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OGH vom 01.04.1992, 1Ob549/92

OGH vom 01.04.1992, 1Ob549/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner S*****, vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, wider die beklagten Parteien 1.) B***** Gesellschaft mbH & Co, und 2.) B***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 399.966,20 s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert S 449.966,20) infolge Revision beider Teile bzw Rekurses der beklagten Parteien gegen das Teilzwischenurteil bzw den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 168/91-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 1 Cg 459/87-27, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben; der Revision und dem Rekurs der beklagten Parteien wird dagegen Folge gegeben.

Das Teilzwischenurteil und der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 66.758,94 bestimmten Kosten des gesamten Rechtsmittelverfahrens (darin S 9.026,49 Umsatzsteuer und S 12.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die zweitbeklagte Partei ist, betreibt eine Sommerrodelbahn. Am kam der Kläger auf der von ihm entgeltlich benützten Bahn mit einem Schlitten zum Sturz und zog sich dabei einen Schien- und Wadenbeinbruch sowie einen Bänderriß im Sprunggelenk des rechten Beines zu.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Parteien zum Ersatz seines mit insgesamt S 399.966,20 s.A. (darin S 200.000 Schmerzengeld, S 142.000 Verdienstentgang, S 17.395 bzw S 33.171,20 an Kosten für eine Aushilfskraft sowie S 7.400 an Fahrtspesen) bezifferten Schadens und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle nachteiligen Folgen des Unfalls. Als er im Auslauf nach der letzten Kurve der Bahn den Bremshebel betätigt habe, sei der Schlitten um 90 Grad nach links gedreht worden und von der Bahn abgekommen, wogegen er auf der Bahn weitergeschlittert sei. Dabei habe er sich die Verletzungen zugezogen. Der Unfall sei auf Unebenheit der Bahn und auf Mängel am Schlitten zurückzuführen. Weitere Ursachen für das Ausbrechen des Schlittens seien "zu scharfe Kanten" sowie "reparaturbedürftige Verbindungsstellen" der Bahn gewesen, die auch nicht entsprechend abgesichert gewesen sei. Die beklagten Parteien hätten ihn auch nicht davor gewarnt, daß der Schlitten auch ohne technisches Gebrechen eine zu hohe Geschwindigkeit erreichen könne. Die Haftung der beklagten Parteien sei sowohl im Beförderungsvertrag als auch im Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz begründet.

Die beklagten Parteien wendeten insbesondere ein, der schon vor der letzten Kurve eingeleitete Unfall sei allein darauf zurückzuführen, daß der Kläger zu schnell gefahren sei und dann mit dem Fuß zu bremsen versucht habe. Alle Schlitten würden wöchentlich überprüft. Die letzte Überprüfung der Schlitten und der Bahn sei am Tag vor dem Unfall vorgenommen worden; dabei seien keine Mängel entdeckt worden.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab.

