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OGH 03.10.2007, 6Ob42/07f

OGH 03.10.2007, 6Ob42/07f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Klemens D*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** AG, gegen die beklagte Partei Mag. Brigitte K*****, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, und ihre Nebenintervenientin B***** AG *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 363.364,17 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 146/06i-32, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 18 Cg 83/00w-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin binnen 14 Tagen die jeweils mit 2.637,72 EUR (davon 439,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt als Masseverwalter einer in Konkurs verfallenen Bank (künftig: Gemeinschuldnerin) Schadenersatz wegen der Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers nach § 275 HGB (aF) von der Beklagten als Gehilfin des Abschlussprüfers anlässlich der Abschlussprüfung des Geschäftsjahres 1995.

Der Abschlussprüfer, die E***** GesellschaftmbH, sowie der Prüfungsleiter Dkfm. Walter T***** wurden bereits rechtskräftig zur ungeteilten Hand zum Ersatz eines Schadens von 363.354,17 EUR je Jahresabschluss verurteilt. Die Gemeinschuldnerin verfügte vom bis zur Konkurseröffnung am über eine Bankkonzession. Zur Prüfung der Bilanzen und Jahresabschlüsse war im Zeitraum 1991 bis 1995 die E***** GmbH, für 1996 und 1997 die S***** GmbH (früher Prof. Dr. S***** und Dkfm. T***** und Mag. G***** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH) bestellt. Prüfungsleiter war jeweils der gesetzliche Vertreter der Prüfer, nämlich Dkfm. Walter T*****. In den Jahren 1991 bis 1997 erteilten die Bankprüfer der Gemeinschulderin uneingeschränkte Bestätigungsvermerke. In den Geschäftsjahren 1991 bis 1996 beruhte die Buchhaltung der Gemeinschuldnerin ausschließlich auf einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, es gab keine doppelte Buchhaltung. Es gab keine Prüfungsplanung durch die Prüfkanzlei und keine schriftliche Dokumentation darüber, wer welche Position geprüft hat; eine Kontrolle der Eröffnungsbilanz war nicht gegeben, es war überhaupt keine „zu testierende Bilanz" vorhanden. Es existierte keine Ableitungsmöglichkeit von der zu prüfenden zu der zu testierenden Bilanz. Ein internes Kontrollsystem (IKS) war nicht eingerichtet, eine Prüfung desselben fand nicht statt. Es gab keine Kontrolle durch den Prüfungsleiter Dkfm. Walter T***** und keine Prüfungshandlungen hinsichtlich Bewertung und Ausweis von CA-Global-Futures. Es mangelte an Saldenbestätigungen im Bereich der Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und an einer Prüfung „der Eventualverbindlichkeit". Im Jahr 1995 wurden gewisse Buchungen lediglich über Anweisung des Wolfgang R***** durchgeführt. Es fehlten die Prüfung der Zentralkasse, die Saldenbestätigungen im Bereich der Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, die ordnungsgemäße Prüfung der Kundeneinlagen, der Eventualverbindlichkeiten sowie des Anhangs- und Lageberichts. In den Jahren 1991 bis 1997 hätte es im Hinblick auf diese Umstände zu einer Versagung des Bestätigungsvermerks kommen müssen. Dementgegen wurden in diesen Jahren uneingeschränkte Bestätigungsvermerke durch die Prüfer erteilt. Die Versagung der Bestätigungsvermerke 1997 erfolgte im Nachhinein im Oktober 1998. In sämtlichen Jahresabschlüssen bzw Bilanzen waren Überdeckungen in beträchtlicher Höhe ausgewiesen, obwohl richtigerweise unter Berücksichtigung der Bilanzverluste sogar beträchtliche Unterdeckungen vorlagen. Dies war unter anderem darauf zurückzuführen, dass bei einer ex ante Betrachtung bzw bei berufsüblicher Prüfung hätte beachtet werden müssen, dass unter den Forderungen gegenüber Kreditinstituten ausgewiesene CA-Global-Futures auf Null abzuwerten gewesen wären, und zwar ab dem Jahr 1991. Bei Anforderungen von Bestätigungen beim Kreditinstitut selbst hätte festgestellt werden können, dass der Wert der CA-Global-Future-Konten negativ war. Auch die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden waren in den Bilanzen nicht zutreffend dargestellt, bei umfangreichen Prüfungshandlungen in diesem Bereich der Einlagekonten wäre dies erkannt worden. Ab dem Jahr 1995 wäre auch der jeweils ausgewiesene Kassastand der Zentralkasse auf Null abzuwerten gewesen, weil diese in Wahrheit nicht existierte. Die insolvenzrechtliche Überschuldung der Gemeinschuldnerin ist jedenfalls im Jahr 1992 eingetreten. Es liegt sowohl eine buchmäßige Überschuldung als auch eine Effektivverschuldung vor. Der Verschuldensgrad lag bei weit über 100 %. Eine (positive) Fortbestandsprognose lag nicht vor, Sanierungsmaßnahmen waren aussichtslos. Vorbehaltlich einer massiven Eigenmittelzufuhr hätte weder eine Auflösung von Rücklagen noch eine Veräußerung der Filialen eine Veränderung herbeigeführt. Die insolvenzrechtlich relevante Überschuldung ist durch die korrigierten Bilanzwerte ersichtlich geworden. Bei pflichtgemäßer Jahresabschlussprüfung hätten die bestellten Bankprüfer und Dkfm. Walter T***** als Prüfungsleiter die Fehler der Jahresabschlüsse erkennen können. Daraus wären die buchmäßige Überschuldung, die insolvenzrechtlich relevante Überschuldung und die Zahlungsunfähigkeit ersichtlich geworden. Durch die Nichteröffnung des Konkurses im Jahr 1992 ist den Jahren 1992 bis 1997 eine Quotenverschlechterung eingetreten, die in den einzelnen Jahren höher als 5 Mio S (= 363.364,17 EUR) ist.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über das eingangs Wiedergegebene Folgendes fest:

Das Prüfungsteam der Wirtschaftsprüfung der Gemeinschuldnerin im Geschäftsjahr 1995 bestand aus dem Prüfungsleiter Dkfm. T***** und den Gehilfen Mag. L*****, Mag. G***** und der Beklagten. Diese prüfte im Rahmen dieser Wirtschaftsprüfung folgende Teilbereiche: Auf der Aktivseite gehörte die Abstimmung des Sachanlagevermögens zu ihren Aufgaben: anhand der einzelnen Belege, die auch in den Arbeitspapieren abgelegt worden sind, wurden die Zugänge verprobt. Ebenso wurde das Prüffeld Lohn- und Gehaltsverrechnung (inklusive Rückstellungen) von ihr bearbeitet. Dazu zählten auch die Forderungen an die Dienstnehmer, die Abstimmung der Konten „Dienstgeberbeitrag" und „Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag" sowie das Verrechnungskonto „Kommunalsteuer". Auf der Passivseite war sie mit der Prüfung der Abfertigungs- und Urlaubsrückstellungen befasst. Die Kontrollhandlungen erfolgten hier auf Basis der Lohnkonten und mittels Verprobungen anhand einiger Dienstnehmer der Gemeinschuldnerin. Sie überprüfte auch das Verrechnungskonto „Finanzamt Steuer", wobei sie die Buchungsmitteilungen und die Bankauszüge kontrollierte. Im Bereich der Gewinn- und Verlustrechnung war die Beklagte mit der Prüfung und Abstimmung folgender Bereiche befasst:

Kontrolle der freiwilligen Sozialaufwendungen, Verbuchungen DB/DZ/Kommunalsteuer, Verbuchung der Fahrt- und Reisespesen, sonstigen Abgaben und Gebühren, Mieten, Leasing und Kraftfahrzeuge, Versicherungen, Vermittlungsprovisionen. Ihr war nicht bewusst, dass sie an einer Abschlussprüfung mitwirkte. Ihre Prüfungshandlungen nahm sie aufgrund einer Saldenliste vor. Das Ergebnis ihrer Arbeit legte sie in einem Ordner ab. Die entsprechenden Anweisungen erhielt sie vom Prüfungsleiter Dkfm. T*****. An der Prüfung risikobehafteter Positionen wirkte sie nicht mit (CA-Global-Futures, Prüfung des Kassenbestands, Abstimmung der Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, Einlagekonten, Eventualverbindlichkeiten).

