OGH vom 13.03.2018, 5Ob24/18t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers I*****, vertreten durch Dr. Johann Bründl, öffentlicher Notar in Mittersill, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob Anteilen an der EZ *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des 1. DDr. G*****, und der 2. E*****, beide vertreten durch DDr. Fürst Rechtsanwalts-GmbH in Mödling, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 196/17f, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom , TZ 5234/2017 zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde auf der Liegenschaft EZ ***** Wohnungseigentum begründet. Hinsichtlich zweier Mindestanteile erfolgte die Einverleibung des Eigentumsrechts samt Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung bzw einem KfzStellplatz zugunsten eines einzelnen Wohnungseigentumsbewerbers, alle übrigen Mindestanteile samt der dazugehörigen Wohnungseigentumsobjekte verblieben bei der bisherigen Alleineigentümerin.
Bereits vor Vollzug dieses Beschlusses war im BBlatt bei der Alleineigentümerin zugunsten verschiedener Wohnungseigentumsbewerber an bestimmt bezeichneten Wohnungseigentumsobjekten die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkt, darunter auch zugunsten der Einschreiter zu BLNR 5b an Appartement 17 und zu BLNR 5c am Tiefgaragenplatz 29.
Anlässlich des Vollzugs des Beschlusses vom nahm das Erstgericht – faktisch und ohne beschlussmäßige Grundlage – eine Beschränkung der zugunsten der Einschreiter angemerkten Zusage gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 vor, die nur mehr bei den jeweiligen der vormaligen Alleineigentümerin eigentümlichen Mindestanteilen eingetragen war.
Den von den Einschreitern gegen den Beschluss vom erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht mangels Beschwer zurück. Der erkennende Senat wies den gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts gerichteten Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (5 Ob 70/15b = wobl 2016/34 [Bittner]) = NZ 2016/58 [Hoyer], verwies aber auf die Notwendigkeit eines Vorgehens nach § 104 Abs 3 GBG in Bezug auf die ohne Deckung durch den Bewilligungsbeschluss vorgenommene Beschränkung der Zusage nach § 40 Abs 2 WEG 2002.
Daraufhin leitete das Erstgericht dieses Berichtigungsverfahren ein und ordnete mit Beschluss vom die Eintragung der Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 für die Einschreiter an Appartement 17 und Tiefgaragenstellplatz 29 auch ob der weiteren Anteile und die Löschung der Anmerkung der Einleitung des Berichtigungsverfahrens an.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Einschreiter gegen diesen Beschluss mangels Beschwer zurück.
Der erkennende Senat wies den dagegen erhobenen ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (5 Ob 163/17g).
Mittlerweile wurden weitere ehemalige Wohnungseigentumsbewerber als Mit und Wohnungseigentümer einverleibt, so auch hinsichtlich der 26/2888Anteile BLNR 10 verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung Top 2b und der 7/2888Anteile BLNr 40 verbunden mit Wohnungseigentum an Top TG 11 KfzStellplatz 11. Deren neuer Eigentümer veräußerte seine Anteile mit Kaufvertrag vom an den Antragsteller.
Dieser beantragte die Einverleibung des Eigentumsrechts im Rang des Rangordnungsbeschlusses vom .
Das bewilligte die beantragte Einverleibung unter Mitübertragung der jeweils im Rang 4190/2010 erfolgten Anmerkungen der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an Appartement 17 und Tiefgaragenstellplatz 29 für die Einschreiter.
Das wies den Rekurs der Einschreiter mangels Beschwer zurück und verwies auf seine zu 5 Ob 70/15b inhaltlich bestätigte Vorentscheidung 53 R 278/14k und 53 R 70/17a. Die Wohnungseigentumsbewerber seien noch nicht Buchberechtigte und durch die Eintragung nicht in ihrem bücherlichen Recht beeinträchtigt. Im Hinblick auf zwei Anmerkungen zur Entscheidung 5 Ob 70/15b in der Literatur sei der Revisionsrekurs allerdings zuzulassen.
Dagegen richtet sich der der Einschreiter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen bzw selbst den ursprünglichen Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom und alle nachfolgenden auf diese Liegenschaft bezogenen Beschlüsse ersatzlos zu beseitigen bzw solches dem Rekursgericht aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) – nicht zulässig.
1. Weist das Gericht zweiter Instanz – wie hier – den Rekurs mangels Beschwer zurück, ist auch dieser Beschluss unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar (RISJustiz RS0120565 [T9], RS0120974; für das Grundbuchsverfahren 5 Ob 163/17g; 5 Ob 165/17a mwN).
2. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG sprechen die Revisionsrekurswerber nicht an. Insbesondere ist die Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats zur Rechtsmittellegitimation des nach § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungseigentumsbewerbers und dem Erfordernis der materiellen Beschwer einheitlich und auch unter Berücksichtigung der vom Rekursgericht genannten Glossen zur Entscheidung 5 Ob 70/15b nicht neuerlich zu überprüfen.
3.1. Im Grundbuchsverfahren ist im Regelfall– neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller – derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein (RISJustiz RS0006677, RS0006710); sei es, dass diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RISJustiz RS0006710 [T5, T 37]). Die erforderliche materielle Beschwer ergibt sich daraus, dass der Rechtsmittelwerber durch den angefochtenen Beschluss in seinen bücherlichen Rechten beeinträchtigt worden sein könnte. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der meritorischen Berechtigung des Rekurses (RISJustiz RS0006710 [T9]; RS0006677 [T4]).
