OGH vom 18.11.2014, 5Ob26/14f

OGH vom 18.11.2014, 5Ob26/14f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Bollmann Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 60.147,68 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 65/13p 23, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 48 Cg 354/10h 19, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.025,90 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 337,65 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mag. O***** (in der Folge immer: Berater) investierte über Auftrag des Klägers, der die L***** GmbH beauftragt hatte, für den Kläger mit Valutatag 60.147,68 EUR in 48,3243 Stück Registered Shares der Herald USA Segregated Portfolio One Euro Class (in der Folge immer: Herald). Der Kläger hält diese Kapitalanlagefondsanteile in Form von Aktien nach wie vor.

Herald ist eine Aktienklasse der Emittentin Herald Fund SPC (in der Folge immer: Herald Fonds), einer Segregated Portfolio Company mit beschränkter Haftung nach dem Recht der Cayman Islands. Dabei handelte es sich um eine besondere Form der Aktiengesellschaft, die Aktien unterschiedlicher Klassen (Portfolios) emittieren kann. Die Anteilsscheine werden in Form von Aktien ausgegeben.

Depotbank und Administratorin war die H***** (Luxemburg) S.A. (H*****; in der Folge immer Depotbank). Als Investmentmanager fungierte die Herald Asset Management Ltd., die Gründerin der Emittentin und allein stimmberechtigte Anteilsinhaberin.

Die Beklagte war Repräsentantin und Prospektkontrollorin in Österreich.

Das gesamte Vermögen des Herald Fonds wurde über ein Managed Account von der Bernard L. Madoff ***** (in der Folge immer: BLMIS) verwaltet und verwahrt. Das wusste die Beklagte.

2008 wurde bekannt, dass die Transaktionen von BLMIS nur vorgetäuscht worden waren und in Wirklichkeit nie durchgeführt wurden. Die Vermögenswerte waren tatsächlich nicht vorhanden. Vielmehr dienten diverse von BLMIS auf dieselbe Weise gemanagte Fonds, darunter auch der Herald Fonds, lediglich dazu, das nach einem Ponzi Schema aufgebaute Betrugssystem von Madoff durch Kapitalzufuhr am Leben zu erhalten, um mit neuen Geldern Zahlungen an frühere Anleger leisten zu können. Der Herald Fonds befindet sich in Liquidation. Der Vertrieb der Anleihen wurde von der FMA 2009 untersagt.

Der zum Investitionszeitpunkt aktuelle Verkaufsprospekt vom lautet auszugsweise wie folgt:

„ANLAGEZIELE UND STRATEGIE

Das Ziel des Fonds ist es, dem Anleger einen langfristigen Kapitalzuwachs zu bieten und gleichzeitig die Risiken durch Anwendung eines sehr aktiven Handelsstils zu minimieren. Der Fonds wendet hinsichtlich der Veranlagung und Verwaltung des Fondskapitals einen Multi Strategy Ansatz an. Der Fonds wird, ausgehend von Empfehlungen des Investment Managers in Absprache mit Anlageberatern, auf kontinuierlicher Basis Investment Manager bestellen ('Manager'), welche Formen der gemeinschaftlichen Veranlagung und/oder diskretionär verwaltete Portfoliokonten ('Konten') führen, welche verschiedene Hintergründe in bezug auf die Modalitäten für Anlagestrategien, Märkte und Finanzinstrumente haben. Der Investment Manager hat in Absprache mit den Anlageberatern eine Vielzahl von Faktoren bei der Aufsicht über die Wahl der Manager zu berücksichtigen. Entscheidende Faktoren sind beispielsweise Erfahrung und Marktentwicklungen, Handelsstrategien und Handelstechniken, Fachkenntnis und Einschätzungen.

Vom Investment Manager ausgewählte und vom Fonds bestellte Manager bekommen bestimmte Anteile des Fondsvermögens zugeteilt, um diese in Konten und/oder in Formen der gemeinschaftlichen Veranlagung zu investieren. Die Zuteilung des Fondsvermögens kann sich mit der Zeit ändern und der Investment Manager, in Absprache mit den Anlageberatern, ist ermächtigt neue Manager auszuwählen und zu engagieren, das Vermögen unter mehreren Managern umzuverteilen und die Geschäftsbeziehung zu einem oder mehreren der Manager zu beenden. Es ist möglich, dass der Investment Manager selbst bzw. durch ein verbundenes Unternehmen bestimmte Vermögen des Fonds verwaltet. Der Investment Manager kann in Absprache mit den Anlageberatern mitunter das gesamte oder Teile des Fondsvermögens in Bargeld bzw. Bargeldgegenwerte veranlagen.

Der Fonds hat keine im Vorhinein festgesetzte Minimal oder Maximalanzahl an Managern, welche vom Fonds eingesetzt werden. Der Investment Manager kann das gesamte bzw. den Hauptanteil des Fondsvermögens an einen Manager vergeben.

….

