OGH vom 02.05.1989, 5Ob26/89
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Dkfm. Johann S***, Hauseigentümer,
2.) Gertrude S***, Hauseigentümerin, beide Wien 2., Rustenschacher Allee 38, beide vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Margarete K***, Hausfrau, Wien 2., Rustenschacher Allee 38/7, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 5 (§ 8 Abs 2 Z 1) MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 48 R 438/88-15, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom , GZ 5 Msch 33/87-11, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederhergestellt.
Text
Begründung:
Die Antragsteller sind die Miteigentümer des Hauses Wien 2., Rustenschacher Allee 38. Die Antragsgegnerin ist die Hauptmieterin der Wohnung top. Nr. 7 in diesem Haus.
Mit dem am bei der Schlichtungsstelle eingelangten Antrag begehrten die Antragsteller den Ausspruch, daß die Antragsgegnerin verpflichtet sei, bauliche Veränderungen in der Küche ihrer Wohnung zuzulassen, die darin bestünden, daß von dieser Küche ein Teil im Ausmaß von insgesamt 1,725 m2 abgetrennt und zur Errichtung eines Aufzuges verwendet werde. Sie brachten vor, die Errichtung eines Personenaufzuges stelle eine nützliche Verbesserung durch eine bautechnische Maßnahme im Sinne des § 4 Abs 2 Z 2 MRG dar. Der Aufzugseinbau sei technisch und wirtschaftlich vertretbar nur durchführbar, wenn von der Küche der Wohnung der Antragsgegnerin ein Teil im Ausmaß von 1,725 m2 abgetrennt und zur Herstellung des Aufzugsschachtes verwendet werde. Der Einbau des Aufzuges rechts vom Stiegenhaus sei wirtschaftlich unzweckmäßig und erfordere derartige Mehrkosten, daß dieser Aufwand unrentabel wäre.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages und wendete ein, die Küche würde durch diese Veränderungen in ihrer Funktion wesentlich beeinträchtigt werden, die Verkleinerung der Küche im beantragten Ausmaß sei unzumutbar, die Küche würde dadurch nahezu unbenützbar werden. Eine Interessenabwägung müßte dahin ausfallen, daß der Eingriff in die Mietrechte durch die Küchenverkleinerung mit einer wesentlichen und dauernden Beeinträchtigung verbunden sei, die bei billiger Abwägung aller Interessen unzumutbar erscheine.
Gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle rief die Antragsgegnerin fristgerecht das Gericht an.
Das Erstgericht faßte nachstehenden Sachbeschluß:
"1. Die Antragsgegnerin hat gemäß § 37 Abs 1 Z 5 MRG in Verbindung mit § 8 Abs 2 Z 1 und Abs 3 MRG das Betreten ihres Mietgegenstandes Wien 2., Rustenschacher Allee 38, top. Nr. 7, durch den Vermieter oder die von diesem beauftragten Personen zur Durchführung von Arbeiten zum Einbau eines hydraulischen Personenaufzuges links vom Stiegenaufgang des Hauses sowie die Abänderung der Nutzfläche durch Verkleinerung der Küche von 8,40 m2 auf 6,675 m2 durch Abmauerung des Lichtschachtes zu dulden.
2. Die Antragsteller sind verpflichtet, auf eigene Kosten durch einen Tischlereibetrieb eine funktionsfähige Küche entsprechend den Plänen der Firma Möbel L***, Beilagen D und E, die einen integriernden Bestandteil der Entscheidung bilden, in der verkleinerten Küche herstellen zu lassen."
Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Antragsteller beabsichtigen den Einbau eines Personenaufzuges in ihrer Zinsvilla in Wien 2., Rustenschacher Allee 38, zur Hebung des Wohnkomforts der darin lebenden Personen. Dieser Aufzug würde mit 5 Stationen eingerichtet werden. Sämtliche Mieter außer der Antragsgegnerin sprachen sich für den Bau des Personenaufzuges aus.
