OGH vom 11.12.2007, 5Ob257/07s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die Antragsgegnerin J. P***** KG, *****, vertreten durch Dr. Harald Burmann, Dr. Peter Wallnöfer und Dr. Roman Bacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen §§ 12a, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 1 R 217/07d-10, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerin (= Mieterin) ist eine „typische" Kommanditgesellschaft. Ihr einziger Komplementär ist Wilfried S*****, der die Gesellschaft seit 1971 selbstständig vertritt. Einzige Kommanditistin mit einer Vermögenseinlage von 73.306,48 EUR war Margaretha S*****. Mag. Björn S***** ist seit einer von zwei Prokuristen und selbstständig vertretungsbefugt. Der Kommanditanteil der Margaretha S***** ging im Erbweg auf Mag. Björn S***** über. Die Leitung des Unternehmens erfolgt ausschließlich durch den Komplementär, der auch das operative Geschäft führt und dabei von der zweiten Prokuristin unterstützt wird. Mag. Björn S***** ist zusätzlich Geschäftsführer einer GmbH und mit dieser Tätigkeit vollständig ausgelastet, weshalb er in den letzten Jahren keine Tätigkeiten für die Antragsgegnerin entfaltete.
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin (= Vermieterin) vertritt in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs - entgegen der Meinung der Vorinstanzen - die Ansicht, die Verbindung der Stellung als selbstständig vertretungsbefugter Prokurist mit jener als einziger Kommanditist einer KG ermögliche die Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG. Damit macht die Antragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage geltend:
1. Die Mietzinsanhebung gemäß § 12a Abs 1 bis 3 MRG kann bei einer
juristischen Person dann erfolgen, wenn sich in ihr die rechtlichen
und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend ändern. Bei
Kommanditgesellschaften wird in der Regel eine entscheidende Änderung
der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten nach
ständiger Rechtsprechung dann angenommen, wenn der persönlich
haftende Gesellschafter ausgetauscht wird, ausscheidet oder sich die
Beteiligungsverhältnisse bei den kraft Gesetzes
geschäftsführungsbefugten Komplementären entscheidend ändern
(RIS-Justiz RS0108809; RS0108984). Dies beruht auf der Überlegung,
dass bei den Personengesellschaften des Handelsrechts der persönlich
haftende Gesellschafter wegen des Grundsatzes der
Einzelgeschäftsführungsbefugnis auf die Geschäftstätigkeit im
gesetzestypischen Fall (§§ 114 Abs 1, 164 UGB) immer einen
bestimmenden Einfluss ausübt (5 Ob 76/02s = RdW 2002/595, 659 = wbl
2002/386, 580 = ecolex 2003/24, 37 = MietSlg 54.263).
2. In der von der Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs
angesprochenen E 6 Ob 122/05t (= RdW 2005/756, 689 = ecolex 2005/437,
913 = wobl 2006/56, 151 = immolex 2006/116, 282 = MietSlg 57.288 =
AnwBl 2007, 169) hat der Oberste Gerichtshof einen Machtwechsel
infolge Änderung der Rechtsstellung der zuvor zweiten persönlich
haftenden Gesellschafterin in die einer Kommanditistin angenommen,
weil dadurch dem verbleibenden persönlich haftenden Gesellschafter
(Komplementär) die alleinige und damit entscheidende rechtliche und
wirtschaftliche Einflussmöglichkeit zukomme (ebenso 5 Ob 244/04z =
RdW 2005/455, 421 = wbl 2005/210, 386 = GesRZ 2005, 202 = ecolex
2005/236, 533 = immolex 2005/104, 272 = wobl 2006/36, 113 = MietSlg
57.286 = AnwBl 2007, 9). Wird in einem solchen Fall der Machtwechsel bejaht, dann ist es nur konsequent, diesen vorliegend zu verneinen, hat doch der Kommanditist keinen Einfluss auf die laufende gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, sondern nur ein Widerspruchsrecht gegen Handlungen des persönlich haftenden Gesellschafters, wenn sie über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen (§ 164 UGB). Eine Prokura des Kommanditisten ändert daran nichts; die offenbar gegenteilige Ansicht der Antragstellerin verkennt den (funktionellen) Unterschied zwischen Geschäftsführung (im Innenverhältnis; Komplementär) und Vertretung (im Außenverhältnis; Prokurist).
Die Entscheidung der Vorinstanzen entspricht demnach den zum Machtwechsel in der Kommanditgesellschaft entwickelten Grundsätzen. Die Antragstellerin macht keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG geltend; ihr Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.