OGH vom 27.08.2013, 4Ob57/13f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft, Wien 4, Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch Tonninger Schermaier Riegler Maierhofer Rechtsanwälte (GbR) in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, 2. b***** AG, *****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 60.200 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.100 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 20/13h 42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 31 Cg 51/11b 37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, beiden beklagten Parteien die jeweils mit 2.039,76 EUR (darin 339,96 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist der für Buch- und Medienwirtschaft zuständige Bundesfachverband und die gesetzliche Branchenvertretung der Wirtschaftskammer Österreichs. Seine Mitglieder sind vorwiegend im Verkauf von Büchern und elektronischen Datenträgern tätig.
Die Erstbeklagte mit Sitz in Österreich ist Tochterunternehmen der T***** GmbH (in der Folge: Muttergesellschaft) mit Sitz in Hamburg; sie handelt mit Büchern und Medien und betreibt Filialen in ganz Österreich.
Die zweitbeklagte Gesellschaft ist beim deutschen Amtsgericht Münster registriert. 79,8 % ihrer Anteile hält die Muttergesellschaft. Ihr Unternehmensgegenstand ist der Internetversandhandel mit Büchern und Medien (Musik, Filmen, Software, Computer und Gesellschaftsspielen), seit kurzem auch der Handel mit Büro- und Elektronikartikeln. Ihre Kunden befinden sich in Deutschland, Österreich, der Schweiz, sowie in anderen europäischen Ländern, den USA und Kanada. Beide Beklagten richten ihr Angebot an Letztverbraucher und sind damit Mitbewerber vieler Mitglieder des Klägers.
Mit newsletters der Erstbeklagten wurden 2010 und 2011 zahlreiche Gutscheine an Abonnenten dieses Mediums verschickt. Empfänger eines newsletters ist jeder Kunde, der für die Bonuskarte der Erstbeklagten registriert oder Kunde im Onlineshop von www.t*****.at ist, oder dieses Medium selbst abonniert hat. Auch über das soziale Netzwerk „Facebook“ hat die Erstbeklagte über die Seite „T***** Österreich“ die Verteilung von Gutscheinen in ihren Filialen angekündigt. Versendet wurden Gutscheine im Wert von fünf EUR bei einem Mindestbestellwert von 20 EUR sowie Gutscheine im Wert von zehn EUR bei einem Mindestbestellwert von 40 EUR. Die Gutscheine wurden von „t*****.at“ versendet und sind über www.t*****.at einlösbar; sie wurden von der Online-Marketing-Assistentin der Erstbeklagten in einem kurzen persönlichen Begleitschreiben vorgestellt und enthalten Buchtipps von Mitarbeitern der Erstbeklagten, die ausgebildete Buchhändler sind.
Im Zuge des Weihnachtsgeschäfts 2010 wurden verstärkt Gutscheine nicht nur elektronisch verschickt, sondern in den Filialen der Erstbeklagten auch physisch verteilt und zur freien Entnahme aufgelegt. Auf den Gutscheinen ist die Aufforderung „gleich online einlösen: www.t*****.at“ enthalten. Auf den Gutscheinen finden sich auch Hinweise zum Gültigkeitszeitraum sowie die Hinweise: „Onlinebestellungen werden durch unseren Partner b*****.de abgewickelt“ und „Der Gutschein gilt ausschließlich für Bestellungen im Online-Shop www.t*****.at für Heimversand und nicht für Filialabholung“.
Im März 2011 wurden in den T*****-Farben gestaltete zehn EUR Gutscheine physisch verteilt. Darauf fanden sich die Hinweise „Gleich online einlösen: www.t*****.at“, auf der Rückseite „Gratis W-LAN in allen T***** Buchhandlungen“, Hinweise zum Gültigkeitszeitraum sowie die Hinweise „Onlinebestellungen werden durch unseren Partner b*****.de abgewickelt“ und „Der Gutschein gilt ausschließlich für Bestellungen im Online-Shop www.t*****.at für Heimversand und nicht für Filialabholung“. Diese Gutscheine waren ab einem Mindestbestellwert von 40 EUR einlösbar. Vor Ostern 2011 wurden Online-Gutscheine in Form von Ostereiern im Wert von fünf EUR ab einem Mindestbestellwert von 20 EUR verteilt, das wurde auch am auf der Facebook-Seite von t*****.at angekündigt. Auch diese Gutscheine trugen die oben angeführten Hinweise.
Am führte ein Mitarbeiter der Kanzlei der Klagevertreter mit einem Gutschein in Höhe von zehn EUR einen Testkauf durch und bestellte zwei Bücher zum gesetzlichen Mindestpreis von je 20,50 EUR. Aufgrund des Gutscheins hatte er dafür lediglich 31 EUR zu zahlen. Die in der Zahlungsbestätigung und auch in der Bestätigung der Absendung der Bestellung angegebene österreichische Telefonnummer für Rückfragen ist eine Telefonnummer der Erstbeklagten in Linz.
