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OGH vom 10.12.1987, 6Ob724/87

OGH vom 10.12.1987, 6Ob724/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Eheangelegenheit der vormaligen Ehegatten Ursula H***, im Haushalt, Klagenfurt, Sandgasse 16, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, und Friedrich Wilhelm H***, Schlangenspezialist, Klagenfurt, Villacher Straße 237, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Dr. Wilhelm Dieter Eckhart und Dr. Gerhard Gratzer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen nachehelicher Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses der geschiedenen Ehefrau gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom , GZ 1 R 400/87-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom , GZ 2 F 9/87-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die Ehefrau ist schuldig, dem Ehemann an Kosten des Revisionsrekursverfahrens einen Betrag von S 12.000,-- binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Mann wurde im Juni 1920, die Frau im September 1942 geboren. Sie schlossen am (dem 20. Geburtstag der Frau) die Ehe. Seit Ende August 1980 lebten die beiden voneinander getrennt. Mit Urteil vom wurde die Ehe unter Ausspruch des alleinigen Zerrüttungsverschuldens des Mannes gemäß § 55 EheG geschieden.

Am langte der ausdrücklich an die

familienrechtliche Abteilung adressierte Antrag der geschiedenen

Ehefrau bei Gericht ein, der den Antragsgegenstand im sogenannten

Rubrum als "Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens"

bezeichnete. Das Antragsbegehren lautete wörtlich: "Das eheliche

Gebrauchsvermögen der Eheleute..... wird in der Weise aufgeteilt,

daß der Ehemann.... zur Abgeltung des in der Zeit zwischen dem

und von der

Ehefrau..... geleisteten ehelichen Beistandes verpflichtet wird, der

Antragstellerin.... den Betrag von S 4,000.000,-- zu bezahlen." Zur

Begründung dieses Zahlungsbegehrens führte die geschiedene Ehefrau aus, sie habe während der rund acht Jahre aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft neben der Führung des ehelichen Haushaltes durch ihre Mitarbeit, insbesondere in Form der Tierpflege, Instandhaltung der Terrarien, Hilfe bei der Vortragstätigkeit des Ehemannes, der Buchhaltung und der alleinigen Führung des Schriftverkehrs ihren ehelichen Beitrag geleistet, wobei die finanziellen Mittel für den Ausbau der (seit 1976) ortsfesten Tierschau, aus deren Erträgnissen die gemeinsame Lebensführung hätte finanziert werden sollen, nicht zuletzt durch weitgehende Beschränkung der Aufwendungen für die eheliche Lebensführung und die persönlichen Bedürfnisse aufgebracht worden seien. Der Wert der Tierschau betrage derzeit rund S 12 Mio., für die Zeit der Aufhebung der gemeinsamen Lebensführung im Jahre 1980 sei dieser Wert mit etwa S 10 Mio. anzusetzen. Die geschiedene Ehefrau bewertete ihren Anteil an den ehelichen Beitragsleistungen mit S 4 Mio. "Andere" Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens seien nicht vorhanden; deshalb begehre sie eine ihrer ehelichen Beistandsleistung entsprechende Geldzahlung. In ihrem Rekurs gegen die abweisliche Entscheidung erster Instanz stellte die geschiedene Frau ausdrücklich klar, daß sie keine Aufteilung der dem Zoo gewidmeten Sachen, sondern eine "Abgeltung der Leistung des ehelichen Beistandes" begehre, welcher Anspruch ungeachtet der Regelung nach § 1486 a ABGB im Sinne des § 1481 ABGB nicht verjährt sein könnte. Überdies machte die geschiedene Ehefrau in ihrem Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung geltend, daß durch den Aufbau und Ausbau der Reptilientierschau Werte geschaffen worden seien, die ihrer Ansicht nach ohne Zweifel im Sinne des § 81 Abs 3 EheG als Schaffung von Ersparnissen beurteilt werden müßten. Im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß formulierte die Rechtsmittelwerberin ihren Abänderungsantrag auf Zuspruch eines "den Beweisergebnissen entsprechenden Betrages an die Antragstellerin im Sinne der §§ 89 uff EheG". In ihrem Revisionsrekurs legte die Rechtsmittelwerberin dar, daß sie niemals der Tierschau gewidmete Sachen gefordert habe, sondern mangels eines der ehelichen Aufteilung zugänglichen ehelichen Gebrauchsvermögens eine angemessene Entschädigung für ihre Mitwirkung am Erwerb des Mannes, die zu erheblichen Wertschöpfungen geführt habe, zu erlangen trachte. In diesem Sinn will sie die vom geschiedenen Mann begehrte Zahlung als "Ausgleichszahlung" verstanden wissen und die von ihr behauptete Wertschöpfung als eheliche Ersparnisse. Andererseits stützte sich die Rechtsmittelwerberin noch in ihrem Revisionsrekurs darauf, daß § 98 ABGB einen Anspruch auf Abgeltung einer Mitwirkung begründe, wie sie sie erbracht habe. Dazu führte die Rechtsmittelwerberin aus, es stünde außer Zweifel, daß (über ihre wertschöpfende Tätigkeit) kein Vertragsverhältnis bestanden habe; sie strebe weder eine Unternehmensbeteiligung noch einen Gewinnanteil an. Das in ihrem Revisionsrekurs formulierte Begehren ist auf "Zuerkennung eines angemessenen Ausgleichsbetrages aus den ehelichen Ersparnissen" gerichtet.

