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OGH 25.03.2020, 6Ob44/20v

OGH 25.03.2020, 6Ob44/20v

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. N*, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K* AG (AZ 4 S * des Handelsgerichts Wien), vertreten durch Abel Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. B*, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 375.252,47 EUR sA (Revisionsinteresse 268.205,52 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 170/18a-35, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 65 Cg 16/17p-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren ist gemäß § 159 ZPO, § 7 Abs 1 IO unterbrochen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom wurde zu AZ 31 S * über das Vermögen der Beklagten das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, der Beklagten die Eigenverwaltung entzogen und Mag. H*, zum Masseverwalter bestellt.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbricht einen Zivilprozess, in dem der Schuldner oder einer seiner Streitgenossen nach § 14 ZPO Kläger oder Beklagter ist (vgl die Nachweise bei Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5 [2019] § 159 Rz 6; jüngst 6 Ob 15/20d), sofern der Zivilprozess Ansprüche betrifft, die zur Masse gehören. Dass letzteres hier der Fall ist, ist nicht zweifelhaft; der Kläger macht für die Gesellschaft Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte als deren Alleinaktionärin und Vorsitzende des Aufsichtsrats geltend.

Da auch das Schuldenregulierungsverfahren gemäß §§ 181 ff IO ein Insolvenzverfahren ist, hat auch die Eröffnung eines solchen Verfahrens verfahrensunterbrechende Wirkung (RS0103501).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. N*****, Rechtsanwalt, *****, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K***** AG (AZ ***** des Handelsgerichts Wien), vertreten durch Abel Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. H*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Mag. B***** (AZ 31 S ***** des Bezirksgerichts Floridsdorf), wegen 375.252,47 EUR sA (Revisionsinteresse 268.205,52 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 170/18a-35, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 65 Cg 16/17p-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf Mag. H*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Mag. B***** (AZ 31 S ***** des Bezirksgerichts Floridsdorf), berichtigt.

2. Der Antrag des Beklagten auf Fortsetzung des Verfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom wurde zu AZ 31 S ***** über das Vermögen der ursprünglich beklagten Mag. B***** das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, dieser die Eigenverwaltung entzogen und Mag. H***** zum Masseverwalter bestellt. Damit trat die Unterbrechung dieses Zivilprozesses ein, weil dieser Ansprüche betrifft, die zur Masse gehören (6 Ob 44/20v vom ).

Rechtliche Beurteilung

1. Aufgrund des Fortsetzungsantrags des Masseverwalters vom – beim Erstgericht eingelangt am , dem Obersten Gerichtshof vorgelegt am – war gemäß § 235 Abs 5 die Bezeichnung der beklagten Partei auf diesen richtig zu stellen (6 Ob 15/20d).

2. Gemäß § 7 Abs 3 KO kann bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegen, das infolge Insolvenzeröffnung unterbrochene Verfahren vor Abschluss der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden. Diese Bestimmung wurde von der älteren Rechtsprechung unter Billigung der Literatur (vgl die Nachweise in 8 Ob 35/97y) dahin ausgelegt, dass „der Prozeß erst dann wieder aufgenommen werden kann, wenn der Anspruch im Konkurs wirklich angemeldet, der Prüfung unterzogen worden ist und der Masseverwalter erklärt hat, die Forderung nicht anzuerkennen“. Diese Auslegung sollte sicherstellen, dass die strittige Forderung zur Vermeidung unnötigen Prozessaufwands vorerst dem außerstreitigen Prüfungsverfahren im Konkurs unterzogen wird; vor Abschluss des Prüfungsverfahrens war daher der Rechtsweg unzulässig.

Seit der Entscheidung 8 Ob 35/97y gehen zwar die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RS0108007) und die Literatur (vgl bloß Fink in Fasching/Konecny II/3³ [2015] § 159 Rz 104/1; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5 [2019] §§ 164–166 Rz 5; Jelinek in Koller/Lovrek/Spitzer, IO [2019] § 113 Rz 11 und FN 18) davon aus, dass der Insolvenzverwalter dann, wenn der Gläubiger seine Forderung nicht anmeldet, nach Abschluss der allgemeinen Prüfungstagsatzung die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens beantragen kann. Die Begründung hiefür wird darin gesehen, dass es unbillig wäre, dem an seinem Kostenersatzanspruch interessierten Masseverwalter die Aufnahme des Verfahrens zu verwehren, wenn der Gläubiger untätig bleibt, keine Anmeldung vornimmt und dadurch die ihm im Fall des Unterliegens drohenden Kostenfolgen vereiteln könnte (9 ObA 91/17y).

