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OGH vom 26.01.2005, 3Ob309/04v

OGH vom 26.01.2005, 3Ob309/04v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ing. Alfred H*****, vertreten durch Dr. Peter Ponschab, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Karl K*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 109.009,25 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 167/04z-21, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 20 Cg 9/03g-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger und nunmehrige betreibende Gläubiger beantragte auf Grund eines Wechselzahlungsauftrags, gegen den Einwendungen erhoben worden waren, gegen den Beklagten als nunmehr Verpflichteten - nachdem der Vollzug der zuvor bewilligten Fahrnisexekution in der Wohnung des Verpflichteten (auch nach Öffnung des Safes und der Dokumentenlade) ergebnislos geblieben war - nun zur Sicherstellung der Wechselklageforderung beim Prozessgericht die Bewilligung einer weiteren Sicherstellungsexekution. Denn der Verpflichtete sei früher Geschäftsführer eines namhaften Unternehmens mit überdurchschnittlichem Einkommen gewesen und gut situiert, habe Lebensversicherungen unterhalten und müsse Bankkonten besitzen. Begehrt werde die Bewilligung der Pfändung der dem Verpflichteten gegen A) 21 näher bezeichnete österr. Versicherer als Drittschuldner I. aufgrund der zwischen ihm und diesen bestehenden Lebensversicherungsverträgen angeblich zustehenden Ansprüche und Forderungen auf Leistung im schon eingetretenen oder künftig eintretenden Erlebensfalle (Einmal-/Ablösezahlung, fortlaufende Rentenzahlung), auf Leistung im Kündigungs- und Rücktrittsfalle (Rückkaufswert) und auf Leistung aus welchem Rechtstitel immer, II. auf Grund der zwischen den Eltern des Verpflichteten und den genannten Versicherern bestehenden, den Verpflichteten begünstigenden Lebensversicherungsverträge angeblich zustehenden Ansprüche und Forderungen auf Leistung im Ablebensfalle der Eltern (Versicherungssumme), B) 15 näher bezeichnete österr. Banken als Drittschuldner aufgrund bestehenden Kontoeröffnungsvertrags, Kreditvertrags, Wertpapierdepotvertrags und gleichartiger Vertragsverhältnisse, welcher Bezeichnung auch immer, als Kontoinhaber, Kreditnehmer, Depotinhaber und dergleichen angeblich zustehenden Ansprüche und Forderungen auf Auszahlung von Geldbeträgen (aus Kontoguthaben, nicht ausgenütztem Kreditrahmen, Wertpapiererträgnissen und dergleichen).

Das Erstgericht bewilligte den neuerlichen Exekutionsantrag.

Das Rekursgericht wies über Rekurs des Verpflichteten diesen Exekutionsantrag ab. Gemäß § 54 Abs 1 EO habe der Antrag auf Exekutionsbewilligung nicht nur die Parteien genau zu bezeichnen, sondern auch das Exekutionsobjekt, welches durch ein geeignetes Vorbringen so zu individualisieren sei, dass eine Verwechslung mit anderen Vermögensobjekten auszuschließen sei. Bei der Forderungsexekution sei diesen Erfordernissen entsprochen, wenn der Drittschuldner so bezeichnet sei, dass den Parteien des Exekutionsverfahrens und dem Drittschuldner klar sei, wer gemeint sei, und sowohl der Verpflichtete als auch der Drittschuldner erkennen könnten, welche Forderung in Exekution gezogen sei. Dies sei hier nicht der Fall, es solle offenbar „auf Verdacht" (Sicherungs)Exekution geführt werden.

Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Bei der Forderungsexekution entspricht es der im Schrifttum gebilligten stRsp des Obersten Gerichtshofs (zuletzt 3 Ob 170/03a mwN), das Bewilligungsgericht habe grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die behauptete Forderung, deren Pfändung beantragt werde, überhaupt besteht, und der Exekutionsantrag sei nur dann abzuweisen, wenn sich das Nichtbestehen der als Exekutionsobjekt behaupteten Forderung schon aus ihm selbst oder sonst aus den Akten des Bewilligungsgerichts ergibt. Stelle sich später heraus, dass die gepfändete Forderung in Wahrheit nicht existiere, so sei die Exekution ins Leere gegangen (3 Ob 28/99k = SZ 72/108 uva).