Der geschiedene Ehemann wendete im wesentlichen ein, er habe bereits zu Beginn der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Tierschau, allerdings ohne festen Standort, betrieben. Seine Ehefrau sei für ihre Mitarbeit in diesem seinem Unternehmen teils dienstvertraglich entlohnt und darüber hinaus im Rahmen der Privatentnahmen reichlich abgegolten worden. Ein auf § 98 ABGB gestützter Abgeltungsanspruch wäre gemäß § 1486 a ABGB verjährt. Die der Tierschau gewidmeten Sachen seien keine Wertanlage im Sinne der Legaldefinition des § 81 Abs 3 EheG, auf alle Fälle unterlägen sie der Ausnahmebestimmung nach dem § 82 Abs 1 Z 3 EheG. Soweit aber die geschiedene Ehefrau Vertragsregelungen (gedacht war dabei offensichtlich an solche einer schlüssig zustandegekommenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts) zur Anspruchsgrundlage erhöbe, läge Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges vor. Das Erstgericht wies das Antragsbegehren ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Die geschiedene Ehefrau ficht die bestätigende Rekursentscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem bereits erwähnten Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Der geschiedene Ehemann strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin begehrte von ihrem geschiedenen Ehemann S 4 Mio. Sie verfolgt dieses Begehren im außerstreitigen Verfahren nach den §§ 229 ff AußStrG. Als anspruchsbegründende Tatsachen brachte sie vor, neben der Haushaltsführung die selbständige Erwerbstätigkeit ihres Ehemannes durch manuelle und organisatorische Tätigkeiten in einer Weise unterstützt zu haben, die zu einer wesentlichen Wertsteigerung des vom Ehemann geführten Reptilienzoos geführt habe. Ein gesellschaftsrechtliches oder sonstiges Vertragsverhältnis in Ansehung des Betriebes der Tierschau will sie nach ihrem ausdrücklich erklärten Rechtsstandpunkt selbst nicht angenommen wissen. Für die Verfolgung von Ansprüchen aus einem derartigen Rechtsverhältnis stünde der außerstreitige Rechtsweg nicht offen.

Zwischen dem formell geltend gemachten Rechtsgrund der nachehelichen Aufteilung ehelicher Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG und dem der Sache nach angesprochenen Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB schwankt die von der geschiedenen Ehefrau dargelegte rechtliche Ableitung infolge Vermengung einzelner Elemente der jeweiligen Anspruchsgrundlagen.

Zu dem im Rechtsmittelantrag hervorgehobenen Rechtsgrund nach den §§ 81 ff EheG ist die zutreffende Begründung der Vorinstanzen zu den in Rede stehenden Vermögenswerten in folgender Weise zusammenzufassen:

Zur öffentlichen Schaustellung gehaltene Reptilien sind kein eheliches Gebrauchsvermögen. Auch als Sammlung wertvoller Stücke sind sie keine Wertanlage, die üblicher Weise für eine Verwertung bestimmt ist. Eine gegen Entgelt zu besichtigende Tierschau ist mit allen ihrem Betrieb gewidmeten Sachen an lebendem und totem Inventar, unbeweglichem und beweglichem Anlagevermögen, Rechten und Interessen eine organisierte Erwerbsgelegenheit, die als Unternehmen im Sinne des § 82 Abs 1 Z 3 EheG bei der nachehelichen Aufteilung zur Gänze aus der Aufteilungsmasse ausscheidet. Ein Unternehmen ist nach richtigem Verständnis der zitierten Gesetzesstelle nicht nur in Ansehung seiner einzelnen realen Bestandteile, sondern auch in Ansehung seines Wertes jeder Aufteilungsanordnung entzogen. Darin liegt eine bewußte Ungleichbehandlung von Wertschöpfungen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, die aber sachlich hinreichend motiviert und auch insofern nicht als unbillig zu erkennen ist, als es den Ehegatten freisteht, schon während ihrer gemeinsamen Lebensführung die ihnen angemessen erscheinenden vertraglichen Regelungen zugunsten des Teiles zu treffen, der nicht Unternehmer ist. Was aber Wertschöpfungen in der Zeit vor dem Inkrafttreten des EheRÄndG, BGBl. 1978 Nr. 280 () anlangt, ist zu entgegnen, daß erst durch die neu geschaffenen Bestimmungen über die Aufteilung ehelicher Ersparnisse eine diesbezügliche Grundlage für vermögensrechtliche Ansprüche geschaffen worden ist.

