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OGH vom 26.07.2012, 5Ob23/12m

OGH vom 26.07.2012, 5Ob23/12m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Republik Österreich, Finanzamt *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Pfandrechts-vormerkung gemäß § 38 lit c GBG ob mit Wohnungseigentum verbundenen Anteilen der Liegenschaft EZ 849 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 22 R 82/11f 7, womit infolge Rekurses des Abgabenpflichtigen Ing. H***** K*****, vertreten durch Mag. Franz Kienast, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom , TZ 2026/11-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte zur Sicherstellung der Forderung der Republik Österreich (Finanzamt *****, Steuernummer: *****) im Betrag von 244.693,77 EUR „(Differenz der bisher vorgemerkten Abgabenansprüche für Lohnabgaben 2000 bis 2004 und des zu erwartenden Abgabenanspruchs durch das zu ergehende VwGH-Erkenntnis für Lohnabgaben 2000 bis 2004 in Höhe von 478.771,77 EUR)“ die Vormerkung des Pfandrechts auf der dem Abgabenpflichtigen H***** K***** gehörigen, mit Wohnungseigentum an W 1 verbundenen 211/422-Anteilen (B-LNR 2) der Liegenschaft EZ 849 GB ***** gemäß § 38 lit c GBG.

Das Erstgericht bewilligte das Gesuch antragsgemäß.

Gegen diesen Beschluss erhob der Abgabenpflichtige Rekurs , mit welchem er eine Kopie der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats (UFS) vom , GZ RV/0040-G/07, worin „die angefochtenen Bescheide der Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003 aufgehoben … (und) der Bescheid 2004 … auf 54,05 EUR … abgeändert“ wurden, sowie eine Kopie der von der Antragstellerin gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof gemäß § 292 BAO eingebrachten Beschwerde vorlegte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Abgabenpflichtigen Folge und wies das Gesuch ab. Es war rechtlich der Ansicht, dass die Pfandrechtsvormerkung nach § 38 lit c GBG „aufgrund des Einschreitens“ einer zur Verfügung der pfandweisen Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes berufenen Behörde stattfinde. Diese Voraussetzung werde nach ständiger Rechtsprechung so verstanden, dass es keiner Vorlage einer die betriebene Abgabenforderung dokumentierenden Urkunde bedürfe, sondern die Behauptung des Bestands einer solchen Forderung unter Angabe des Betrags und der Person des Schuldners genüge. Der Nachweis sei dann nur erbracht, wenn die Forderung zumindest durch Bezugnahme auf ein konkretes Schreiben der Finanzverwaltung (Datum, Aktenzahl, Steuerschuldner) individualisiert werde; andernfalls müsse die Rechtfertigung scheitern. Die begehrte Vormerkung sei hier aber deshalb nicht zu bewilligen, weil sich die Antragstellerin auf ein erst zu erwartendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs berufe, was nur den Schluss zulasse, dass derzeit ein Abgabenanspruch gar nicht bestehe; dies werde im Übrigen auch durch die im Rekurs vorgelegten Urkunden belegt.

Das Rekursgericht sprach über Auftrag des Obersten Gerichtshofs (Beschluss vom , 5 Ob 23/12m) ergänzend aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteigt und über Zulassungsvorstellung der Antragstellerin dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Fragen des Haftungsbescheids bzw des Anspruchs auf Abgabenforderungen im Zusammenhalt mit der Formulierung des Antrags auf Pfandrechtsvormerkung seien soweit überblickbar vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs zusammengefasst geltend, das Rekursgericht sei von der ständigen Rechtsprechung abgewichen, wonach schon allein „das formlose Schreiben“ der Antragstellerin (gemeint offenbar: das Gesuch) für die Pfandrechtsvormerkung nach § 38 lit c GBG ausreiche. Der zu sichernde Abgabenanspruch sei gemäß § 4 BAO ebenso bereits entstanden, wie der Haftungsanspruch gemäß § 82 EStG 1988 mit Erlassung des Haftungsbescheids gemäß § 224 BAO entstanden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe infolge der bereits erhobenen Amtsbeschwerde nunmehr über das Bestehen des Abgabenanspruchs zu entscheiden. Die zu erwartende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sei jedoch für die Beurteilung der Frage, wann der Abgabenanspruch entstanden sei, unbeachtlich.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu Folgendes erwogen:

1. Die Vormerkung findet gemäß § 38 lit c GBG aufgrund des Einschreitens öffentlicher Behörden in Fällen statt, „wenn diese nach ihrem Wirkungskreise berufen sind, von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes zu verfügen“.

