OGH vom 25.10.2000, 3Ob296/99x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****GmbH*****, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** GmbH, ***** 2. Alois Marius K*****, 3. Josefa K*****, alle vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Mag. Thomas In der Maur, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,771.026,50 sA über die Revision und den Rekurs der zweit- und drittbeklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 151/98f-18, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 14 Cg 59/97d-11, berichtigt mit Beschluss vom , GZ 14 Cg 59/97d-15, infolge Berufung der zweit- und drittbeklagten Partei teilweise bestätigt und infolge Berufung der klagenden Partei teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
2. Dem Rekurs an den Obersten Gerichtshof wird nicht Folge gegeben.
3. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klage wurde von der Ö***** AG eingebracht, an deren Stelle nach Umwandlung die Ö***** GmbH getreten ist. In der Folge wird die Rechtsvorgängerin der nunmehrigen klagenden Partei als klagende Partei bezeichnet.
Die klagende Brauerei schloss mit der erstbeklagten Partei, die eine Diskothek betrieb, am zwei Leistungs- und Lieferungsübereinkommen ab, denen der Zweit- und die Drittbeklagte als Mitschuldner beitraten. Die klagende Partei versprach die Zuzählung von S 1,200.000 (inklusive Umsatzsteuer); die erstbeklagte Partei verpflichtete sich auf die Dauer von 10 Jahren zur jährlichen Abnahme von 400 hl Bier und 200 hl alkoholfreier Getränke; die klagende Partei verpflichtete sich weiters zur leihweisen Überlassung von Inventargegenständen zum Neupreis von S 600.000 (inklusive Umsatzsteuer). Die klagende Partei ist nach diesem Übereinkommen berechtigt, bei Einstellung des Betriebes der erstbeklagten Partei einseitig von den Verträgen zurückzutreten.
Mit Schreiben vom stellte die klagende Partei gegenüber der erstbeklagten Partei fest, sie habe bis 59,1 hl Bier und 46,0 hl alkoholfreie Getränke bezogen. Nachdem die Absatzstätte aufgegeben worden sei, sehe sie sich veranlasst, den aliquoten Teil des zugezählten Betrags von S 1,200.000 (inklusive Umsatzsteuer) in Höhe von S 1,179.890,40 (inklusive Umsatzsteuer) zurückzufordern.
Die klagende Partei begehrt nun gestützt auf diese beiden Leistungs- und Lieferungsübereinkommen den bei Aufgabe der Betriebsstätte aushaftenden aliquoten Teil des zugezählten Betrags von S 1,200.000 (d. s. S 1,179.891,50) und des Wertes des zur Verfügung gestellten Inventars (d. s. S 591.135). Die Zweit- und Drittbeklagten seien dem mit der erstbeklagten Partei geschlossenen Übereinkommen als Mitschuldner beigetreten. Die klagende Partei stützte ihr Begehren auch auf die Rechtstitel des Schadenersatzes und des Verwendungsanspruches.
Die beklagten Parteien wendeten ein, die Leistungs- und Lieferungsübereinkommen verstießen gegen Art 85 EGV (nunmehr Art 81 EG) und seien daher nichtig; die klagende Partei habe eine führende Stellung auf dem österreichischen Markt; sie schließe derartige Alleinbezugsverträge regelmäßig ab, in denen eine mehr als 5jährige Vertragsdauer vereinbart werde; dadurch werde eine Abschottung des österreichischen Getränkemarktes gegenüber anderen europäischen Getränkeherstellern bewirkt; die GruppenfreistellungsVO der Europäischen Kommission Nr 1984/83 sei nicht anzuwenden; es liege keine bloße Teilnichtigkeit vor.
Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich eines Teilbegehrens von S 1,179.890,40 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 591.136,10 sA ab; es stellte im Wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Leistungs- und Lieferungsübereinkommen seien gemäß Art 85 EGV nichtig. Bei der Rückabwicklung sei davon auszugehen, dass die beklagten Parteien um die zugezählten S 1,200.000 bereichert seien, die klagende Partei hingegen um den durchgeführten Getränkeverkauf. Das Inventar, dessen Herausgabe die klagende Partei nicht begehrt habe, sei von den beklagten Parteien nicht zu kaufen, weil der zugrundeliegende Vertrag als nichtig zu qualifizieren sei. Der Zweit- und die Drittbeklagte seien dem Bereicherungsanspruch der klagenden Partei als Mitschuldner beigetreten. Dieser Bereicherungsanspruch verringere sich um die Summe aus dem Getränkeverkauf der erstbeklagten Partei für die klagende Partei, der ebenfalls rechtsgrundlos geschehen sei.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der klagenden Partei, soweit sie Nichtigkeit geltend macht; es gab der Berufung der zweit- und drittbeklagten Partei nicht Folge und bestätigte das Ersturteil bezüglich des Zuspruches von S 1,179.890,40; es gab im Übrigen der Berufung der klagenden Partei Folge und hob das Ersturteil im abweisenden Teil von S 591.136,10 sA auf und verwies die Rechtssache im Umfang der Aufhebung zur ergänzenden Verhandlung neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision bzw der Rekurs an den Obersten Gerichtshof seien zulässig, weil zur Frage der Auswirkungen einer allfälligen Teilnichtigkeit gemäß Art 85 Abs 2 EGV auf die Rechtswirksamkeit des Restvertrags eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, der festgestellte Sachverhalt lasse eine Prüfung der Frage nicht zu, ob die zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen Art 85 EGV entsprechen und ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Art 6 bis 10 der Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1984/83 der Kommission vom über Bierlieferungsverträge vorliegen. Sofern diese Gruppenfreistellungsverordnung nicht anwendbar sei, sei die Vereinbarung im Sinn des Art 85 Abs 2 EGV auf Nichtigkeit zu überprüfen. Zweck dieser Bestimmung sei die Verhinderung von spürbaren Wettbewerbsbeschränkungen und Handelsbeeinträchtigungen im gemeinsamen Markt; eine Abschottung des nationalen Marktes (hier für den Absatz von Bier in Gaststätten), der für Mitbewerber schwer zugänglich sei, solle verhindert werden. Die näheren Kriterien seien der Vorabentscheidung des , zu entnehmen. Danach seien Vereinbarungen jedoch nur insoweit nichtig, als sie gegen das Verbot des Art 85 Abs 1 EGV verstoßen. Eine Gesamtnichtigkeit liege vor, wenn die unter das Verbot fallenden Teile sich nicht von dem anderen Teil der Vereinbarung trennen lassen. Zur Feststellung der Nichtigkeit seien die nationalen Gerichte ausschließlich zuständig. Ob eine Teilnichtigkeit vorliege, sei nach innerstaatlichem Recht zu entscheiden. In der Vereinbarung einer Getränkebezugsdauer von 10 Jahren könne nach innerstaatlichem Recht eine allfällige Sittenwidrigkeit und insoweit eine Unwirksamkeit der Verträge nicht erblickt werden.
Nach innerstaatlichem Recht komme es bei teilweiser Unerlaubtheit nicht auf den hypothetischen Parteiwillen an, sondern sei nach dem Zweck der Verbotsnorm zu beurteilen, ob der Vertrag teilweise gültig oder zur Gänze ungültig ist. Werde vom Zweck des Art 85 Abs 1 EGV ausgegangen, nämlich spürbare Wettbewerbsbeschränkungen im gemeinsamen Markt zu vermeiden, so könne allenfalls in der Bindungsdauer bezüglich der Abnahme von Bier und anderen Getränken eine teilnichtige Vertragsvereinbarung vorliegen. Eine abschließende Beurteilung dieser Frage sei jedoch nicht erforderlich, weil für die Frage der Auswirkung allfälliger nichtiger Vertragsvereinbarungen auf den gesamten Vertrag nicht das Gemeinschaftsrecht, sondern das auf den Einzelfall anwendbare innerstaatliche Recht maßgebend sei. Nach österreichischem Recht sei davon auszugehen, dass die für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses - wie im vorliegenden Fall durch Aufgabe der Absatzstätte - die die Rückabwicklung betreffend das gewährte Darlehen und das zur Verfügung gestellte Inventar regelnden Vertragsbestimmungen als rechtswirksam anzusehen seien. Daher könne von einer Nichtigkeit der gesamten Vereinbarungen nicht gesprochen werden.