Eine Werterhöhung, die das einem geschiedenen Ehegatten gehörende Unternehmen während der ehelichen Lebensgemeinschaft mit oder ohne Mitwirkung des anderen Ehegatten erfahren hat, ist für sich allein keine taugliche Grundlage für einen Zahlungsanspruch des anderen geschiedenen Ehegatten. Der Oberste Gerichtshof sieht sich durch die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin nicht bestimmt, von seiner diesbezüglichen Auslegung des § 82 Abs 1 Z 3 EheG (SZ 57/19; EvBl 1985/121 u.v.a.) abzugehen.

Ein Abgeltungsanspruch nach dem § 98 ABGB unterliegt der kurzen Verjährung nach dem § 1486 a ABGB, die ausdrücklich von der Hemmung nach dem ersten Satz des § 1495 ABGB ausgenommen ist. Der Gesetzgeber hat den von ihm besonders geregelten vermögensrechtlichen Anspruch als einen solchen normiert, der ganz bestimmten Verjährungsregelungen unterworfen ist. Daher ist es mit den Denkgesetzen unvereinbar, den Abgeltungsanspruch nach dem § 98 ABGB der Bestimmung über die Unverjährbarkeit familienrechtlicher Ansprüche nach dem § 1481 ABGB unterwerfen zu wollen.

Der Versuch der Rechtsmittelwerberin, durch Verquickung von Elementen eines (bereits verjährten) Abgeltungsanspruches nach dem § 98 ABGB und von Elementen eines Aufteilungsanspruches nach den §§ 81 ff EheG (allerdings in Ansehung eines nicht in die Aufteilungsmasse fallenden Vermögensteiles) einen Wertausgleichsanspruch zu konstruieren, muß an den normierten Voraussetzungen der beiden gesetzlichen Ansprüche scheitern. Die beiden Ansprüche sind ungeachtet ihrer gemeinsamen Wurzeln in der partnerschaftlichen Gemeinschaft der Ehegatten und der danach in ähnlicher Weise gebotenen Bedachtnahme auf die gesamten Lebensverhältnisse beider Ehegatten ihrem Wesen nach insoweit artverschieden, als Grundlage des Abgeltungsanspruches nach dem § 98 ABGB eine dem Erwerb des anderen Ehegatten fördernde Tätigkeit in einer Zeiteinheit dient, als Grundlage des Aufteilungsanspruches nach den §§ 81 ff ABGB aber das Vorhandensein eines näher qualifizierten Vermögens (von positivem oder negativem Wert) in einem bestimmten Zeitpunkt heranzuziehen ist. Für den Abgeltungsanspruch ist der erzielte Erfolg der Mitwirkung ein bei der Ausmittlung billigerweise zu veranschlagender Umstand. Für den Aufteilungsanspruch ist andererseits das Ausmaß der (nicht besonders abgegoltenen) Mitwirkung an der Vermögensbildung ebenfalls ein bestimmender Umstand. Die beiden Ansprüche, sind daher in derselben Verfahrensart zu verfolgen, sie haben aber unterschiedlichen Inhalt und unterschiedliche Voraussetzungen.

Was die Rechtsmittelwerberin als unbillig empfindet, ist der Sache nach der Umstand, daß in Zeiten ehelichen Einvernehmens die Möglichkeit einer Ehescheidung und ihrer vermögensrechtlichen Auswirkungen vielfach nicht bedacht werde oder doch ausdrückliche Regelungen gescheut zu werden pflegen, in einem solchen keineswegs als untypisch anzusehenden Fall aber der Ehegatte, in dessen Unternehmen sich die Ergebnisse gemeinschaftlicher Anstrengungen beider Ehepartner werterhöhend ausgewirkt haben, einseitig begünstigt erscheint. Diese Folge ist aber als eine vom Gesetzgeber bewußt in Kauf genommene Konsequenz zu erkennen, die der Rechtsanwender nicht zu korrigieren befugt ist.

Dem Revisionsrekurs war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG, wobei auf die unterschiedlichen Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und den Umstand Bedacht zu nehmen war, daß der eheliche Zugewinn praktisch ausschließlich in das dem Ehemann verbliebene Unternehmen geflossen ist, andererseits aber auch darauf, daß die Anspruchsverfolgung der geschiedenen Ehefrau einer als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung zuwiderläuft, ohne daß neue, einer kritischen Beurteilung würdige Argumente vorgebracht worden wären.