Am unteren Ende der Startseite von www.t*****.at finden sich nach mehrmaligem Scrollen folgende Hinweise: „Internethandel: b***** AG, *****. Filialverkauf: T***** GmbH, *****.“ Im Impressum wird angeführt: „t*****.at ist ein Internetauftritt der b***** AG und der T***** GmbH; Internethandel: b***** AG … Filialverkauf: T***** GmbH, ...“. In den AGB wird nur die Zweitbeklagte als Betreiberin von t*****.at angeführt. Unter den für den „b*****.de Kundenservice“ angeführten Kontaktdaten sind Telefonnummern der Erstbeklagten angeführt. Im Bereich „Onlinehilfe: Versand und Lieferung“ wird unter „Lieferung ins Ausland“ darauf hingewiesen, dass Bestellungen aus Deutschland und der Schweiz akzeptiert werden; Lieferungen nach Österreich sind danach grundsätzlich versandkostenfrei, während für Lieferungen nach Deutschland Versandkosten in Höhe von 3,50 EUR anfallen. In den AGB wird unter § 6 darauf hingewiesen, dass die Zweitbeklagte im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Gewähr leistet. Unter § 10 wird angeführt, dass die Zweitbeklagte nicht Vertragspartnerin wird, wenn der Kunde im Rahmen des Bestellvorgangs die Abholung der Ware in einer T*****-Filiale wählt.
Der Kläger begehrt die Beklagten zu verpflichten, es gegenüber Letztverbrauchern iSd § 2 Z 4 Buchpreisbindungsgesetz (BPrBG) zu unterlassen, eine Unterschreitung der Mindestpreise von preisgebundenen Büchern für Bestellungen auf www.t*****.at durch physisches Verteilen bzw Verteilen lassen und Versenden bzw Versenden lassen von Online-Gutscheinen an österreichische Letztverbraucher anzukündigen bzw ankündigen zu lassen und/oder aufgrund dieser in Österreich physisch verteilten Gutscheine Rabatte auf preisgebundene Bücher von über 5 % auf den gesetzlichen Mindestpreis zu gewähren, insbesondere Gutscheine im Wert von fünf EUR und/oder zehn EUR für Online-Einkäufe auf www.t*****.at in Österreich physisch zu verteilen bzw physisch verteilen zu lassen, wenn durch das Einlösen dieser Gutscheine auf www.t*****.at preisgebundene Bücher um bis zu 25 % unter dem gesetzlichen Mindestpreis erworben werden können; zwei Eventualbegehren beziehen sich auf die Förderung solchen Verhaltens durch die beiden Beklagten. Der Kläger begehrt weiters die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.
Die Beklagten verstießen gegen § 1 BPrBG. Sie hätten gemeinsam mit der Web-Plattform „t*****.at“ eine Konstruktion geschaffen, die den Ausnahmetatbestand des grenzüberschreitenden elektronischen Handels nicht erfülle und mit der sie die Buchpreisbindung zu umgehen versuchten. Über die Web-Plattform wickelten die Beklagten Rabattaktionen ab, indem vorgegeben werde, der Internethandel würde über die Zweitbeklagte mit Sitz im Ausland betrieben. Tatsächlich betreibe die Erstbeklagte und nicht die vorgeschobene Zweitbeklagte den Onlinehandel. Die Erstbeklagte werde beim Online-Handel von der Zweitbeklagten nur insofern unterstützt, als sie die Software zur Verfügung stelle. Das wirtschaftliche Risiko liege bei der Erstbeklagten, sie verteile und versende die Gutscheine, richte ihre Strategie auf den Onlinehandel aus und trete den Kunden gegenüber wie deren eigentlicher Vertragspartner auf. Durch Zusicherung eines Mindestdeckungsbeitrags für die Abwicklung der Geschäfte trage die Zweitbeklagte auch kein wirtschaftliches Risiko; im wirtschaftlichen Sinn betreibe daher nicht die Zweitbeklagte die Online-Plattform, sondern sei Dienstleister von T*****. Die Erstbeklagte verstoße mit ihren Gutscheinaktionen gegen das Buchpreisbindungsgesetz, die Zweitbeklagte hafte zumindest als Förderin dieses Gesetzesverstoßes. Verstöße gegen das Buchpreisbindungsgesetz seien nicht in die Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ einzuordnen, sondern als „per-se-Verbote“ zu behandeln, weshalb die spezifischen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 UWG nicht zu prüfen seien.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Zweitbeklagte betreibe einen grenzüberschreitenden elektronischen Handel mit Büchern und sei damit von der Anwendung des Buchpreisbindungsgesetzes ausgenommen, möge sie sich dabei auch von der Erstbeklagten unterstützen lassen. Die Zweitbeklagte habe ihre Hauptverwaltung in Deutschland, sie werde alleinige Vertragspartnerin bei Bestellungen über die Web-Plattform. Da die Gutscheine beim Filialverkauf der Erstbeklagten nicht verwendet werden könnten, liege darin allenfalls die Förderung eines (zulässigen) grenzüberschreitenden elektronischen Handels.