ANLAGERISIKEN

...

Verwaltete Konten ('Managed accounts')

Der Fonds kann Managern, welche diskretionär Vermögensverwaltungskonten führen, das Vermögen des Fonds zuteilen. In diesem Fall erhalten der Administrator und die Depotbank Kontoauszüge sowie Transaktionsbestätigungen nur für Wertpapiertransaktionen. Jeder Verlust, der sich aus einem Investment in ein derartiges Konto ergibt, wird von den Anlegern getragen, wenn er nicht durch Betrug, grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Pflichtversäumnis durch den Investment Manager oder die Anlageberater entstanden ist.

Depotbank

...

Die H***** (Luxemburg) S.A. ist mit der Verwahrung des Fondsvermögens beauftragt. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, dem Depotvertrag sowie dem Administrationsvertrag, welche zwischen dem Fonds und der Depotbank mit Wirkung vom abgeschlossen wurden.

...

Die Depotbank ist somit für die Sicherung des Fondsvermögens verantwortlich. Wird das Fondsvermögen allerdings von Maklern oder in verwalteten Konten ('managed accounts') gehalten, ist die Depotbank für solches Vermögen nicht verantwortlich. Sub Depotbanken dürfen von der Depotbank ernannt werden ... Die Depotbank ist gegenüber der Gesellschaft für die Dauer des Subdepotsvertrags für die laufende Eignung der Subdepotbank zur Erbringung der Subdepotleistungen verantwortlich.

...

Die Depotbank übernimmt die Verantwortung für das Handeln und Unterlassen jeder Sub Depotbank, ist aber nicht verantwortlich für Verluste, die aus der Liquidierung oder der Insolvenz einer Sub Depotbank entstehen.

...

GETRENNT VERWALTETE KONTEN

Der Investmentmanager legt die meisten Vermögenswerte des Herald USA Segregated Portfolio One mit Hilfe eines getrennten, verwalteten Kontos an. Dieses getrennte, verwaltete Konto wird durch eine Makler /Händler Investmentfirma verwaltet. Die Treuhandbank hat diese Makler /Händler Investmentfirma als ihren Sub Treuhänder bestellt, um die Vermögenswerte des Herald USA Segregated Portfolio One zu halten und aufrechtzuerhalten.“

Der Kläger lernte den Berater im Herbst 2007 kennen. Das damalige Portfolio des Klägers war diesem zu volatil. Er wollte eine konstantere und gleichmäßig positive Entwicklung. Der Berater plante, den Aktienanteil zu Gunsten schwankungsärmerer Alternative Investments zu verringern. Bei mittlerer Risikobereitschaft sollte ein Ertrag über dem Euribor erzielt werden. Der Berater empfahl, in den Fonds zu investieren, der als stabilisierendes Core Investment dienen sollte. Die Veranlagungsentscheidung traf der Berater im Rahmen der Vermögensverwaltung durch die beauftragte Vermögensverwaltungs GmbH. Dennoch besprach der Berater mit dem Kläger, wie bei sämtlichen seiner Kunden, vor der Veranlagung die Investments. Er ging mit dem Kläger ein Factsheet durch und besprach mit ihm den Fonds.

Der Berater bezog seine Informationen über Herald aus einer Präsentation der Bank M*****, eigenen Beobachtungen, dem Verkaufsprospekt, dem Halbjahresbericht für 2006 und Factsheets. Ob er auch andere Berichte gelesen hat, kann nicht festgestellt werden. Den Jahresbericht und geprüften Abschluss 2006 las er nicht. Der Inhalt des ungeprüften Halbjahresberichts für 2006 kann nicht festgestellt werden. In keiner der von dem Berater durchgesehenen Unterlagen wird auf die Doppelfunktion von BLMIS und das damit einhergehende Zusammenfallen von Verwahrung und Verwaltung des gesamten Fondsvermögens explizit hingewiesen.

Aus Sicht des Beraters investierte der Fonds in Aktien aus dem S P 100 Index, verkaufte Call Optionen und kaufte Put Optionen zur Absicherung, wobei maximal 20 % des Vermögens an einen Counterpart übertragen werden durften. Das war dem Berater im Hinblick auf die Risikostreuung auch wichtig. Die Volatilität schätzte er mit rund 1 % ein. Die Veranlagungsentscheidungen für Herald sollten von der Bank M***** und einem Verwalter getroffen werden. Die Person des Verwalters war dem Berater nicht bekannt. Das störte ihn nicht.

Unter „Managed Accounts“ im Prospekt verstand der Berater diskretionär verwaltete Portfoliokonten bei Subdepotbanken im Sinn von auf Namen des Fonds lautende Konten, für die vom Fonds einem Dritten eine Verwaltungsbefugnis eingeräumt wurde.

