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OGH vom 11.12.2013, 7Ob50/13y

OGH vom 11.12.2013, 7Ob50/13y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI M***** M*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen die beklagte Partei D.***** AG, *****, vertreten durch Themmer, Toth Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 146/12w 15, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 27 Cg 220/10y 11, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 504,14 EUR (darin 84,02 EUR USt) bestimmten Revisionsbeantwortungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im April 2003 schloss der Kläger beim beklagten Rechtsschutzversicherer eine „Privat-Rechtsschutz Kompakt“ Versicherung ab. Darin war unter anderem auch der Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete (GMRS) enthalten. Im Original des Versicherungsantrags war angekreuzt, dass der Versicherungsschutz „ mit Selbstbehalt (SRB 013) von 10 % der Schadensleistung, mindestens 0,3 % der Versicherungssumme “, beantragt wird, wobei „ der Selbstbehalt entfällt, wenn ein vom Versicherer vorgeschlagener Anwalt tätig wird “. Am stellte der Kläger einen weiteren Versicherungsantrag an die Beklagte unter anderem mit der Erklärung, dass in den im GMRS versicherten Risken jetzt auch GMRS für Eigentümer (bzw Mieter) als Vermieter (bzw Untervermieter) der Adresse … enthalten sei. Festgehalten wurde als Versicherungsbeginn der , die ab diesem Zeitpunkt neu berechnete Prämie von 713,07 EUR sowie der Umstand, dass der in der ursprünglichen Polizze angekreuzte Selbstbehalt von 10 % der Schadensleistung, mindestens 0,3 % der Versicherungssumme, bei einem D.***** Anwalt entfalle.

Am beantragten die Mieter einer Wohnung des Klägers bei der zuständigen Schlichtungsstelle die Überprüfung des vereinbarten Mietzinses und die Zurückzahlung dann festgestellter Überschreitungsbeträge. Der Kläger beauftragte den Klagevertreter, ihn im Gerichtsverfahren zu vertreten. Dieser wandte sich am schriftlich an die Beklagte und ersuchte um Rechtsschutzdeckung. Mit Schreiben vom erklärte die Beklagte, dass das Mieterrisiko betreffend dieses Wohnobjekts erst seit unter Versicherungsschutz stehe und die vereinbarte dreimonatige Wartezeit bei Eintritt des Versicherungsfalls noch nicht verstrichen gewesen sei.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm die Beklagte für das konkret bezeichnete Gerichtsverfahren „ ohne Selbstbehalt “ Rechtsschutzdeckung bis zur Höhe der Versicherungssumme ( 55.100 EUR ) zu gewähren habe.

Die Beklagte hält dem im Revisionsverfahren nur noch entgegen, ein Selbstbehalt von 10 % sei zulässig. Die Frage des „Rechtsvertreterwahlrechts“ dürfe nicht mit jener des Umfangs der gedeckten Kosten vermengt werden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht erachtete die Berufung des Klägers für „weitgehend berechtigt“ und änderte das Ersturteil insoweit im klagsstattgebenden Sinn ab, dass nur noch das Mehrbegehren auf Rechtsschutzdeckung „ohne Selbstbehalt des Klägers“ abgewiesen wurde.

Rechtlich führte es aus, dass die Entscheidung 7 Ob 32/02k, die die Vereinbarung eines (allerdings 20%igen) Selbstbehalts in Allgemeinen Versicherungsbedingungen betreffe, zum Ergebnis komme, dass diese Regelung wegen des dabei ausgeübten psychologischen Zwangs (von der in § 158k VersVG angeordneten freien Vertreterwahl abzusehen) unzulässig und daher unbeachtlich sei. Hier sei durch Ankreuzen im Antrag ausdrücklich ein Versicherungsschutz mit Selbstbehalt beantragt worden, der dann entfalle, wenn ein vom Versicherer vorgeschlagener Anwalt tätig werde. Die Versicherungspolizze, in der auf die Selbstbehaltsklausel 013 hingewiesen werde, weiche nicht vom Versicherungsantrag des Klägers ab und sei daher verbindlich. Die Vereinbarung eines hier nicht unangemessenen Selbstbehalts für den Fall der Ausübung des Rechts auf freie Anwaltswahl, die wohl auch einen Einfluss auf die Prämienhöhe gehabt haben werde, sei trotz der Regelung des § 158k VersVG zulässig. Dem Klagebegehren sei daher (als Minus) stattzugeben. Soweit der Kläger darüber hinaus begehre, festzustellen, dass er auch keinen Selbstbehalt zu zahlen habe, sei die Klage abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, die Revision sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, änderte diesen Ausspruch aber mit Beschluss vom auf Antrag des Klägers gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass es die ordentliche Revision mit folgender Begründung doch für zulässig erklärte:

