OGH vom 05.04.2005, 5Ob24/05y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Landeshauptstadt *****, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des 1) Dr. Peter B*****, und der 2) Isolde L*****, beide vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom , AZ 4 R 187/04m, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG aF zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG aF iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** ist zu Gunsten der Rechtsmittelwerber aufgrund einer zu 5 Cg 248/03f des Landesgerichtes Feldkirch ergangenen einstweiligen Verfügung ein richterliches Belastungs- und Veräußerungsverbot angemerkt. Im Rang nachfolgend begehrte die Antragstellerin ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** die Einverleibung ihres Eigentumsrechts sowie ob letztgenannter Liegenschaft auch die Einverleibung des Wohnrechts für den bisherigen Eigentümer Rudolf S*****.
Das Erstgericht bewilligte dieses Einverleibungsgesuch.
Gegen diesen Bewilligungsbeschluss erhoben die Verbotsberechtigten Rekurs mit der wesentlichen Begründung, der Einverleibung des Eigentums der Antragstellerin stehe das richterliche Veräußerungsverbot entgegen. Überdies habe auf dem die Grundlage der Eigentumseinverleibung bildenden Schenkungsvertrag die Unterschrift der Geschenknehmerin gefehlt und die auf der Urkunde angebrachte Genehmigung der Grundverkehrs-Landeskommission habe sich nicht auf den vorgelegten, sondern auf einen Jahre früher errichteten Vertrag bezogen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verbotsberechtigten nicht Folge. Es erörterte rechtlich, dass ein richterliches Belastungs- und Veräußerungsverbot nur eine Rang-, jedoch keine absolute Eintragungssperre bewirke. Trotz Anmerkung eines solchen Verbots seien damit in Widerspruch stehende Eintragungen zulässig, doch erlangten diese ihre Wirkung nur dann, wenn die das Verbot begründende einstweilige Verfügung aufgehoben und der von der gefährdeten Partei auf die Liegenschaft erhobene Anspruch rechtskräftig abgewiesen werde. Das Original des Schenkungsvertrags enthalte die Unterschriften auch der für die Geschenknehmerin tätigen Organe und dass die Genehmigung der Grundverkehrs-Landeskommission das Datum „" trage schade ebenfalls nicht; seinerzeit sei der von denselben Parteien über die genannten Liegenschaften abgeschlossene Schenkungsvertrag auf den Todesfall genehmigt worden und es sei offensichtlich der Genehmigungsvermerk auf dem neuen Vertrag mit dem alten Datum versehen worden.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige; davon könne hier mit Rücksicht auf die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr gemäß § 26 Abs 1 GGG von über EUR 740.000 ausgegangen werden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil sich das Rekursgericht an zitierter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes orientiert habe.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Verbotsberechtigten mit dem Begehren, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Einverleibunsgesuchs abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Rechtsmittelwerber machen im Wesentlichen geltend, die Annahme des Rekursgerichts, dem Gesuch sei das Original des Schenkungsvertrags mit Unterschriften auch der für die Geschenknehmerin tätigen Organe beigelegen, sei aktenwidrig. Die ursprünglich vorgelegte Urkunde habe - wie von der Grundbuchsführerin gemäß § 91 GBG bestätigt - nur aus einem Bogen bestanden, während der über nachträgliche Aufforderung vom Vertragsverfasser vorlegte Vertrag - beinhaltend an dessen Ende auch die Unterschriften für die Geschenknehmerin - zwei Bögen umfasse; mit diesen Umständen habe sich das Rekursgericht nicht auseinandergesetzt, was auch einen Verfahrensmangel begründe. Mangels Unterfertigung des Schenkungsvertrags durch die Organe der Geschenknehmerin sei der Bewilligungsbeschluss wegen Nichtigkeit aufzuheben. Es könne auch nicht darüber hinweggegangen werden, dass der im April errichtete Schenkungsvertrag eine Genehmigung der Grundverkehrs-Landeskommission mit dem Datum „" trage, weil der frühere Vertrag nicht mit dem Einverleibungsgesuch vorgelegt worden sei und die beiden Verträge auch inhaltlich nicht gleichlautend seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
1. Vorauszuschicken ist, dass der Ausspruch des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstandes auch in Grundbuchssachen bindend ist, sofern nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (RIS-Justiz RS0007074; RS0007081). Die Bewertungsvorschrift des § 60 Abs 2 JN legt den Wert des Entscheidungsgegenstandes dann bindend fest, wenn die Liegenschaft selbst streitverfangen ist (RIS-Justiz RS0046509). Das trifft im Grundbuchsverfahren etwa für die - auch hier zu beurteilende - Einverleibung des Eigentumsrechts an einer Liegenschaft zu ( mwN). Das Rekursgericht hat einen EUR 20.000 übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes mit Rücksicht auf die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr gemäß § 26 Abs 1 GGG von über EUR 740.000 angenommen. Wie die Erhebungen des Obersten Gerichtshofes ergeben haben, beträgt auch der steuerliche Einheitswert der den Gegenstand des Einverleibungsgesuchs bildenden Liegenschaften mehr als EUR 20.000, sodass das Rekursgericht mit seinem Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige EUR 20.000, jedenfalls keine zwingende Bewertungsvorschrift verletzt hat.
