OGH vom 16.03.2000, 2Ob54/00f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Dr. ***** S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ingeborg L*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen S 250.776 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 47/99y-68, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 6 Cg 149/94i-63, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Dr. ***** S***** KG von der beklagten Partei Entgelt für die Erbringung von Werbeleistungen.
Die beklagte Partei wendete ua Mangelhaftigkeit dieser Leistungen ein.
Im zweiten Rechtsgang stellte die klagende Partei ihre Bezeichnung auf "***** Dr. ***** S***** GmbH" richtig und brachte vor, die GmbH sei Gesamtrechtsnachfolgerin der KG, die KG sei in eine GmbH umgewandelt worden.
Die beklagte Partei brachte dazu vor, es sei in der Person der klagenden Partei das Rechtssubjekt ausgetauscht worden, weil ursprünglich die KG Klägerin gewesen sei, nunmehr aber die GmbH. Sie akzeptiere diesen Austausch der Rechtssubjekte bei der klagenden Partei ausdrücklich, wende allerdings mangelnde aktive Klagslegitimation ein; es sei rechtlich unmöglich, eine KG durch Gesamtrechtsnachfolge in eine GmbH umzuwandeln.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es folgende Feststellungen traf:
Mit dem an das Firmenbuchgericht gerichteten Antrag vom begehrten die Gesellschafter der Dr. ***** S***** KG sowie die ***** Dr. ***** S***** GmbH, dass das Firmenbuchgericht bei der Dr. ***** S***** KG folgende Eintragungen vornehmen solle:
1. Die Gesellschafter sind aus der Gesellschaft ausgeschieden.
2. Die Gesellschaft ist aufgelöst.
3. Die Firma ist erloschen.
4. Einbringungsvertrag vom
Einbringung in die "***** Dr. ***** S***** GmbH, FN *****, gemäß Art III UmgrStG.
Sie brachten dazu vor, auf Grund des Einbringungsvertrages vom hätten die Gesellschafter der Dr. ***** S***** KG ihre Mitunternehmeranteile an die ***** Dr. ***** S***** GmbH im Sinne des § 12 Abs 2 Z 2 UmgrStG eingebracht. Die Einbringung sei rückwirkend unter Zugrundelegung der Bilanz zum ohne Gegenleistung und unter Inanspruchnahme der Begünstigungen durch das UmgrStG erfolgt. Da die einbringenden Mitunternehmer die einzigen Gesellschafter der eingangs genannten Mitunternehmerschaft seien und die übernehmende Körperschaft damit Alleingesellschafterin der Mitunternehmerschaft werden würde, erlösche die KG durch Anteilsvereinigung in einer Hand und an deren Stelle trete im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die übernehmende Körperschaft, die sohin das Unternehmen der genannten KG mit allen Aktiven und Passiven ohne Durchführung einer Liquidation übernehme.
Mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom wurde die Dr. ***** S***** KG im Hinblick auf den Einbringungsvertrag vom als aufgelöst erklärt und gelöscht. Die entsprechende Firmenbucheintragung erfolgte am .
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Einbringung einer Personengesellschaft in eine Körperschaft führe zu keiner Gesamtrechtsnachfolge; die einzelnen Vermögensgegenstände gingen vielmehr durch Einzelübertragung auf die Kapitalgesellschaft über. Da die beklagte Partei ausdrücklich der Berichtigung der Parteienbezeichnung der klagenden Partei zugestimmt habe, diese aber keine ausreichenden Behauptungen und Beweisanbote bezüglich einer Einzelübertragung der geltend gemachten Forderung erbracht habe, sei das Klagebegehren abzuweisen.
Das dagegen von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an dieses zurück; es sprach aus, der "ordentliche Revisionsrekurs" (richtig: der Rekurs an den Obersten Gerichtshof) sei zulässig.
Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, es sei zwischen Einzelrechtsnachfolge und Gesamtrechtsnachfolge zu unterscheiden. Das UmgrStG greife in diese Unterscheidung nicht ein und schaffe keinen eigenen zivilrechtlichen Rechtsnachfolgetatbestand. Es sei demgemäß zwischen Einbringung durch einen Einzelrechtsnachfolgevorgang und der Anwachsung des ursprünglich gesamthänderischen Vermögens zu unterscheiden. Die Anwachsung sei für den Fall des Ausscheidens der übrigen Mitunternehmer in § 142 HGB ausdrücklich geregelt. Im Falle einer Anwachsung trete die Gesamtrechtsnachfolge automatisch und zwingend ein.