In der Zulassungsvorstellung werde thematisiert, ob die Vereinbarung eines Selbstbehalts von 10 % der Schadensleistung gegen die (nach § 158p VersVG zugunsten des Versicherungsnehmers zwingende) Regelung des § 158k VersVG insbesondere bei richtlinienkonformer Auslegung dieser Bestimmung verstoßen habe. In der Entscheidung 7 Ob 32/02k sei die Beantwortung dieser Frage für den „Normalfall“ (in dem wie hier keine Interessenkollision zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer vorliege) offen gelassen und bloß ausgesprochen worden, dass ein Selbstbehalt von (dort) 20 % die sachlich gerechtfertigte Grenze überschreite, sodass er weder gesetzes- noch richtlinienkonform sei. Weitere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zur Zulässigkeit des Selbstbehalts in der Rechtsschutzversicherung „trotz des Rechts“ auf freie Vertreterwahl nach § 158k Abs 1 VersVG lägen nicht vor. Die Rechtsfrage, ob auch dann, wenn kein Interessenkonflikt zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer bestehe, für den Fall der Ausübung des Rechts der freien Anwaltswahl ein Selbstbehalt (hier 10 %) vereinbart werden dürfe, sei daher erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO; solche Klauseln würden nämlich von Rechtsschutzversicherern offenbar häufig vereinbart.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers (erkennbar) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer „vollen Klagsstattgabe“ abzuändern.

In der Revisionsbeantwortung der Beklagten wird beantragt, die Revision des Klägers zurück- bzw abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts, soweit es dem Klagebegehren stattgab, unbekämpft blieb. Revisionsgegenstand ist daher nur noch die bestätigte (vom Kläger erfolglos bekämpfte) Abweisung des darüber hinausgehenden (Mehr-)Begehrens, festzustellen, dass die Rechtsschutzdeckung von der Beklagten ohne Selbstbehalt des Klägers gewährt werden müsse.

Die Revision geht wie auch die diesbezügliche Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts davon aus, es lägen zur Frage, ob die zu 7 Ob 32/02k angestellten Erwägungen zum gesetz- und gemeinschaftsrechtswidrigen Selbstbehalt von 20 % auch für einen solchen von 10 % (oder darunter) gelten, noch keine Entscheidungen vor. Gleichzeitig meint der Revisionswerber aber zu erkennen, dass die „weitere Judikaturentwicklung“ für die freie Anwaltswahl und „gegen jeden Selbstbehalt“ spreche. Er beruft sich auf RIS Justiz RS0123513 („Massenschadensklausel“), 7 Ob 197/09k und die Rechtssache C 293/10 ( Stark/D.A.S. ) zum „Ortstarif“, wonach die Ausnahmen vom Recht auf freie Anwaltswahl durch Art 5 der RechtsschutzversicherungsRL 87/344/EWG und deren Umsetzung in § 158 Abs 2 VersVG eng auszulegen seien, um dieses Recht nicht „auszuhöhlen“. Er regt ein Vorabentscheidungsersuchen folgenden Inhalts an: „Stehen Art 4 und 5 der RechtsschutzversicherungsRL und Art 6 Abs 3c MRK einer Bestimmung oder Auslegung entgegen, die einen Selbstbehalt bei freier Anwaltswahl des Versicherungsnehmers zulässt oder einen Verzicht darauf des Rechtsschutzversicherers, wenn der Versicherungsnehmer ihm dafür die Wahl des Rechtsvertreters überlässt? Wenn nein, bis zu welcher Höhe ist ein derartiger Selbstbehalt zulässig?“.

