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OGH vom 21.11.1985, 6Ob695/85

OGH vom 21.11.1985, 6Ob695/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Johannes A, Kaufmann, Wien 4., Lamprechtgasse 16, vertreten durch Dr.Mathias Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mathias A. K***, Kaufmann, Wien 15., Hackengasse 7-9, vertreten durch Dr.Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,260.000,-- samt Anhang (Streitwert für das Revisionsverfahren S 1,180.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ.2 R 121/85-73, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ.14 Cg 74/79-66, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen,

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.157,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.596,15 Umsatzsteuer und S 3.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte zuletzt vom Beklagten die Bezahlung des Betrages von S 1,260.000,-- samt Anhang, in eventu, die Eigentumsgemeinschaft der klagenden Partei und der beklagten Partei an dem im Standort 1150 Wien, Hackengasse 7-9, betriebenen kaufmännischen Unternehmen mit dem Betriebsgegenstand des Einfuhr-, Ausfuhr- und Großhandels mit Waren aus dem Bereiche der Raumausstattung durch Zivilteilung aufzuheben.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von

S 80.000,-- samt Anhang statt, wies das Mehrbegehren samt Anhang und das Eventualbegehren ab.

Die gegen den abweisenden Teil dieses Urteiles gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erachtete die Verfahrens- und Beweisrüge für unberechtigt, wobei es bemerkte, daß der Berufungswerber entgegen der Vorschrift des § 471 Z. 3 ZPO die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung nicht getrennt ausgeführt habe, das Berufungsgericht trotz dieses Formverstoßes aber hiezu Stellung zu nehmen habe, soweit die Beschwerdegründe deutlich erkennbar seien. Die Rechtsrüge erachtete das Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hält - ohne dies allerdings im Rechtsmittelantrag zum Ausdruck zu bringen - das angefochtene Urteil gemäß § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO für nichtig. Mit seinen diesem Rechtsmittelgrund zugeordneten Ausführungen bringt er aber nicht diesen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung, sondern versucht in unzulässiger Weise, die Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Er verwendet zwar teilweise die in der genannten Bestimmung verwendeten Begriffe, verkennt aber, daß mit einem Widerspruch mit sich selbst nur ein Widerspruch im Spruch der Entscheidung selbst, nicht aber in den Gründen oder zwischen Spruch und Gründen gemeint ist (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1760). Im vorliegenden Fall kann aber weder von einem Widerspruch im Spruch selbst, noch davon die Rede sein, daß die Ausführungen des Berufungsgerichtes die berufungsgerichtliche Entscheidung nicht mit Sicherheit überprüfen ließen. Auf die vom Beklagten dem Rechtsmittelgrund der Nichtigkeit zugeordneten Ausführungen, die - wie schon oben gesagt - in Wahrheit eine Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen und der Beweiswürdigung darstellen, ist nicht näher einzugehen. Soweit daher in der Revision Nichtigkeit geltend gemacht wird, ist die Revision zu verwerfen. Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhebt der Kläger nicht den Vorwurf, das Berufungsgericht habe die in der Berufung erhobene Mängelrüge nicht erledigt, sondern rügt insgesamt angebliche Mängel erster Instanz, die das Berufungsgericht nicht anerkannt und behoben habe. Der Kläger übersieht dabei, daß nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, nicht den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z. 2 ZPO darstellen und in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden können (JBl.1972, 569; SZ 41/8; JBl.1976, 370 u.a.). Der Hinweis auf eine Unterlassung einer Verbesserungsmöglichkeit gemäß § 495 ZPO im Zusammenhang mit den nicht getrennt ausgeführten Berufungsgründen geht nicht nur deshalb fehl, weil hier kein Fall dieser Bestimmung vorliegt, da das Berufungsgericht die Berufung nicht zurückgewiesen hat, sondern auch deshalb, weil gar nicht ausgeführt wird, welche nicht getrennt ausgeführten Berufungsgründe das Berufungsgericht nicht behandelt haben soll.

Bezüglich der Ausführungen des Klägers unter dem Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit ist festzuhalten, daß nicht der Vorwurf erhoben wird, erst das berufungsgerichtliche Urteil leide an Aktenwidrigkeiten. Ob aber mit diesen Ausführungen Aktenwidrigkeiten im Sinne des Gesetzes des erstgerichtlichen Urteiles geltend gemacht werden oder wieder nur die Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen versucht wird, braucht nicht geprüft werden. Daß letzteres unzulässig ist, wurde schon oben gesagt. Die Aktenwidrigkeitsrüge bezüglich angeblicher Aktenwidrigkeiten in erster Instanz ist dem Kläger aber verwehrt, weil er diesen Rechtsmittelgrund in der Berufung nicht geltend gemacht hat und in der Revision nicht mehr nachholen darf (JBl.1959, 458; EFSlg.23.153; 4 Ob 610/74; 6 Ob 797/80; 1 Ob 12/82 u.a.).

Auch auf die Rechtsrüge des Klägers darf nicht eingegangen werden. Das Berufungsgericht hat den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet und deshalb die sachliche Behandlung der Rechtsrüge in der Berufung verweigert. Ohne Bekämpfung dieser Vorgangsweise ist dem Obersten Gerichtshof die materiellrechtliche Überprüfung verwehrt (5 Ob 706/81; 6 Ob 572/83; auszugsweise veröffentlicht in EFSlg.44.123). Es ist daher auch nicht mehr zu prüfen, ob die nunmehrige Rechtsrüge überhaupt gesetzmäßig ausgeführt ist. Aus diesen Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.