Im vorangegangenen Sicherungsverfahren hat der Senat die Abweisung des Sicherungsantrags durch die Vorinstanzen unter dem Aspekt einer vertretbaren Rechtsauffassung gebilligt (4 Ob 1/12v).
Das Erstgericht wies das Haupt- und sämtliche Eventualbegehren ab. Es ging ua von folgenden Feststellungen aus:
Die Zweitbeklagte besteht seit 1998 und war zunächst mehrere Jahre ohne Beteiligung des T***** Konzerns tätig. Sie betrieb mit Ausnahme von www.t*****.at und www.t*****.de immer nur Eigenmarken, heute noch www.b*****.de, www.b*****.de und www.a*****.de. Ihr Kerngeschäft lag bis vor rund zwei bis drei Jahren umsatzmäßig bei den Eigenmarken, während derzeit ihre Tätigkeit für t*****.at und t*****.de rund drei Viertel des Gesamtaufwands ausmacht. Sie beschäftigt in Deutschland ca. 150 Personen, wobei für Arbeiten an den Websites www.t*****.at und www.t*****.de etwa 50 Personen eingesetzt werden. Sämtliche Aktivitäten in Deutschland erfolgen allein durch die Zweitbeklagte, die auch die Finanzen steuert. Im Callcenter der Zweitbeklagten werden alle Anfragen betreffend Bestellungen über die Website www.t*****.at behandelt. Telefonnummern für Rückfragen und ähnliche Kontakte sind österreichische Telefonnummern, die jedoch direkt zum Callcenter der Zweitbeklagten in Deutschland weiterleiten. Auch Wareneinstellung und Warenaussteuerung inklusive Logistik zum Endkunden wird ausschließlich am Sitz der Zweitbeklagten durchgeführt. Das gesamte Marketing (zB Gestaltung der Website, Hochladen von Artikeldaten) geschieht durch die Marketingabteilung der Zweitbeklagten. In Kooperation mit der Erstbeklagten werden individuelle Informationen von Filialen beigesteuert.
Der gesamte Bereich Onlinemarketing, also Maßnahmen, die geeignet sind, Interessierte auf die Website www.t*****.at zu leiten, erfolgt durch die Erstbeklagte in Kooperation mit der Zweitbeklagten. Maßnahmen technischer Natur (zB Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems) werden durch die IT-Abteilung der Zweitbeklagten durchgeführt. Der Verkehr mit den Kunden selbst erfolgt nur am Standort in Deutschland, also ausschließlich mit der Zweitbeklagten. Die Verträge der Lieferanten bestehen gegenüber der Zweitbeklagten. Österreichische Kunden werden in der Regel von österreichischen Lieferanten beliefert, ausgenommen Fälle, in denen es Bücher in Österreich nicht gibt. Zahlungsabwicklung, Rechnungslegung und Lieferscheinlegung erfolgt durch die Zweitbeklagte.
Auf Veranlassung durch die Zweitbeklagte gibt die Erstbeklagte Gutscheine für den Onlinehandel aus. Bei den Gutscheinen handelt es sich um Codes, die im System der Zweitbeklagten hergestellt werden. Diese Codes werden der Erstbeklagten übermittelt, diese hat dann die Wahl, die Gutscheine per E-Mail zu versenden oder physisch zu verteilen. Der Erstbeklagten wird von der Zweitbeklagten ein gewisser Rahmen zur Verfügung gestellt, innerhalb dessen sie Gutscheine ausgeben kann. Wann und in welchem Umfang Gutscheinaktionen durchgeführt werden, entscheidet die Erstbeklagte.
Entscheidet sich ein Kunde für die Abholung seiner im Internet bestellter Bücher in der Filiale, so ist er nicht mehr Kunde der Zweitbeklagten, sondern wird zum Kunden der Erstbeklagten.
Die Multichannel-Abteilung bei der Erstbeklagten beschäftigt sich in erster Linie mit Marketingarbeit; sie kann auf die Website zugreifen, Graphiken anlegen, Banner einbringen oder Veranstaltungshinweise für Filialen platzieren. Darüber hinaus ist die Erstbeklagte für die Magazine, die Beilagen sowie die PoS-Aktivitäten zuständig. Grundsätzlich wird die Website aber durch die Zweitbeklagte gestaltet, die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Erstbeklagte ist begrenzt. Der Marketingauftritt in Social Media wird zur Gänze in der Multichannel-Abteilung der Erstbeklagten gemacht. Die Newsletters werden von dieser Abteilung gestaltet, technisch wird dabei auf ein System der Zweitbeklagten zurückgegriffen, sie werden auch von der Zweitbeklagten versendet. Diese Abteilung initiiert auch die Buchbeschreibungen durch Buchhändler und lädt sie auf die Website. Schließlich hilft sie bei der Qualitätssicherung der Logistik-Dienstleistungen, die allerdings zur Gänze durch die Zweitbeklagte vorgenommen werden.
