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OGH vom 24.05.1989, 1Ob558/89

OGH vom 24.05.1989, 1Ob558/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei VVB V*** V*** W*** reg.Genossenschaft mbH, Wien 9.,

Währingerstraße 61, vertreten durch DDr. Peter Klein, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ing. Ernest K***, Techniker, Wien 12., Biedermanngasse 11-13/1/3, vertreten durch Dr. Franz Helm, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Ing. Dietmar D***, Oberingenieur, 4831 Obertraun 153, vertreten durch Dr. Hansjörg Heiter, Rechtsanwalt in Wien, 3.) Ing. Wilhelm H***, Techniker, Wien 22., Steigenteschgasse 13/3/39, 4.) Ing. Franz B***, Techniker, Wien 23., Valentingasse 9-11/2/3, die beiden letzteren vertreten durch Dr. Franz Helm, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 904.426,40 s.A., infolge von Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 13 R 207/88-47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ 53 Cg 152/86-40, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Revisionen der beklagten Parteien wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die V*** A*** reg. Genossenschaft mbH, deren Rechtsnachfolgerin die klagende Partei ist, räumte der I*** Planung von Industrieanlagengesellschaft mbH (in der Folge kurz I***) auf Grund des Vertrages vom einen Kontokorrentrahmenkredit bis zum Betrag von 3 Mio S ein, der bis befristet war. Die Beklagten, damals Gsellschafter der I***, übernahmen gegenüber der Kreditgeberin die Haftung als Bürgen und Zahler bis zu einem Höchstbetrag von 3 Mio S.

Im Kreditvertrag ist u.a. festgelegt:

"7. Sicherstellung

Zur Sicherstellung der uns gegen Sie bereits zustehenden oder künftig zustehenden Forderungen sowie Ansprüche gleich welcher Art aus der Inanspruchnahme des gegenständlichen Kredites sowie aus allen darüber hinaus bestehenden oder künftig gewährten Krediten oder Darlehen bestellen Sie uns, neben den in Punkt 9 angeführten, uns zu übergebenden Blankoakzepten gemäß Wechseldatierungserklärung im Punkt 4.1, folgende Sicherheiten:

Bürgschaftsübernahmen gemäß § 1357 ABGB sämtlicher

Gesellschafter der Kreditnehmerin, d.s.: Ing. Johann N***,

... Ing. Ernest K***, ... Oberingenieur Dietmar D***,

... Ing. Wilhelm H*** ..., Ing. Franz B***, ... Klaus

N***, ... Christa K***, ...

Abtretung von offenen Buchforderungen (stille Zessionen) sowie Abtretungen von bestehenden Aufträgen, wobei Sie die uns abgetretenen Forderungen in Ihren Büchern wie folgt kennzeichnen:

"Zediert an die V*** A***, reg. Gen.m.b.H., Datum!".

8. Sonstiges

Die Ausnützbarkeit gegenständlichen Rahmenkredites ist begrenzt durch nachfolgende - b.a.W. - gesetzte Deckungsgrenzen:

a) stille Zessionen im Sinne des zu erstellenden Mantelabtretungsvertrages 30 % des jeweiligen Fakturenbetrages,

b) Auftragszessionen im Sinne der zu erstellenden jeweiligen Generalabtretungsverträge: 20 % der rechtswirksam erteilten Auftragssumme; der durch diese Auftragszessionen gedeckte Teil dieses Kredites ist jedoch mit S 1,500.000 ... limitiert."

Diese Vertragsurkunde ist nicht nur von der V*** A*** und der I*** firmenmäßig gefertigt, sondern wurde auch von den Beklagten als "Bürgen" unter dem Text "Wir sind mit vorstehender Krediteinräumung und deren Bedingungen vollinhaltlich einverstanden" unterzeichnet.

Als Ergänzung dieses Kreditvertrages schlossen die V*** A*** und die I*** einen mit datierten Mantelabtretungsvertrag, mit welchem sich diese der Kreditgeberin gegenüber zur laufenden Abtretung von Forderungen zwecks Kreditbesicherung verpflichtete.