Es sei somit zumindest von der Rechtswirksamkeit der Vereinbarung auszugehen, die zwischen den Streitteilen für den Fall der Einstellung des Geschäftsbetriebes getroffen wurde. Das Erstgericht habe jedoch zu den auf einen Geldbetrag lautenden Klagebegehren bezüglich des Inventars keine Beweise aufgenommen und keine Feststellungen getroffen.
Insoweit mit der Beweisrüge die erstgerichtliche Feststellung über den inländischen Marktanteil der klagenden Partei von 60 % angefochten werde, komme dieser Beurteilung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Sei von einer Rückzahlungsverpflichtung der erstbeklagten Partei auszugehen, so treffe diese Verpflichtung auch die zweit- und drittbeklagte Partei, welche dieser Verbindlichkeit als Mitschuldner beigetreten seien. Wegen der Rechtswirksamkeit jener Vertragsbestimmungen, welche die Rückabwicklung im Fall der Beendigung des Vertrages regeln, komme den Fragen der Bereicherung keine entscheidungswesentliche Relevanz zu.
Die Revision der zweit- und drittbeklagten Partei ist berechtigt, nicht hingegen ihr Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss.
Getränkebezugsverträge, welche die Kriterien der Einzel- oder Gruppenfreistellung nicht erfüllen, können im Sinn des Art 81 EG (vormals Art 85 EGV) nichtig sein.
Der Europäische Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Vereinbarkeit von Alleinbezugsverträgen für Bier mit Art 81 EG (Slg 1991 I 935 - Delimitis) den nationalen Markt für den Vertrieb von Bier in Gaststätten als sachlich und räumlich relevanten Markt bezeichnet und auf diesen abgestellt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofs objektives Recht schaffen und die nationalen Gerichte auch in anderen als den Anlassfällen binden (SZ 69/56; ÖBl 1998, 250; ÖBl 1998, 344; WBl 2000/222).
Im vorliegenden Fall ist daher - wie schon in dem der Entscheidung WBl 2000/222 zugrundeliegenden Sachverhalt - der nationale Markt für den Vertrieb von Bier in Gaststätten relevant.
Nach Art 81 Abs 1 EG (vormals Art 85 Abs 1 EGV) sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ua alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Handeln zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Gemäß Art 81 Abs 2 EG (vormals Art 85 Abs 2 EGV) sind die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen nichtig. Die betreffende Vereinbarung muss einerseits geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten spürbar zu beeinträchtigen, andererseits muss sie eine spürbare Beschränkung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bewirken. Der EuGH prüft das Erfordernis der "Spürbarkeit" wie auch jenes der Handelsbeeinträchtigung und Wettbewerbsbeschränkung im wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhang der Vereinbarung, ihrer Zwecke und Wirkungen und berücksichtigt dabei auch den kumulativen Effekt bestehender Parallelverträge. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in ständiger Rechtsprechung (zuletzt WBl 2000/222 mwN) dargelegt, welche Prüfung im Besonderen bei Bierlieferungsverträgen erforderlich ist (s hiezu auch Eilmansberger,
Die Bedeutung der Art 85 und 86 EG-V für das österreichische Zivilrecht, in Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht Teil 6/1: Wettbewerbsrecht - Kartellrecht 42, besonders FN 124, mwN). Danach ist Folgendes maßgeblich:
Die in Art 81 EG vorgesehenen Rechtsfolgen setzen im Einzelfall nicht den Nachweis voraus, dass die verpönte Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedsstaaten tatsächlich beeinträchtigt; es genügt vielmehr, dass sie geeignet ist, eine derartige Wirkung zu entfalten. Eine Beeinträchtigung bzw die Eignung zu dieser ist dann anzunehmen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die Maßnahme den Warenverkehr zwischen Mitgliedsstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell beeinflussen und dadurch der Errichtung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedsstaaten hinderlich sein kann.
