OGH vom 16.07.2002, 4Ob59/02h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Wilfried B*****, 2. Hannelore B*****, beide *****, 3. Oskar R*****, 4. Margit R*****, beide *****, alle vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Gemeinde F*****, vertreten durch Dr. Harald Bösch, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 191,85 EUR sA und Feststellung (Streitwert 14.534,57 EUR), im Verfahren über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 339/01f-43, mit dem infolge Berufung der Kläger Punkt 2 des Urteils des Bezirksgerichts Bregenz vom , GZ 4 C 1664/99m-36, bestätigt wurde, über den Ergänzungsantrag der Kläger den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschluss vom , 4 Ob 59/02h, wird wie folgt ergänzt:
"Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 2.114,58 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens über das Zahlungsbegehren (darin 205,76 EUR USt und 880,04 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Beklagte hat ihre Äußerungskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Kläger begehrten in der Klage die Rückzahlung von 2.640 S, die sie an die beklagte Gemeinde als Entgelt für die Benützung einer Grundfläche in einer Ferienhaussiedlung entrichtet hatten; in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom stellten sie den Antrag, zu ihren Gunsten festzustellen, dass das - im Begehren näher bezeichnete - Pachtverhältnis dem Kleingartengesetz unterliegt.
Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren statt und wies das Feststellungsbegehren ab; es trug den Klägern auf, der Beklagten Kosten von 37.705,16 S zu ersetzen. Für die Kostenentscheidung sei § 43 ZPO maßgebend; die bis zur Streitverhandlung vom im Verfahren über das bis dahin allein streitgegenständliche Zahlungsbegehren anerlaufenen Kosten seien den danach erwachsenen Kosten gegenüberzustellen. Da die Kläger mit dem Zahlungsbegehren zur Gänze durchgedrungen, mit dem wesentlich höher bewerteten Feststellungsbegehren aber unterlegen waren, seien die Kläger zum Ersatz der nach Abzug der ihnen zustehenden Kosten verbleibenden Kosten zu verpflichten.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, mit Ausnahme einer hier nicht interessierenden Änderung des Zinsenzuspruchs. Mit Beschluss vom , 4 Ob 59/02h, hob der erkennende Senat die Urteile der Vorinstanzen über den Zwischenantrag auf Feststellung auf und wies den Zwischenantrag zurück. Die Kosten des über den Zwischenantrag durchgeführten Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Begründet wurde die Kostenaufhebung damit, dass die Durchführung des Verfahrens über den Zwischenantrag keiner der beiden Parteien als Verschulden anzulasten sei. Die Kostenentscheidung der Vorinstanzen blieb unverändert. Mit Antrag vom begehren die Kläger, die Entscheidung 4 Ob 59/02h dahin zu ergänzen, dass der Beklagten der Ersatz der Kosten des Verfahrens über das Zahlungsbegehren aufgetragen werde. Die Kläger verweisen darauf, dass die Kostenentscheidung über den Zwischenantrag auch die Kostenentscheidung über das Zahlungsbegehren berührt. Im Ergänzungsantrag verzeichnen sie für das gesamte Verfahren Kosten auf Basis eines Streitwerts von 191,85 EUR und beantragen, ihnen Kosten von 2.540,17 EUR zuzusprechen. Die Beklagte spricht sich gegen eine Ergänzung der Kostenentscheidung aus. Den Klägern stehe nur ein Streitgenossenzuschlag von 20 % und nicht von 40 % zu. Im Beschluss vom hätten die Kläger zum Ersatz der Kosten über den Zwischenfeststellungsantrag verpflichtet werden müssen, weil es ihnen als Verschulden anzulasten sei, den Antrag gestellt zu haben. Die Beklagte habe zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Unzulässigkeit des Antrags geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Der Ergänzungsantrag ist berechtigt.
Ein Beschluss ist gemäß §§ 423, 430 ZPO zu ergänzen, wenn (ua) über die von einer Partei begehrte Erstattung der Prozesskosten nicht oder nur unvollständig erkannt wurde. Der Ergänzungsantrag ist binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung anzubringen (§ 423 Abs 2 ZPO). Die Kläger haben den Ergänzungsantrag rechtzeitig gestellt und auch zu Recht geltend gemacht, dass die Kostentscheidung des Beschlusses vom unvollständig ist. Eine gegenseitige Aufhebung der Kosten über den Zwischenfeststellungsantrag macht eine neue Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über das Zahlungsbegehren notwendig, weil das Erstgericht insoweit nach § 43 ZPO vorgegangen ist. Ändert nämlich der Oberste Gerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts ganz oder - wie hier - teilweise ab, hat er über die gesamten Kosten des bisherigen Verfahrens selbstständig ohne Rücksicht auf die bisher ergangenen Kostenaussprüche zu erkennen (Kodek in Rechberger, ZPO² § 528 Rz 5 mwN aus der Rechtsprechung). Die Kläger sind mit dem Zahlungsbegehren zur Gänze durchgedrungen; ihnen steht daher für das Verfahren bis zur Tagsatzung vom , in der sie den Zwischenantrag auf Feststellung gestellt haben, voller Kostenersatz zu. Zur Gänze zu ersetzen sind ihnen auch die Sachverständigenkosten, weil das Sachverständigengutachten allein zur Frage der Berechtigung des Zahlungsbegehrens eingeholt wurde. Die Kläger haben in ihrem Ergänzungsantrag die Kosten für das gesamte Verfahren auf Grundlage des Zahlungsbegehrens neu berechnet. Bemessungsgrundlage kann aber nicht ein fiktiver Streitwert sein; die Kosten sind vielmehr auf Grundlage des tatsächlichen Streitwerts zu berechnen. Dabei sind die im Verfahren und nicht die nachträglich im Ergänzungsantrag verzeichneten Kosten maßgebend. Die Kläger haben Anspruch auf Ersatz jenes Kostenteilbetrags, der, bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Zahlungsbegehren und dem Streitwert des Feststellungsbegehrens, auf das Zahlungsbegehren entfällt. Das sind - bei einem Verhältnis von 191,85 EUR (2.640 S) für das Zahlungsbegehren zu 14.534,57 EUR (200.000 S) für das Feststellungsbegehren - rund 1,3 % der Kosten. Insgesamt ergibt sich für das Verfahren erster Instanz ein Kostenersatzanspruch von 1.760,20 EUR, darin enthalten 146,70 EUR USt und 880,04 EUR Barauslagen. Nicht zu berücksichtigen waren die für eine Tagsatzung vom verzeichneten Kosten, weil eine solche nicht stattgefunden hat; die Kosten für die Tagsatzung vom haben die Kläger ohnehin (auch) verzeichnet.
Die Kläger haben weiters Anspruch auf Ersatz der gesamten Kosten für die Berufungsbeantwortung. Das sind 354,38 EUR, darin enthalten 59,06 EUR USt.
Was die Einwendungen der Beklagten gegen die Kostenentscheidung im Beschluss vom betrifft, so ist darauf nicht weiter einzugehen, weil über die Kosten des Zwischenfeststellungsantrags rechtskräftig entschieden ist. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass das Verschulden der Kläger im Beschluss vom verneint wurde, weil die mangelnde Präjudizialität des Zwischenfeststellungsantrags (nur) aus der rechtskräftigen Erledigung des Zahlungsbegehrens abgeleitet wurde.
Dem Ergänzungsantrag war Folge zu geben. Die Entscheidung über die Äußerungskosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
Fundstelle(n):
MAAAD-61665