2. Die nach § 38 lit c GBG einschreitende Behörde ist nach bisheriger Rechtsprechung nicht gehalten, dem Grundbuchgericht einen die Pfandrechtsvormerkung rechtfertigenden Titel für die sicherzustellende Forderung vorzulegen. Es entspricht vielmehr vorliegender Judikatur, dass die Republik Österreich gemäß § 38 lit c GBG beim Grundbuchgericht bloß aufgrund ihres Einschreitens ohne Vorlage einer Urkunde zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Abgabeansprüchen die Vormerkung eines Pfandrechts erwirken kann (5 Ob 26/76 SZ 49/141 = EvBl 1977/131, 271 = NZ 1979, 162 mwN zu Rsp und Lehre; 3 Ob 28/95 SZ 68/50), ohne diese Forderung nachweisen oder individualisieren zu müssen (5 Ob 163/99b NZ 2000/475 [GBSlg] [krit Hoyer ]; Verweijen in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01, § 38 GBG Rz 19 f). Die Ansicht des Rekursgerichts, dass also die Pfandrechtsvormerkung nach § 38 lit c GBG aufgrund der bloßen Behauptung des Vorliegens eines sicherzustellenden Anspruchs erfolgen kann, entspricht höchstgerichtlicher Rechtsprechung (5 Ob 26/76; 5 Ob 52/03p NZ 2004/61 [krit Hoyer ]).

3. Auf die in der Lehre zur zuvor dargestellten Rechtsprechung geäußerte Kritik (s etwa H. Pichler , Abgabensicherstellung durch Pfandrechtsvormerkung, JBl 1963, 462; Hoyer , NZ 2004/61 [Entscheidungsglosse]; ders , NZ 2000, 319 [Entscheidungsglosse]) muss hier nicht eingegangen werden, weil im Gesuch der Antragstellerin auch insoweit ist dem Rekursgericht zu folgen nicht nur nicht das Vorliegen eines sicherzustellenden Anspruchs behauptet wird, sondern daraus geradezu das Gegenteil, nämlich das Fehlen eines solchen, hervorgeht. Es wird nämlich entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs und im Einklang mit der vom Abgabenpflichtigen in Kopie vorgelegten Berufungsentscheidung des GZ RV/0040-G/07 nicht ein bestehender, sondern nur ein von der Antragstellerin aufgrund einer beim Verwaltungsgerichtshof gemäß § 292 BAO eingebrachten Beschwerde „zu erwartender Abgabenanspruch“ angesprochen. Die ursprünglichen Bescheide der Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003 hat dagegen der UFS zur Gänze und den Bescheid 2004 bis auf (durch die frühere Vormerkung gedeckte) 54,05 EUR rechtskräftig (§ 291 Abs 1 BAO; vgl VwGH 2004/15/0154; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz , BAO³ § 243 Anm 4; Stoll , BAO, 2812) aufgehoben. Das demnach der stattgebenden Gesuchserledigung entgegenstehende eigene Vorbringen der Antragstellerin ist vom Grundbuchsgericht zu berücksichtigen (zur ähnlichen Situation im Exekutionsverfahren vgl etwa 3 Ob 270/05k [bereits aus dem Exekutionsantrag erkennbares Nichtbestehen des Anspruchs]) und muss zur Antragsabweisung führen.

4. Zusammengefasst folgt:

Ein Antrag auf Pfandrechtsvormerkung nach § 38 lit c GBG ist jedenfalls dann abzuweisen, wenn bereits aus den eigenen Angaben der einschreitenden Behörde folgt, dass zur Zeit der Gesuchseinbringung die angeblich zu sichernde Abgabenforderung nicht besteht.

Der Revisionsrekurs ist somit nicht berechtigt.