OGH vom 21.04.2015, 3Ob51/15v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.
Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt, und des ihr beigetretenen Nebenintervenienten Ing. B*****, vertreten durch Dr. Karlheinz de Cillia, Mag. Michael Kalmann, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Brand Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 130.689,40 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 165/14h 79, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Von der behaupteten Aktenwidrigkeit hängt, wie bereits das Berufungsgericht richtig erkannt hat, die Entscheidung nicht ab (vgl RIS Justiz
RS0043265). Der tatsächliche Baufortschritt am ist ohne Bedeutung, weil die Beklagte der Klägerin nach diesem Zeitpunkt keinen geänderten Auftrag erteilte und ihr keine adaptierten Ausführungspläne vorlegte.
2. Dass laut Baubewilligungsbescheid, der im Werkvertrag ausdrücklich als eine der Auftragsgrundlagen vereinbart wurde, die Herstellung einer sogenannten „weißen Wanne“ (einer wasserdichten Betonwanne zur Verhinderung von Wassereintritten) erforderlich war und auch nach den Kärntner Bauvorschriften das Eindringen von Bodenfeuchtigkeit zu verhindern ist, kann nichts an der Feststellung ändern, wonach der Klägerin (wegen der technischen Komplexität einer weißen Wanne) gar nicht erkennbar war, dass die ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellten Ausführungspläne für die Herstellung einer wasserdichten Wanne untauglich waren.
3.
Die Beurteilung, dass mangels Erkennbarkeit der Divergenz zwischen den Ausführungsplänen und der Baubewilligung bzw den Kärntner Bauvorschriften der Klägerin keine Verletzung der in § 1168a ABGB normierten Warnpflicht angelastet werden kann, ist nicht zu beanstanden: Stellt der Werkbesteller dem Unternehmer (Architekten-)Pläne zur Verfügung, trifft den Werkunternehmer nämlich nur dann eine Warnpflicht, wenn ihm eine unklare und regelwidrige Situation in den übermittelten Plänen als „offenbare Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen
Stoffs“ (vgl dazu 7 Ob 18/14v mwN) auffallen musste (RIS Justiz RS0021646 [T6]). Die Verletzung der Warnpflicht setzt ein (Mit )Verschulden des Unternehmers voraus (vgl RIS Justiz RS0021646 [T1, T 3]). Der Werkunternehmer ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, besondere, nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen anzustellen oder gar einen Fachmann auf diesem Gebiet beizuziehen (RIS Justiz
RS0021971 [T4]). Davon abgesehen ist die Frage, ob eine schuldhafte, haftungsbegründende Warnpflichtverletzung vorliegt, wegen der Kasuistik der Fallgestaltung grundsätzlich eine solche des Einzelfalls und stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS Justiz RS0116074 [T2 und T 3]).
4. Auch in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Werklohn sei trotz Unterbleibens der von den Parteien vereinbarten förmlichen Übergabe des Werks in Form eines Übernahmeprotokolls (iSd Punktes 10.2 der ÖNORM B 2110) fällig, liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die Beklagte hat nach ihrem eigenen (unbestritten gebliebenen) Prozessvorbringen die Bauleistungen der Klägerin (formlos) übernommen. In einer solchen formlosen Übernahme (etwa durch tatsächliche Benützung des Werks, wie sie vom Erstgericht unbekämpft festgestellt wurde) liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein schlüssiges Abgehen von der Vereinbarung der förmlichen Übernahme (RIS Justiz RS0088997 [T1]).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00051.15V.0421.000