Um festzustellen, ob allein Bezugsverträge vom Verbot des Art 81 Abs 1 EG erfasst werden, ist zu prüfen, ob sich aus der Gesamtheit aller auf dem relevanten Markt bestehenden gleichartigen Vereinbarungen und aus den übrigen wirtschaftlichen und rechtlichen Begleitumständen der fraglichen Verträge ergibt, dass diese die kumulative Wirkung haben, neuen inländischen und ausländischen Wettbewerbern den Zugang zu diesem Markt zu verschließen. Ist dies nicht der Fall, können die einzelnen Verträge, aus denen das Bündel der Vereinbarungen besteht, den Wettbewerb nicht im Sinn des Art 81 Abs 1 EG beschränken. Ist der Markt hingegen schwer zugänglich, muss noch geprüft werden, wie weit die streitigen Vereinbarungen zu der kumulativen Wirkung beitragen. Dabei sind nur jene Verträge verboten, die zu einer etwaigen Abschottung des Marktes in erheblichem Maß beitragen. Bei der Beurteilung des Einflusses der Netze von Auschließlichkeitsverträgen auf den Marktzugang ist das Verhältnis zwischen der Zahl der vertraglich an den Erzeuger gebundenen Verkaufsstätten und der Zahl der nicht gebundenen Händler, die durch die eingegangenen Verpflichtungen erfassten Mengen und das Verhältnis zwischen diesen Mengen und denjenigen, die über nicht gebundene Händler abgesetzt werden, sowie die Tatsache zu berücksichtigen, dass der Bindungsgrad, der sich aus solchen Netzen ergibt, zwar von gewisser Bedeutung ist, aber nur einen von mehreren Faktoren des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs bildet, in dem die Beurteilung vorzunehmen ist. Es muss sich daher anhand der Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lassen, dass sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell in einer die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedsstaaten behinderten Beweise beeinflussen kann.
Das Bestehen eines Bündels gleichartiger Verträge, selbst wenn es die Möglichkeiten des Marktzuganges wesentlich beeinflusst, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Feststellung einer Abschottung des relevanten Marktes, sondern stellt nur einen unter mehreren Beurteilungsfaktoren dar. Es ist auch zu berücksichtigen, unter welchen Bedingungen der Wettbewerb auf dem relevanten Markt stattfindet, wobei es nicht nur um die Zahl und die Größe der auf dem Markt tätigen Erzeuger, sondern auch um dessen Sättigungsgrad und die Treue der Verbraucher zu bestimmten Markten geht. Überdies muss zur Beurteilung der Bedeutung des Beitrages von Bierlieferungsverträgen einer Brauerei auf eine Abschottungswirkung auch die Stellung ihrer Vertragspartner auf dem Markt berücksichtigt werden.
Das Berufungsgericht hat diese in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Kriterien übernommen und auf dieser Grundlage eine Verfahrensergänzung für erforderlich erachtet.
An der Notwendigkeit der Klärung dieser Umstände ändert auch der von den Beklagten in der Revision hervorgehobene Umstand nichts, dass die Verträge nicht in den Genuss der Freistellung gemäß Art 6 der Gruppenfreistellungsverordnung der Kommission für Alleinbezugsvereinbarungen (VO 1984/83) kommen könnten; selbst bei Zutreffen dieses Rechtsstandpunktes kann nämlich auf Grundlage der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilt werden, ob die Leistungs- und Lieferungsverträge überhaupt gegen Art 81 EG verstoßen.
Die klagende Partei vertritt den Rechtsstandpunkt, die Frage der Rückzahlung des erhaltenen Kapitals bzw die Rückabwicklungsregelung hinsichtlich beigestelltem Inventar könne von einer Nichtigkeit keinesfalls erfasst sein.
Diese Rechtsansicht ist aus folgenden Gründen nicht zutreffend:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß Art 81 Abs 2 EG sind die von Art 81 Abs 1 EG erfassten Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig. Mit dieser Vorschrift wird die zivilrechtliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das EG-Kartellverbot gemeinschaftsrechtlich ausdrücklich festgelegt. Sowohl Art 81 Abs 1 als auch Art 81 Abs 2 EG sind unmittelbar anwendbar (Eilmansberger aaO 49).
Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. In der Revision, in der unter Punkt 1.2.3. dem Berufungsgericht vorgeworfen wird, das Berufungsgericht habe auf Seite 13 f des Berufungsurteils die Vereinbarungen nach originär innerstaatlichem Recht beurteilt, wird übersehen, dass das Berufungsgericht sich dort ausschließlich mit der Frage der Teilnichtigkeit befasst, die nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen sei. Auf diese Frage ist später einzugehen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Nichtigkeit gemäß Art 81 Abs 2 EG "absolut" in dem Sinn, dass eine nach dieser Bestimmung nichtige Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien keinerlei Wirkung erzeugt und auch Dritten nicht entgegengehalten werden kann. Es handelt sich hier also um eine vollständige, ex tunc eintretende Unwirksamkeit (Eilmansberger aaO 50; EvBl 1997/20; 10 Ob 402/97h ua).
Die Nichtigkeit ist - allenfalls nach Befassung der Kommission oder nach Einholung einer Vorabentscheidung - von Amts wegen festzustellen. Jene Teile des Vertrages, die den Verbotstatbestand erfüllen, haben keinerlei rechtliche Wirkung zwischen den Vertragsparteien und auch nicht gegenüber Dritten (EvBl 1997/20).
Die Reichweite einer - überhaupt noch nicht abschließend zu beurteilenden - Nichtigkeitssanktion des Art 81 Abs 2 EG ist hier strittig: Die klagende Partei vertritt - wie bereits ausgeführt - die Meinung, der klagsweise geltend gemachte Anspruch sei überhaupt von einer Nichtigkeit nicht erfasst.
Soweit die klagende Partei hier einen vertraglichen, unmittelbar aus den Leistungs- und Lieferungsübereinkommen abgeleiteten Anspruch geltend macht, stellt sich die Reichweite der Nichtigkeitssanktion des Art 81 Abs 2 EG folgendermaßen dar:
Diese Nichtigkeitsfolge bezieht sich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht automatisch auf die gesamte Vereinbarung, sondern ordnet die Nichtigkeit nur für diejenigen Teile einer Vereinbarung an, die entweder selbst unmittelbar vom Verbot des Art 81 Abs 1 EG erfasst sind oder sich von den von Art 81 Abs 1 EG erfassten Teilen nicht sinnvoll abtrennen lassen (Eilmansberger aaO 57).
Diese Bestimmung, die die Einhaltung des Vertrages gewährleisten soll, lässt sich nur von ihrer gemeinschaftsrechtlichen Zielsetzung her auslegen und ist auf diesen Rahmen zu beschränken. Ohne weiteres nichtig sind nur diejenigen Teile der Vereinbarung, die unter das Verbot fallen; die gesamte Vereinbarung ist es nur dann, wenn sich diese Teile nicht von den anderen Teilen der Vereinbarung trennen lassen (EuGH Slg 1966, 281, 304 - Maschinenbau Ulm).
Bei der Beurteilung der Trennbarkeit kommt es nicht auf die Intentionen der Parteien an. Die Trennbarkeit ist eine Tatfrage, die aufgrund objektiver Betrachtungsweise nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Bei der Beurteilung der Trennbarkeit sind weiters Bedeutung und Funktion der Nichtigkeitssanktion zu beachten. Leitlinie kann daher nicht der Gedanke der Vertragsgerechtigkeit sein, sondern die Wiederherstellung der wettbewerblichen Handlungsspielräume der gebundenen Parteien (Eilmansberger aaO 57 mwN).
Für den Fall, dass die Leistungs- und Lieferungsübereinkommen der Nichtigkeitssanktion des Art 81 EG unterliegen, ist damit primär die Überlassung von Geldmitteln bzw Inventar unter bestimmten, gemeinschaftsrechtlich nicht gebilligten Umständen sanktioniert; davon sind jedoch Regelungen nicht zu trennen, wie mit diesen Geldmitteln bzw dem Inventar unter bestimmten Umständen, die sich während der Vertragsdauer ergeben, zu verfahren ist. Gerade diese Regelungen betreffen den unter bestimmten Umständen unzulässigen Austausch, nämlich der Zur-Verfügung-Stellung von Geldmitteln und Inventar gegen Verpflichtung zur Abnahme von Bier und sonstigen Getränken. Sie sind daher ebenfalls der Beurteilung des Verstoßes gegen Art 81 Abs 1 EG zugrundezulegen. Die vertragliche Regelung einer Rückzahlung der zur Verfügung gestellten Geldmittel bei Einstellung des Betriebes der Gastwirtschaft fällt somit ebenfalls unter die Nichtigkeitssanktion. Auf diese Vertragsbestimmung kann daher die klagende Partei ihr Zahlungsbegehren nicht stützen.