Die Revisionsbeantwortung hebt demgegenüber hervor, dass dem Kläger, der seine Vermieterinteressen im Rahmen des Rechtsschutzbereichs Grundstückseigentum und Miete durch den frei gewählten Klagevertreter wahrgenommen habe, das Recht auf freie Anwaltswahl nie „abgesprochen“ worden sei. Die Beklagte beruft sich ebenfalls auf die Vorabentscheidung des EuGH in der Rechtssache C-293/10 ( Stark/D.A.S. ) zum „Loco-Tarif“ und die Entscheidung 7 Ob 197/09k. Damit habe der Oberste Gerichtshof das genannte Erkenntnis des EuGH vorweggenommen und klargestellt, dass die Frage des Rechtsvertreterwahlrechts nicht mit jener der Beschränkung des Umfangs der gedeckten Kosten (bei prinzipiell gewahrter freier Anwaltswahl) vermengt werden dürfe. Die Beklagte habe das vorliegende, nunmehr bezeichnenderweise in einem Individualprozess bekämpfte „10 %-Selbstbehaltsmodell“ mit dem Verein für Konsumenteninformation „entwickelt“ (am veröffentlichter Vergleich vom , 34 Cg 109/03s des Handelsgerichts Wien bzgl der Klausel „SRW 013 Selbstbehalt“). Demgegenüber sei zu 7 Ob 32/02k ein von einem Mehrspartenversicherer (der zugleich Rechtsschutzversicherer des dortigen Klägers war) verlangter 20%iger Selbstbehalt auf Grund der Größe des angebotenen Vorteils als „psychologischer Zwang“ eingestuft worden, der das freie Rechtsvertreterwahlrecht gemäß § 158k VersVG unterlaufe. Beim vorliegenden Selbstbehalt gebe es hingegen gar keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger einem psychologischen Zwang unterlegen oder in seinem freien Anwaltswahlrecht beeinträchtigt worden wäre. Der Kläger habe nicht nur das Wahlrecht zwischen einem Tarifmodell mit Selbstbehalt und einem teureren Versicherungsmodell ohne Selbstbehalt gehabt, sondern sich auch noch im jeweiligen Einzelfall entscheiden können, ob er einen frei gewählten Rechtsanwalt beauftragen wolle. Der Selbstbehalt betrage 10 % der Schadensleistung, mindestens aber 0,3 % der Versicherungssumme, also (wie der Kläger selbst ausführe) 165 EUR, was „wohl nicht“ zu beanstanden sei. Unstrittig sei, dass der Kläger seit dem Jahr 2003 mit rabattierter, einzeln ausgehandelter Versicherungsprämie des (günstigeren) Tarifmodells und einem Selbstbehalt von 10 % rechtsschutzversichert sei. Er habe also beginnend mit dem Vertragsabschluss im Jahr 2003 sieben Jahre lang den aus der Selbstbehaltsregelung resultierenden Vorteil einer niedrigeren Prämie lukriert, bevor es zum hier strittigen Schadensfall gekommen sei. Der Kläger habe unter Berücksichtigung der Rabatte und eines 10%igen Selbstbehalts eine Jahresprämie von 407,18 EUR bezahlt, wobei neben typischen Konsumenteninteressen auch die Rechtsschutzbereiche Grundstückseigentum und Miete sowie das Vermieterrisiko zu dieser Prämie versichert worden seien. Sollte ein 10%iger Selbstbehalt (dennoch) für unzulässig erachtet werden, müssten die Prämien für alle Versicherungsnehmer angehoben werden. Dies erkläre, weshalb Verbraucherschutzorganisationen den sachlich begründeten und nachvollziehbaren Selbstbehalt von 10 % nicht beanstandeten.

Dazu ist auszuführen: Grassl-Palten (Rechtsschutzversicherung: Darf die freie Anwaltswahl etwas kosten?, RdW 2002/586, 646 ff) pflichtet der im Rechtsmittel und in der Zulassungsbegründung zitierten Entscheidung 7 Ob 32/02k im Ergebnis, nämlich dahin bei, dass es nicht angehe, den Selbstbehalt wie im Anlassfall „starr und ungestaffelt“, und dazu noch für einen Verbraucher in Höhe von 20 % zu fixieren.