Es stellte fest, die Sommerrodelbahn und die Aufstiegshilfe seien gewerbebehördlich genehmigt. Die Betriebsbewilligung sei am erteilt worden. Die Betriebsvorschrift weise ausdrücklich darauf hin, daß die Benützung der Bahn eine gewisse Mitarbeit des Benützers voraussetze. Auf Höhe der Stütze 2 des Schrägliftes beschreibe die Bahn eine langgezogene Rechtskurve; vor dieser verlaufe sie etwa 25 m lang geradlinig. Nach dieser Kurve gehe die Bahn im Anschluß an eine kurze Gerade in eine nach außen überhöht angelegte Linkskrümmung mit sehr kleinem Radius ("Steilkurve") über; das sei die letzte Kurve vor dem Bahnende. Während der seitliche Abschluß der Bahnsegmente in der Linkskurve aus aufgesteckten und verschweißten Rohren bestehe und die Kurvensegmente dem Radius entsprechend tiefgezogen und stumpf aneinandergeschweißt seien, wodurch die äußere Kurvenwange gegenüber der normalen Mulde um etwa 50 cm angehoben sei, seien in der vorangehenden Rechtskurve gewöhnliche Edelstahlsegmente mit einem Radius von 520 mm, einer Wandstärke von 2 mm und einer oberen Segmentbreite von etwa 1 m verwendet worden. Zum Ausgleich der Fliehkraftwirkung seien die äußeren Schwellenenden angehoben. Die einzelnen Segmente seien derart ineinander gesteckt, daß jeweils das bergseitige Segment das talseitige schuppenartig überlappe. Das überlappende Segment sei am Talende abgeschrägt. Die sich so bildende kleine Stufe sei beim Überfahren zwar bemerkbar, doch sei durch diese Konstruktion gewährleistet, daß sich dem Benützer keine Blechkante entgegenstelle. Bei einzelnen Segmentstößen bestehe ein Vertikalabstand bis zu 1 cm, dieser Abstand werde jedoch beim Überfahren infolge der Elastizität des Materials bis auf 0 reduziert und behindere den Benützer somit nicht. Die Bahnmulden seien vor dem Unfall laufend überprüft worden. Die Oberfläche der Bahn sei zur Unfallszeit nicht holprig gewesen. Zu dieser Zeit hätten sich im Bereich der Bahn Hinweistafeln über die Beförderungsbedingungen für die Rodel- und die Schleppbahn, ferner für eventuelle Bremsmanöver vor jeder Bahnkurve und am Ende der Rutschbahn befunden. In den Beförderungsbedingungen für die Rodelbahn sei darauf hingewiesen, die Geschwindigkeit sei so zu wählen, daß der Benützer weder sich noch andere gefährde, und ferner sei ein Mindesttiefenabstand von 15 m einzuhalten. Der vom Kläger benützte Rodelschlitten bestehe aus dem eigentlichen Schlitten und dem vorgebauten, über eine horizontale Achse schwenkbaren Vorschlitten, auf dem die Füße ruhten. Zwischen den Knien des Benützers befinde sich ein in der Längsachse schwenkbarer Hebel mit einem Griff für beide Hände, der an eine quer zur Längsachse des Schlittens angeordnete Welle angeschweißt sei. Drücke der Benützer diesen Hebel nach vorn, bewegten sich die Bremsklötze nach oben; durch die damit bewirkte Verminderung der Belastung der Kufen und Bremsklötze nehme der Gleitwiderstand ab, sodaß der Schlitten beschleunigt werde. Ziehe der Benützer den Hebel nach hinten, komme es zu einer Belastung der Bremsklötze und dadurch zum Ansteigen der Bremswirkung. Die Konstruktion des Rollschlittens sei in bezug auf Mechanik und Dimensionierung problemfrei. Die Führung des Schlittens werde durch die Muldenform der Bahnsegmente, die Gleitkufen und die Laufrolle sowie durch Gewichtsverlagerungen des Benützers bestimmt. Von diesen abgesehen bestehe die wesentliche Krafteinwirkung aus den Fliehkräften im Kurvenbereich, deren Ausmaß in erster Linie von der Fahrgeschwindigkeit abhänge. Durch die Schlittenführung träten gleichzeitig laufend kleinere Massenkräfte quer zur Bahnlängsachse auf, sodaß ein absolut ruhiger Lauf in Richtung der Bahnachse nicht gewährleistet sei. Durch Schwerpunktverlagerungen infolge Gesäßbewegungen könne der Benützer die fallweise auftretenden führungsbedingten Querbewegungen des Schlittens gewollt oder ungewollt verstärken oder abschwächen. Stabilitätsprobleme treten geschwindigkeitsbedingt auf. Dynamische, vom Benützer allenfalls gezielt verstärkte Querbewegungen könnten in Verbindung mit Fliehkrafteinwirkungen - wie etwa beim Einfahren in die Unfallskurve - und einer hohen Geschwindigkeit dazu führen, daß der Schlitten die Bahn zum Teil verlasse und der Benützer vom Schlitten gedrängt werde. Querbewegungen des Schlittens könnten schon allein infolge Einwirkung der Führungskräfte nicht ausgeschlossen werden. Diese Querbewegungen könnten durch frequenzgleiche Körperbewegungen noch verstärkt werden. In Verbindung mit einer verhältnismäßig hohen Geschwindigkeit könne dann der Schlitten selbst in einer langgezogenen Kurve aus der Bahn geraten.