Nach der Bestellung bekommt der Kunde eine Bestellungsbestätigung, die direkt von der Zweitbeklagten automatisch vom Mail-System versendet wird. Lieferant ist überwiegend die M***** GmbH mit Sitz in Wien.
Die Beziehungen zwischen der Muttergesellschaft und der Zweitbeklagten werden durch einen Kooperationsvertrag vom samt drei Nachträgen sowie zwei Anlagen geregelt. Der Kooperationsvertrag sieht unter anderem in § 7 Z 1 vor, dass die Muttergesellschaft eine Provision von den vermittelten Online-Umsätzen der Zweitbeklagten erhält. In § 7 Z 3 verpflichten sich die Vertragsparteien, zum Ende des Geschäftsjahres zu prüfen, welchen Deckungsbeitrag b*****.de mit den provisionspflichtigen Nettoumsätzen erzielt. Der Deckungsbeitrag beträgt mindestens 200.000 EUR p.a. und höchstens 500.000 EUR p.a. Ergibt sich eine Unterschreitung des Minimums bzw. eine Überschreitung des Maximums, wird der Differenzbetrag nach Ablauf des Geschäftsjahres ausgeglichen. Im zweiten Nachtrag wurde der Deckungsbeitrag auf mindestens 500.000 EUR bis höchstens 800.000 EUR, im dritten Nachtrag auf mindestens 700.000 EUR bis höchstens eine Mio EUR erhöht.
Ursprünglich war die Muttergesellschaft Empfängerin der Provisionen. Später war es möglich, die Provisionen für jeden Empfänger herauszurechnen; seit damals ist die Erstbeklagte Direktempfängerin von Provisionen der Zweitbeklagten. Die Erstbeklagte erhält Provisionen auf verschiedene Warengruppen bezogen vom Umsatz. Die Provisionssatzhöhe ist von der Höhe des Umsatzes unabhängig und hat mit der Höhe des Deckungsbeitrags nichts zu tun. Der Deckungsbeitrag betrifft rein das Verhältnis zwischen der Muttergesellschaft und der Zweitbeklagten. Der Deckungsbeitrag bewegte sich immer in dem zwischen der Muttergesellschaft und der Zweitbeklagten vereinbarten Korridor. Die Garantie eines bestimmten Deckungsbeitrags durch die Muttergesellschaft soll die Zweitbeklagte vor Risiken schützen, da Unterschreitungen des Deckungsbeitrags ausgeglichen werden. Die Anhebung der Grenzen der Deckungsbeiträge orientiert sich an der erwarteten geschäftlichen Entwicklung. Innerhalb der Grenzen des Deckungsbeitrags trägt das wirtschaftliche Risiko die Zweitbeklagte.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass Website und Onlinehandel von der Zweitbeklagten betrieben würden. Die Verträge im Onlinehandel kämen ausschließlich zwischen dem Endkunden und der Zweitbeklagten zustande. Die Erstbeklagte profitiere vom Onlinehandel nur im Wege von Provisionen. Dass von der Muttergesellschaft ein bestimmter Deckungsbeitrag garantiert werde, ändere nichts daran, dass die Zweitbeklagte Betreiberin des Onlinehandels sei. Selbst wenn die Erstbeklagte irreführende Angaben dazu mache, wer den Onlinehandel betreibe, ändere das nichts daran, dass der Internethandel tatsächlich von der Zweitbeklagten betrieben werde. Eine solche Irreführung wäre aber keine taugliche Basis für die Unterlassungsbegehren der Klägerin. Entscheidend sei vielmehr, dass der Vertrag im grenzüberschreitenden Handel zwischen dem inländischen Endkunden und der Zweitbeklagten mit Sitz im Ausland geschlossen werde. Die Ansicht der Beklagten, der Ausnahmetatbestand des Buchpreisbindungsgesetzes sei erfüllt, sei keinesfalls unvertretbar.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Verstöße gegen das BPrBG seien nur dann eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden könne, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegenstehe. Die Beklagten gingen zu Recht davon aus, dass ihr Geschäftsmodell den Ausnahmetatbestand des grenzüberschreitenden elektronischen Handels mit deutschsprachigen Büchern erfülle; zumindest sei diese Auslegung vertretbar. Für den elektronischen Handel komme es darauf an, dass der Kaufvertrag ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragspartner abgeschlossen werde; für den grenzüberschreitenden Handel sei entscheidend, an welchem Ort der Internet-Buchhändler seine Wirtschaftstätigkeit ausübe, also wo sich seine Hauptverwaltung befinde. Es sei dabei an den Abschluss von Kaufverträgen anzuknüpfen und nicht etwa an der Organisation der Vertragsabwicklung oder Details der Produktwerbung. Nach