Die Wohnung der Antragsgegnerin weist 125 m2 auf. Die Küche ist derzeit 8,40 m2 groß. Durch den geplanten Lifteinbau müßte ein Teil im Ausmaß von 1,725 m2 abgetrennt werden. Die verbleibende Küchenfläche würde daher 6,675 m2 betragen. Ohne den verengten Zugangsteil verblieben 5,33 m2. Die Küche weist derzeit ein Ausmaß von 4 x 2,10 m auf. Vom Eingang in die Küche her gesehen links steht ein Kühlschrank. Daran anschließend ist die gesamte linke Wand bis zur hinteren Wand, in welcher sich das Fenster befindet, verbaut, und zwar durch am Boden stehende Kästchen mit 7 Elementen a 45 cm. Korrespondierend dazu sind Hängekästchen darüber angebracht. Über den stehenden Kästchen ist eine durchgehende Arbeitsplatte installiert. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich hinter der Tür, also vom Eingang her gesehen rechts, ein 20 cm tiefes Kästchen mit einem Bord, danach eine Abwasch, daran anschließend ein Herd, wieder daran anschließend eine kleine Sitzecke. Oberhalb der Abwasch, des Herdes und der Sitzecke ist in einer Höhe von rund 1,50 m eine Beleuchtung durch eine Neonröhre installiert, die darüber befindliche Abdeckung ist als Bord in Verwendung. Die Tiefe der links stehenden Kästchen beträgt 54 cm, die Tiefe von Herd und Abwasch beträgt 60 cm. Es verbleibt sohin derzeit ein Durchgang von etwa 94 cm Breite. Die Wand, in der sich die Eingangstür zur Küche befindet, weist, wenn man Richtung Fenster sieht, auf der linken Seite zwischen linker Längswand und Türstock ein Ausmaß von etwa 80 cm auf. Die Distanz von der anderen Seite des Türstocks zur rechten Seitenwand beträgt 20 cm. Derzeit ist die Tür 90 cm breit. Diese Tür würde zum rechten Rand der Küche versetzt werden und nach Durchführung der Arbeiten lediglich 75 cm breit sein. Die Verkleinerung hätte den Wegfall eines Unterkästchens mit 90 cm Breite zur Folge. Überdies würde die derzeit vorhandene Eßecke in der rechten hinteren Ecke der Küche entfallen. Im Wohnzimmer, das ebenso wie die Küche unmittelbar vom Vorzimmer aus zu erreichen ist, befindet sich ein Eßtisch.
Die geplante Aufzugserrichtung links vom Stiegenhaus würde einen finanziellen Aufwand von 835.222 S erfordern. Bei einer Installation des Liftes rechts vom Stiegenhaus, durch welche eine Beeinträchtigung des Mietgegenstandes der Antragsgegnerin nicht erfolgen würde, entstünden Mehrkosten von etwa 564.000 S. Überdies müßte wegen einer erforderlichen Dachanhebung erst die (fragliche) Zustimmung der MA 37 eingeholt werden. Die MA 25, die technisch-wirtschaftliche Prüfstelle für Wohnhäuser, erachtete in einem Gutachten vom den Einbau des beantragten hydraulischen Personenaufzuges als Verbesserung an allgemeinen Teilen des Hauses; die Errichtung des Liftes rechts vom Stiegenhaus wurde hingegen als unzweckmäßig und unwirtschaftlich qualifiziert. Dieses Gutachten wurde von beiden Parteien ausdrücklich anerkannt. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:
Die geplanten baulichen Maßnahmen, nämlich die Errichtung eines hydraulischen Personenaufzuges, stellten zweifelos eine nützliche Verbesserung des Hauses gemäß § 4 Abs 2 Z 2 MRG dar, zu deren Durchführung der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sei, soweit dies im Hinblick auf den Erhaltungszustand des Hauses zweckmäßig sei. Daß die beantragten Arbeiten im Hinblick auf den allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses unzweckmäßig wären, sei nicht vorgebracht worden. Überdies habe sich beim Lokalaugenschein ergeben, daß sich das Haus in einem ausgezeichneten Zustand befinde.