Unabhängig davon ist aber in der Forderungsexekution die zu pfändende Forderung grundsätzlich durch Bezeichnung des Drittschuldners, des Rechtsgrunds und der ungefähren Höhe der Forderung zu umschreiben. Dem Erfordernis nach § 54 Abs 1 Z 3 EO, wonach der Exekutionsantrag bei der Exekution auf das Vermögen ua die Bezeichnung der Vermögensteile zu enthalten hat, ist bei der Exekution auf Geldforderungen entsprochen, wenn die zu pfändende Forderung in einer Weise bezeichnet wird, dass sowohl der Drittschuldner als auch der Verpflichtete erkennen können, auf welche Forderung Exekution geführt wird (3 Ob 104/87 = SZ 60/278 = JBl 1988, 529; zuletzt 3 Ob 167/93 = RPflE 1994/43 ua; RIS-Justiz RS0002082; Fucik in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 54 Rz 10; Heller-Berger-Stix EO4 2125 f). Ergibt sich aus dem Exekutionsantrag, dass dem Verpflichteten nur eine Forderung zustehen kann, sind nähere Angaben entbehrlich (3 Ob 167/93 mwN ua). Kommen dagegen verschiedene Forderungen in Betracht, können nähere Angaben über die zu pfändenden Forderungen notwendig sein, oder wenn für einzelne Forderungen eine andere Verwertungsart vorgesehen ist (§ 54 Abs 1 Z 3 EO, wonach auch alle Angaben in den Exekutionsantrag aufzunehmen sind, die nach Beschaffenheit des Falls für die im Interesse der Exekutionsführung zu erlassenden Verfügungen von Wichtigkeit sind). In Anwendung dieser Grundsätze ist die Pfändung der dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner zustehenden „angeblichen Forderungen und Ansprüche aller Art in unbekannter Höhe" mangels jeglicher Spezifizierung nicht ausreichend (Jakusch in Angst, EO § 54 Rz 30 mwN), darf doch dem betreibenden Gläubiger nicht die Möglichkeit einer Exekutionsführung „auf Verdacht" gegeben werden (3 Ob 2021/96v [im angefochtenen Beschluss offenbar irrig 3 Ob 2321/96v] = SZ 69/35 = wobl 1997, 229 [Schumacher] = MietSlg 48/10 = RdW 1996, 586). Forderungsexekutionsanträge „auf gut Glück", denen konkreten Anhaltspunkte für deren Bestehen fehlen, sind somit abzuweisen (Zechner, Forderungsexekution, § 292i EO Rz 3 mwN).

Der Betreibende macht in seinem Rechtsmittel geltend, die Exekutionsführung erfolge aus konkretem Anlass, nämlich aus seiner Annahme, dass der Beklagte im Jahre 1991 - somit vor rund 13 Jahren - 30.000 USD erhalten habe sowie drei Jahre als Geschäftsführer eines namhaften Unternehmens mit überdurchschnittlichem Einkommen tätig gewesen sei; deshalb sei es wahrscheinlich, dass er Vermögen in Form von aufrechten Lebensversicherungen und/oder Bankguthaben besitze, die Urkunden jedoch anderweitig als in seiner Wohnung verwahre. Auch die Bestimmtheit des Exekutionsobjekts sei nicht zu bemängeln, weil im Exekutionsantrag die Drittschuldner sowie der Rechtsgrund genau bezeichnet seien. Die vom Rechtsmittelwerber zur Untermauerung seines nicht zu billigenden Standpunkts zitierte Entscheidung 3 Ob 104/87 betraf jedoch Werkverträge. In dem in dieser Entscheidung behandelten Fall war nach dem Vorbringen klar, dass zwischen dem Verpflichteten und dem Drittschuldner eine vertragliche Beziehung bestand, aus der dem Verpflichteten Forderungen zustehen konnten. Im vorliegenden Fall kann nicht einmal gesagt werden, ob und wenn ja, mit welchem der genannten 36 Drittschuldner der Verpflichtete tatsächlich eine vertragliche Beziehung eingegangen war. Selbst wenn es aber solche vertraglichen Beziehungen zu irgendeinem der Drittschuldner geben sollte, ist nicht ersichtlich, welche konkreten Forderungen gepfändet werden sollen, weil im Hinblick auf die Unkenntnis des Betreibenden auch durchaus mehrere Verträge zwischen dem Verpflichteten und einem der Drittschuldner bestehen können, was umso mehr gegen eine ausreichende Individualisierung der behaupteten Forderung(en) spricht.

Zudem begehrte der Betreibende auch die Bewilligung der Pfändung von Ansprüchen und Forderungen aus Lebensversicherungsverträgen im künftig eintretenden Erlebensfalle. Die Pfändung künftiger Forderungen ist jedoch, außer es handelt sich erkennbar um bedingte oder betagte Forderungen, nicht zulässig. Dies ist so zu behandeln wie der Fall, in dem dem Exekutionsantrag eindeutig zu entnehmen ist, dass erst künftig entstehende Forderungen gepfändet werden sollen (3 Ob 2021/96v). Dem Exekutionsantrag muss zu entnehmen sein, dass das Vertragsverhältnis, aus welchem die zu pfändenden Forderungen gebühren sollen, bereits entstanden ist (Oberhammer in Angst, EO, § 294 Rz 2). Auch die im Exekutionsantrag angeführte Anzahl von Versicherern (21) und Banken (15) erhärtet die Auffassung der zweiten Instanz, dass der Betreibende eine Exekutionsführung bloß auf Verdacht, „auf gut Glück", anstrebt. Seine Begründung im Rechtsmittel, dass die Angabe aller großen österreichischen Versicherungen und Banken zur Erreichung des Sicherstellungszweckes geboten sei, lässt erkennen, dass er nicht weiß, bei welchem, wenn es denn überhaupt so ist („angebliche Forderungen"), der angeführten Drittschuldner der Verpflichtete Verträge abgeschlossen hat, geschweige denn, welche allenfalls bestehenden Forderungen in Exekution gezogen werden sollen. Dem Bestimmtheitsgebot wird damit nicht entsprochen.

b) Der Exekutionsantrag musste iSd § 54 Abs 3 EO idFd EO-Novelle 1995 (vgl. dazu Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 294 Rz 12) nicht zur Verbesserung zurückgestellt werden, weil schon nach dem Vorbringen des Betreibenden dieser nicht weiß, ob es vertragliche Beziehungen des Verpflichteten zu den Drittschuldnern („... Annahme ...") gibt noch, ob überhaupt Forderungen des Verpflichteten aus allfälligen vertraglichen Beziehungen gegen einen oder mehrere der behaupteten Drittschuldner bestehen.

Erhebliche Rechtsfragen stellen sich aus diesen Erwägungen und wegen der Einzelfallbezogenheit nicht. Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.