstbeklagten ausgehende, das ortsübliche Maß überschreitende Geruchs-, Lärm- oder Schmutzbelästigung. Unabhängig davon wäre mit einer Klage nach § 364 Abs 2 ABGB die Unterlassung der Tierhaltung gar nicht durchzusetzen, weil die Wahl der Mittel zur Unterbindung der inkriminierten Störungen dem Beklagten überlassen bleibt (vgl 5 Ob 49/89; 9 Ob 102/98k = ImmZ 1998, 238 = immolex 1998, 208/133 uva).

Schon aus diesem Grund erweist sich die Sache im Sinn einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung als entscheidungsreif; auf die sonst noch (insbesondere in der Begründung des Zulassungsausspruchs) aufgeworfenen Rechtsfragen ist nicht mehr einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41, § 50 Abs 1 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maria O*****, 2.) Erwin P*****, 3.) Reinhard P*****, 4.) Helga P*****, 5.) Franz C*****, und 6.) Gerda C*****, alle vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Sabine K*****, und 2.) Andreas H*****, letzterer vertreten durch Dr. Hans-Peter Türtscher, Rechtsanwalt in Bezau, wegen Unterlassung (Streitwert Euro 2.118,19), über den Antrag der klagenden Parteien, den Kostenausspruch des Urteils vom , GZ 5 Ob 261/03y, hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten zu ergänzen, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil vom wird in seinem Kostenausspruch dahingehend ergänzt, dass es insgesamt zu lauten hat:

Dem Rekurs (der zweitbeklagten Partei) wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss (des Gerichtes zweiter Instanz) aufgehoben und das Urteil des Erstgerichtes in seinem das Klagebegehren hinsichtlich der zweitbeklagten Partei abweisenden Spruch wieder hergestellt, sodass nunmehr das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen ist. Die klagenden Parteien sind schuldig, der zweitbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit Euro 2.468,98 (darin enthalten Euro 23,04 Barauslagen und Euro 411,33 USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen.

Die klagenden Parteien sind weiters schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit Euro 1.064,66 (darin enthalten Euro 177,43 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom wurde über die in der Berufung der klagenden Parteien gegen das erstinstanzliche Urteil enthaltene Anfechtung im Kostenpunkt nicht entschieden, obwohl dies wegen der Wiederherstellung des Ersturteils notwendig gewesen wäre (vgl Kodek in Rechberger2, Rz 5 zu § 528 ZPO; 2 Ob 159/98s ua). Mit der betreffenden Kostenrüge war zwar kein Rechtsmittelantrag verbunden, doch stand dies einer Korrektur der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nicht im Weg, weil Umfang und Ziel der Anfechtung in den Berufungsgründen dargelegt wurden (vgl 5 Ob 73/74 = SZ 47/64). Die Bezifferung des der zweitbeklagten Partei nach Ansicht der klagenden Parteien zustehenden Kostenersatzanspruchs erübrigte sogar die sonst notwendige Verbesserung des Rechtsmittels (vgl 1 Ob 616/92 = JBl 1993, 459).

Die fehlende Kostenentscheidung konnte gemäß § 423 ZPO ergänzt werden.

In der Sache selbst war der Kostenzuspruch des Erstgerichtes von Euro 2.861,91 auf Euro 2.467,98 zu korrigieren. Die Abweichungen vom Kostenverzeichnis der zweitbeklagten Partei (dessen Ansätze das Erstgericht vollinhaltlich übernommen hatte) ergeben sich daraus, dass für die Verhandlung am (möglicher Weise lautet das richtige Datum ), bei der es sich um eine Erste Tagsatzung handelte, lediglich Kosten nach der TP 2 des RAT gebühren und dass der Streitgenossenzuschlag mit lediglich 30 % (statt 35 %) anzusetzen ist.

Kosten für die zum Teil erfolgreiche Berufung im Kostenpunkt (nach Maßgabe eines Kostenrekurses) waren den klagenden Parteien nicht zuzusprechen; sie heben sich nämlich annähernd mit den Kosten der Berufungsbeantwortung (Rekursbeantwortung) der zweitbeklagten Partei auf. Von erschließbar begehrten Euro 656,15 haben die klagenden Parteien nur Euro 393,93 ersiegt, was trotz der leicht differierenden Ansätze in TP 3 A des RAT (siehe dazu auch § 11 RATG) eine Entscheidung nach §§ 43 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO rechtfertigt. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2003:0050OB00261.03Y.1125.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAD-62085