den Feststellungen übe die Zweitbeklagte ihre Wirtschaftstätigkeit, nämlich den Internethandel im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, in Deutschland aus; sie betreibe eine Online-Plattform. Auf der Internetseite werde mehrmals darauf hingewiesen, dass Vertragspartner bei Onlinebestellungen die Zweitbeklagte werde, die auch Gewähr zu leisten habe. Sämtliche Telefonkontaktdaten führten zum von der Zweitbeklagten betriebenen Callcenter. Die Bestellungsbestätigung bis zur Rechnungslegung erfolge durch die Zweitbeklagte. Maßnahmen technischer Natur an der Website führe die Zweitbeklagte durch, die auch die Website gestalte, die Verträge mit ihren Lieferanten abschließt und für Wareneinstellung, Aussteuerung und Logistik zum Endkunden verantwortlich sei. Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Websitegestaltung durch die Erstbeklagte seien begrenzt, ihr steht die Möglichkeit offen, Graphiken anzulegen, Banner einzubringen, Veranstaltungshinweise zu platzieren und Buchbesprechungen auf die Website zu laden. Dass die Erstbeklagte Onlinemarketing-Maßnahmen setze, um Interessierte auf die Website zu leiten, oder den Marketingauftritt in den sozialen Netzwerken betreibe und die Newsletter gestalte, mache sie nicht zur Betreiberin der Online-Plattform. Vielmehr übe die Zweitbeklagte die Wirtschaftstätigkeit des Onlinehandels aus, sie werde Vertragspartnerin der Letztverbraucher und sei für die Abwicklung der Verträge sowie für die technischen Maßnahmen bezüglich der Plattform und die grundsätzliche Gestaltung der Website verantwortlich. Auch das gesamte Personal für den Betrieb des Onlineshops stamme von der Zweitbeklagten. Sie übe damit eine wirtschaftliche Tätigkeit in Deutschland aus, sodass ein grenzüberschreitender elektronischer Handel vorliege. Daran ändere auch eine physische Verteilung von Gutscheinen in Österreich durch die Erstbeklagte nichts; auch liege darin noch keine Geschäftsanbahnung durch einen Unternehmer.
Auch aus dem Umstand, dass die Muttergesellschaft der Zweitbeklagten einen bestimmten Deckungsbeitrag zusichert, könne nicht darauf geschlossen werden, dass die Erstbeklagte den Online-Buchhandel betreibe. Die Zusicherung eines Deckungsbeitrags stamme nicht von der Erstbeklagten, woran auch die im Vertrag in § 11 Abs 2 vorgesehene Bestimmung nichts ändere, da sich auch daraus keine Verpflichtung der Erstbeklagten zur Leistung des Deckungsbeitrags ableiten lasse; auch verbleibe innerhalb des zugesicherten Rahmens das wirtschaftliche Risiko bei der Zweitbeklagten. Dass sich die Muttergesellschaft einen Kooperationspartner gesucht habe, der für die Dienstleistung des Onlinehandels bereits die Infrastruktur aufgewiesen habe, stehe aufgrund des Vertrags fest. Daraus lasse sich aber angesichts der Feststellungen, welche auf den Onlinehandel gerichteten Tätigkeiten die Zweitbeklagte ausübe, nicht schließen, dass die Online Plattform tatsächlich von der Erstbeklagten betrieben werde. Auch die Vertragsbestimmungen im Zusammenhang mit der Vertragsbeendigung änderten nichts daran, dass derzeit die Zweitbeklagte die Wirtschaftstätigkeit des Onlinehandels ausübe. Eine Umgehung des BPrBG liege nicht vor. Der Umstand, dass die Erstbeklagte den grenzüberschreitenden Onlinehandel der Zweitbeklagten fördere etwa durch Onlinemarketing oder durch Buchtipps ihrer Buchhändler und daran durch Provisionen profitiere, ändere nichts daran, dass es sich um Eigengeschäfte der Zweitbeklagten handle. Mit guten Gründen hätten daher die Beklagten davon ausgehen können, dass ihr Geschäftsmodell nicht dem BPrBG unterliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
1. Die im Sicherungsverfahren ergangene Entscheidung 4 Ob 1/12v ist im Schrifttum mehrfach kommentiert worden.
(a) Tonninger (OGH sollte undifferenzierte Haltung zum Buchpreisbindungsgesetz revidieren, ecolex 2012, 622 ff) verweist auf die einzigartige Sonderstellung, die das BPrBG in der österreichischen Rechtsordung durch seinen generellen Verweis in § 7 („Handlungen gegen § 3 Abs 1 bis 3, § 4 Abs 1 sowie gegen § 5 Abs 1 bis 3 gelten als Handlungen iSd § 1 UWG in der jeweils geltenden Fassung“) einnehme.