Das Unfallgeschehen habe beim Einfahren des Klägers in die erwähnte Rechtskurve begonnen; eine präzise Unfallrekonstruktion sei allerdings nicht mehr möglich. Der Kläger habe sich jedenfalls dieser Kurve mit einer für sie überhöhten Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h genähert. Beim Einfahren in die Kurve sei der Schlitten wegen der schon geschilderten, "allenfalls durch den Kläger gezielt verstärkten" dynamischen Querbewegungen instabil geworden und teilweise aus der Bahn geraten. Ob der Kläger seine Fahrgeschwindigkeit durch Betätigung des Bremshebels zuvor noch zu verringern versucht habe, könne nicht festgestellt werden. Mängel des Schlittens seien für dessen Instabilität nicht ursächlich gewesen. Es sei technisch auszuschließen, daß der Schlitten bei "normaler" Benützung an der Unfallstelle aus der Bahn gerate. Ob der Kläger noch versucht habe, mit dem von ihm getragenen Turnschuh am äußersten Rist abzubremsen, könne nicht festgestellt werden. Der rechte Fuß des Klägers sei durch den Sturz nach hinten verdreht worden; dabei habe er sich die schweren Verletzungen am rechten Bein zugezogen. Der vom Kläger benützte Schlitten sei vor dem Unfall laufend gewartet und regelmäßig geprüft worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Vertrag über die entgeltliche Benützung einer Sommerrodelbahn schließe die Nebenverpflichtung des Halters der Anlage ein, den Benützer während der Benützung der Anlage vor körperlichen Schäden zu bewahren. Der Halter der Anlage habe daher alles Zumutbare vorzukehren, um deren gefahrlose Benützung zu ermöglichen. Gemäß § 1298 ABGB hätten die beklagten Parteien zu beweisen, daß das Beförderungsmittel nicht gefahrenträchtig gewesen sei und sie bei der Auswahl des Gerätes die nötige Sorgfalt gewahrt hätten. Daß der Unfall auf die Beschaffenheit der Bahn oder auf Mängel am Schlitten zurückzuführen sei, könne ausgeschlossen werden. Den Unfall habe vielmehr der Kläger durch Einhaltung einer für den Unfallsbereich überhöhten Geschwindigkeit herbeigeführt. Dem Kläger sei somit mangelnde Sorgfalt in eigener Sache vorzuwerfen, wogegen die beklagten Parteien bewiesen hätten, alles Zumutbare vorgekehrt zu haben, um die gefahrlose Benützung der Anlage zu ermöglichen. Die Bahn sei behördlich genehmigt, die Fahrgäste würden durch mehrere Hinweistafeln über das Erfordernis von Bremsmanövern vor jeder Kurve informiert. Weiters sei festgestellt, daß die Anlage laufend gewartet und regelmäßig überprüft werde und sich auch bei der Befundaufnahme in einwandfreiem Zustand befunden habe.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den erstinstanzlichen Ausspruch über das Leistungsbegehren mit Teilzwischenurteil dahin ab, daß es aussprach, daß das Zahlungsbegehren dem Grunde nach bloß zur Hälfte zu Recht bestehe, hob ferner den Ausspruch über das Feststellungsbegehren zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und sprach aus, daß die ordentliche Revision bzw der Rekurs zulässig seien. Es stellte ergänzend fest, daß sich beim Betrieb der Anlage der beklagten Parteien im Zeitraum vom bis insgesamt 13 Unfälle, und zwar drei der Benützung des Schleppliftes, die übrigen dagegen auf der Rodelbahn, ereignet hätten, und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, soweit der Kläger ins Treffen führe, daß an der Unfallstelle keine Geschwindigkeitsbeschränkung verfügt gewesen sei, genüge schon der Hinweis, daß bei einer Personenrutschbahn nicht die gleichen Maßstäbe angelegt werden könnten wie etwa im Straßenverkehr. Da die Schlitten nicht mit Geschwindigkeitsmessern ausgestattet seien, wäre die Einhaltung ziffernmäßig genau bestimmter Geschwindigkeitsbeschränkungen ohnehin problematisch. Die Schlitten würden nicht nur dann gebremst, wenn der Bremshebel zurückgezogen, sondern auch, wenn er nicht betätigt werde. Es sei deshalb dafür vorgesorgt, daß nicht ungewollt eine allzu hohe Geschwindigkeit erreicht werde. Das setze allerdings auch eine gewisse Eigenverantwortung des Benützers voraus, worauf auch in den Beförderungsbedingungen hingewiesen werde. Die Gefahr des Abkommens von der Bahn sei bei Einhaltung einer zu hohen Geschwindigkeit in Kurven für jedermann erkennbar; diese Tatsache hätte dem Kläger daher selbst ohne Hinweis klar sein müssen. Sei er dennoch zu schnell gefahren und habe er die in der Kurve auftretenden Querbewegungen des Schlittens "eventualiter" durch Körperbewegungen noch forciert, müsse er sich eine gewisse Sorglosigkeit vorwerfen lassen, weshalb er den Unfall selbst zu verantworten habe, ohne daß etwa ein rechtswidriges Verhalten oder ein Verschulden im technischen Sinn vorliegen müßte. Dagegen hätten die beklagten Parteien bewiesen, daß ihnen kein Sorgfaltsverstoß zur Last falle. Würde man wesentlich weitergehende Sicherungsvorkehrungen des Betreibers verlangen, würde man die Wirtschaftlichkeit des Betriebes einer Sommerrodelbahn in Frage stellen.