Im vorliegenden Fall wurde das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der ursprünglich Beklagten am eröffnet, die Prüfungstagsatzung wurde für den anberaumt. Am meldete der Kläger die hier zu beurteilende Forderung im Schuldenregulierungsverfahren an. Offensichtlich im Hinblick auf die Erhebung eines Rekurses gegen die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens wurde die Prüfungstagsatzung jedoch am auf unbestimmte Zeit verlegt und bislang noch nicht durchgeführt. Damit fehlt es aber derzeit an einer unerlässlichen Voraussetzung (vgl Jelinek aaO Rz 10) für die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. N*****, Rechtsanwalt, *****, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K***** AG (AZ ***** des Handelsgerichts Wien), vertreten durch Abel Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. H*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Mag. B***** (AZ ***** des Bezirksgerichts Floridsdorf), wegen 375.252,47 EUR sA (Revisionsinteresse 268.205,52 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 170/18a-35, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das gemäß § 159 ZPO, § 7 Abs 1 IO unterbrochene Verfahren wird über Antrag beider Parteien aufgenommen (§§ 164 f ZPO).

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der erkennende Senat hat in der – denselben Liegenschaftskauf wie im vorliegenden Fall betreffenden – Entscheidung 6 Ob 133/15z klargestellt, dass Mag. B***** im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags zwischen der K***** AG (Verkäuferin) und der E***** GmbH (Käuferin) im Jahr 2013 über kein dingliches Vorkaufsrecht mehr verfügt hatte, war dieses doch etwa ein halbes Jahr vor Abschluss dieses Vertrags im Grundbuch gelöscht worden. Als bloß obligatorisch Vorkaufsberechtigte wiederum hätte sie gegen den Dritten (Käufer) nur dann einen Anspruch auf Schadenersatz in Form der Naturalrestitution gehabt, wenn die Voraussetzungen für die Unzulässigkeit der Beeinträchtigung des fremden Forderungsrechts vorgelegen wären; diese seien aber nicht gegeben gewesen, weil das früher verbücherte Vorkaufsrecht zwischenzeitig im Grundbuch gelöscht worden war. Wenn das Berufungsgericht daraus den Schluss gezogen hat, dass mit der Abweisung des (dort) Herausgabebegehrens gegenüber der Käuferin für Mag. B***** erkennbar gewesen sei, dass sie keine rechtliche Möglichkeit mehr hatte, das Eigentum an der Liegenschaft aufgrund ihres (vormaligen) Vorkaufsrechts zu erlangen, worauf sich die Verkäuferin als Klägerin im vorliegenden Verfahren bereits in erster Instanz mit hinreichender Deutlichkeit berufen hat (AS 8), so ist dies durchaus vertretbar: Der Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 133/15z ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei nicht zu erkennen, wieso sich selbst bei angeblicher Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit des Kaufvertrags daraus ein Herausgabeanspruch Mag. B***** gegen die Verkäuferin ergeben würde.

Des Weiteren brachte der Senat bereits in der Entscheidung 6 Ob 133/15z klar zum Ausdruck, dass das Mag. B***** ursprünglich eingeräumte (obligatorische) Vorkaufsrecht, die Liegenschaft zum Einheitswert zu erwerben, gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG verstoßen hatte, handelte es sich dabei doch um eine völlig unübliche Bestimmung, die ersichtlich darauf abzielte, Mag. B***** als Tochter der Alleinaktionärin einen Vorteil zu verschaffen; die Diskrepanz zwischen dem Einheitswert von 188.004,62 EUR und dem letztlich vereinbarten Kaufpreis von 7.380.000 EUR liege auf der Hand. In der – ebenfalls denselben Liegenschaftskauf betreffenden – Entscheidung 6 Ob 199/17h (ZFR 2018/115 [Zehentmayer, 218] = ecolex 2018/188 [Kapsch] = GesRZ 2018, 179 [Durstberger; Chladek/Graf/Seeber, 221]) hielt der erkennende Senat an dieser Auffassung fest und führte aus, er gehe so wie in der Entscheidung 6 Ob 133/15z auch in diesem Verfahren davon aus, dass das Mag. B***** eingeräumte (obligatorische) Vorkaufsrecht, die Liegenschaft zum Einheitswert zu erwerben, wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG nichtig war. Dies führte zur Unwirksamerklärung des nach Kaufvertragsabschluss aufgrund einer Strafanzeige Dritter wiederhergestellten Vorkaufsrechts sowie der Anmerkung gemäß § 66 GBG und zur Löschung dieser Eintragungen.

Damit wäre Mag. B***** aber – für sie durchaus erkennbar – jedenfalls vor April 2016 – und nicht erst nach Vorliegen der Entscheidung 6 Ob 199/17h im Frühjahr 2018 – verpflichtet gewesen, das über ihren Antrag wiederhergestellte Vorkaufsrecht und die Anmerkung gemäß § 66 GBG im Grundbuch löschen zu lassen, um eine Auszahlung des treuhändig erlegten Kaufpreises an den Kläger und damit eine Kredittilgung zu ermöglichen, was zur Vermeidung weiter anlaufender Kreditkosten in Höhe des im Revisionsverfahren noch strittigen Klagsbetrags geführt hätte.

2. Die außerordentliche Revision stellt in Abrede, dass ihr Beharren auf Vorkaufsrecht und Streitanmerkung ursächlich für den Zinsschaden der Verkäuferin gewesen sei, und meint, nach den vereinbarten Auszahlungsbedingungen im Kaufvertrag seien Vorkaufsrecht und Streitanmerkung der Auszahlung des Kaufpreises nicht entgegengestanden. Das Berufungsgericht vertrat in diesem Zusammenhang allerdings den Standpunkt, die Weigerung der Beklagten zur Löschung sei jedenfalls schadensstiftend gewesen, selbst wenn die Belastung mit dem Vorkaufsrecht kein Auszahlungshindernis gewesen und die Zahlungsverweigerung der Liegenschaftskäuferin zu Unrecht erfolgt sein sollten, hätte doch diesfalls neben Mag. B***** auch die Käuferin den Zinsschaden der Verkäuferin verursacht; beide Täter hafteten in einem solchen Fall kumulativer Kausalität gemäß § 1302 ABGB solidarisch. Mit dieser im Kern zutreffenden Argumentation des Berufungsgerichts (zu „summierten“ Einwirkungen, die nur zusammen den Erfolg herbeiführen, was in sinngemäßer Anwendung des § 1302 Satz 2 ABGB mangels abgrenzbarer Anteile des jeweils mitursächlichen Verhaltens zur vollen Haftung jedes einzelnen Schädigers führt, vgl RS0123611; RS0010538; 1 Ob 236/15k), setzt sich die Revision nicht auseinander.

3. Schließlich moniert die außerordentliche Revision, das Berufungsgericht habe sich mit dem in der Berufung relevierten Mitverschuldenseinwand nicht auseinandergesetzt. Allerdings beanstandete Mag. B***** in der Berufung lediglich, das Erstgericht hätte im Hinblick auf ihren im Verfahren erhobenen Mitverschuldenseinwand einerseits die späte Erhebung der Löschungsklage und andererseits als Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen gehabt, dass dieser die Auszahlung des Kaufpreises nicht nachhaltig gefordert und betrieben habe; diese Vorwürfe waren in erster Instanz gar nicht erhoben worden. Der Mitverschuldenseinwand in der Klagebeantwortung und im vorbereitenden Schriftsatz vom wiederum bezog sich inhaltlich darauf, dass erst der Kläger selbst anlässlich seines Vergleichsabschlusses mit der Käuferin am Treuhandbedingungen gegen sich habe gelten lassen, wonach eine Kaufpreisauszahlung von der Löschung der Streitanmerkung und des wiederhergestellten Vorkaufsrechts abhängig sein sollte; in der Tagsatzung vom brachte Mag. B***** noch ergänzend vor, ein Mitverschulden des Klägers liege auch darin, dass dieser gegenüber dem Gläubiger überhöhte Verzugszinsen akzeptiert habe. Auf diese spezifischen Vorwürfe ist Mag. B***** in der Berufung allerdings nicht einmal andeutungsweise mehr zurückgekommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können aber, wenn in der Berufung nur in bestimmten Punkten eine Rechtsrüge ausgeführt wurde, andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden, jedenfalls wenn es um mehrere selbstständig zu beurteilende Rechtsfragen geht (RS0043338 [T13, T20]); der Mitverschuldenseinwand aufgrund verschiedener, voneinander abgrenzbarer Verhaltensvorwürfe gegenüber dem Kläger betrifft in diesem Sinn selbstständig zu beurteilende Rechtsfragen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2020:E128040
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAD-61889