(b) Er folgt in der Sache der Auffassung von Eixelsberger („Sittenwidrigkeit“ kraft gesetzlicher Fiktion? Zum Verweis des BuchpreisbindungsG auf § 1 UWG, ÖBl 2001, 243, 252), der das BPrBG als „Sondergesetz mit (auch wettbewerbsrechtlichen) Sondertatbeständen“ versteht, die aufgrund einer eigenen Sanktionsnorm (§ 7) durchzusetzen seien. So werden nach dieser Auffassung auch die §§ 14 ff UWG bei Verstößen gegen das BPrBG anwendbar, ebenso § 24 UWG, der die Erlassung einer einstweiligen Verfügung erleichtert. Beide Autoren meinen, dass die Fiktion des § 7 nicht einmal mehr subjektive Vorwerfbarkeit der Gesetzesverletzung verlange, weshalb im Fall von Verstößen gegen das BPrBG die Vertretbarkeit der Auffassung nicht zu prüfen sei.
(c) Auch Wiltschek (Entscheidungsanmerkung, ÖBl 2012, 164) folgt der Auffassung von Eixelsberger und Tonninger und meint, schon im Sicherungsverfahren wäre nicht die Vertretbarkeit, sondern die Richtigkeit der Auffassung der Beklagten zu prüfen gewesen. Im Falle eines Verbots wäre eine Vorabentscheidung des EuGH zur Frage einzuholen, ob das in § 7 BPrBG enthaltene Per-se-Verbot mit der RL-UGP in Einklang stehe.
(d) Heidinger (Entscheidungsanmerkung in MR 2012, 263) meint hingegen, dass der Gesetzgeber mit seinem bewussten Verweis auf das UWG Verstöße gegen das BPrBG der Fallgruppe Rechtsbruch des § 1 UWG zuordnen habe wollen. Auf das Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen eines Lauterkeitsverstoßes nach UWG (zB Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle, Handeln im geschäftlichen Verkehr uä) käme es daher nicht weiter an. Da aber der Lauterkeitsprozess als einzige Durchsetzungsmöglichkeit bei Gesetzesverstößen vorgesehen sei, bleibe nach der kommentierten Entscheidung offen, ob und wie eine Feststellung der verbindlichen Auslegung der Bestimmungen des BPrBG erfolgen solle.
(e) Haberer (Buchpreisbindung, grenzüber schreitender elektronischer Handel und § 1 UWG, in FS Aicher, 221 ff) hält die im Sicherungsverfahren ergangene Entscheidung für in der Begründung und im Ergebnis überzeugend.
2.1. Zum Sanktionsmechanismus des § 7 BPrBG verweist Eixelsberger („Sittenwidrigkeit“ kraft gesetzlicher Fiktion? Zum Verweis des BuchpreisbindungsG auf § 1 UWG, ÖBl 2001, 243, 244, FN 25) darauf, dass im ursprünglichen Initiativantrag für einen Teilbereich noch verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen vorgesehen waren. Im weiteren Weg der Gesetzwerdung war man dann der Meinung, dass Zuwiderhandlungen gegen die Preisfestsetzungspflicht und die Preisbindung nach den zivilrechtlichen Bestimmungen des UWG durchzusetzen sein sollen.
2.2. Der Bericht des Kulturausschusses (113 BlgNR 21. GP) führt dazu näher aus: „Diese Sanktionsmöglichkeiten entsprechen der Systematik und den Zielen des Gesetzes, wonach Beeinträchtigungen und Verfälschungen des Wettbewerbs durch Preispolitik zu Lasten der Büchervielfalt und der Versorgung der Bevölkerung mit Büchern entgegengewirkt werden soll. Im Gegenzug zur Ausweitung der zivilrechtlichen Sanktion des UWG kann die Verwaltungsstrafbestimmung ersatzlos entfallen.“
3. Im Lichte des Rechtsfolgenverweises des § 7 BPrBG und der mit dieser gesetzlichen Fiktion vom Gesetzgeber verfolgten Absicht, Verletzungen der dort genannten Bestimmungen als Verstöße gegen § 1 UWG zu behandeln, auch wenn der konkrete Sachverhalt nicht unter diese Bestimmung subsumiert werden kann, stimmt der Senat bei neuerlicher Prüfung jenen Stimmen im Schrifttum zu, die bei Verstößen gegen das BPrBG eine Einordnung in die lauterkeitsrechtliche Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ ablehnen.
Wollte man § 7 BPrBG als bloße Verweisung auf den Rechtsbruchtatbestand verstehen, wäre die Bestimmung mangels eigenständiger Bedeutung überflüssig; dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Auch die im Bericht des Kulturausschusses enthaltene Wendung von der „Ausweitung der zivilrechtlichen Sanktionen“ deutet in diese Richtung.
Es ist daher entgegen der im Sicherungsverfahren vertretenen Auffassung nunmehr die Richtigkeit der dem beanstandeten Verhalten zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu prüfen.