Gleichfalls zur Besicherung des Kontokorrentkredites legten die Beklagten der V*** A*** ein mit datiertes schriftliches Bürgschaftsanbot, das u.a. nachstehenden Wortlaut hat:

"Wir stellen Ihnen nachstehendes Anbot, an welches wir uns bis gebunden halten. Sie stehen mit obigem Kredit-/Darlehensnehmer in Geschäftsverbindung und haben ihm mit Vertrag vom ... einen Kredit/ein Darlehen in der Höhe von

S 3,000.000 gewährt.

1. Zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten, die aus der Inanspruchnahme dieses Kredites/Darlehens, sowie aus allen darüber hinaus mit dem Kredit- bzw. Darlehensnehmer und dessen Rechtsnachfolgern abgeschlossenen oder künftig abzuschließenden, im Inland beurkundeten Kreditverträgen ... oder Darlehensverträgen erwachsen sind oder noch erwachsen werden, übernehmen wir die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB bis zum Höchstbetrag von

S 3,000.000 ...

3. Unsere Haftung wird durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos eines Kontokorrents nicht eingeschränkt oder aufgehoben und bleibt in voller Höhe bis zur Beendigung der Geschäftsverbindung gemäß Punkt 1 mit dem Hauptschuldner bzw. bis zur völligen Bezahlung ihrer Forderungen und Ansprüche bestehen. Sie erlischt auch nicht durch vorübergehende Rückzahlung des (der) Kredite(s) bei Fortbestand des Kontokorrentverhältnisses.

5. Die Festsetzung der näheren Bedingungen ist hinsichtlich des (der) Kredite(s)/Darlehen(s) bleiben der freien Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Kredit/Darlehensnehmer vorbehalten, soweit Bedingungen nicht ausdrücklich bei der Übernahme dieser Bürgschaftshaftung vereinbart wurden. Insbesondere bleibt unsere Haftung bis zu Ihrer Befriedigung in voller Höhe bestehen, wenn Sie dem Hauptschuldner ohne Verständigung an uns Stundung oder Prolongation gewähren, die Einziehung der verbürgten Forderung(en) nicht betreiben, einem Ausgleich zustimmen oder mit dem Hauptschuldner einen Vergleich schließen oder diesem sonst Nachlaß gewähren, oder wenn Sie ein Ihre Forderung gegen den Hauptschuldner sicherndes Recht, insbesondere ein Pfandrecht oder das Recht gegen einen etwaigen Mitbürgen oder sonstige Sicherheiten und Vorzugsrechte aufgeben sollten, mögen diese schon jetzt bestehen oder entstehen.

6. Wir anerkennen im vorhinein alle Maßnahmen und Vereinbarungen, die Sie zur Geltendmachung Ihrer Forderungen für nützlich erachten - sofern nicht grobes Verschulden vorliegt - als für uns verbindlich an und entbinden Sie von jeglicher Haftung für die Höhe des Ausfalles. Sie sind befugt, den Erlös aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen des Hauptschuldners oder anderer Verpflichteter zunächst auf den unverbürgten Teil Ihrer Forderungen und auch auf andere als die verbürgten Forderungen zu verrechnen.

9. Bei mehreren Bürgen und Zahlern haftet jeder unabhängig von dem anderen für den ganzen von ihm verbürgten Betrag.

12. Diese unsere Bürgschaft bleibt auch bei einem etwaigen Wechsel in der Person des (der) Inhaber(s)/Gesellschafter(s) des hauptschuldnerischen Unternehmens oder bei einer Änderung der Rechtsform des Hauptschuldners bestehen ..."

Dieses Bürgschaftsanbot wurde von der V*** A***

angenommen.

Mit Vertrag vom verpfändete die I*** der V*** A*** zum Zweck der Kreditbesicherung noch eine Spareinlage im Betrag von S 1,002.546,54. Das Kreditverhältnis wurde nach entsprechendem Anbot der I*** mit schriftlicher Annahmeerklärung vom bis prolongiert. Inhalt dieser zwischen der klagenden Partei und der I*** geschlossenen Prolongationsvereinbarung war auch nachstehende Bestimmung:

"Des weiteren gilt als vereinbart, daß die jeweiligen Gesellschafter für diese Prolongation die Bürgschaft übernehmen. Zum Zeichen Ihres Einverständnisses ersuchen wir Sie höflich, den beiliegenden Durchschlag dieses Schreibens, die neue Wechseldatierungserklärung sowie die Bürgschaftsanbote rechtskräftig gefertigt an uns zurückzusenden."