Da der Fall einer Teilnichtigkeit überhaupt nicht vorliegt, sind die Wirkungen einer solchen nicht zu prüfen.
Weiters ist jedoch zu beurteilen, ob sich aus einer - noch nicht erwiesenen - Nichtigkeit der Leistungs- und Lieferübereinkommen wegen des Verstoßes gegen Art 81 EG die Berechtigung der Klagsforderung ergibt.
Zuerst ist hiebei zu prüfen, ob die klagende Partei - bei Verstoß der Leistungs- und Lieferübereinkommen gegen Art 81 EG - ihre Klagsforderung gegen die Zweit- und Drittbeklagten auf eine gesetzliche Bestimmung stützen kann. (grundsätzlich zur Rückabwicklung s Eilmansberger aaO 104 ff).
Im vorliegenden Fall ist wesentlich, dass Vertragspartner der klagenden Partei die erstbeklagte GmbH ist, deren Schuld die Zweit- und Drittbeklagten als Mitschuldner beigetreten sind. Auf den Schuldbeitritt (§ 1347 ABGB) ist auch die Regelung des § 1351 ABGB anzuwenden (Gamerith in Rummel, ABGB**2 Rz 5 zu § 1351; Mader in Schwimann, ABGB**2 Rz 1 zu § 1351); danach können Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben oder schon aufgehoben sind, weder übernommen noch bekräftigt werden. Die Schuld des Beitretenden ist zum Zeitpunkt ihrer Entstehung davon abhängig, dass die Schuld, der er beitritt, besteht (SZ 49/53; SZ 61/174 ua; Gamerith in Rummel**2 Rz 3 zu § 1347; Mader in Schwimann**2 Rz 3 zu § 1347).
Falls - was noch nicht abschließend geklärt ist - die Leistungs- und Lieferungsübereinkommen wegen eines Verstoßes gegen Art 81 EG ex tunc nichtig waren, hat dies somit die Konsequenz, dass der Schuldbeitritt der Zweit- und Drittbeklagten zu diesen Verträgen gemäß § 1351 ABGB ungültig ist. Der Beitretende hat nicht für die dem Gläubiger aus einem solchen Rechtsgeschäft erwachsenden Rückabwicklungs- (Kondiktions)Ansprüche einzustehen (vgl Gamerith in Rummel Rz 3a zu § 1351). In diesem Fall wäre das Klagebegehren gegen die Zweit- und Drittbeklagten schon aus diesem Grund abzuweisen.
Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn die Zweit- und Drittbeklagten vertraglich die Verpflichtung zur Rückzahlung der restlichen, noch nicht amortisierten Darlehensvaluta für den Fall der Nichtigkeit des Leistungs- und Lieferungsübereinkommens übernomme hätten (s hiezu Mader in Schwimann**2 Rz 6 zu § 1358 mwN; insb P. Bydlinski in ÖBA 1987, 690, 693 ff). Eine derartige vertragliche Verpflichtung wäre dann von der Nichtigkeitssanktion des Art 81 EG nicht erfasst, wenn sie inhaltlich der gesetzlichen Regelung der Rückabwicklungsansprüche bei Nichtigkeit des Vertrages entspricht.
Das Vorliegen einer derartigen vertraglichen Verpflichtung wurde bisher mit den Parteien nicht erörtert; dies wird vom Erstgericht nunmehr nachzuholen sein.
Da jedoch, wie eingangs dargelegt, die Frage der Nichtigkeit der Leistungs- und Lieferungsübereinkommen wegen des behaupteten Verstoßes gegen Art 81 EG noch vom Erstgericht zu prüfen ist, war in teilweiser Stattgebung der Revision der Zweit- und Drittbeklagten das Urteil des Berufungsgerichtes, soweit es das klagsstattgebende Ersturteil als Teilurteil bestätigt hat, und in der Kostenentscheidung aufzuheben; im Übrigen hat es bei der bereits vom Berufungsgericht ausgesprochenen Aufhebung des Ersturteils zu verbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.