4. Der klagende Fachverband hält den Ausnahmetatbestand des grenzüberschreitenden elektronischen Handels (§ 1 BPrBG) durch das von den Beklagten eingerichtete Geschäftsmodell für nicht erfüllt. Die Geschäfte würden in Österreich „angebahnt“, die Erstbeklagte mit Sitz im Inland betreibe die Internetplattform, die bestellten Bücher würden nicht grenzüberschreitend versendet, der Profit aus den Geschäften fließe in Wahrheit einer inländischen Gesellschaft zu. Eine zu weite Auslegung des Ausnahmetatbestands „torpediere“ den Anwendungsbereich des BPrBG und dessen Schutzfunktion.
5.1. § 1 erster Satz BPrBG lautet: „Dieses Bundesgesetz gilt für den Verlag und den Import sowie den Handel, mit Ausnahme des grenzüberschreitenden elektronischen Handels, mit deutschsprachigen Büchern und Musikalien.“
5.2. Dem Bericht des Kulturausschusses vor Beschlussfassung des BPrBG ist zu entnehmen, dass eine auf nationaler Gesetzgebung beruhende Buchpreisbindung die Vorschriften des EG-Vertrags und die Rechtsprechung des EuGH zum Grundsatz des freien Warenverkehrs zu beachten hat. Der Internethandel soll deshalb aus dem Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden, weil durch einheitliche Regelungen auf EU-Ebene eine einseitige Regelung des grenzüberschreitenden Internethandels nicht möglich ist. Eine Beschränkung auf österreichische Verleger würde diese in dieser neuen Geschäftssparte aber unverhältnismäßig benachteiligen (113 BlgNR 21. GP, 1).
5.3. Zur Definition von elektronischem Handel im Sinne dieses Gesetzes kann auf die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr RL 2000/31/EG (E Commerce-RL) bzw die Definitionen der RL 98/38/EG idF 98/48/EG zum Begriff Dienst der Informationsgesellschaft zurückgegriffen werden. Demnach ist ein Dienst der Informationsgesellschaft jede gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf des Empfängers erbrachte Leistung (Art 1 Abs 2 der RL 98/38/EG idF 98/48/EG). Unter einer im Fernabsatz erbrachten Leistung wird nach der Richtlinie eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird, verstanden. Demzufolge wäre das Aufstellen von Internetterminals in Geschäftslokalen mit Möglichkeit, vor Ort physisch angebotene Waren über Internet zu bestellen und sofort mitzunehmen, nicht als elektronischer Handel im Sinne des Gesetzes anzusehen (Bericht des Kulturausschusses 113 BlgNR 21. GP, 5 f).
5.4. Die Frage, ob im Einzelfall ein grenzüberschreitender Buchhandel vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob der Internetbuchhändler seine Niederlassung im Ausland hat.
Nach Art 2 lit c der E-Commerce RL setzt eine Niederlassung eine feste Einrichtung voraus, an der auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Allgemein kann der Ort der Niederlassung mit jenem der Hauptverwaltung beschrieben werden ( Brenn , Der elektronische Rechtsverkehr, ÖJZ 1999, 481, 482 unter Verweis auf 182/83 Fearon , und Sodemare ).
Ein Internetbuchhändler kann sich daher nur dann auf den Ausnahmetatbestand für den grenzüberschreitenden Internethandel berufen, wenn sich seine Hauptverwaltung im Ausland befindet ( Willheim , Gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des neuen Buchpreisbindungsgesetzes, ecolex 2000, 848, 850 mwN).
5.5. Der Begriff des elektronischen Handels entspricht jenem des „Dienstes der Informationsgesellschaft“ iSd E Commerce RL und des diese Richtlinie umsetzenden ECG.
Gemäß § 3 Z 1 ECG ist Dienst der Informationsgesellschaft ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs 1 Z 2 NotifG 1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen.
Individuell abrufbar bedeutet nach den Gesetzesmaterialien (abgedruckt bei Brenn , ECG, 185), dass der jeweilige Nutzer in der Lage sein muss, den Inhalt des Dienstes (die Informationen oder Kommunikationsdaten) gesondert in Anspruch zu nehmen. Solches liegt dann vor, wenn die Datenübertragung im Weg einer bidirektionalen Punkt zu Punkt Verbindung erfolgt, wodurch der Nutzer die Inanspruchnahme des Dienstes interaktiv nach seinen individuellen Bedürfnissen (zB betreffend Zeit und Ort der Nutzung sowie Art des abgerufenen Inhalts) steuern kann (4 Ob 219/03i; 4 Ob 30/09d).
Im Fernabsatz erbracht wird ein Dienst, wenn dessen Anbieter und der Empfänger (bzw deren Vertreter) nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind (vgl Art 1 Nr 2 RL 98/34/EG idF RL 98/48/EG; vgl § 5a Abs 2 KSchG; Laga/Sehrschön/Ciresa , E-Commerce Gesetz² § 3 Anmerkung 1; Hammerl in Kosesnik-Wehrle , KSchG³ § 5a Rz 3).
