OGH 27.04.2016, 7Ob48/16h
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen L* S*, geboren am * 2007, und J* S*, geboren am * 2009, Mutter S* S*, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in Dornbirn, Vater B* S*, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 8/16y-113, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom , bestätigt durch den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , wurde dem Vater (mit Ablauf des rechtskräftig) nach § 107 Abs 3 Z 5 AußStrG die Hinterlegung des Reisepasses des Minderjährigen L* S* beim Bezirksgericht Dornbirn aufgetragen. Mit Schriftsatz vom beantragte der Vater die unbefristete Wiederausfolgung dieses Reisepasses, hilfsweise für den Zeitraum bis .
Rechtliche Beurteilung
Der Vater zeigt in seinem Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf:
1. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch im außerstreitigen Verfahren ergangene Entscheidungen der materiellen und formellen Rechtskraft fähig und binden die Betroffenen und das Gericht (§ 43 Abs 1 AußStrG; RIS-Justiz RS0007171). Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung ist auch im außerstreitigen Verfahren in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (RIS-Justiz RS0007477). Nur gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen hält die materielle Rechtskraft nicht stand (RIS-Justiz RS0007140, RS0007171 [T21]). Im außerstreitigen Verfahren ergangene Entscheidungen können daher nur bei einer Änderung der Verhältnisse abgeändert werden (RIS-Justiz RS0007148). Entscheidend ist, ob gegenüber jenem Sachverhalt, der für die frühere Entscheidung maßgeblich war, eine Änderung eingetreten ist (RIS-Justiz RS0007201). Die Verhältnisse müssen sich wesentlich und nicht bloß unbedeutend geändert haben (10 Ob 61/15s mwN).
2. Der Antrag des Vaters auf Wiederausfolgung des Reisepasses datiert zwei Monate nach der Beschlussfassung durch das Erstgericht und nur zwei Tage nach Eintritt von dessen Rechtskraft. Darin wurden mit Ausnahme des beabsichtigten Besuchs der Großeltern in Bosnien in den Weihnachtsferien 2015/16 nur Umstände angeführt, die bereits bei der Entscheidungsfindung im Zuge der Anordnung der Maßnahme ausdrücklich berücksichtigt wurden.
3. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Verhältnismäßigkeit wendet, kritisiert er aufgrund der Nähe der Antragstellung zur rechtskräftigen Erledigung der Maßnahmenanordnung - diese war mangels Zuerkennung einer vorläufigen Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit nach § 44 AußStrG erst nach Ablauf der Revisionsrekursfrist vollstreckbar (vgl Beck in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 107 Rz 17 mwN) - ausschließlich das bereits rechtskräftig erledigte Verfahren, in dem die Verhältnismäßigkeit ausdrücklich geprüft wurde.
4. Es trifft zwar zu, dass im Obsorgeverfahren nach ständiger Rechtsprechung das Neuerungsverbot insofern eingeschränkt ist, als im Rechtsmittelverfahren nach der Beschlussfassung einer der Vorinstanzen eingetretene aktenkundige Entwicklungen im Hinblick auf das Kindeswohl zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0122192). Diese aktenkundigen Änderungen müssen aber die bisherige Tatsachengrundlage wesentlich verändern (RIS-Justiz RS0006893 [T16]) und unstrittig sein (7 Ob 16/13y mwN). Auf solche Tatsachen bezieht sich der Revisionsrekurs nicht.
5. Schon im Hinblick auf das Revisionsrekursvorbringen und die Kürze der seit Rechtskraft der Vorentscheidungen verstrichenen Zeit, stellen sich die anderen vom Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen nicht. Dass dem Revisionsrekurswerber für seinen Eventualantrag (Wiederausfolgung des Reisepasses des Minderjährigen L* S* für den Zeitraum bis ) die Beschwer fehlt, wie bereits das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, zieht er ohnehin nicht in Zweifel.
6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | 24 Entscheidungen zum Familienrecht, 1 Generalabonnement |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2016:E114499 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAD-61368