Für Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses bestehe eine unbedingte Duldungsverpflichtung, bei der nur die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit des Eingriffes in bezug auf die vorgesehenen Arbeiten zu prüfen sei, wobei dies auch für bloße Verbesserungsarbeiten gelte; eine Interessenabwägung sei bei diesen Arbeiten nicht vorzunehmen, sodaß bei wesentlichen Beeinträchtigungen lediglich eine angemessene Entschädigung seitens des Vermieters zu leisten sei; überdies sei das Schonungsprinzip zu beachten. Da sohin eine Interessenabwägung, wie von der Antragsgegnerin angestrebt werde, im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen sei, sei bereits aus diesem Grund dem Antrag der Antragsteller stattzugeben gewesen.
Selbst wenn man aber die Ansicht verträte, daß eine Interessenabwägung vorzunehmen sei, käme man im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, daß die Antragsgegnerin den geplanten Einbau des Aufzuges zu dulden habe. Wohl handle es sich bei diesen in der Küche der Antragsgegnerin vorzunehmenden bautechnischen Maßnahmen um eine Beeinträchtigung des Mietrechts, die Vorzüge eines Personenaufzuges im Haus überwögen jedoch eindeutig den Nachteil, den die Antragsgegnerin hinzunehmen hätte. Das gegenständliche Haus befinde sich in einem ausgezeichneten Zustande, alle Mieter mit Ausnahme der Antragsgegnerin sprächen sich für den Lifteinbau aus. Wenn die Antragsgegnerin vermeine, die Reduktion der Nutzfläche ihrer Küche sei ihr unzumutbar, so sei dem entgegenzuhalten, daß lediglich ein Kästchen entfallen und die Antragsgegnerin auf eine Eßecke in der Küche verzichten müsse. Auch in der flächenreduzierten Küche fänden alle erforderlichen Geräte Platz und sei ausreichender Stauraum für Küchengeschirr vorhanden. Es sei keine zwingende Notwendigkeit des Komforts, direkt in der Küche einen Eßplatz zu haben, den die Antragsgegnerin durch die Veränderungen in ihrer Küche verlieren würde. Die Größe der Wohnung sowie das Vorhandensein eines Eßtisches in einem anderen von der Küche aus gut zu erreichenden Raum ließen den Verlust des Eßplatzes in der Küche durchaus erträglich erscheinen. Das verbleibende Ausmaß von 6,675 m2 - ohne Berücksichtigung des verengten Zugangsteils von 5,33 m2 - sei ausreichend, sodaß alle Verrichtungen und Funktionen einer Küche gewahrt seien. Der Verlust eines 90 cm breiten Kästchens und der (ohnehin relativ kleinen) Sitzecke wäre jedenfalls eher zumutbar als der Verzicht auf den Aufzugseinbau bzw. die Tragung von Mehrkosten in der Höhe von etwa 564.000 S. Selbst bei einer (im vorliegenden Fall nicht vorzunehmenden) Interessenabwägung wäre also eine Duldungsverpflichtung der Antragsgegnerin zu bejahen. Da es sich aber bei der Abtretung des Küchenteils (1,725 m2) um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 8 Abs 3 MRG handle, seien die Vermieter zu einer angemessenen Entschädigungsleistung zu verpflichten gewesen; hiezu hätten die Antragsteller die Bezahlung der Veränderungen der Küche und die Errichtung einer neuen funktionstüchtigen Kücheneinrichtung angeboten. Dieses Anbot, das durch die Vorlage von Plänen eines Tischlers untermauert worden sei, werde vom Gericht als angemessene Entschädigungsleistung angesehen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und wies den Antrag der Antragsteller ab. Es führte aus:
Vorweg sei festzuhalten, daß die übrigen Mieter des Hauses am Verfahren nicht beteiligt wurden, was jedoch keine Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge habe. Das gegenständliche Verfahren handle nämlich ausschließlich davon, ob und welche Eingriffe die Antragsgegnerin in ihr Mietrecht zu dulden habe. Davon, daß auch andere Mieter des Hauses vom Einbau des Personenaufzuges in der Form betroffen wären, daß auch in ihre Mietrechte eingegriffen würden, sei im gegenständlichen Verfahren nichts hervorgekommen. Auch sehe § 8 Abs 2 Z 1 MRG keine Interessenabwägung vor, sodaß ein rechtlich geschütztes Interesse der übrigen Mieter des Hauses an der Durchsetzung des Einbaues eines Personenaufzuges hier nicht wahrzunehmen sei. Auch stehe die Verbesserungsarbeit an sich nicht in Frage, sondern sei im gegenständlichen Verfahren lediglich zu beurteilen, ob die geplante Verbesserungsmaßnahme von der Antragsgegnerin zu dulden sei.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin komme es daher auch nicht entscheidend darauf an, ob alle Mieter des Hauses bisher der geplanten Verbesserung durch Einbau eines hydraulischen Personenaufzuges zugestimmt hätten.