Der Kläger habe sein Ersatzbegehren jedoch auch auf das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz gestützt. Die Annahme einer Gefährdungshaftung der beklagten Parteien in analoger Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes erscheine aus folgenden Überlegungen angezeigt: Der Gesetzgeber habe die Schlepplifte den Eisenbahnen haftpflichtrechtlich gleichgestellt (BGBl 1977/676). Für Unfälle beim Betrieb des Schleppliftes der von den beklagten Parteien betriebenen Anlage träfe diese jedenfalls die Gefährdungshaftung. Schon nach dem optischen Eindruck, aber auch unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten könnten Rodelbahn und Schlepplift als eine Einheit angesehen werden, weil sie einander gegenseitig bedingten. Für die Benützung von Schlepplift und Rodelbahn hätten zur Unfallszeit ein einheitlicher Tarif und eine einheitliche Betriebshaftpflichtversicherung bestanden. Daß auch die beklagten Parteien die Anlage als Einheit verstünden, ergebe sich nicht zuletzt auch aus dem Umstand, daß sie zwischen Unfällen auf der Bahn und solchen beim Betrieb des Schleppliftes nicht unterschieden. Nach den vorgelegten Unfallberichten sei die Gefahrengeneigtheit der Bahn wesentlich höher als jene des Schleppliftes, was wohl in erster Linie an der Geschwindigkeit liege, die seit jeher Grundlage der Gefährdungshaftung gewesen sei. Es sei deshalb nicht einzusehen, weshalb zwar beim Schlepplift, nicht aber auch bei der Rodelbahn die Gefährdungshaftung angenommen werden müsse. Bei Bejahung der Gefährdungshaftung im Sinne des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes auch für die Bahn hätten die beklagten Parteien nicht bloß die Anwendung entsprechender Sorgfalt beweisen, sondern den Entlastungsbeweis im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG erbringen müssen. Dieser Beweis sei den beklagten Parteien jedoch nicht gelungen. Es seien eine Reihe von Maßnahmen denkbar, deren Unterlassung den beklagten Parteien zwar nicht als Verschulden angelastet werden dürfe, die aber bei äußerster Vorsicht zu erwägen gewesen wären und den Unfall mit großer Wahrscheinlichkeit abgewendet hätten. Dazu gehörten etwa zusätzliche Warnschilder und Warnsignale, der Einbau von Vorrichtungen in den Rodeln, die die Geschwindigkeit an exponierten Stellen "automatisch" derart drosseln, daß die Schlitten von der Bahn gar nicht mehr abkommen könnten, oder etwa die Verteilung von Personal an die "kritischen" Stellen der Bahn, um zu schnell fahrende Benützer durch Zurufe zu warnen. Überdies sei der vom Kläger bei der Unglücksfahrt benützte Schlitten zwar von einem Angestellten der beklagten Parteien auf Schäden untersucht, aber nicht sichergestellt worden, um eine solche Überprüfung durch die Gendarmerie oder einen Sachverständigen zu ermöglichen. Sei demnach den beklagten Parteien der Entlastungsbeweis im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG nicht gelungen, so stehe der durch die Sorglosigkeit des Klägers in eigenen Angelegenheiten ausgelösten Eigenverantwortung die Gefährdungshaftung der beklagten Parteien gegenüber (§ 7 EKHG). Bei Abwägung dieser Zurechnungsgründe gemäß § 1304 ABGB sei gleichteilige Schadenstragung gerechtfertigt, weshalb die beklagten Parteien dem Kläger für die unfallskausalen Schäden jeweils zur Hälfte zur ungeteilten Hand einzustehen hätten. Das Erstgericht werde deshalb im fortgesetzten Verfahren die Schadenshöhe und das Feststellungsinteresse prüfen müssen. Obwohl der Kläger deutscher Staatsangehöriger sei, sei der Sachverhalt mangels abweichender Rechtswahl nach österreichischen Sachnormen zu beurteilen (§ 36 bzw § 48 Abs. 1 IPRGes), wovon das Erstgericht und die Streitteile offensichtlich ohnehin ausgegangen seien.