In der in einer Amtshaftungssache ergangenen Entscheidung 1 Ob 30/12m wird festgehalten, dass zu 7 Ob 32/02k (lediglich) ausgesprochen worden sei, bei einem Selbstbehalt von 20 % bestehe die Gefahr, dass der von § 158k VersVG intendierte Schutz des Versicherungsnehmers durch freie Vertreterwahl unterlaufen werde. Die Instanzen im Anlassverfahren zu 1 Ob 30/12m hätten sich mit dieser (Vor-)Entscheidung zum Selbstbehalt in der Rechtsschutzversicherung im Spannungsverhältnis zur freien Vertreterwahl nach § 158k Abs 1 VersVG ausführlich auseinandergesetzt, ihre abweichende Ansicht mit Unterschieden im Sachverhalt begründet und sich auch auf eine Lehrmeinung berufen, sodass auch ihre (von 7 Ob 32/02k abweichende) Rechtsansicht als vertretbar nicht zu beanstanden sei.

In der Entscheidung 7 Ob 197/09k wies der Oberste Gerichtshof unter anderem ein Mehrbegehren, die Rechtsschutzdeckung „ ohne Beschränkung auf die Tarife eines im Sinn des § 158k VersVG ortsansässigen Rechtsanwalts und [...] zu gewähren“, ab.

D as Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C 293/10 ( Stark/D.A.S. ) geht von folgendem rechtlichen Rahmen aus:

Unionsrecht:

Der 11. Erwägungsgrund der Richtlinie lautet:

„ Das Interesse des Rechtsschutzversicherten setzt voraus, dass Letzterer selbst seinen Rechtsanwalt oder eine andere Person wählen kann, die die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Rahmen von Gerichts- und Verwaltungsverfahren anerkannten Qualifikationen besitzt, und zwar immer, wenn es zu einer Interessenkollision kommt. “

Art 1 der Richtlinie bestimmt:

„ Die vorliegende Richtlinie bezweckt die Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften über die Rechtsschutzversicherung ...; damit soll die tatsächliche Ausübung der Niederlassungsfreiheit erleichtert und eine Interessenkollision weitestmöglich ausgeschaltet werden, die insbesondere entstehen können, wenn bei demselben Versicherer ein anderer Versicherer versichert ist oder wenn der Versicherer den Rechtsschutzversicherten gleichzeitig für andere ... Versicherungszweige versichert hat; falls eine solche Interessenkollision dennoch auftritt, soll deren Behebung ermöglicht werden. “

Art 2 Abs 1 der Richtlinie lautet:

„ Diese Richtlinie gilt für die Rechtsschutzversicherung. Diese besteht darin, dass gegen Zahlung einer Prämie die Verpflichtung eingegangen wird, die Kosten des Gerichtsverfahrens zu übernehmen und andere sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Leistungen zu erbringen, insbesondere um

dem Versicherten den Schaden auf außergerichtlichem Wege oder durch ein Zivil- oder Strafverfahren zu ersetzen,

den Versicherten in einem Zivil , Straf , Verwaltungs oder anderen Verfahren oder im Fall einer gegen ihn gerichteten Forderung zu verteidigen oder zu vertreten. “

Art 4 Abs 1 der Richtlinie bestimmt:

„ In jedem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ist ausdrücklich anzuerkennen, dass

a) wenn ein Rechtsanwalt oder eine sonstige nach dem nationalen Recht entsprechend qualifizierte Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts oder Verwaltungsverfahren den Versicherten zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts oder der sonstigen Person freisteht ;

b) der Versicherte einen Rechtsanwalt oder, wenn er es vorzieht, und soweit das nationale Recht dies zulässt, eine andere entsprechend qualifizierte Person frei wählen kann, die seine Interessen vertritt, wenn eine Interessenkollision entsteht. “

Nationales Recht:

Der österreichische Gesetzgeber hat Art 4 der Richtlinie durch § 158k VersVG umgesetzt, indem es heißt:

„ (1) Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in einem Gerichts oder Verwaltungsverfahren eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person frei zu wählen . Darüber hinaus kann der Versicherungsnehmer zur sonstigen Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen einen Rechtsanwalt frei wählen , wenn beim Versicherer eine Interessenkollision entstanden ist.