Aus dem Prospekt konnte der Berater nicht herauslesen, dass die Funktionen Verwahrung und Verwaltung hinsichtlich des gesamten Fondsvermögens bei einer Person zusammenfallen. Er wusste auch nicht aus anderen Quellen davon. Ein solches Zusammenfallen von Verwahrung und Verwaltung hätte der Berater als Problem angesehen. Er legte Wert auf die Einhaltung der Grundprinzipien des InvFG (Investmentfondsgesetz). Überdies hätte der Berater dieses Zusammenfallen als Verletzung der Bestimmung (gemeint: im Verkaufsprospekt) angesehen, wonach maximal 20 % des Fondsvermögens einem Counterpart übergeben werden dürfen. Eine solche, das gesamte Vermögen betreffende Konstruktion wäre vom Berater nicht akzeptiert worden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Depotbank für die Verwahrung durch BLMIS haftet. In diesem Fall hätte er dem Kläger den Fonds nicht vorgestellt und die Anlageentscheidung nicht empfohlen.

Wäre der Fonds als Investment nicht in Frage gekommen, hätte der Berater ein anderes stabiles Element für das Portfolio des Klägers gesucht. Als geeignete Alternative hätte der Berater den Fonds R***** angesehen und angeschafft. Mit diesem wäre es dem Kläger gelungen, eine durchschnittliche Rendite von 3 % jährlich zu erwirtschaften.

Der Kläger begehrt mit seinem Hauptbegehren zuletzt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm 60.147,68 EUR samt 3 % Zinsen von bis und 4 % Zinsen seit Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher dem Kläger zukommender Rechte an den 48,3243 Stück Aktien der Herald Fund SPC Herald USA Segregates Portfolio One Euro Class (ISIN KYG 441091090) zu zahlen.

Er brachte zusammengefasst, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, vor, der Berater habe die Veranlagungsentscheidung für den Kläger auf Grundlage der von ihm durchgesehenen Factsheets und des Prospekts getroffen. Er habe nicht gewusst und aus den Unterlagen auch nicht ersehen können, dass der einzige Manager des gesamten Vermögens auch sämtliche (angeblich existente) Vermögenswerte verwahre und auch selbst das Clearing durchführe. Im Prospekt sei nicht ausreichend dargestellt, dass Verwahrung und Verwaltung des gesamten Vermögens bei derselben Person lägen. Das widerspreche auch dem in Österreich geltenden investmentrechtlichen Trennungs-grundsatz. Weder der Kläger noch der Berater habe das Zusammenfallen von Verwahrer und Manager erkennen können. Eine derartige Kenntnis hätte sie vom Investment abgehalten. Durch die Zusammenführung von Verwahrung und Verwaltung habe es keine Kontrollinstanz gegeben. Dadurch seien die Malversationen überhaupt erst möglich geworden. Dieser Umstand hätte im Prospekt hervorgehoben werden müssen. Die Depotbank habe das Fondsvermögen niemals verwahrt. Sie sei auch mit der Subverwahrung nicht beauftragt worden. Die Kontoeröffnung und der Kundenvertrag seien unmittelbar zwischen dem Fonds und BLMIS erfolgt. Dabei habe es sich um ein von BLMIS selbst geführtes Konto gehandelt. Der Fonds selbst habe damit die Verwahrung der Vermögenswerte auf BLMIS übertragen. Im Ergebnis habe der Fonds damit in einen einzigen Emittenten investiert. Die im Prospekt genannte Depotbank sei faktisch ausgeschaltet und funktionslos gewesen. Sie dennoch zu nennen, sei bewusste Täuschung. Das Prospekt sei in diesem Umfang unvollständig und unrichtig. Die Ausführungen im Prospekt zum Managed Account seien für den unbefangenen Leser so zu verstehen, dass bei einem solchen die Wertschriften von einer dritten, vom Manager unabhängigen Person verwahrt würden. Das entspreche auch dem Begriff eines Managed Account. Die Beklagte habe durch die Erteilung des Bestätigungsvermerks trotz dieser Umstände ihre Pflichten als Prospektkontrollorin verletzt. Sie habe vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospekts wider besseres Wissen bestätigt.

Die Beklagte wendet ein, sie habe pflichtgemäß die formale Vollständigkeit des Prospekts überprüft und die von der Emittentin übermittelten Unterlagen stichprobenartig auf Richtigkeit und Vollständigkeit kontrolliert. Dem Prospekt sei zu entnehmen, dass Veranlagung und Verwahrung über einen Manager erfolgen könnten, der seinerseits die auf sein Managed Account übertragenen Vermögenswerte diversifiziert zu veranlagen gehabt habe. Investitionen über ein Managed Account, also ein diskretionäres Vermögensverwaltungskonto, seien in der internationalen Finanzwelt üblich. Die Depotbank habe BLMIS aus eigenem zum Subverwahrer bestellt. Die Beklagte sei davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen müssen, dass die Doppelfunktion von BLMIS als Manager und Subverwahrer für die Depotbank unproblematisch und für Anleger gänzlich unbedeutend sei. Nachdem die Depotbank für ihren Subverwahrer hafte, sei der Haftungsfonds und der Haftende auch erhalten geblieben. Auf dieses Risiko habe daher auch nicht hingewiesen werden müssen. Sowohl nach US amerikanischem Recht (Sitz von BLMIS) als auch nach dem Recht der Cayman Islands sei es zulässig, dieselbe Person als Händler, Manager und Depotbank einzusetzen.

