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OGH vom 09.04.2015, 2Ob57/14t

OGH vom 09.04.2015, 2Ob57/14t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen S***** B*****, geboren am ***** 2001, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters F***** B*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 16 R 301/13y, 16 R 303/13t, 16 R 391/13h S 419, womit unter anderem der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 P 47/08k S 391, zurückgewiesen und seinen Rekursen gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 P 47/08k S 334, sowie vom , GZ 2 P 47/08k S 359, jeweils keine Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das unterbrochene Revisionsrekursverfahren wird fortgesetzt.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss des Erstgerichts über den Antrag auf Vorverlegung einer Tagsatzung (ON 391 Spruchpunkt 1.) richtet, als (absolut) unzulässig, im Übrigen jedoch mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.:

Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom , 2 Ob 57/14t, das Revisionsrekursverfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Vaters gegen die Erstrichterin unterbrochen.

Mittlerweile ist das Ablehnungsverfahren beendet. Der Ablehnungsantrag des Vaters wurde zu AZ 1 Nc 1/14a des Bezirksgerichts Mödling rechtskräftig zurückgewiesen (vgl dazu auch 2 Ob 128/14h). Nach Wiedervorlage der Akten durch das Erstgericht ist daher das Revisionsrekursverfahren fortzusetzen.

Zu 2.:

2.1 Golftraining:

Mit (pflegschaftsgerichtlich genehmigter) Vereinbarung der Eltern wurde dem Vater neben dem Wochenend- und dem Ferienkontaktrecht ein besonderes und zeitlich mit zwei Monaten limitiertes zusätzliches Kontaktrecht zur Minderjährigen eingeräumt, um dieser wochentags ein Golftraining in einem Golfklub zu ermöglichen. Nach Ablauf der zwei Monate sollte über eine Fortsetzung des Golftrainings nach Maßgabe des Kindeswohls entschieden werden, wobei diese Entscheidung dem Erstgericht oblag. Dieses hat den Verlängerungsantrag des Vaters abgewiesen.

Der Vater releviert an sich zu Recht, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine solche über das Kontaktrecht (§ 187 ABGB) handelt und die vom Rekursgericht in seinem bestätigenden Beschluss ins Treffen geführten Aspekte der §§ 181 f ABGB hiefür nicht maßgeblich sind. Aus welchen Gründen eine Fortsetzung des Golftrainings „gegen den erklärten Willen der Minderjährigen“ so die Begründung des Erstgerichts dem Kindeswohl förderlich sein könnte, wird aber im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt. Das Ergebnis der Vorinstanzen wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

2.2 Erweitertes Kontaktrecht:

2.2.1 Dem Vater ist zuzustimmen, dass die Annahme des Rekursgerichts, er habe nur einen „Provisorialantrag“ auf Erweiterung des Kontaktrechts iSd § 107 Abs 2 AußStrG gestellt, in seinem Antragsvorbringen keine Deckung findet. Seine Hinweise auf die „besondere Dringlichkeit“ seines Antrags bieten keinen diese Auslegung ausreichend stützenden Anhaltspunkt.

Es ist entgegen der Meinung des Rekursgerichts auch nicht erkennbar, dass das Erstgericht bei seiner Entscheidung von einem solchen Verständnis des Antragsvorbringens ausgegangen wäre. Dass es mit Beschlüssen vom selben Tag einerseits den Antrag des Vaters abwies und andererseits die kinderpsychologische Sachverständige mit der Erstattung eines Gutachtens ua zu der Frage beauftragte, wie das Kontaktrecht (Dauer/Häufigkeit) zum Wohl des Kindes gestaltet werden sollte, impliziert auch ohne Unterstellung eines „Provisorialantrags“ keineswegs eine „völlig widersprüchliche Vorgangsweise“. Das Erstgericht hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass aufgrund der ihm als gesichert erscheinenden Tatsachengrundlage „derzeit“ von der Erweiterung eines Kontaktrechts abzusehen sei. Diese Begründung verweist auf die Möglichkeit, dass eine Änderung der Verhältnisse zu einer abweichenden Beurteilung künftiger Anträge führen kann.

2.2.2 Dennoch liegt in der Sachfrage keine vom Obersten Gerichtshof nach § 62 Abs 1 AußStrG aufzugreifende Fehlbeurteilung vor:

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaft und Lebensumstände das Kontaktrecht eingeräumt wird, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Der Entscheidung darüber kommt daher keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (8 Ob 82/14b; 1 Ob 94/14a; RIS Justiz RS0097114).

Nach den teilweise dislozierten Feststellungen des Erstgerichts lautete der Wunsch der (bei ihrer damaligen Anhörung 11 Jahre und 7 Monate alten) Minderjährigen, dass „alles so bleiben soll, wie es ist“. Das Kind befinde sich in einem Loyalitätskonflikt. Der Vater belaste es, indem er sich in dessen Gegenwart negativ über die Mutter äußere. Er sei nach wie vor wenig in der Lage, die konfliktbehaftete Paarebene von der Elternebene zu trennen und das Kind nicht in den Elternkonflikt zu involvieren. Obwohl er grundsätzlich bemüht sei, auf die Wünsche und Bedürfnisse der Minderjährigen einzugehen, könne er deren Wunsch, dass sie weiterhin bei der Mutter wohnen möchte, nicht akzeptieren.

Bei einem ähnlichen Sachverhalt hat der Oberste Gerichtshof jüngst sogar die vorläufige Einschränkung des Kontaktrechts als vertretbar gebilligt (vgl 10 Ob 4/14g mwN). Es begründet daher keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG korrekturbedürftige Verkennung der Rechtslage, wenn die Vorinstanzen zu dem Ergebnis kamen, „derzeit“ komme eine Erweiterung des Kontaktrechts des Vaters nicht in Betracht. Dabei fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass das Rekursgericht im Antrag des Vaters fälschlich (nur) einen „Provisorialantrag“ sah.

2.3 Vorverlegung einer Tagsatzung:

Das Erstgericht hat den Antrag des Vaters auf Vorverlegung der für den anberaumten Tagsatzung abgewiesen. Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters zurück, weil es sich bei der angefochtenen Entscheidung um einen nicht abgesondert anfechtbaren verfahrensleitenden Beschluss (§ 45 AußStrG) handle.

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist (absolut) unzulässig:

Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer - also ein Anfechtungsinteresse - voraus, weil es nicht Sache von Rechtsmittelgerichten ist, rein theoretische Fragen zu lösen (RIS-Justiz RS0002495). Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch eine Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es am notwendigen Rechtsschutzinteresse (7 Ob 115/13g; 8 Ob 82/14p; je mwN). Die Beschwer muss zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (RIS Justiz RS0041770; RS0006880). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (RIS Justiz RS0006598).

Die für den anberaumte Tagsatzung hat zum vorgesehenen Termin stattgefunden, sodass ihre Vorverlegung nicht mehr erreicht werden kann. Dem Vater fehlt es daher nach den dargelegten Grundsätzen an der Beschwer, weshalb das Rechtsmittel im erörterten Umfang als unzulässig zurückzuweisen ist, ohne dass es auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ankäme.

2.4 Einer weiteren Begründung dieses Beschlusses bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00057.14T.0409.000