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt, der Revision und dem Rekurs der beklagten Parteien kommt indessen Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger bekämpft in seiner Revision nicht etwa die Auffassung der Vorinstanzen, daß die beklagten Parteien den ihnen im Hinblick auf die vertraglichen Beziehungen zwischen Kläger und erstbeklagter Partei gemäß § 1298 ABGB aufgebürdeten Entlastungsbeweis erbracht hätten, sondern bestreitet lediglich das ihm vom Berufungsgericht zur Last gelegte Mitverschulden infolge Einhaltung einer mit Rücksicht auf die Bahnkrümmung überhöhten Fahrgeschwindigkeit. Ist daher davon auszugehen, daß den beklagten Parteien kein ihr Verschulden begründender Sorfaltsverstoß zur Last liegt, kann lediglich deren Betriebsgefahrenhaftung nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz in Betracht kommen, dessen analoge Anwendung auf den Betrieb von Sommerrodelbahnen der Kläger ausdrücklich geltend gemacht hat.

Das Berufungsgericht rechtfertigt die analoge Anwendung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes auf den Betrieb der Rodelbahn damit, daß Bahn und Schlepplift, der von der Gefährdungshaftung nach diesem Haftpflichtgesetz jedenfalls betroffen sei, eine Einheit bildeten, die Gefahrengeneigtheit der Bahn wesentlich größer sei als die des Schleppliftes und im Hinblick auf die höhere Geschwindigkeit der Rodeln auf der Bahn nicht einzusehen sei, weshalb die Gefährdungshaftung zwar beim Betrieb des Schleppliftes, nicht aber auch bei Benützung der Rodelbahn eingreifen sollte. Diesen Erwägungen kann der erkennende Senat jedoch nicht beipflichten:

Wohl kann nach der Rechtsprechung (JBl 1985, 556; JBl 1981, 371; SZ 48/131; SZ 46/36 uva) die in den Haftpflichtgesetzen verankerte Gefährdungshaftung kraft Analogie auch auf die gleichartigen gefährlichen Betriebe ausgedehnt werden, doch bleibt deren analoge Anwendung auf solche Betriebe beschränkt, die die Interessen Dritter nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern wegen ihrer allgemeinen Beschaffenheit im besonderen Maß gefährden. Eine allzu großzügige Handhabung des Ähnlichkeitsschlusses kommt somit in diesem Zusammenhang nicht in Betracht; den Inhaber eines - von einem Haftpflichtgesetz nicht unmittelbar erfaßten - Betriebes trifft deshalb die besondere Betriebsgefahrenhaftung nicht etwa schon, wenn der an sich noch nicht gefährliche Betrieb unter besonderen Umständen gefährlich wird, sondern erst dann, wenn die damit verbundene besondere Gefahr nach Art des Betriebes regelmäßig und ganz allgemein vorhanden ist.