Für die Beklagte wie auch für die weiteren Finanzmarktteilnehmer seien die ausgefeilten betrügerischen Machenschaften des angesehenen Bernhard Madoff nicht erkennbar gewesen. Der Prospekt sei daher weder unrichtig, noch unvollständig oder irreführend.

Das Investment wäre auch erfolgt, wenn im Prospekt explizit auf die Doppelfunktion hingewiesen worden wäre. Der Kläger habe außerdem den Prospekt gar nicht gelesen. Die Veranlagungsentscheidung sei aufgrund der Beratung durch die GmbH erfolgt.

Den Kläger treffe das Allein , jedenfalls aber ein Mitverschulden.

Das Erstgericht , das die übrigen vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlagen ausdrücklich inhaltlich nicht prüfte, gab dem Klagebegehren statt.

Es vertrat die Auffassung, dass der Verkaufsprospekt seinem Zweck, die Öffentlichkeit über alle zur Beurteilung eines Wertpapiers erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu informieren, nicht erfüllt habe. Der Beklagten sei bei der Prospektprüfung bekannt gewesen, dass das gesamte Vermögen des Fonds über ein sogenanntes „Managed Account“ von BLMIS verwaltet und auch verwahrt worden sei. Ein solches Zusammenfallen zweier zentraler, sich gegenseitig kontrollierender Aufgaben bei einer einzigen Person sei eine Angabe, die für die Beurteilung von wesentlicher Bedeutung sei. Eines der zentralen Prinzipien des österreichischen InvFG sei der investmentrechtliche Trennungsgrundsatz zwischen der Verwaltungsebene, die die jeweiligen Anlageentscheidungen treffe und der Verwahrungsebene, die diese umsetze. Diesem im österreichischen Investmentfondsrecht tief verwurzelten Grundsatz entspreche die zu beurteilenden Konstruktion nicht, weshalb jedenfalls, unabhängig von der nicht zu beurteilenden Frage der Zulässigkeit der Konstruktion, darauf im Prospekt deutlich hinzuweisen gewesen wäre.

Im Prospekt werde dargestellt, dass die Veranlagungsstrategie darin bestehe, Manager zu bestellen, die ua diskretionär verwaltete Portfoliokonten führen und diesen Anteile des Fondsvermögens zuzuteilen, wobei auch das gesamte Vermögen an einen Manager vergeben werden könne. Was unter einer „Zuteilung“ oder „Vergabe“ des Fondsvermögens zu verstehen sei, insbesondere, ob die Vermögenswerte zur Verwahrung übertragen würden oder lediglich der Dispositionsmöglichkeit des Managers unterstellt würden, aber von einem Dritten verwahrt würden, bleibe im Dunkeln.

Im Kapitel „Anlagerisiken“ sei unter dem Stichwort verwaltete Konten („Managed Accounts“) festgehalten worden, dass jenen Fondsmanagern, welche diskretionär Vermögensverwaltungskonten führten, Vermögen „zugeteilt“ werden könne. In einem solchen Fall erhielten der Administrator und die Depotbank die Auszüge und Transaktionsbestätigungen nur für Wertpapiertransaktionen. Auch hier schweige der Prospekt zur Frage, was „Zuteilung des Vermögens“ bedeuten solle.

Auch nach aufmerksamer Lektüre der Kapitel Struktur, Anlageziele und strategie sowie Anlagerisiken sei völlig unverständlich, wer bei einem Managed Account die Vermögenswerte tatsächlich verwahre. Ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis, dass dies der Manager selbst mache, wäre zur Klarstellung unbedingt erforderlich, um das damit einhergehende Risiko erkennen und abschätzen zu können.

Hinzu würden die missverständlichen Ausführungen im Prospekt zur Depotbank treten, wonach diese für die Sicherung des Fondsvermögens verantwortlich sei.

Entscheidend sei, dass die Beklagte gewusst habe, dass das gesamte Vermögen des Fonds in einem Managed Account gelegen sei. Unabhängig davon, wie man die über den Prospekt ohne inneren Zusammenhang verstreuten, mehrdeutigen und in Wahrheit nichtssagenden Ausführungen verstehe, bleibe dieser zentral risikoträchtige Umstand unerwähnt.

Eine allfällige Erwähnung der Doppelfunktion von BLMIS in einem Rechenschaftsbericht, der dem Prospekt angeschlossen sei, reiche nicht aus.