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Gemäß § 275 Abs 1 HGB (in der gemäß § 906 Abs 6 HGB hier noch anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des FMAG BGBl I 2001/97) seien der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletze, sei der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Personen hafteten als Gesamtschuldner. Bei der den Gehilfen persönlich treffenden Haftung sei jene aus der Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht oder aus der unbefugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen iSd § 275 Abs 1 Satz 2 HGB im Wesentlichen unproblematisch. Der davon betroffene Kreis der Gehilfen werde im Schrifttum überwiegend weit gezogen. Dem liege zu Grunde, dass die Verschwiegenheitspflicht und das Verwertungsverbot - vertragsunabhängig - aus dem besonderen Vertrauensschutz infolge Sphärenöffnung resultiere. Weder Rechtsprechung noch Lehre hätten sich bislang näher mit der Frage befasst, welche Pflichten exakt den Gehilfen bei der Prüfung selbst träfen bzw anhand welcher ihm auferlegten Pflichten zu beurteilen sei, ob er diese „objektiv" verletzt habe. Hinsichtlich der den Abschlussprüfer insofern treffenden haftungsrelevanten Pflichten sei strittig, ob nur jene nach Satz 1 des § 275 Abs 1 HGB (Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung) oder neben diesen eigentlichen Prüfungshandlungen (§ 269 HGB) auch die dem Gesetz sonst entnehmbaren Pflichten - etwa auf Berichterstattung oder Warnung - erfasst seien. Die in Rede stehenden Bestimmungen (§ 269, §§ 272 bis 274 HGB) enthielten als Normadressaten ausschließlich den Abschlussprüfer. Seine Gehilfen fänden darin - anders als in § 275 Abs 1 HGB - keine Erwähnung. Sei der Gehilfe aber nicht Adressat dieser Pflichten, schieden diese zur Beurteilung des Vorliegens einer objektiven Pflichtwidrigkeit aus. Für eine ausdehnende Auslegung des § 275 Abs 1 HGB aF stünde schon im Hinblick darauf kein Raum, dass der Gesetzgeber aufgrund der erkannten Systemwidrigkeit der persönlichen Haftung des Gehilfen für Prüfungsfehler ungeachtet des Fehlens einer Vertragsbeziehung zur geprüften Gesellschaft die Haftung des Gehilfen nach § 275 Abs 1 HGB nF auf die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und die unbefugte Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen eingeschränkt habe. Demnach sei der Gehilfe nur Adressat der Verpflichtung nach § 275 Abs 1 Satz 1 HGB, wonach er „gewissenhaft und unparteiisch" zu prüfen habe. § 269 HGB sei ein dem Gehilfen (persönlich) auferlegter Pflichtenkreis nicht zu entnehmen, sodass ihm bei diesbezüglichen Mängeln von vornherein keine objektive Pflichtwidrigkeit zur Last liege. Der vom Gehilfen zu besorgende Aufgabenkreis beschränke sich auf jenen, den ihm der Prüfer übertragen habe. Wie sein Beitrag beim arbeitsteiligen Vorgang einer Abschlussprüfung unter Beiziehung verschiedener Gehilfen in weiterer Folge von den sodann befassten behandelt werde, liege nicht mehr in der Gerenz des Gehilfen. Dieser handle demnach gerade nicht objektiv pflichtwidrig, wenn er bei der ihm übertragenen Prüfungstätigkeit erkannte Unzulänglichkeiten dem im arbeitsteiligen Prozess Ranghöheren aufgezeigt habe. Solange dem Gehilfen vom Abschlussprüfer nicht auch die Kontrolle dahin übertragen worden sei, ob die von ihm gelieferten (Teil-)Ergebnisse von den damit weiters Befassten auch entsprechend berücksichtigt wurden, schlügen deren Versäumnisse nicht zu Lasten des Gehilfen durch, würde dies doch zu einer - dem Gesetz nicht entnehmbaren - Erfolgshaftung des Gehilfen für das Gelingen der Abschlussprüfung führen. Die Beklagte habe nach den Anweisungen des Prüfungsleiters Dkfm. T***** gearbeitet. Der Vorwurf der Rechtsverletzung durch die Beklagte sei nicht berechtigt. Im Übrigen sei es dem Kläger nicht gelungen, die Kausalität des Verhaltens der Prüfungsgehilfen für den Eintritt des Schadens nachzuweisen. Dem Erstgericht sei nämlich beizupflichten, dass es bei Gegenüberstellung der Tätigkeit der Prüfungsgehilfen und der schuldhaften Verhaltensweise des Prüfungsleiters evident werde, dass ein allenfalls auch durch den Prüfungsgehilfen nicht ausreichend sorgfältig bearbeiteter Teilbereich nicht kausal für den eingetretenen Schaden sein könne. Hinzu komme noch, dass die Gemeinschuldnerin schon 1992 insolvent gewesen sei und die Beklagte an einer Prüfung 1995 teilgenommen habe, wobei der Prüfungsauftrag von Dkfm. T***** im Hinblick auf die Insolvenz keineswegs hätte angenommen werden dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Als Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung rügt der Revisionswerber, dass die Vorinstanzen nicht festgestellt hätten, dass bei der Prüfung des Geschäftsjahres 1995 die Prüfungshandlungen nur von den Gehilfen (der Beklagten, Mag. L***** und Mag. G*****) gesetzt worden seien und nicht von Dkfm. T*****. Die Gehilfen seien gemeinsam für die Gesamtprüfung verantwortlich gewesen; die Beklagte habe den Auftrag gehabt, eine Abschlussprüfung zu machen und sich die Prüfaufgaben mit den anderen (gleichrangigen) Gehilfen aufzuteilen. Die Beklagte habe nicht sichergestellt, dass alle Bereiche geprüft werden. Sie habe nicht gewusst, ob die Gemeinschuldnerin eine interne Revision habe. Es sei niemand dafür zuständig gewesen, die Existenz einer internen Revision sowie die Bankverbindlichkeiten zu prüfen. Bei entsprechenden Feststellungen hätte sich eine konkrete Verletzung der an die Beklagte als Gehilfin übertragenen Verpflichtung (Aufteilung aller Prüffelder) ergeben. Die Beklagte habe die ihr übertragenen Aufgaben gerade nicht gewissenhaft, sondern vielmehr unvollständig erbracht. Dem ist zu erwidern, dass die begehrten Feststellungen im Wesentlichen nicht infolge abweichender rechtlicher Beurteilung der Vorinstanzen unterblieben sind, sondern auf Basis der vorgenommenen Beweiswürdigung andere (und gegenteilige) Feststellungen getroffen wurden, wie etwa jene, dass die Beklagte entsprechende Anweisungen von Dkfm. T***** erhielt und ihr nicht bewusst war, dass sie an einer Abschlussprüfung mitwirkt, dass sie keine Mängel feststellte und davon nichts erfuhr. Dem Obersten Gerichtshof ist aber die Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen (E. Kodek in Rechberger³, ZPO § 503 Rz 1).