Der Kläger stützt seinen Ersatzanspruch - von der in seiner Revision nicht mehr weiter verfolgten vertraglichen Haftung der beklagten Parteien abgesehen - auf die analoge Anwendung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes. Er stellt sich demnach auf den Standpunkt, die vom Betrieb der Rodelbahn ausgehende besondere Gefahr sei der Betriebsgefahr der Eisenbahn bzw des Kraftfahrzeuges ungefähr gleichzuhalten. Die besonderen Gefahren der Eisenbahn ergeben sich aus der raschen Fortbewegung verhältnismäßig großer Massen; Gefahrenmomente sind demgemäß die hohe Geschwindigkeit, die Unmöglichkeit, rasch anzuhalten, und die Wucht des fahrenden Zuges (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 517). Die typische Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges liegt in der erreichbaren hohen Geschwindigkeit bei Teilnahme am allgemeinen Verkehr (EvBl 1982/129). An diese besonderen Gefahren reicht die Betriebsgefahr der von der erstbeklagten Partei geführten Sommerrodelbahn auch nicht annähernd heran: Mit der Eisenbahn hat deren Betrieb wohl die Bindung der Fahrbetriebsmittel an eine Geleisen vergleichbare Fahrrinne gemeinsam; dagegen erreicht die Rodel bei der Abfahrt bloß eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 30 bis 40 km/h (vgl Gutachten ON 22, S 10) und ferner kann von einer der Wucht des fahrenden Zuges vergleichbaren kinetischen Energie der abfahrenden Rodel keine Rede sein. Mit der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges kann die vom Betrieb der Rodelbahn ausgehende besondere Gefahr aber schon deshalb nicht verglichen werden, weil die Schlitten nur eine ungleich geringere Geschwindigkeit erreichen können und zudem in einem vom allgemeinen Verkehr völlig abgesonderten Bereich fahren und deshalb vor allem schon den dem allgemeinen Vekehr typischen Gefahren des Gegen- und Querverkehrs nicht ausgesetzt sind. Demgemäß hat es der erkennende Senat auch abgelehnt, den Betrieb einer Autodromanlage als gefährlichen Betrieb zu beurteilen (EvBl 1982/129); auch das "Sturmboot" - eine große zum Publikumsvergnügen bestimmte Schaukel im Wiener Prater - wurde nicht als "gefährlicher Betrieb" angesehen (JBl 1985, 556). Im Gegensatz zur Eisenbahn und zum Kraftfahrzeug kann die Sommerrodelbahn diesen gleichen Zwecken dienenden Vergnügungseinrichtungen durchaus verglichen werden. Eine besondere, schon nach Art des Betriebs damit ganz allgemein und regelmäßig verbundene, dem Betrieb der Eisenbahn und des Kraftfahrzeuges vergleichbare besondere Gefahr, die die vom Gericht zweiter Instanz bejahte analoge Anwendung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes auf solche Einrichtungen rechtfertigte, geht somit vom Betrieb der Sommerrodelbahn nicht aus. Auch die zugegebenermaßen enge betriebliche Verknüpfung von - der Gefährdungshaftung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes

ausgesetztem - Schlepplift und Sommerrodelbahn läßt für sich die Ausdehnung der Betriebsgefahrenhaftung auf letztere nicht zu. Während die Schlepplifte (ausgenommen die Schleppspur) den Eisenbahnen haftpflichtrechtlich gleichgestellt wurden (BGBl 1977/676) und deren Betreiber deshalb seither ungeachtet der tatsächlich davon ausgehenden Betriebsgefahr - bis dahin waren diese Beförderungseinrichtungen bezeichnenderweise von der Rechtsprechung nicht als gefährliche Betriebe eingestuft worden (SZ 39/69 uva) - der Gefährdungshaftung nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz unterworfen sind, kann die Betriebsgefahrenhaftung trotz der engen betrieblichen Verknüpfung nicht einfach auf den an sich nicht gefährlichen Betrieb der Sommerrodelbahn erstreckt werden. Ausschlaggebendes Moment für die gesetzliche Gleichstellung des Schleppliftes mit den Eisenbahnen war vor allem die fehlende Möglichkeit des Anhaltens (Abschaltens) durch den Fahrgast (vgl AB 756 BlgNr 14. GP, abgedruckt bei Veit, EKHG5 (1992) Anm 1 zu § 9 a), was gerade auf die Sommerrodelbahn nicht zutrifft, weil der Benützer nicht nur die Geschwindigkeit regeln, sondern auch überhaupt anhalten kann. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, daß der Gesetzgeber den Zustand der Schleppspur ausdrücklich von der Gefährdungshaftung ausgenommen hat (§ 9 a EKHG).

Die beklagten Parteien haben dem Kläger daher mangels Verschuldens und mangels sie treffender Gefährdungshaftung für die geltend gemachten Schäden nicht einzustehen. Dieser hat vielmehr - gleichgültig, ob ihm nun eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten vorzuwerfen ist oder nicht - den Schaden selbst zu tragen (vgl § 1311 ABGB; vgl auch Reischauer in Rummel, ABGB § 1311 Rz 1). Der Oberste Gerichtshof hat denn auch in einem Fall, in dem der Veranstalter eines Faßdaubenrennens auf Ersatz von Personenschäden in Anspruch genommen worden war, ausgesprochen, wer an einer sportlichen Veranstaltung teilnimmt, nehme das damit verbundene in der Natur der Veranstaltung liegende Risiko auf sich und handle soweit auf eigene Gefahr (JBl 1989, 653). Gleiches muß auch im vorliegenden Fall gelten.

In Stattgebung der Revision und des Rekurses der beklagten Parteien, die darin die Verneinung der vom Berufungsgericht angenommenen Gefährdungshaftung anstreben, ist deshalb das im Ergebnis richtige erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.