Die Kausalität stehe fest. Auch ein Rechtswidrigkeitszusammenhang sei gegeben. Der Prospektmangel beziehe sich gerade auf einen risikoerhöhenden Umstand, der auch tatsächlich zur Verwirklichung des Risikos und damit zum Schaden geführt habe.

Den Kläger treffe auch kein Mitverschulden.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts.

Unter Hinweis auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zum sogenannten „Primeo Fonds“ erachtete das Berufungsgericht, dass der hier zu beurteilende Verkaufsprospekt in wesentlichen Punkten von den den Primeo Fonds betreffenden Verkaufsprospekten abweiche: Im Verkaufsprospekt für den Primeo sei ausdrücklich festgehalten worden, dass der Fonds seit seiner Gründung durch einen Manager in Form eines Direktkontos (Managed Account) geführt werde, wobei alle Gelder einer Anteilsklasse in einem Direktkonto geführt würden. Auch an einer weiteren Stelle dieser Verkaufsprospekte sei festgehalten, dass im Wesentlichen sämtliche Vermögenswerte des Fonds von einem einzigen Manager gemanaged werden, der laufend einen oder mehrere Submanager ernenne. Im Unterschied dazu sei dem diesem Verfahren zugrundeliegenden Prospekt nur ganz allgemein zu entnehmen, dass eine Möglichkeit ungetrennter Verwaltung und Verwahrung bestehe. Der Verkaufsprospekt bezüglich des Primeo Fonds lege hingegen ausdrücklich offen, dass diese Möglichkeit hinsichtlich sämtlicher Vermögenswerte nicht bloß theoretisch bestehe, sondern auch tatsächlich ergriffen worden sei. In dem Prospekt betreffend den Herald Fonds sei mehrfach von Managern in Mehrzahlform die Rede. Die Betrauung eines einzigen Managers bzw die Installierung eines einzigen „Managed Account“ werde in dem Prospekt bloß als möglich abgetan, anstelle wahrheitsgemäß anzugeben, dass derzeit tatsächlich nur ein einziger Manager betraut worden sei. Die Fülle von Prospektinformationen über Umstände, die aufgrund der von vornherein bekannten Konstruktion ohnehin nicht zum Tragen kämen, verstellten für den Leser den Blick auf die damit verbundene zentrale Doppelrolle jener einen Person bzw Gesellschaft, von der nicht nur die Performance, sondern auch die Werthaltigkeit der Veranlagung als Ganzes abhängig sei. Dieser Umstand sei unabhängig von der allfälligen Haftpflicht einer Depotbank für die Risikoeinschätzung derart wichtig, dass ein dies nicht entsprechend zum Ausdruck bringender Prospekt nur eine irreführende Anlegerinformation enthalte. Da der Beklagten bei der Prospektprüfung die tatsächlichen Verhältnisse bekannt gewesen seien und ihr mangels einer ähnlichen expliziten Klarstellung wie beim Vorgängerprodukt die Irreführungseignung der bloß allgemein gehaltenen Hinweise geradezu in die Augen habe fallen müssen, sei ihr grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Es stehe positiv fest, dass der Berater des Klägers den Jahresbericht vom nicht gelesen habe; ob der Bericht dem Prospekt überhaupt angeschlossen gewesen sei, stehe nicht fest. Jedenfalls habe sich die Beklagte nicht darauf verlassen können, dass eine allfällige Klarstellung im Jahresbericht ausreichend für die Anlegerinformation sei.

Bei rechtmäßigem Verhalten hätte die Beklagte die Prospektbestätigung von einer Offenlegung der in Rede stehenden Doppelfunktion abhängig machen müssen. Wäre dies offengelegt worden, hätte der Kläger nicht investiert. Der Einwand, dass der Schaden bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Beklagten ebenso eingetreten wäre, gehe somit ins Leere.

Das Verschulden der Beklagten, die im Wissen der tatsächlichen Gegebenheiten den Prospekt bestätigt habe, wiege derart schwer, dass eine dem Kläger allenfalls zurechenbare Säumnis seines Beraters, sich im Vertrauen auf die Prospektangaben nicht auch noch den Jahresbericht zwecks Durchsicht auf grundlegend anders gelagerte Umstände beigeschafft zu haben, als vernachlässigbar in den Hintergrund trete.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Berufungsurteil wendet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die außerordentliche Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage und wegen der gebotenen Auseinandersetzung mit der Entscheidung 2 Ob 41/14i zulässig.

Dem Kläger wurde daher die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt.

In dieser rechtzeitig erstatteten Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger die Zurückweisung der Revision; hilfsweise der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

In der Revision argumentiert die Beklagte zentral mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, der bisher in mehreren Entscheidungen eine Prospekthaftung der auch hier beklagten Partei für den Verkaufsprospekt bezüglich des „Primeo Fonds“ verneinte (5 Ob 233/11t; 6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y; 7 Ob 235/12b). Darüber hinaus hält die Revision ihren Einwand des den Kläger treffenden Allein- bzw Mitverschuldens aufrecht und bestreitet ihr eigenes Verschulden.