5.6. § 2 Z 3 BPrBG bezeichnet als Letztverkäufer jenen, der Waren iSd § 1 an Letztverbraucher veräußert. Für den Handelsbegriff des § 1 BPrBG wird damit am Abschluss von Kaufverträgen (und nicht etwa an der Organisation der Vertragsabwicklung oder Details der Produktwerbung) angeknüpft (4 Ob 1/12v).
6.1. Nach diesen Grundsätzen ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, dass die Beklagten bei ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Rahmen der Internet-Plattform „t*****.at“ im grenzüberschreitenden elektronischen Handel tätig werden und die auf diese Weise zustande gekommenen Geschäfte damit unter die Ausnahme des § 1 erster Satz BPrBG fallen.
6.2. Das zweitbeklagte Unternehmen mit Sitz in Deutschland ist (und war schon vor Beginn der Zusammenarbeit mit der Erstbeklagten) im Internetversandhandel mit Büchern und Medien tätig; es beschäftigt in Deutschland ca 150 Personen. Die Zusammenarbeit mit der Erstbeklagten macht nur einen Teil seiner unternehmerischen Tätigkeit aus. Die Zweitbeklagte bearbeitet alle Anfragen betreffend Bestellungen über die von ihr technisch und organisatorisch betriebene Plattform „www.t*****.at“ und wird Vertragspartnerin der Käufer, denen sie die Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkauft; sie erbringt auch die Rechnungslegung, überwacht den Zahlungsverkehr und organisiert Wareneinstellung und Warenaussteuerung inklusive Logistik zum Endkunden auf ihre Kosten. Die von der Zweitbeklagten über die genannte Internet-Plattform abgewickelten Geschäfte sind damit ein elektronischer Dienst im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers in Form eines Online-Vertriebs von Waren.
6.3. Daran ändert auch nichts, dass die Zweitbeklagte mit der Auslieferung der bestellten Bücher an Inländer überwiegend einen Pressegroßhändler (Pressegrossisten) mit Sitz in Wien beauftragt (der über eine entsprechende Vertriebsstruktur im Inland verfügt) und dass die Erstbeklagte verschiedene Marketingaktivitäten zur Bewerbung solcher Produkte erbringt, die neben einem Filialverkauf auch über die Internet-Plattform erhältlich sind (zB Werbung mit Hilfe von social medias), und von der Zweitbeklagten eine umsatzabhängige Provision erhält. In rechtlicher Hinsicht ist nämlich entscheidend, dass der inländische Kunde den Kaufvertrag mit einem ausländischen Unternehmen abschließt, und dass dieser Vertragsabschluss im Fernabsatz geschieht. Die unter Mitwirkung der Erstbeklagten verteilten Gutscheine sind nur über die Internet Plattform einlösbar und fördern zwar diesen Vertriebsweg, sind aber für die rechtliche Beurteilung des Vertragsabschlusses ohne Bedeutung.
6.4. Wenn der Rechtsmittelwerber beanstandet, dass die Bücher an inländische Kunden „die Grenze nicht überschreiten“, blendet er aus, dass der weitaus überwiegende Teil deutschsprachiger Bücher von Verlagen in Deutschland verlegt und auch von dort (naturgemäß grenzüberschreitend) nach Österreich ausgeliefert wird, mag die Lieferung zunächst auch an einen inländischen Logistikpartner der Zweitbeklagten erfolgen. Dass sich die ausländische Verkäuferin im Kundenverkehr mit inländischen Käufern betreffend after-sales-Serviceleistungen (Auskünfte, Reklamationen, Rücksendungen uä) inländischer Hilfspersonen bedient, ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar und ändert nichts am grenzüberschreitenden Charakter des Vertragsabschlusses.
6.5. Auf die Frage, welche Strategie die Erstbeklagte in ihrer Zusammenarbeit mit der Zweitbeklagten verfolgt, kommt es für die rechtliche Qualifikation des Geschäftsmodells nicht weiter an; der in diesem Zusammenhang unter dem Rechtsmittelgrund des sekundären Feststellungsmangel monierten fehlenden Feststellungen bedarf es nicht.
Von einer gezielten „Umgehung“ des BPrBG durch das von den Beklagten eingerichtete Geschäftsmodell kann schon deshalb keine Rede sein, weil die Zweitbeklagte alle Voraussetzungen dafür besitzt, um im Fernabsatz regelmäßig, systematisch und nachhaltig Geschäfte zu bewältigen (vgl zu den Anforderungen an ein Fernabsatzsystem Coenen-Adt , Der Fernabsatzvertrag: Anwendungsvoraussetzungen und -probleme beim Versandhandel. Ein typologisches Tatbestandsverständnis als Lösungsansatz? 97 f). Der Revision kann deshalb auch unter diesem Aspekt kein Erfolg beschieden sein.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Bei der Zweitbeklagten war der verzeichnete Ansatz nach TP 3C um eine Abrundungsdifferenz zu vermindern.