2. Die Untersagung der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung von Liegenschaften und bücherlichen Rechten ist gemäß § 384 Abs 2 EO von amtswegen in dem öffentlichen Buch, in welchem die Liegenschaft oder das fragliche Recht eingetragen ist, anzumerken. Nach § 384 Abs 3 EO wird durch Eintragungen, welche nach Vollzug dieser Anmerkung auf Grund einer vom Gegner der gefährdeten Partei dem Verbot zuwider vorgenommenen freiwilligen Verfügung erfolgen, der gefährdeten Partei gegenüber nur für den Fall ein Recht bewirkt, als die von ihr geltend gemachte Geldforderung oder der von ihr auf die Liegenschaft oder das bücherliche Recht erhobene Anspruch rechtskräftig abgewiesen wird.
3. Schon der Wortlaut des § 384 Abs 3 EO spricht eindeutig dafür, dass Grundbuchseintragungen auch auf Grund solcher Verfügungen des Liegenschaftseigentümers erfolgen können, die dem ihm erteilten Verbot einer Veräußerung oder Belastung der Liegenschaft zuwiderlaufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht daher - wie schon das Rekursgericht zutreffend dargestellt hat - ein richterliches Veräußerungs- und Belastungsverbot weiteren bücherlichen Eintragungen nicht entgegen (5 Ob 5/91 = WoBl 1993, 19 mwN; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 384 EO Rz 5 mwN), und zwar auch dann nicht, wenn diese mit dem Verbot im Widerspruch stehen (5 Ob 193/98p = NZ 2000, 344). Der bessere Grundbuchsrang des richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots wirkt sich aber insoweit aus, als nachrangige Grundbuchseintragungen zu löschen sind, falls der gefährdeten Partei der die Liegenschaft betreffende Anspruch endgültig zuerkannt wird. Ist das der Fall, haben die nach der Anmerkung des richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots erfolgten bücherlichen Eintragungen nur insofern Wirkung, als sie dem Anspruch, bezüglich dessen das Verbot erlassen wurde, nicht entgegenstehen; andernfalls sind sie zu löschen (RIS-Justiz RS0005173; Hoyer, Die Wirkungen des rechtlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes, NZ 1996, 97 [105]). Die trotz des Verbotes vorgenommenen Verfügungen des Eigentümers beeinträchtigen also die Rechtsstellung des durch das Veräußerungsverbot Gesicherten dann nicht, wenn diesem der gesicherte Anspruch zuerkannt wird (vgl 1 Ob 71/00y).
4. In ihrem Revisionsrekurs treten nun die verbotsberechtigten Rechtsmittelwerber - anders als noch in ihrem Rekurs - der zuvor dargestellten Wirkung eines richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots nicht mehr entgegen; sie halten aber an den vermeintlichen Mängeln der Schenkungsurkunde fest, die nach Ansicht der Rechtsmittelwerber - aus mit dem angemerkten Veräußerungsverbot freilich in keinerlei Zusammenhang stehenden - Gründen der begehrten Eigentumseinverleibung entgegen stünden. Derartige, allein die materielle Gesuchserledigung betreffende, mit dem angemerkten Verbot nicht zusammenhängende Einwände stehen dem durch ein richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbot Gesicherten aber nicht zu, weil dies dem rein provisorischen Charakter eines solchen Verbots widersprechen würde und insoweit eine Beeinträchtigung der Rechtsposition des Verbotsberechtigten auch ausgeschlossen ist. Wird diesem nämlich der gesicherte Anspruch betreffend die Liegenschaft endgültig zuerkannt, dann sind - wie oben dargestellt - nach der Verbotsanmerkung erfolgte und diesem Verbot entgegen stehende bücherliche Eintragungen ohnehin zu löschen. Eine allfällige - die Wirkung des angemerkten Verbots jedenfalls nicht beeinträchtigende - unrichtige Erledigung eines Gesuchs betreffend eine bei Erfolg des Verbotsberechtigten ohnehin zu löschende Eintragung kann dessen Rechtsstellung nicht beeinträchtigen. Wird dagegen der gefährdeten Partei der geltend gemachte Anspruch rechtskräftig aberkannt und die einstweilige Verfügung aufgehoben, dann kann ihr umso weniger eine Legitimation zugebilligt werden, vermeintliche Mängel eines Einverleibungsgesuches betreffend eine Liegenschaft geltend zu machen, an der ihr bücherliche Rechte nur in Ansehung der Beachtung bzw. Aufrechterhaltung der Anmerkung des richterlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots zustehen.
Die von den Verbotsberechtigten gegen das Einverleibungsgesuch geltend gemachten Einwände sind daher unbeachtlich; sie werfen keine iSd § 14 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfragen auf.