Dazu wurde erwogen:

1. Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Auf den zu beurteilenden Fall sind die Vorschriften der §§ 24 ff InvFG 1993 über den Vertrieb von Anteilen ausländischer Kapitalanlagefonds anzuwenden. Die Beklagte war Repräsentantin und Zahlstelle iSd § 25 Z 1 und 3 InvFG 1993.

2.1 Gemäß § 26 Abs 2 InvFG 1993 idF BGBl 2003/80 muss der Prospekt alle Angaben enthalten, die im Zeitpunkt der Antragstellung für die Beurteilung der ausländischen Kapitalanlagefondsanteile von wesentlicher Bedeutung sind.

2.2 Der Zweck des § 26 InvFG liegt darin, dem potentiellen Anleger durch das Vorsehen verpflichtender Prospektinhalte eine umfassende und objektive Grundlage für seine Erwerbsentscheidung zu bieten (6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y mwN).

2.3 An diesem Zweck orientiert sich auch der Inhalt und Umfang der in § 8 Abs 2 KMG geregelten Prüfpflicht des Prospektkontrollors. Nach § 8 Abs 2 KMG hat der Emittent dem Kontrollor sämtliche Unterlagen beizustellen, die eine zweifelsfreie Kontrolle der Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben ermöglichen. Der Kontrollor hat aufgrund des letzten Berichts des Abschlussprüfers über den Emittenten gemäß § 273 HGB (nun: UGB), sofern eine gesetzliche Prüfpflicht besteht, und aufgrund der vom Emittenten beizustellenden Unterlagen mit berufsmäßiger Sorgfalt zu kontrollieren, ob der Prospekt die geforderten Angaben enthält und ob er die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse richtig wiedergibt. Ein Prospekt, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht richtig wiedergibt oder in einer für die Anlageentscheidung relevanten Weise missverständlich formuliert ist, entspricht daher den gesetzlichen Vorgaben nicht.

2.4 Dabei hat der Prospektkontrollor eine Überprüfung auf formale Vollständigkeit der Prospektangaben vorzunehmen und die vom Emittenten zur Verfügung gestellten Unterlagen einer stichprobenartigen Überprüfung zu unterziehen. Er haftet nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts selbst, sondern für erfolgte unrichtige oder unvollständige Kontrollen (10 Ob 69/11m; 6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y).

2.5 Der Oberste Gerichtshof hat bereits unter Berufung darauf, dass die organisatorische Trennung zwischen Verwahrung und Verwaltung des Fondsvermögens der Sicherung der Anleger vor missbräuchlicher Verwendung des Fondsvermögens dient, in den den Primeo Fonds betreffenden Entscheidungen betont, dass die Tatsache, dass de facto der Manager als Subdepotverwahrer und nicht die Depotbank selbst die Gelder unmittelbar über ein „Managed Account“ verwahrte, eine wesentliche Risikoerhöhung für den potentiellen Anleger darstellt und es sich daher um einen Umstand handelt, über den der Prospektkontrollor iSd § 26 Abs 2 InvFG 1993 aufzuklären hatte (3 Ob 108/13y; 7 Ob 235/12b).

2.6 In den die Emissionsprospekte des Primeo Fonds betreffenden Entscheidungen wurde ausgehend vom konkreten Inhalt der Verkaufsprospekte zur auch hier entscheidenden Frage, ob eine ausreichende Offenlegung dahin erfolgte, dass ein Manager das gesamte Fondsvermögen unter „de facto“ Ausschaltung der Depotbank verwahrte, diese (noch) ausreichende Offenlegung zentral damit begründet, dass worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hinwies in den den Primeo betreffenden Prospekten mehrfach der Hinweis enthalten war, dass die Veranlagungen des Fonds zur Zeit von einem Manager in Form eines Managed Account getätigt werden bzw, dass der Fonds seit seiner Gründung durch einen Manager in Form eines Direktkontos (Managed Account) geführt wird, wobei alle Gelder einer Anteilsklasse in einem Direktkonto geführt werden (3 Ob 108/13y; 7 Ob 235/12b).