Die Herbeiführung einer Gesamtrechtsnachfolge könne auf zweierlei Arten erfolgen:
Die Gesellschafter der KG gründeten eine GmbH mit Bareinlagen, die zunächst als bloßer Arbeitsgesellschafter in die KG eintrete. Sodann erfolge eine Einbringung der Gesellschaftsanteile durch die Gesellschafter der KG in die bereits vorher in die Personengesellschaft eingetretene GmbH und diese übernehme als letztverbleibender Gesellschafter das Unternehmen analog § 142 HGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Oder alle Gesellschafter einer KG gründeten eine GmbH durch Einbringung ihrer Gesellschaftsanteile an der KG durch Sacheinlagen; die GmbH erwerbe auf diese Weise alle Anteile an der Personengesellschaft und die Personengesellschaft erlösche infolge Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand; ihr Vermögen wachse analog zu § 142 HGB dem letzten Gesellschafter - nämlich der GmbH - an.
Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung EvBl 1996/101 ausgeführt, es liege Universalzukzession vor, wenn die Kommanditisten aus der Personengesellschaft ausschieden und deren Vermögen auf die verbleibende persönlich haftende Gesellschaft mbH im Wege der Anwachsung übergehe. Eine solche Universalsukzession sei hier gegeben, erfolge doch die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand mit gleichzeitigem Erlöschen der Personenhandelsgesellschaft.
Die Berichtigung der Parteienbezeichnung sei daher zu Recht erfolgt, weil eine solche immer dann zulässig sei, wenn auf ein existierendes Rechtssubjekt umgestellt werde, das im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge auch prozessual in die Stellung der ursprünglich klagenden Partei eingetreten sei.
Da das Erstgericht die klagsabweisende Entscheidung ausschließlich auf die fehlende Aktivlegitimation gestützt habe, sei mit einer Aufhebung dieser Entscheidung vorzugehen.
Den Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil eine gesicherte Judikatur vor allem im Spannungsfeld der steuerrechtlichen Regelung und der zivilprozessualen Folgen noch nicht vorliege und die angeschnittene Frage der Form der Rechtsnachfolge von einer Bedeutung sei, die über den Einzelfall wesentlich hinausgehe.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wieder hergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Beklagte macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass entgegen der "klassischen Form der analogen Anwachsung im Sinne des § 142 HGB" des Vermögens auf einen bestehenden Gesellschafter im gegenständlichen Fall die Klägerin neu gegründet worden sei; sie sei zu keiner Zeit Gesellschafterin der KG gewesen. Eine Anwachsung des Vermögens der KG auf die Klägerin analog § 142 HGB liege daher nicht vor. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass eine Übertragung einer Personengesellschaft in eine GmbH eine Gesamtrechtsnachfolge bewirke, sei verfehlt und widerspreche Sinn und Zweck der analogen Anwendung des § 142 HGB. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Anwachsung widerspreche dem Grundgedanken der Bestimmung des § 142 HGB, nämlich der rechtlichen Unmöglichkeit einer Einpersonengesellschaft. Zweck des § 142 HGB sei die Wahrung von Ausschließungsrechten als Übernahmerechte, um die mit einer Liquidation in der Regel verbundene Vernichtung des Unternehmens zu vermeiden. Das Übernahmerecht mit der Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge könne aber auch über die in § 142 HGB normierten Fälle hinaus erstreckt werden; es sei zulässig, dass die Übernahme der Geschäftsanteile mit den Wirkungen einer Gesamtrechtsnachfolge auf einen der Gesellschafter vereinbart werde. Dabei müsse es sich allerdings um einen bereits existierenden Gesellschafter handeln, was bei der klagenden Partei aber nicht der Fall sei. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Interpretation des § 142 HGB stelle eine unzulässige Ausdehnung seines Anwendungsbereiches dar und widerspreche dem Prinzip des Gesellschaftsrechts, dass eine echte Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft mit Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich nicht vorgesehen sei. Die Einbringung der KG in die klagende GmbH bewirke keine Gesamt-, sondern eine Einzelrechtsnachfolge. Der Umstellung von der KG auf die GmbH habe die Beklagte zugestimmt und somit in die Änderung der Klage eingewilligt. Der Austausch der Rechtssubjekte sei daher unzulässig und das Klagebegehren mangels Aktivlegitimation abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Sind nur zwei Gesellschafter einer OHG oder KG vorhanden, so kann, wenn in der Person des einen von ihnen die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern seine Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig sein würde, der andere Gesellschafter für berechtigt erklärt werden, das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen (§ 142 Abs 1 HGB). Das Übernahmerecht mit der Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge kann aber über die in § 142 HGB normierten Fälle hinaus im Gesellschaftsvertrag auf sonstige Fälle der Auflösung einer Zwei-Personen-Gesellschaft erstreckt werden und wird es allgemein als zulässig angesehen, dass statt der Auflösung und Liquidation die Geschäftsübernahme mit der Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge auf einen der Gesellschafter vereinbart wird (Koppensteiner in Straube2 HGB Rz 13 zu § 142; Jabornegg in Jabornegg, KommzHGB, Rz 40 f zu § 142). Nach ständiger Rechtsprechung geht durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern aus der OHG oder KG das Unternehmen ohne Liquidation mit seinen Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Gesellschafter über. Das bisherige Gesamthandeigentum an der Gesellschaft wird dadurch Eigentum in der Hand des Übernehmers. Dies führt zu einer Gesamtrechtsnachfolge des Übernehmers im Wege der Anwachsung (RIS-Justiz RS0061566; RS0039306; zuletzt 9 ObA 6/98t).
Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, läßt sich der Unternehmensübergang von einer KG auf eine GmbH mit Gesamtrechtsnachfolge auf folgende zwei Arten erreichen:
a) Die Gesellschafter der KG gründen eine GmbH, die zunächst als bloßer Arbeitsgesellschafter in die KG eintritt. Sodann bringen die Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an der KG in die bereits vorher in die Personengesellschaft eingetretene GmbH ein und diese übernimmt als letztverbleibender Gesellschafter das Unternehmen analog § 142 HGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge; oder:
b) Alle Gesellschafter der KG gründen eine GmbH durch Einbringung ihrer Gesellschaftsanteile an der KG als Sacheinlagen; die GmbH erwirbt auf diese Weise alle Anteile an der Personengesellschaft und die Personengesellschaft erlischt infolge Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand; ihr Vermögen wächst analog § 142 HGB dem letzten Gesellschafter - nämlich der GmbH - an (Reich-Rohrwig, Das österr GmbH-Rechtý, Rz 1/385 f; Koppensteiner, KommzGmbHGý, Rz 14 zu § 10; so auch OLG Innsbruck ecolex 1998, 637 [Fries/Fantur]). Nach Lehre und Rechtsprechung ändert nämlich der gleichzeitige Wechsel aller Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft nichts an der Identität der Gesellschaft, weil die Rechtsträger des Gesellschaftsvermögens die jeweiligen Gesellschafter zur gesamten Hand sind (ecolex 1991, 855 = EvBl 1992/22 = RdW 1992, 9 = WBl 1992, 99 = WoBl 1992, 59 = MietSlg 43.176 = HS 22.052 = HS 22.120 = HS 22.682). Dadurch, dass die Gesellschafter der KG ihre Anteile der GmbH übertragen haben, hat sich also zunächst an der Identität der KG nichts geändert, vielmehr ist es gleichzeitig zu einem Anwachsen nach § 142 HGB und damit auch zu einer Universalsukzession der GmbH gekommen. Wollte man den Gesellschaftern die Übertragung aller Anteile auf einen einzigen Erwerber im Wege der Abtretung versagen, so hätte dies zur Folge, dass der Erwerber zunächst durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils Gesellschafter werden müsste, um sodann durch Anwachsung nach § 142 HGB die übrigen Anteile zu erwerben. Für einen derartigen Umweg besteht aber keine Notwendigkeit. Ebenso wie gemäß § 142 HGB das Geschäft einer Personenhandelsgesellschaft von einem Gesellschafter ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen werden kann, mit der Folge, dass die Gesellschaft erloschen ist und dass der Übernehmer Vertragspartner und eigentlicher Schuldner der Gesellschaftsgläubiger geworden ist, wird auch bei der Abtretung aller Gesellschaftsanteile an einen einzigen Erwerber dieser ohne Liquidation im Wege der Gesamt- rechtsnachfolge Übernehmer des Gesellschaftsvermögens, wobei die Gesellschaft erlischt (BGHZ 71, 299 ff; Baumbach/Duden/Hopt, KommzHGB29, Rz 19 zu § 142).
Richtig ist zwar, dass die Einbringung eines Betriebes nach § 12 UmgrStG Einzelrechtsnachfolge bewirkt (RIS-Justiz RS0108514; Koppensteiner, KommzGmbHG2 Rz 14 zu § 10 mwN). Im vorliegenden Fall wurde aber nicht ein Unternehmen eingebracht, sondern erfolgte die Einbringung der Mitunternehmeranteile an der KG im Sinne des § 12 Abs 2 Z 3 UmgrStG. Dabei handelt es sich um die Anteile an der KG (Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, KommzUmgrStG, Rz 85 zu § 12).
Durch die Übertragung der Anteile an der KG ist im Sinne der obigen Ausführungen eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten, weshalb die klagende GmbH aktiv legitimiert ist und dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben war.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.