Der Antragsgegnerin sei auch darin nicht zu folgen, daß in der geplanten Errichtung des hydraulischen Personenaufzuges keine nützliche Verbesserung im Sinne des § 4 Abs 2 Z 2 MRG zu sehen sei, weil das Haus nur über zwei Etagen verfüge. Zunächst sei festzuhalten, daß nach den erstgerichtlichen Feststellungen auch das Dachgeschoß des Hauses ausgebaut sei und bewohnt werde. Ob die Antragsteller selbst dieses Dachgeschoß bewohnten, könne im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben. Ausgehend davon, daß 5 Stationen des Aufzuges geplant seien (offenbar Keller und Mezzanin inbegriffen), sei die beabsichtigte Baumaßnahme keineswegs als Luxusaufwand anzusehen, sondern als durchschnittliche, dem heutigen Wohnstandard entsprechende Verbesserung, sodaß diese Voraussetzung des § 8 Abs 2 Z 1 MRG zu bejahen sei.
§ 8 Abs 3 MRG regle, daß die Arbeiten, die ein Mieter "hienach" zuzulassen habe, so durchzuführen seien, daß eine möglichste Schonung des Mietrechtes gewährleistet sei. Nach dem Gesetzeswortlaut könne dies nicht als Grundsatz, der bei Bewilligung der Veränderungen anzuwenden sei, gelesen werden, sondern betreffe diese Bestimmung nur die Art der Durchführung der bewilligten Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten. § 8 Abs 3 zweiter Halbsatz MRG gestehe zu, daß auch wesentliche Beeinträchtigungen nach dieser Gesetzesstelle unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen zuzulassen seien, in diesem Fall allerdings der Mieter angemessen zu entschädigen sei. Nun lasse aber § 8 Abs 2 erster Satz MRG nicht klar erkennen, ob der Hauptmieter nach dieser Gesetzesstelle die vorübergehende Benützung und die vorübergehende Veränderung zuzulassen habe oder ob und allenfalls in welchem Umfang er auch eine dauernde Veränderung des Mietgegenstandes bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen zuzulassen habe. Nach der Textierung des § 8 Abs 2 Z 1 MRG habe eine Interessenabwägung dann zu entfallen, wenn ein Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses zweckmäßig sei. Daraus lasse sich eine unbedingte Verpflichtung des Mieters in bezug auf jegliche Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses, unter denen hier auch die Gemeinschaftsanlagen zu verstehen seien, also auch für bloße Verbesserungen im Sinne des § 4 MRG, ableiten (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 8 MRG). Dies gehe so weit, daß auch wesentliche Beeinträchtigungen im Einzelfall den Mietern auferlegt werden könnten (§ 8 Abs 3 MRG). Gerade deshalb müsse der Umfang der Duldungspflicht des Mieters nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG an der Bestimmung des § 1098 ABGB orientiert werden. Demnach habe der Mieter grundsätzlich Anspruch auf Erhaltung seines Bestandrechtes im gesamten Umfang, in dem es ihm anläßlich des Mietvertragsabschlusses übergeben worden sei. Der Bestandgeber könne das dem Bestandnehmer eingeräumte Gebrauchsrecht nicht einseitig beschränken. Aus dem Grundsatz des schonenden Gebrauchs der Bestandsache werde jedoch abgeleitet, daß der Bestandnehmer zumutbare Maßnahmen des Bestandgebers zu dulden habe, wenn dadurch das Bestandrecht nicht wesentlich beeinträchtigt werde (vgl. MietSlg 18.170 ff, 31.226 f). Die Verkleinerung des Bestandobjektes stelle aber, insbesondere im vorliegenden Fall, eine wesentliche Beeinträchtigung des Mietrechtes dar, die über die wesentliche Beeinträchtigung des Bestandgegenstandes hinausgehe. Im Falle der Verkleinerung eines Bestandgegenstandes ende nämlich das Mietrecht an den Teilen des Bestandobjektes, die dem Mieter für dauernd entzogen werden. Dort, wo eine Verkleinerung des Bestandobjektes in Frage stehe, greife also § 8 MRG nicht mehr, sodaß in diesem Fall § 1098 ABGB die geplante Änderung ausschließe. Würde man in diesem Zusammenhang anderen Überlegungen folgen, dann käme man zu dem Ergebnis, daß sich die Antragsgegnerin auch gegen eine völlige Inanspruchnahme ihrer Küche und Verminderung ihres Bestandobjektes um die gesamte Quadratmeteranzahl ihrer Küche nicht zur Wehr setzen könnte und eine solche Maßnahme, wenn sie nur kostensparend wäre, zu dulden hätte. Die Akzeptanz eines solchen Ergebnisses könne aber der Regelung des § 8 Abs 2 MRG nicht unterstellt werden. Schon aus diesem Grund sei daher im vorliegenden Fall eine Duldungspflicht der Antragsgegnerin zu verneinen.