2.7 Die Entscheidungen zum Primeo Fonds sind in der Literatur sowohl auf Kritik als auch auf Zustimmung gestoßen: Neben der thematisierten Frage der Geltung des Trennungsprinzips (vgl dazu Wilhelm , Prospekthaftung Primeo, Herald ff: Die Rolle des Trennungsprinzips nach InvFG, ecolex 2014, 837; vgl auch Wilhelm in Glosse zu 7 Ob 235/12becolex 2014/121 und in Glosse zu 3 Ob 108/13yecolex 2014/84) meinen die Kritiker, dass es im Prospekt keine einzige Stelle gebe, in der klar und deutlich ausgesprochen werde, dass das gesamte Fondsvermögen von der Depotbank ausgelagert und einem Manager übergeben werde. Daran ändere nichts, dass in den den Primeo Fonds betreffenden Prospekten an zwei Stellen ausdrücklich erwähnt werde, dass die Veranlagungen derzeit von einem Manager in Form eines „Managed Account“ geführt würden. Der durchschnittliche Anleger müsse den Begriff des Managed Account eben gerade nicht im Sinne einer „Pulverisierung“ des Trennungsprinzips verstehen, er habe also nicht damit rechnen müssen, dass sich sämtliche Vermögenswerte des Fonds in der alleinigen Gewalt des Managers befänden und dass das Vier Augen Prinzip damit aufgehoben sei. Da die Beklagte positive Kenntnis davon gehabt habe, dass das gesamte Vermögen des Fonds direkt an Madoff übergeben worden sei, könne auch kein Zweifel am grob schuldhaften Verstoß der Prospektkontrollorin bestehen ( Graf , Wie intransparent darf ein Prospekt sein? ZFR 2014/4, 12 ff; vgl auch Wilhelm , Primeo Select Fund: Unvollständiger intransparenter Prospekt fehlerfrei! ecolex 2014, 1).

2.8 Eines Eingehens auf diese Kritik bedarf es allerdings nicht, weil der Auffassung des Berufungsgerichts beizupflichten ist, dass der konkret zu beurteilende Verkaufsprospekt über den dargelegten, zentral risikoerhöhenden Umstand nicht ausreichend aufklärte:

a) Ein ganz wesentlicher Unterschied liegt darin, dass im Verkaufsprospekt betreffend den Primeo immerhin an zwei Stellen ganz klar zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Fonds zur Zeit (seit seiner Gründung) von einem Manager in Form eines Managed Account geführt wird. Dieser Hinweis fehlt im hier zu beurteilenden Prospekt nicht nur; der Prospekt verklausuliert die Tatsache, dass der Manager ohne jede Kontrolle über das Vermögen gänzlich verfügungsberechtigt ist, auch durch die missverständliche Formulierung, dass der Fonds Managern „das Vermögen des Fonds zuteilen“ kann. Diese „Zuteilung“ ist zumindest mehrdeutig, berücksichtigt man den unter dem der Überschrift „Anlagerisiken“ unmittelbar nachfolgenden Hinweis, dass die Depotbank mit der Verwahrung des Fondsvermögens beauftragt und somit für die Sicherung des Fondsvermögens verantwortlich ist. Der weitere Hinweis, dass die Depotbank für solches Vermögen nicht verantwortlich ist, wenn das Fondsvermögen von Maklern oder in verwalteten Konten („Managed Accounts“) gehalten werde, ist zumindest mehrdeutig und könnte auch als Haftungsfreizeichnung der Depotbank und nicht dahin verstanden werden, dass die Depotbank von vornherein faktisch nicht kontrollieren kann, ob das dem Manager „zugeteilte“ Vermögen überhaupt in der behaupteten Art veranlagt wird bzw das Vermögen (oder an seine Stelle tretende Vermögenswerte/Wertpapiere) überhaupt vorhanden ist.

b) Diese Tatsachen in Verbindung mit der ebenfalls bereits vom Berufungsgericht zutreffend hervorgehobenen mehrfachen Verwendung der Mehrzahlform der „Manager“ rechtfertigt den vom Berufungsgericht gezogenen Schluss, dass der den Herald Fonds betreffende Verkaufsprospekt in entscheidenden Punkten wesentlich undeutlicher ist als jener des Primeo Fonds, den der Oberste Gerichtshof bisher als (noch) ausreichend vollständig und nicht irreführend beurteilt hat (zustimmend zu dieser Rechtsprechung Welser , Die Prospektkontrolle in der Rechtsprechung zu den „Madoff Fällen“, JBl 2014, 613 ff).

c) Es ist daher den Vorinstanzen und dem Kläger darin beizupflichten, dass ein Prospekt, der von der Möglichkeit der Verbindung der Funktion einer oder mehrerer Manager mit jener des Verwahrers spricht, obwohl die Verbindung der Funktion eines einzigen Managers mit jener des Verwahrers im Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits verwirklicht war, das erst durch diese tatsächliche Verbindung entstehende, im Anlassfall auch schlagend gewordene Veruntreuungsrisiko nicht ausreichend darstellt (vgl Graf , Prospekthaftung beim Herald Fonds. Eine Anmerkung aus Anlass der E 2 Ob 41/14i, ecolex 2014, 855). Das bestehende Veruntreuungsrisiko erhöht sich dabei auch durch den im Prospekt verschleierten Umstand, dass seit Gründung des Fonds nur ein Manager bestellt war, der dadurch de facto über das gesamte Fondsvermögen ohne jegliche Kontrolle verfügen konnte.

d) Soweit daher die Entscheidung 2 Ob 41/14i (die ebenfalls den Herald Fonds betreffenden Entscheidungen 10 Ob 69/11m und 10 Ob 32/13y nehmen zur hier relevanten Frage nicht Stellung) die „Primeo“ Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs auch für den Verkaufsprospekt des Herald Fonds als maßgeblich erachten, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Dabei ist nämlich hervorzuheben, dass in Wahrheit die Aussage in 2 Ob 41/14i zur Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts des Herald Fonds für die Entscheidung nicht tragend war: Der Oberste Gerichtshof verneinte nämlich bereits die Kausalität eines allfälligen Prospektmangels für die Veranlagungsentscheidung des dortigen Klägers.