3.2. In der Entscheidung 5 Ob 279/05y (NZ 2006, 313 [zust Hoyer]) verneinte der erkennende Senat mit ausführlicher Begründung in einem vergleichbaren Fall die Rechtsmittellegitimation der auch dort nach § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungseigentumsbewerber unter Hinweis auf deren mangelnde materielle Beschwer, die damals noch nach § 9 AußStrG aF zu beurteilen war. Durch Eintragungen, die die zu ihren Gunsten erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 unberührt lassen, könnten die Revisionsrekurswerber nicht in einem bücherlichen Recht beeinträchtigt worden sein. Zu der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 5 Ob 51/94 (NZ 1995/327 [krit Hoyer]), wo die Rechtsmittellegitimation eines durch die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts nach § 24 Abs 2 WEG 1975 geschützten Wohnungseigentumsbewerbers unter Hinweis auf eine durch den angefochtenen Beschluss bewirkte Rangverschiebung zu deren Lasten bejaht worden war, nahm der erkennende Senat zu 5 Ob 279/05y ausdrücklich Stellung und hob hervor, es könne insgesamt kein Zweifel daran bestehen, dass die Anmerkung des Wohnungseigentums nach § 24 Abs 2 WEG 1975 bzw § 40 Abs 2 WEG 2002 nicht das Recht selbst schaffe, sondern nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang des späteren Bucheintrags, ohne dass überhaupt schon feststehen müsste, dass die Vereinbarung über den Erwerb des betreffenden Wohnungseigentumsobjekts auch bereits rechtswirksam und die Parteien bindend zustande gekommen sei.
3.3. In der – die auch hier zu beurteilende Wohnungseigentumsanlage betreffenden – Entscheidung 5 Ob 70/15b (wobl 2016/34 [Bittner] = NZ 2016/58 [Hoyer]), hielt der erkennende Senat unter Hinweis auf 5 Ob 279/05y daran fest, dass die gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungseigentumsbewerber noch nicht Buchberechtigte seien und durch Eintragungen, die die zu ihren Gunsten erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 unberührt lassen, nicht in ihrem bücherlichen Recht beeinträchtigt sein könnten. Unter Hinweis auf bereits gefestigte Rechtsprechung wurde der Revisionsrekurs der Einschreiter mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen.
Hoyer bezeichnet diese Entscheidung in seiner Glosse als „im Kern zutreffend“. Der von ihm erwähnte „eingerissene Abusus, der das Vertrauen in Richtigkeit, Vollständigkeit und Vertrauenswürdigkeit des österreichischen Grundbuchsystems zu unterlaufen drohe“ bezieht sich nur auf die – im Weg der Berichtigung korrigierte – Löschung der Anmerkungen zugunsten der Einschreiter ohne Deckung im zu vollziehenden Beschluss durch das Erstgericht und nicht auf das höchstgerichtliche Erkenntnis. Die von ihm aufgeworfene Frage, ob das in § 104 Abs 3 GBG vorgesehene amtswegige Vorgehen bei der Berichtigung des Grundbuchs Rechtsschutzlücken zu Lasten des aus dem Buchstand ausgeschiedenen Berechtigten ergeben könnte, bedarf keiner näheren Erörterung, weil die Berichtigung hier zum Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs erster Instanz bereits erfolgt war.
Bittner kritisiert die Entscheidung in seiner Glosse hinsichtlich der dort vertretenen Auffassung, an den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur formellen und materiellen Beschwer im Grundbuchsverfahren habe sich auch durch das neue Außerstreitgesetz nichts geändert. Er meint, dass § 40 Abs 2 WEG 2002 dem Wohnungseigentumsbewerber zweifelsfrei eine iSd § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG 2003 rechtlich geschützte Stellung zukomme. Selbst wenn man mit Bittner dem durch die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 geschützten Wohnungseigentumsbewerber grundsätzlich und abstrakt eine rechtlich geschützte Stellung zugesteht, ist eine Rechtmittellegitimation erst bei einem Eingriff in diese geschützte Rechtssphäre zu bejahen (RIS-Justiz RS0006497; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG § 45 Rz 25). Die erforderliche materielle Beschwer liegt erst dann vor, wenn die rechtlich geschützten Interessen des Rechtsmittelwerbers durch die konkrete Entscheidung beeinträchtigt werden (RISJustiz RS0006641; Kodek aaO Rz 50).
Hier ist ein Eingriff in die Rechtssphäre der Einschreiter schon deshalb zu verneinen, weil die primär rangwahrende Wirkung der Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 (RISJustiz RS0113522 [T8]) durch die hier zu beurteilende Bewilligung nicht beeinträchtigt werden kann. Die zum Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs erster Instanz ob den nunmehr veräußerten Wohnungseigentumsobjekten angemerkte Zusage wurde anlässlich der Einverleibung des neuen Mit und Wohnungseigentümers mitübertragen, sodass ein Rechtsschutzdefizit der Einschreiter aufgrund der Bewilligung nicht zu erkennen ist.
3.4. An der Verneinung der materiellen Beschwer der Einschreiter hielt der erkennende Senat auch in der Entscheidung 5 Ob 163/17g fest, die die Berichtigung iSd § 104 Abs 3 GBG betraf.
4. Zu dieser Frage ist die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einheitlich; ihr ist das Rekursgericht gefolgt.
Der Revisionsrekurs war daher mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00024.18T.0313.000 |
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