Der Revisionswerber macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe § 275 HGB - betreffend den Umfang der Gehilfenhaftung - viel zu eng interpretiert. Der Gehilfe handle rechtswidrig, wenn er nicht eine ordnungsgemäße, den Gesetzen und Fachgutachten entsprechende Prüfung durchführe bzw nicht dafür Sorge trage. Eine ordnungsgemäße Prüfung habe jedoch nicht stattgefunden. Eine ganze Reihe von erforderlichen Prüfungshandlungen sei unterlassen worden. Die Beklagte habe nicht für die Prüfung aller Gebiete gesorgt. Sie habe damit eigene Pflichten verletzt. Es läge kumulative Kausalität vor, die Schädiger hafteten solidarisch.

Dazu wurde erwogen:

§ 275 Abs 1 und 2 HGB in der bis zum geltenden Fassung

lautete:

„(1) Der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft sind zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen nicht unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verwerten, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben. Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, ist der Gesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Personen haften als Gesamtschuldner.

(2) Die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, beschränkt sich auf fünf Millionen Schilling für eine Prüfung. Dies gilt auch, wenn an der Prüfung mehrere Personen beteiligt gewesen oder mehrere zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen worden sind, und ohne Rücksicht darauf, ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben."

Gemäß dieser Bestimmung bestand daher eine unmittelbare Haftung der Prüfgehilfen gegenüber dem Geschädigten. Diese in der Lehre als merkwürdig und systemwidrig erachtete unmittelbare Haftung (siehe etwa Dehn in ÖBA 2002, 377 f) wurde durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz, BGBl I 2001/97 beseitigt. Sie stünde im Widerspruch zu allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts, wonach der Erfüllungsgehilfe dem Vertragspartner des Geschäftsherrn nur ausnahmsweise hafte. Es sei kein rechtspolitischer Grund dafür zu sehen, dass die Gehilfen des Abschlussprüfers der geprüften Gesellschaft unmittelbar haften (641 BlgNR 21. GP 97). Zur entscheidungswesentlichen Frage nach der Rechtsnatur der unmittelbaren Haftung der Abschlussprüfergehilfen gemäß § 275 HGB aF führte jüngst der 1. Senat des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 1 Ob 45/07k im Anschluss an Äußerungen im Schrifttum (insbesondere Schauer, Die Haftung des Abschlussprüfers, RdW 1999, 290 ff; Kofler/Payerer in Kofler/Nadvornik/Pernsteiner/Vodrazka, Handbuch Bilanz und Abschlussprüfung [1998], § 275 HGB Rz 26) aus, dass der Abschlussprüfergehilfe der Gesellschaft nach § 275 HGB aF nur im Rahmen seines Dienstverhältnisses/Auftrags zum Geschäftsherrn (Abschlussprüfer) haftet. Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat bei.

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass der Beklagten Fehler bei der Ausübung ihres (dienstlichen) Auftrags anzulasten wären, insbesondere kann ihr nicht vorgeworfen werden, nicht sichergestellt zu haben, dass alle Bereiche geprüft werden, und nur nach den Anweisungen des Prüfungsleiters gearbeitet zu haben. Das Berufungsgericht hat somit die Rechtsfrage der Prüfergehilfenhaftung richtig beurteilt. Auf die Frage der Kausalität ist nicht einzugehen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die von der Beklagten geltend gemachte Umsatzsteuer war (zu ihren Gunsten) rechnerisch zu berichtigen, zumal ihr bloß ein Rechenfehler unterlaufen ist. Bemessungsgrundlage ist der Betrag von 363.364,17 EUR.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Kennung XPUBL
Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in
ÖBA 2008,356/1475 (Apathy) - ÖBA 2008/1475 (Apathy)
XPUBLEND
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2007:0060OB00042.07F.1003.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAD-61428