3. Dass der aus den dargelegten Gründen zu bejahende Mangel des Verkaufsprospekts auch kausal für die Veranlagungsentscheidung war, steht fest: Der Kläger hätte nicht investiert, wäre die mangelnde Trennung offengelegt worden, weil ihm dann sein Berater von der Veranlagungsentscheidung abgeraten hätte. Die von der Beklagten ins Spiel gebrachte Frage ihres rechtmäßigen Alternativverhaltens lässt für sie nichts gewinnen, weil dieses rechtmäßige Alternativverhalten gerade darin bestanden hätte, die mangelnde Trennung im Prospekt ausreichend offenzulegen. Genau in diesem Fall hätte aber der Kläger nicht investiert. Die Haftungsvoraussetzung des § 11 Abs 1 Z 1 KMG (vgl dazu 3 Ob 108/13y mwN) ist daher verwirklicht.

4. Sämtliche Ausführungen in der Revision zur Stellung der Depotbank gehen am Kern des Problems vorbei: Ob die Depotbank mit dem Sitz in Luxemburg eine Haftung für die Veruntreuung des Fondsvermögen trifft, ist von der hier zu beantwortenden Frage zu trennen, ob dem Kläger durch die mangelhafte Prospektkontrolle der Beklagten ein Schaden entstand, der darin liegt, dass er die Kapitalanlagefondsanteile erwarb. Die gerügten Feststellungsmängel zu diesem Thema liegen daher nicht vor.

5. Das gilt auch für die in der Revision thematisierte Stellung der FMA als Aufsichtsbehörde. Ein allfälliges Fehlverhalten der Aufsichtsbehörde ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

6. Schließlich haben die Vorinstanzen auch das grobe Verschulden der beklagten Prospektkontrollorin zutreffend bejaht: Ihr war nach ihrem eigenen Zugeständnis in erster Instanz, das das Berufungsgericht in Erledigung einer entsprechenden Rüge in der Berufung der Beklagten ausdrücklich als gegeben ansah, positiv bekannt, dass BLMIS zum Zeitpunkt der Prüfung des hier zu beurteilenden Verkaufsprospekts auch Verwahrerin des Fondsvermögens war.

Dass es sich dabei um einen zentral risikoerhöhenden Umstand handelte, der die Malversationen des Madoff überhaupt erst ermöglichte, muss eine Großbank wissen. Es wäre daher an ihr als Prospektkontrollorin gelegen, darauf zu dringen, dass der Verkaufsprospekt diesen zentral risikoerhöhenden Umstand in ausreichend klarer Deutlichkeit zum Ausdruck bringt. Die ins Auge fallende Mangelhaftigkeit des Prospekts gerade in diesem Punkt hat bereits das Erstgericht lebensnah hervorgehoben. Einer Großbank ist es daher als grober Sorgfaltsverstoß anzulasten, dennoch den Bestätigungsvermerk zu erteilen (vgl dazu ebenfalls Graf , ecolex 2014, 855).

7. Schließlich ist der Einwand eines (Mit )Verschuldens des Klägers schon deshalb unberechtigt, weil nicht einmal feststeht, ob der Halbjahresbericht für 2006 überhaupt ausreichend auf ein Zusammenfallen von Verwahrung und Verwaltung des Fondsvermögens hinwies. Dass der Kläger den Jahresbericht und geprüften Abschluss 2006 (Beilage ./13) nicht las, kann, wenn überhaupt, nur als geringer Sorgfaltsverstoß des Beraters des Klägers angesehen werden, weil dieser darauf vertrauen konnte und durfte, dass der Verkaufsprospekt selbst sämtliche Umstände, die für die Veranlagungsentscheidung von Bedeutung sein können, enthält. Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, dass ein derartiger Sorgfaltsverstoß des Beraters des Klägers, sollte er überhaupt zu bejahen sein, gegenüber dem groben Verschulden der Beklagten zu vernachlässigen ist.

8. Der unberechtigten Revision war daher ein Erfolg zu versagen, ohne dass es einer Auseinandersetzung mit der Frage der Geltung des Trennungsgrundsatzes zum Zeitpunkt der Prüfung des Verkaufsprospekts durch die Beklagte bedurfte. Aus diesem Grund bedarf es auch keines Eingehens auf weitere, vom Kläger geltend gemachte und bis zuletzt aufrecht erhaltene Anspruchsgrundlagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00026.14F.1118.000