(2) Im Versicherungsvertrag kann vereinbart werden, dass der Versicherungsnehmer zu seiner Vertretung in einem Gerichts oder Verwaltungsverfahren nur solche zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen wählen darf , die ihren Kanzleisitz am Ort der Gerichts oder Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist. Für den Fall, dass an diesem Ort nicht mindestens vier solcher Personen ihren Kanzleisitz haben, muss sich das Wahlrecht auf Personen im Sprengel desjenigen Gerichtshofs erster Instanz erstrecken, in dem sich die genannte Behörde befindet. “

Auf dieser Grundlage gelangte der EuGH in der Rechtssache C 293/10 ( Stark/D.A.S. ) nicht nur zum Ergebnis, dass Art 4 Abs 1 der Richtlinie der nationalen Bestimmung des § 158k Abs 2 VersVG nicht entgegensteht, soweit (zur Vermeidung einer Aushöhlung des Rechts des Versicherungsnehmers die mit seiner Vertretung beauftragte Person frei zu wählen) die Beschränkung nur den Umstand betrifft, in dem der Rechtsschutzversicherer die mit dem Tätigwerden eines Vertreters verbundenen Kosten deckt, und die von diesem Versicherer „tatsächlich gezahlte Entschädigung ausreicht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist“; es wurden vielmehr auch noch folgende auch im vorliegenden Fall maßgebende Klarstellungen vorgenommen (EuGH C 293/10 Rn 31 bis 33) :

„ 31 In den Randnrn. 65 und 66 des Urteils Eschig hat der Gerichtshof [...] festgestellt, dass die Richtlinie 87/344 keine vollständige Harmonisierung der auf die Rechtsschutzversicherungsverträge anwendbaren Vorschriften bezweckt und dass es den Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts daher freisteht, diese Vorschriften festzulegen, soweit dies unter Beachtung des Unionsrechts, insbesondere des Art. 4 der Richtlinie 87/344, geschieht.

32 So ist die Frage des Umfangs der Deckung der mit dem Tätigwerden eines Vertreters verbundenen Kosten , um die es im Ausgangsverfahren geht, in der Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt. Weder die Vorschriften noch die Erwägungsgründe der Richtlinie lassen nämlich den Schluss zu, dass die Bestimmung des Betrags , den der Rechtsschutzversicherer zur Deckung der Kosten gewähren muss, die der mit der Vertretung des Versicherungsnehmers beauftragten Person entstanden sind, in der Richtlinie geregelt ist.

33 Die Wahlfreiheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 bedeutet mithin nicht , dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, Versicherern unter allen Umständen die vollständige Deckung der im Rahmen der Vertretung eines Versicherungsnehmers entstandenen Kosten unabhängig davon vorzuschreiben, wo im Verhältnis zum Sitz des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde, die in erster Instanz für den Rechtsstreit zuständig sind, die berufsmäßig zur Vertretung des Betreffenden befugte Person ansässig ist, sofern diese Freiheit nicht ausgehöhlt wird. Dies wäre der Fall, wenn die Beschränkung der Übernahme dieser Kosten eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer faktisch unmöglich machen würde. Jedenfalls ist es Sache der eventuell mit dieser Frage befassten nationalen Gerichte, zu prüfen, ob eine derartige Beschränkung vorliegt . “

Diese ohne Einholung einer Vorabentscheidung vorzunehmende Prüfung ergibt im vorliegenden Fall, dass von einem „Aushöhlen“ der Wahlfreiheit, im Sinn einer Beschränkung der Kostenübernahme, die eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer „faktisch unmöglich“ machen würde, keine Rede sein kann. Anders als in dem zu 7 Ob 32/02k entschiedenen Fall des 20%igen Selbstbehalts eines Mehrspartenversicherers (der auch Rechtsschutzversicherer des dortigen Klägers war und wo der Selbstbehalt auf Grund der Größe des angebotenen Vorteils sozusagen als „psychologischer Zwang“ eingestuft wurde, der mit der Gefahr verbunden war, das freie Rechtsvertreterwahlrecht gemäß § 158k VersVG zu unterlaufen [RIS-Justiz RS0116718]), fehlen bei dem (im Rechtsschutzbaustein Vermieter-Rechtsschutz pro Schadenfall festgelegten) Selbstbehalt von 10 % der Schadensleistung, mindestens 0,3 % der Versicherungssumme wie die Beklagte zutreffend aufzeigt Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einem solchen Zwang unterlegen oder sonst im Sinn der eben zitierten Vorabentscheidung des EuGH in seinem freien Anwaltswahlrecht beeinträchtigt worden wäre.

Da die Beurteilung des Berufungsgerichts somit keinen Bedenken begegnet, ist der Revision des Klägers ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00050.13Y.1211.000