Gehe man davon aus, daß die im § 8 Abs 2 Z 2 MRG geregelte Interessenabwägung auch im Fall des § 8 Abs 2 Z 1 MRG im Wege der Analogie vorzunehmen sei, dann wäre die Zumutbarkeit für die Antragsgegnerin schon deshalb zu verneinen, weil die Veränderung eine dauernde Beeinträchtigung des Mietrechtes zur Folge habe (§ 8 Abs 2 Z 2 letzter Satz MRG). Die Verkleinerung bedeute auch hier eine Beeinträchtigung des Mietrechtes an sich, nicht nur eine Beeinträchtigung der Benützung des Bestandgegenstandes. Dazu komme noch, daß im gegenständlichen Fall eine Beeinträchtigung nicht nur durch den Verlust der Nutzfläche in Größe des Aufzugsschachtes gegeben sei, sondern daß der daneben verbleibende Teil von 95 cm Breite und 150 cm Länge nur noch als Durchgang zu verwenden sei und dort weder Arbeitsflächen noch Schränke angebracht werden könnten. Der tatsächlich als Küche verwendbare verbleibende Teil betrage somit nur noch 5,25 m2. Auch unter dem Aspekt der Interessenabwägung und Zumutbarkeit sei aus den genannten Gründen eine Duldungspflicht der Antragsgegnerin zu verneinen.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Es trifft nach dem Bestandrecht des ABGB zu, daß der Bestandgeber den dem Bestandnehmer eingeräumten Gebrauch nicht einseitig beschränken kann, daß aus dem Grundsatz des schonenden Gebrauchs der Bestandsache abgeleitet wird, der Bestandnehmer habe zumutbare Maßnahmen des Bestandgebers zu dulden, wenn dadurch das Bestandrecht nicht wesentlich beeinträchtigt wird, wobei die Zumutbarkeit das Ergebnis der Abwägung der Interessen aller Beteiligten ist, sowie daß der Bestandnehmer wesentliche Beeinträchtigungen, auch Verkleinerungen oder Veränderungen des Bestandobjektes, nie zu dulden braucht (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1098). Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Mieter nach dem Bestandrecht des ABGB nicht nur notwendige, sondern auch bloß nützliche Bauführungen zuzulassen, wenn ihm daraus als Ergebnis einer Interessenabwägung keine wesentlichen Nachteile erwachsen (Würth aaO Rz 26 zu § 1118).
