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OGH vom 03.07.1985, 3Ob51/85

OGH vom 03.07.1985, 3Ob51/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma A Gesellschaft m.b.H., 1030 Wien, Khunngasse 23, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Evelyn A, Angestellte, 1180 Wien, Gersthoferstraße 75/11, vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution gemäß § 37 EO infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom , GZ R 653/84-17, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Neulengbach vom , GZ C 40/84-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.829,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 257,25 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am wurde (in der Wohnung des Verpflichteten Maria Anzbach, Hofstatt Nr. 57) unter PZ 5 des Pfändungsprotokolles 1 E 1845/82 des BG Neulengbach zugunsten der beklagten Partei, und zwar auf Grund ihrer Exekutionen 1.) 1 E 251/83, 2.) 1 E 1632/83 (im Urteilsbegehren irrtümlich: 1 E 1682/83), 3.) 1 E 1755/83, 4.) 1 E 1756/83 und 5.) 1 E 1987/83 (nicht aber hinsichtlich der in der Klage gleichfalls angeführten Exekutionen 1 E 1845/82 und 1 E 123/83) ein Bild des akademischen Malers Franz B mit dem Titel 'Tee, Rum, Spirituosen' gepfändet, das sich in der Gewahrsame des Verpflichteten Theodor A befand.

Gegen diese Pfändung erhob die klagende Partei eine Exszindierungsklage mit der Begründung, das gegenständliche Bild stehe in ihrem Eigentum, was sich aus den Geschäftsunterlagen der klagenden Partei, unter anderem einer Bilanz vom , ergebe. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete ein, daß das gepfändete Bild im Eigentum des Verpflichteten stehe. Eine allenfalls stattgefundene formalrechtliche übertragung sei nicht wirksam, weil sie nur zum Nachteil der beklagten Partei durchgeführt worden sei, zumal in der kritischen Zeit der Verpflichtete alleiniger Gesellschafter der klagenden Partei gewesen sei. Der in der Bilanz angesetzte Wert sei überhöht, es sei daher unerfindlich, daß sich die jetzigen Gesellschafter mit einer derartigen Aushöhlung des Gesellschaftsvermögens einverstanden erklärt hätten.

Das Erstgericht gab der Klage statt (und zwar auch hinsichtlich der beiden Exekutionen, für die das strittige Bild gar nicht gepfändet wurde).

Es traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Die klagende Partei wurde am gegründet. Ihr Gegenstand ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Dekorationsmaterial und Baubeschlägen, der Kleinhandel mit Waren aller Art, der Betrieb einer Handelsagentur, die Beteiligung an anderen Gesellschaften und alle Hilfsgeschäfte, die zur Förderung des Unternehmenszweckes nötig sind. Im Zeitpunkt der Gründung waren Theodor A (Verpflichteter) und Evelyn A (betreibende Partei, jetzt beklagte Partei) Gesellschafter der klagenden Partei. Ab 1979 war Theodor A alleiniger Gesellschafter. Ab 1980 war Theodor A gemeinsam mit Dipl.Ing. Hermann C und Dr. Karl-Heinz D Gesellschafter. Seit November 1983 ist Theodor A nicht mehr Gesellschafter der klagenden Partei, sondern sind jetzt Dr. Eduard E, Dipl.Ing. Hermann C und Dr. Karl-Heinz D Gesellschafter.

Alleiniger Geschäftsführer der klagenden Partei ist seit ihrer Gründung Theodor A.

Die häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten Evelyn und Theodor A wurde im November 1976 aufgehoben. Theodor A wohnte seither in Wien, Bleichensteinerstr.23, und übersiedelte dann nach Hofstatt. Die Geschäftsräume der klagenden Partei befinden sich in Wien, Khunngasse 23.

Bis zum Jahr 1980 war Theodor A Eigentümer des eingangs angeführten Bildes. Weil er im Jahr 1980 bei der klagenden Partei stark verschuldet war, verfaßte er am einen Kaufvertrag, gemäß welchem er der durch ihn vertretenen klagenden Partei das Bild (und ein für dieses Verfahren nicht wesentliches weiteres Bild) um 174.000 S zuzüglich 8 % Umsatzsteuer verkaufte. Er war in diesem Zeitpunkt der alleinige Gesellschafter der klagenden Partei. Das Bild verblieb (im Gegensatz zum erwähnten zweiten Bild) in der Wohnung des Theodor A, in der er allerdings auch geschäftliche Tätigkeiten ausübte. Die Höhe des Kaufpreises ermittelte Theodor A durch Anfrage bei der Galerie, bei welcher er seinerzeit das Bild gekauft hatte. Erstmals schien das Bild in der Bilanz der klagenden Partei zum auf. Seither schien das Bild in jeder jeweils von der Generalversammlung genehmigten Bilanz auf.

In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Auffassung, daß auf Grund dieses Sachverhaltes der Eigentumsnachweis der klagenden Partei erbracht sei. Daß die Verschiebung der Vermögenswerte nur bilanztechnische und firmeninterne Gründe gehabt habe, vermöge die Gültigkeit der Eigentumsübertragung an die klagende Partei nicht zu erschüttern.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß die Klage abgewiesen wurde.

Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, erblickte aber im Kaufvertrag vom ein unwirksames Insichgeschäft. Da zu diesem Zeitpunkt Theodor A alleiniger Gesellschafter gewesen sei, hätte ein Kollisionskurator bestellt werden müssen. Die Genehmigung von Bilanzen durch die jeweilige Generalversammlung vermöge an der Unwirksamkeit des Kaufvertrages nichts zu ändern. Der Fall, daß durch das Insichgeschäft die Gesellschaft keinen Schaden erleiden konnte, liege nicht vor, weil der wirkliche Wert eines Bildes immer problematisch sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer genau auf diesen Fall passenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, da es hier vor allem um die Wirkung gegenüber Dritten gehe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der klagenden Partei wegen der Revisionsgründe nach § 503 Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zur Frage der nachträglichen Genehmigung eines zunächst unwirksamen Insichgeschäftes, das der seinerzeitige alleinige Gesellschafter einer früheren Einmanngesellschaft mit dieser abgeschlossen hat, durch die in der Folge wieder aus mehreren Gesellschaftern bestehende Gesellschaft besteht - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, so daß die Entscheidung von der Lösung einer im Sinne des § 502 Abs. 4

Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechtes abhängt und die Revision damit zulässig ist.

Der Revision kommt aber keine Berechtigung zu.

Die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO), soweit diese im Zulassungsbereich überhaupt geltend gemacht werden können, liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Eine Exszindierungsklage, in der die klagende Partei geltend macht, sie sei Eigentümerin der gepfändeten Fahrnisse, erfordert die Erbringung des Eigentumsnachweises. Dieser besteht beim abgeleiteten Erwerb darin, daß die klagende Partei einen gültigen Titel zum Eigentumserwerb und eine rechtliche Erwerbungsart (§§ 380, 425 ABGB) nachweist (vgl. speziell für Exszindierungsklagen Entscheidungen wie EvBl.1971/220, SZ 44/155, RPFlEx 1980/177). Beide Beweise sind im vorliegenden Fall nicht erbracht.

Vorausgescickt sei, daß die Klage überhaupt nur geltend macht, der klagenden Partei stehe das Eigentumsrecht zu, ohne daß Behauptungen darüber aufgestellt wurden, wodurch die klagende Partei das Eigentumsrecht erlangt habe. Zum Titel haben die Vorinstanzen sogenannte überschießende Tatsachenfeststellungen getroffen, zum Modus liegen auch solche überschießende Tatsachenfeststellungen nicht vor.

Als Rechtsgrund steht fest, daß die klagende Partei mit Theodor A möglicherweise einen wirksamen Kaufvertrag vom abgeschlossen hat. Dieser Kaufvertrag stellte aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ein sogenanntes Insichgeschäft dar, das der damals alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der klagenden Partei mit sich selbst abschließen wollte. Nach herrschender Auffassung ist ein solches Selbstkontrahieren des Vertreters mit dem von ihm Vertretenen nur zulässig, wenn dadurch die Interessen des Vertretenen nicht gefährdet werden können und wenn der Abschlußwille des Selbstkontrahenten der von ihm vertretenen Person gegenüber in einer eine unkontrollierbare Zurücknahme ausschließenden Form geäußert wird (SZ 44/141, HS 8474/11, SZ 54/57, EvBl.1983/39, JBl.1984, 315, Koziol-Welser 6 I 142, Stanzl in Klang 2 IV/1, 818, 819, Strasser in Rummel RZ 21 zu § 1009 ABGB). Mag hier die zweite Voraussetzung erfüllt sein, weil der Kaufvertrag als Beleg in die Buchhaltung der klagenden Partei aufgenommen wurde, so war die erste Voraussetzung sicher nicht gegeben. Es ist nicht notwendig, daß das fragliche Insichgeschäft für die klagende Partei tatsächlich nachteilig war, sondern es genügt die Gefahr, daß die Interessen der Gesellschaft durch das Eigeninteresse des Selbstkontrahierenden verkürzt werden könnten (SZ 54/57 = EvBl.1981/190 = GesRZ 1981, 174). Auf den tatsächlichen Wert des strittigen Ölgemäldes und ob Theodor A diesen seinerzeit auf korrekte Weise ermittelte, kommt es daher nicht an. Es liegt nämlich auf der Hand, daß beim Kauf eines Ölgemäldes, das normalerweise keinen bestimmten Börsen- oder Marktpreis hat (vgl. dazu Stanzl, aaO 818), eine solche Gefährdung gegeben ist, falls etwa der Kaufpreis ungebührlich hoch vereinbart würde. Daß dann mit dem Kaufpreis eine Schuld des Gesellschafters abgedeckt wurde, ist eine andere Sache, geht es doch auch darum, in welchem Umfang eine Tilgung dieser Schuld eintreten sollte. Und ob hier Theodor A die klagende Partei schädigen wollte oder nicht, ist wiederum völlig belanglos, es genügt, daß er dies prinzipiell tun hätte können. Auch bei der Einmann-Ges.m.b.H. decken sich deren Interessen keineswegs immer mit jenen des einzigen Gesellschafters (Reich-Rohrwig, Das österr. GmbH-Recht 120). Es ist auch nicht richtig, daß im vorliegenden Fall keine Interessen 'Dritter' berührt werden. 'Dritte' sind hier einerseits zB die Gläubiger der Gesellschaft, aber auch die Gläubiger des früheren alleinigen Gesellschafters der klagenden Partei, also das Interesse der Öffentlichkeit nach einer Abgrenzung des Vermögens der klagenden Partei von jenem ihres Gesellschafters. Der Kaufvertrag vom hätte daher nur unter Beiziehung eines Kollisionskurators (allenfalls eines Notgeschäftsführers gemäß § 15 a GmbHG) abgeschlossen werden können (SZ 15/100, HS 8474/11 u.a., Reich-Rohrwig aaO 119, 120). Daß Theodor A schon durch den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich ermächtigt gewesen wäre, namens der Gesellschaft mit sich selbst Verträge aller Art abzuschleißen, wurde nicht geltend gemacht. Zu untersuchen bleibt, ob das zunächst jedenfalls unwirksame Insichgeschäft nachträglich durch die klagende Partei genehmigt wurde, und zwar in einem Zeitpunkt, als die Genehmigung des Kaufvertrages nicht wieder nur durch Theodor A sondern durch die neuen Gesellschafter erteilt werden konnte. Daß eine solche Genehmigung je ausdrücklich erfolgte, wurde nicht festgestellt. Sie könnte aber auch konkludent erteilt werden (Stanzl, aaO. 852). Und im vorliegenden Fall käme diesbezüglich nur die festgestellte Genehmigung der Bilanzen durch die neuen Gesellschafter in Frage. Die Prüfung und Genehmigung des Jahresabschlusses ist an sich gleichbedeutend mit der Anerkennung der inneren Richtigkeit der Bilanz und würde daher bedeuten, daß die Generalversammlung die Aufnahme des strittigen Ölgemäldes als Anlagegut und die Art der Bewertung desselben in der Bilanz genehmigte. Trotzdem schließt eine solche Genehmigung noch nicht konkludent die Genehmigung des Kaufes dieses Bildes vom alleinigen Geschäftsführer und früher auch alleinigen Gesellschafter der klagenden Partei in sich. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man zustimmt, daß ein nun einmal vorhandenes Anlagegut bilanzmäßig in einer bestimmten Weise bewertet wird, oder ob man zustimmt, diesen Gegenstand von einem Dritten zu einem bestimmten Preis zu erwerben.

Es kann daher nicht gesagt werden, daß nach Lage der Umstände dem Verhalten der später in die Gesellschaft eingetretenen Gesellschafter (Genehmigung der Bilanzen) schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Genehmigung des ursprünglich unwirksamen Insichgeschäftes beigelegt werden kann (Stanzl, aaO 853).

Es ist daher nicht erwiesen, daß der Kaufvertrag vom je rechtswirksam geworden ist. Die Ausführungen der Revision zur Vertragsfreiheit verfehlen den entscheidenden Punkt. Natürlich hätte die klagende Partei von ihrem alleinigen Gesellschafter das strittige Bild kaufen können, aber sie hat einen solchen Kaufvertrag nicht wirksam abgeschlossen.

Es fehlt aber auch an der Erwerbungsart. Daß gerade auch beim Insichgeschäft die sachenrechtlichen übertragungsakte einzuhalten sind, liegt auf der Hand (Reich-Rohrwig aaO 118). Mag nun auch sicherlich auch die Erwerbungsart wiederum als Insichgeschäft bewerkstelligt werden können, so hätte doch irgendeine der gesetzlich vorgesehenen Arten der übergabe des gekauften Bildes von Theodor A an die klagenden Partei stattfinden müssen. Theodor A hätte also zwecks Bewerkstelligung einer körperlichen übergabe nach § 426 ABGB zB das Bild aus seiner Wohnung entfernen und in die Räume der klagenden Partei überführen müssen. Dies geschah nach den getroffenen Feststellungen nicht. Oder es hätte im Sinne des § 428 ABGB auf erweisliche Art seinen Willen erklären müssen, daß er das Bild künftig im Namen der klagenden Partei innehatte. Auch dies ist nicht geschehen, denn die über den Kaufvertrag vom errichtete Urkunde enthält hierüber überhaupt nichts. Sie ist vielmehr in Form einer Rechnung formuliert. Ob aber Theodor A je diesen Kaufvertrag auch durch übergabe der verkauften Sache erfüllt hat, ist dieser Urkunde nicht zu entnehmen. Sonstige Erklärungen wurden auch nicht behauptet. Es fehlt also auch am Modus. Wenn die Revision ausführt, daß die beklagte Partei in ihrer Berufung den Eigentumserwerb als solchen gar nicht in Frage gestellt hätte, so ist dies nicht zutreffend, denn die Berufung der beklagten Partei bezeichnete u.a. gerade die Art und Weise der Eigentumsübertragung als 'eigenartig' und verwies auf die Problematik des Insichgeschäftes und den Umstand, daß das Bild in der Villa des Theodor A verblieb. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.