Die klagende Partei begehrte zuletzt die Verurteilung der Beklagten (und der übrigen Bürgen) zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 904.426,40 samt 12,75 % Zinsen seit . Das Handelsgericht Wien habe mit Beschluß vom über das Vermögen der I*** den Anschlußkonkurs eröffnet. Der dieser gewährte Kredit hafte auch nach einer Gutschrift von S 1,086.639,82 aus der Realisierung des zur Sicherstellung begebenen Sparbuches zum noch mit dem Klagsbetrag aus, für welchen die Beklagten als Bürgen und Zahler zur ungeteilten Hand hafteten. Während gegen die zunächst als Erst-, Sechst- und Siebentbeklagte in Anspruch genommenen Bürgen Ing. Johann N***, Klaus N*** und Christa K***, die keine

Klagebeantwortung erstattet hatten, ein dem Begehren stattgebendes und in Rechtskraft erwachsenes Versäumungsurteil erging, wendeten die Beklagten ein, ihre Haftung habe sich lediglich auf den Kreditvertrag vom erstreckt und sei wie dieser auf ein Jahr befristet gewesen. Einer Verlängerung und Aufstockung des Kredites hätten sie nicht zugestimmt; die klagende Partei habe den Kredit aber gegen ihren Willen aufgestockt und den Kreditrahmen ausgeweitet. Sie habe zu diesem Zeitpunkt bereits gewußt oder hätte jedenfalls wissen müssen, daß die I*** zahlungsunfähig und überschuldet sei. Sie habe daher ihre Warnpflicht den Bürgen gegenüber verletzt. Hätte sie den Kredit nach Ablauf der Jahresfrist liquidiert, wäre er durch die Zessionen und das verpfändete Sparbuch voll gedeckt gewesen, so daß die Bürgen nicht mehr in Anspruch genommen worden wären. Die Übernahme der Bürgenhaftung für alle zukünftigen Verbindlichkeiten der I*** wäre sittenwidrig; es seien auch keine schriftlichen Vereinbarungen über die Krediteinräumung über den Betrag von 3 Mio S hinaus getroffen worden, so daß die Bürgenhaftung auch deshalb zu verneinen sei. Darauf replizierte die klagende Partei, es sei keineswegs vereinbart worden, daß die Bürgschaft nach einem Jahr ablaufe; diese habe sich vielmehr auch auf weitere der I*** gewährte Kredite erstreckt. Die klagende Partei habe im Jahre 1985 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der I*** weder gekannt noch hätte sie sie kennen müssen. Es sei ihr nicht untersagt gewesen, der I*** weitere Kredite zu gewähren; sie sei vielmehr berechtigt gewesen, Erlöse aus anderen Sicherheiten zunächst aus dem nicht verbürgten Teil des Kredites zu verrechnen. Die I*** habe den ihr ursprünglich gewährten Kredit nie zur Gänze zurückgezahlt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:

Nach den Vertragsverhandlungen sei den Verträgen mit den Beklagten als Parteiwille unterstellt gewesen, daß die Haftung der Bürgen "bis zu einem Höchstbetrag dieses Kredites an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten von S 3,000.000 ..., bezogen auf den Stichtag als Abrechnungszeitpunkt" gelten sollte. Darüber hinaus hätte eine Haftung weder für die Kreditverlängerung für die Zeit nach dem noch für einen "jeweiligen Höchstbetrag" von S 3,000.000 - unabhängig von dem im Rahmen dieses Kreditverhältnisses insgesamt zugezählten Kreditbetrag - übernommen werden sollen. Die eingeklagte Forderung resultiere zur Gänze aus dem mit Vertrag vom begründeten Kreditverhältnis. Schon am habe der offene Kreditsaldo S 3,438.507,87 betragen, sei dann bis auf S 5,482.039,64 angewachsen, am auf S 4,511.070,03 gesunken und habe in der Folge wieder einen Betrag von mehr als 5 Mio S erreicht. Dazu sei es gekommen, weil die klagende Partei der I*** ohne schriftliche Ergänzungsvereinbarung eine Ausweitung des Kreditrahmens bewilligt habe. Weder bei den seit vorgenommenen laufenden Ausweitungen des Kreditrahmens noch anläßeich der Kreditverlängerung noch zu einem späteren Zeitpunkt sei mit den Bürgen vereinbart worden, daß sich ihre Haftung auch auf Kreditbeträge über 3 Mio S hinaus und auch auf den Prolongationszeitraum erstrecke. Die laufenden Ausweitungen des Kreditrahmens seien überhaupt ohne Kontaktaufnahme mit den Beklagten auf Grund von Vereinbarungen mit der I*** erfolgt. Anläßlich der Verhandlungen über eine Kreditverlängerung sei den Beklagten eine mit datierte Bürgschaftmerklärung - nunmehr über einen Haftungshöchstbetrag von 4 Mio S, sonst aber mit gleichem Inhalt wie die bisherige - zur Fertigung vorgelegt worden. Die Bürgschaftserklärung sei aber nur von Ing. Johann N*** und Bruno R*** unterfertigt worden, wogegen die Beklagten eine Unterfertigung ausdrücklich abgelehnt hätten. Dennoch sei das Kreditverhältnis prolongiert und der Kreditrahmen über den Höchstbetrag von 3 Mio S hinaus ausgeweitet worden. In dem zum festgestellten Kreditsaldo von S 4,511.070,03 seien anteilige Zinsen, Spesen und Nebengebühren nicht enthalten, die sich für die Zeit vom 1.April bis insgesamt auf S 146.398,93 belaufen hätten. Der aushaftende Saldo sei durch Zessionen in der Höhe von S 11,128.102,93 gedeckt gewesen. Aus Zessionen bis zum seien bis S 3,313.649,72 und bis S 5,173.673,77 sowie aus Forderungszessionen zwischen 15.März und S 3,140.616,50 und zwischen 1.Februar und insgesamt S 4,532.394,39 eingegangen. Der längste Zeitraum für den Eingang des Kreditsaldos von S 4,511.070,03 sei dreieinhalb Monate, der kürzeste Zeitraum für den Eingang eines Betrages von 3 Mio S ein Monat gewesen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Beklagten hafteten für den nunmehr eingeklagten Saldo deshalb nicht, weil sie weder der Ausweitung des Kredites noch der Prolongation zugestimmt hätten, die klagende Partei aber einen Anspruch geltend mache, der sich aus der Kreditausweitung und der Prolongation ergebe. Daß die Beklagten die Haftung auch für zukünftige Kredite an die I*** übernommen hätten, könne daran nichts ändern, weil der Anspruch nicht aus einem neuen, sondern aus dem ursprünglichen Kreditverhältnis resultiere, das aber ohne Einverständnis der Beklagten ausgeweitet und prolongiert worden sei. Die Ausweitung und Prolongation des Kredites stelle ihnen gegenüber eine unzulässige einseitige Leistungsänderung im Sinne des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG dar, so daß sie auch deshalb nicht zur Zahlung herangezogen werden könnten.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Es hielt eine Erledigung der Beweisrüge, mit der die klagende Partei die Feststellung bekämpfte, die Beklagten hätten ihre Haftung nur bezogen auf den Stichtag als Abrechnungszeitpunkt übernommen, trotz Bedenken gegen diese Feststellung für entbehrlich, und meinte in Erledigung der Rechtsrüge: Die Beschränkung der Bürgschaft dergestalt, daß der Bürge nur innerhalb einer bestimmten Zeit in Anspruch genommen werden kann und seine Verpflichtung nach deren Ablauf erloschen ist, könne zwar zufolge § 1353 ABGB vereinbart werden, doch habe das Erstgericht eine solche Beschränkung nicht festgestellt, sondern sei von der Vereinbarung der Haftung der Beklagten als Bürgen und Zahler nach § 1357 ABGB für den der I*** mit Vertrag vom gewährten Kredit bis zu einem Höchstbetrag an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten von 3 Mio S, bezogen auf den Stichtag als Abrechnungszeitpunkt, sowie davon ausgegangen, daß die Haftung weder für Prolongationen dieses Kredites über den hinaus noch für den Höchstbetrag unabhängig von diesem Kreditverhältnis übernommen worden sei. Durch eine solche Beschränkung der Bürgschaft der Beklagten sei es der klagenden Partei aber nicht verwehrt gewesen, der I*** als Kreditnehmerin eine Prolongation des Kredites über den hinaus und eine Ausweitung des Kreditrahmens zu bewilligen. Die Beklagten hafteten als Bürgen für Forderungen aus der Prolongation und Kreditausweitung allerdings nicht. Zum habe der der I*** von der klagenden Partei ursprünglich gewährte Kontokorrentkredit mit S 4,511.070,03 ausgehaftet; die Beklagten hätten für einen Teilbetrag von 3 Mio S gebürgt. Bürge jemand für einen Kredit mit einem Höchstbetrag, bestehe diese Haftung auch dann, wenn ein höherer Betrag kreditiert worden sei. Die Haftung erlösche in diesem Fall nicht schon mit der Rückzahlung des Höchstbetrages, sondern erst, wenn der gesamte Kredit durch den Schuldner abgedeckt worden sei. Die Haftung der Beklagten wäre daher nur durch Abdeckung der gesamten Kreditschuld erloschen; das sei aber nicht geschehen. Die klagende Partei sei nach Punkt 6 der Bürgschaftserklärung berechtigt gewesen, Erlöse aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen der Schuldnerin zunächst auf den nicht verbürgten Teil ihrer Forderung zu verrechnen. Eingänge auf dem Kreditkonto seien daher zunächst auf den "ausgedehnten und prolongierten" Kredit und erst danach auf den ursprünglich gewährten Kredit zu verrechnen gewesen, zumal der Bürge bei einer Kontokorrentverrechnung keineswegs ein Recht darauf habe, daß nur die Gutschriften zur Herabminderung seiner Verpflichtung herangezogen werden, die Lastschriften hingegen unberücksichtigt bleiben. Aus den Kreditkontounterlagen ergebe sich, daß stets ein 1 Mio S übersteigender Kreditbetrag offen war, der sich erst nach Einlösung des von der I*** zur Sicherstellung übergebenen Sparbuches auf S 904.426,40 vermindert habe. § 6 Abs 2 Z 3 KSchG komme den Beklagten nicht zugute, weil sich die klagende Partei nicht die einseitige Änderung ihrer Leistungen vorbehalten habe. Die Beklagten könnten ihre Haftung aber auch nicht deshalb abwenden, weil sie die klagende Partei trotz Erkennbarkeit der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der I*** durch Prolongation und Kreditausweitung sowie durch Heranziehung der Zessionseingänge zur Abdeckung der daraus entstandenen Kreditbeträge geschädigt habe und sie daher ihrer Ansprüche gegen die Bürgen verlustig gegangen sei. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die klagende Partei Eingänge aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen zunächst auf den unverbürgten Teil ihrer Forderung anrechnen konnte. Da die Beklagten Gesellschafter der I*** waren, wäre es ihre Sache gewesen, auf die Rückzahlung des Kredites oder die Unterlassung weiterer Kreditaufnahmen durch die I*** hinzuwirken oder der klagenden Partei deren wirtschaftliche Lage mitzuteilen. Die Beklagten könnten als Gesellschafter der I*** von der klagenden Partei nicht verlangen, daß diese ihre Interessen wahrnehmen und sie vor einer wirtschaftlichen Situation der I***, die sie selbst besser hätten kenenn müssen, warne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der Beklagten sind berechtigt.

Die vom Zweitbeklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen ist jedoch dem von den Beklagten in ihren Revisionsschriften vertretenen Standpunkt, das Gericht zweiter Instanz hätte - ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen - nicht zum Schluß gelangen dürfen, daß sie jedenfalls bis zum Höchstbetrag von 3 Mio S zu bürgen hatten, beizupflichten. Ist der den Vertrag tragende übereinstimmende Parteiwille festgestellt, kommt es nicht mehr auf den Wortlaut der Vertragsurkunden an. Das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß die Haftung nach dem Ergebnis der Vertragsverhandlungen bis zu einem Kredithöchstbetrag von 3 Mio S, bezogen auf den Stichtag (das ursprünglich vereinbarte Ende der Kreditlaufzeit), als "Abrechnungszeitpunkt" gelten und weder für Prolongationen über diesen Stichtag hinaus noch für einen jeweiligen Höchstbetrag von 3 Mio S, "unabhängig von dem im Rahmen dieses Kreditverhältnisses insgesamt zugezählten Kreditbetrag", übernommen werden sollte.

Diese streitentscheidenden Feststellungen können schon wegen der

daraus abgeleiteten rechtlichen Schlußfolgerungen des Erstgerichtes

nur so verstanden werden, daß die Beklagten die Haftung als Bürgen

und Zahler nur für den zum abzurechnenden offenen

Kreditsaldo und auch für diesen nur bis zum Höchstbetrag von 3 Mio S

übernommen haben; demgemäß sollte ihre Haftung erlöschen, sobald der am aushaftende Kreditsaldo abgedeckt war. Für weitere Verbindlichkeiten, die erst nach diesem Stichtag durch Wiederausnützung des bewilligten Kreditrahmens entstanden waren, sollten sie dagegen nicht haften, weil sich ihre Bürgschaft eben nur auf den Kreditsaldo zum beschränkte und nicht auch auf den jeweils zugezählten Kredit bis zum Höchstbetrag von 3 Mio S erstreckte.

Das vom Berufungsgericht zur Stützung seiner stattgebenden Entscheidung ins Treffen geführte Argument, der Bürge könne bei kontokorrentmäßiger Verrechnung keineswegs darauf bestehen, daß nur die Gutschriften zur Herabminderung seiner Verpflichtung herangezogen werden dürften, die Lastschriften hingegen unberücksichtigt bleiben müßten, ist in diesem Zusammenhang nicht verständlich. Dem Entschluß der Beklagten, sich für die Kreditschuld der I*** nur auf ein Jahr zu verbürgen, konnte die Erwägung zugrundegelegen sein, das mit jeder Bürgschaftsverpflichtung verbundene Risiko angesichts des vorhandenen Auftragsstandes der Gesellschaft nur für den vorgesehenen Zeitraum einigermaßen verläßlich abschätzen zu können. Dafür spricht, daß in der Krediturkunde als Verwendungszweck u.a. die Projektvorfinanzierung angegeben wurde, so daß allenfalls nur schon gesicherte Aufträge der Gesellschaft vorfinanziert werden sollten. War aber die Bürgschaft auf einen bestimmten Zeitraum eingeschränkt, so mußte der Kredit zwecks Feststellung der Haftung der Beklagten als Bürgen und Zahler von der klagenden Partei zum an Hand der bis dahin erteilten Gut- und Lastschriften so abgerechnet werden, als ob es in der Folge zu keiner Prolongation (bzw. Aufstockung) des Kreditverhältnisses gekommen wäre. Bei dieser Abrechnung entlasteten die bis zahlungshalber erfolgten Zessionen die Bürgen so weit, als darauf auch nach diesem Zeitpunkt Eingänge erfolgten; dagegen hafteten sie für weitere Kreditzuzählungen nicht mehr. Nach den Feststellungen des Erstrichters war der zum aushaftende Kreditsaldo von S 4,511.070,03 zu diesem Stichtag durch verschiedene an die klagende Partei von der I*** zedierte Forderungen im Gesamtbetrag von S 11,128.102,93 gedeckt, von welchen bis zum Beträge von insgesamt S 3,313.649,72 und bis weitere Beträge von S 5,173.673,77 bei der klagenden Partei eingingen. Selbst wenn man diese Eingänge dem zunächst durch die Bürgschaft nicht gesicherten Teil des Kreditsaldos (soweit er also 3 Mio S überstieg) widmete, weil Teilzahlungen des Hauptschuldners zunächst auf den nicht verbürgten Teil anzurechnen sind (vgl JBl 1987, 112; Gamerith in Rummel, ABGB, § 1353 Rz 2 mwN aus dem Schrifttum), so wäre durch die Zessionseingänge doch der Kreditsaldo zur Gänze getilgt worden. Seinen Feststellungen zufolge hätte das Erstgericht das Klagebegehren demnach zu Recht abgewiesen, weil die Bürgschaften der Beklagten mit der Tilgung des zum Abrechnungszeitpunkt aushaftenden Kreditsaldos erloschen gewesen wären. Dennoch erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif, weil die klagende Partei in ihrer Berufung die Feststellungen des Erstgerichtes über den Inhalt der zwischen den Streitteilen außerhalb der Vertragsurkunden getroffenen Vereinbarungen bekämpft und das Gericht zweiter Instanz diese Beweisrüge im Hinblick auf seine rechtliche Beurteilung nicht erledigt hat.

Selbst wenn das Berufungsgericht jedoch in Erledigung der Beweisrüge zu dem Ergebnis gelangen sollte, ein vom Inhalt der Kredit- und Bürgschaftsurkunden abweichender Parteiwille sei - im Gegensatz zu den erstinstanzlichen Feststellungen - nicht erweislich, wäre die Rechtssache immer noch nicht spruchreif. Die Beklagten haben behauptet, sie hätten keine über die usprünglich vereinbarte Laufzeit und Höhe des Kredites hinausgehende Bürgschaft übernommen und eine solche Übernahme als sittenwidrig bezeichnet. Darin liegt auch die Behauptung, die diese Pflicht begründende Vertragsklausel sei ungültig (vgl WBl 1987, 241).

Obgleich sich die Bürgschaften nach dem maschinschriftlich ergänzten und damit augenfälligen Text der Bürgschaftserklärungen eindeutig auf den gleichzeitig der I*** bis eingeräumten Kredit bis zum Höchstbetrag von 3 Mio S beziehen sollte, findet sich in dem umfangreichen, klein geschriebenen Vordruck - teils zwischen zwei mit Maschinschrift ausgeworfenen Hinweisen auf den Höchstbetrag des zu sichernden Kredits - die Klausel, daß sich die Bürgschaft nicht nur auf den der I*** gleichzeitig gewährten Kredit, sondern auch auf alle weiteren mit der Kreditnehmerin und deren Rechtsnachfolgern abgeschlossenen oder erst künftig abzuschließenden Kredit- oder Darlehensverträge erstrecke (Punkt 1). Durch diese im vorgedruckten langen Text nicht ohne weiteres erkennbare und in ihrer Bedeutung nicht gleich überschaubare Klausel hätten die Beklagten letztlich eine über den Anlaßfall, den vertraglich festgelegten Kredit, weit hinausreichende, völlig unabsehbare Haftung auch für alle künftigen, dem Betrag und den Konditionen nach noch gar nicht näher festgelegten Kreditverhältnisse mit der I*** übernommen. Gemäß § 864 a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen. Als objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel dann zu beurteilen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, so daß er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Einer solchen Klausel muß somit ein Überrumpelungs- oder gar Übertölpelungseffekt innewohnen (WBl 1987, 241 u.a.). Gerade das trifft auf die vorliegenden Bürgschaftserklärungen zu. Obgleich die Beklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde ihre Verpflichtung nur als Sicherung des gleichzeitig begründeten Kreditverhältnisses mit Höchstbetrag und bestimmter überschaubarer Laufzeit ansehen konnten, übernahmen sie nach dem vorgedruckten Text der Urkunde darüber hinaus eine geradezu unbegrenzte Haftung als Bürgen und Zahler. Durch die Einfügung der Klausel über den Umfang der Haftung wie in dem von der klagenden Partei verwendeten Vertragsformblatt wird auch die gesetzliche Schutzvorschrift des § 1346 Abs 2 ABGB, die zur Gültigkeit Schriftlichkeit der Bürgschaftserklärung fordert, und vor leichtfertiger Übernahme solcher Verbindlichkeiten schützen soll (vgl Koziol-Welser, Grundriß8 I 142, 294), entwertet. Die Klausel, auf welche die klagende Partei die Zahlungspflicht der Beklagten stützt, wurde demnach gemäß § 864 a ABGB nicht Vertragsbestandteil, es sei denn, die klagende Partei hätte die Beklagten vor Unterzeichnung der Bürgschaftserklärungen auf sie besonders hingewiesen. Hiezu fehlt jedwedes Vorbringen und Beweisanbot. Da die Parteien, die diese Frage bisher erkennbar nicht beachtet haben, mit dieser Rechtsansicht überrascht werden, wird, wenn die erstgerichtlichen Feststellungen nicht übernommen werden, die Frage, ob und inwieweit die klagende Partei die Beklagten auf diese Haftungsklausel besonders hingewiesen hat, im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben sein, entsprechendes Vorbringen zu erstatten und geeignete Beweise anzubieten.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.