Nach § 15 Abs 1 WohnVerbG sind Verbesserungsarbeiten, die nach diesem Bundesgesetz gefördert werden und zur Rechtfertigung eines Widerspruchs nach § 14 StadterneuerungsG BGBl. 1974/287 in der jeweils geltenden Fassung dienen, von jedem Mieter (Nutzungsberechtigten) zuzulassen. Andere der Verbesserung seiner Wohnung dienende Arbeiten muß der Mieter (Nutzungsberechtigten) unbeschadet einer Kündigung nach § 19 Abs 2 Z 4 b MG in der jeweils geltenden Fassung nicht zulassen. Verbesserungsarbeiten in anderen Wohnungen, die nach diesem Bundesgesetz gefördert werden und zur Beseitigung der Mängel im Sinne des § 3 Z 10 StadterneuerungsG dienen, sind gemäß § 15 Abs 2 WohnVerbG von jedem Mieter (Nutzungsberechtigten), dessen Mietrechte (Nutzungsrechte) durch Verbesserungsarbeiten betroffen werden, zuzulassen, wenn das Verbesserungsvorhaben über Verlangen eines Mieters (Nutzungsberechtigten) zur Abwendung eines gegen ihn nach § 19 Abs 2 Z 4 b MG in der jeweils geltenden Fassung anhängigen Kündigungsverfahrens oder mit Zustimmung der Mehrheit der Mieter (Nutzungsberechtigten) erfolgt. Alle übrigen Verbesserungsarbeiten, die nach diesem Bundesgesetz gefördert werden und keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung des Mietrechtes (Nutzungsrechtes) zur Folge haben, sind von dem Mieter (Nutzungsberechtigten) insofern zuzulassen, als sie ihm bei billiger Abwägung aller Interessen zumutbar sind. Alle Verbesserungsarbeiten, die ein Mieter (Nutzungsberechtigter) hiernach zuzulassen hat, sind nach § 15 Abs 3 WohnVerbG so durchzuführen, daß eine möglichste Schonung der Mietrechte (Nutzungsrechte) gewährleistet ist. Für wesentliche Beeinträchtigungen hat der Vermieter oder der Mieter (Nutzungsberechigte), dem eine Förderung zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten in seiner Klein- oder Mittelwohnung gewährt wurde, den Mieter (Nutzungsberechtigten), der hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird, angemessen zu entschädigen (vgl. Würth aaO Rz 9 zu § 1098).
Nach § 8 Abs 2 MRG hat der Hauptmieter das Betreten des Mietgegenstandes durch den Vermieter oder die von diesem beauftragten Personen aus wichtigen Gründen zu gestatten. Er hat die vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstandes bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen zuzulassen: 1.) wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses oder zur Behebung ernster Schäden des Hauses im oder in einem anderen Mietgegenstand notwendig oder zweckmäßig ist; 2.) wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Veränderungen (Verbesserungen) in einem anderen Mietgegenstand notwendig, zweckmäßig und bei billiger Abwägung aller Interessen auch zumutbar ist; die Zumutbarkeit ist im besonderen anzunehmen, wenn die Veränderung keine wesentliche oder dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts zur Folge hat. Nach § 8 Abs 3 MRG sind alle Erhaltungs-, Verbesserungs- und Änderungsarbeiten, die ein Mieter hienach zuzulassen hat, so durchzuführen, daß eine möglichste Schonung des Mietrechtes des betroffenen Mieters gewährleistet ist; für wesentliche Beeinträchtigungen hat der Vermieter, sofern aber die Arbeiten ein Mieter durchführt, dieser Mieter den Mieter, der hiedurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird, angemessen zu entschädigen.
Durch die Regelung des § 8 Abs 2 und 3 MRG sollte die Regelung des § 15 WohnVerbG ausgebaut werden (Erl.Bem. zu § 6 Abs 3 der Regierungsvorlage des MRG, abgedruckt bei Derbolav, MRG 243). Im Anwendungsbereich des § 8 Abs 2 und 3 MRG (siehe auch § 40 WSG und dazu Würth-Zingher, MRG '86, 17 Anm. 1 zu § 8) geht die Duldungspflicht des Mieters über die aus dem Bestandrecht des ABGB (das grundsätzlich keinen Kündigungsschutz kennt) abgeleiteten Grenzen und § 15 WohnVerbG hinaus, um die Modernisierung des Häuserbestandes zu erleichtern (vgl. Schilcher in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 79, 84 f; Gutknecht ebendort 733, 761; Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 und 9 zu § 1098, Rz 22 a zu § 1118, Rz 4 zu § 8 MRG).
Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher der Auffassung des Rekursgerichtes nicht anzuschließen, daß die Auslegung des § 8 Abs 2 und 3 MRG an § 1098 ABGB zu orientieren sei und damit schon jede Verkleinerung des Mietgegenstandes den Inhalt des im § 8 Abs 2 MRG verwendeten Begriffes der "Veränderung des Mietgegenstandes" überschreite. Ob eine solche Überschreitung vorliegt, ist vielmehr nach dem Regelungsinhalt und -zweck des MRG zu beurteilen. Geschieht dies, so gelangt man zu dem Ergebnis, daß die im gegenständlichen Fall in Frage stehende Verkleinerung des Mietgegenstandes noch unter den Begriff der "Veränderung des Mietgegenstandes" im Sinne des § 8 Abs 2 MRG fällt. Bereits die grammatikalische Auslegung der im § 8 Abs 2 MRG gebrauchten Wortfolge "die vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstandes" ergibt ferner, daß eine vom Hauptmieter nach dieser Gesetzesstelle zuzulassende Veränderung auch dauernd sein darf (vgl. Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 234; EvBl 1988/1).
Der Ansicht der Vorinstanzen, daß die von den Antragstellern geplante Errichtung eines hydraulischen Personenaufzuges eine nützliche Verbesserung ihres Hauses im Sinne des § 4 Abs 2 Z 2 MRG und eine Verbesserungsarbeit an allgemeinen Teilen des Miethauses im Sinne des § 8 Abs 2 Z 1 MRG darstellt sowie daß § 8 Abs 2 Z 1 MRG zum Unterschied von § 8 Abs 2 Z 2 MRG eine Interessenabwägung nicht vorsieht (vgl. Derbolav, MRG 29 Anm. 4 zu § 8; Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 8 MRG; Krejci aaO 235 f; die strengere Duldungspflicht des § 8 Abs 2 Z 1 MRG erscheint gerechtfertigt, eine durch Analogie aus § 8 Abs 2 Z 2 MRG zu schließende Regelungslücke ist nicht erkennbar), wird beigetreten. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Antragsgegnerin die vorübergehende Benützung und die (dauernde) Veränderung ihres Mietgegenstandes (Verkleinerung der Küche), die mit der von den Antragstellern geplanten Aufzugserrichtung verbunden sind, zuzulassen hat, ist also unter Beachtung des Schonungsprinzips (§ 8 Abs 3 erster Halbsatz MRG) noch zu prüfen, ob und wie weit dieser Eingriff in ihr Mietrecht notwendig oder zweckmäßig ist (zu den dabei maßgebenden Erwägungen siehe Krejci aaO 236 f, wonach es darum geht, daß im Zuge der Durchführung der wie immer gearteten Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten der Eingriff in das Mietrecht unumgänglich, sachlich geboten oder zumindest für die Erreichung des Arbeitsziels sinnvoll erscheint; der Gesetzgeber beschränkt sich keineswegs darauf, lediglich die Notwendigkeit des Eingriffs zu fordern; auch wenn die Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten unter Inkaufnahme erhöhter Mühen und Komplikationen ohne Eingriff in das Mietrecht vorgenommen werden könnten, läßt § 8 Abs 2 Z 1 MRG den Eingriff zu, wenn er sich als zweckmäßige, möglicherweise einfachere, wirtschaftlichere, bessere Maßnahme zur Erreichung des Arbeitszieles herausstellt; auch in den Fällen des § 8 Abs 2 Z 1 MRG besteht ein Wertungsspielraum: ob der Eingriff in das Mietrecht im Hinblick auf die Zielsetzungen der Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten des Vermieters, insbesondere im Vergleich zu anderen Gestaltungsmöglichkeiten, notwendig bzw. zweckmäßig erscheint, läßt sich keineswegs immer ohne Interessenabwägung sagen; der Mieter wird sich freilich im Zweifel in den Fällen des § 8 Abs 2 Z 1 MRG Eingriffe in sein Mietrecht eher gefallen lassen müssen als in den Fällen des § 8 Abs 2 Z 2 MRG). Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist der Oberste Gerichtshof mit dem Erstgericht der Ansicht, daß die Zweckmäßigkeit des Eingriffs hier zu bejahen ist. Es war demnach in Stattgebung des Revisionsrekurses der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederherzustellen.