OGH 22.03.2018, 4Ob56/18s
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers H***** S*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, gegen die Beklagten 1. K***** H*****, 2. D***** H*****, beide *****, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, wegen Feststellung (Streitwert 5.000 EUR) und Einräumung einer Dienstbarkeit (Streitwert 2.000 EUR), aus Anlass der Revision des Klägers gegen das Teilurteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 163/17i-54, womit das Urteil des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom , GZ 2 C 528/15d-50, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch einen Ausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO darüber zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteigt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts im Sinne eines Teilurteils ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein Bewertungsausspruch unterblieb. Nachträglich änderte es seinen Zulassungsausspruch dahin, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde (§ 508 Abs 3 ZPO).
Besteht der Entscheidungsgegenstand – wie im vorliegenden Fall – nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, hat das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO in seinem Urteil auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, bejahendenfalls ob er auch 30.000 EUR übersteigt. Der Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision ersetzt diesen Ausspruch nicht, weil die rein formale Zulässigkeit des Rechtsmittels das Überschreiten der Wertgrenze von 5.000 EUR voraussetzt und der Oberste Gerichtshof zwar nicht an den Ausspruch über die Zulässigkeit wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage, wohl aber
– innerhalb bestimmter Grenzen – an die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht gebunden ist (vgl 5 Ob 199/14x mwN).
Es war daher der aus dem Spruch ersichtliche Ergänzungsauftrag zu erteilen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers H* S*, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, gegen die Beklagten 1. K* H*, 2. D* H*, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, wegen Feststellung (Streitwert 5.000 EUR) und Einräumung einer Dienstbarkeit (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Teilurteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 163/17i-54, womit das Urteil des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom , GZ 2 C 528/15d-50, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts samt seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 2.478,81 EUR (darin enthalten 282,05 EUR USt und 786,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer einer Liegenschaft, die Beklagten sind jeweils Hälfteeigentümer der Nachbarliegenschaft, über welche ein Weg verläuft, der vom landwirtschaftlichen Gut der Beklagten kommend zum Anwesen des Klägers führt.
Der Kläger begehrt 1. die Feststellung, dass zu Gunsten der ihm gehörigen (herrschenden) Liegenschaft und zu Lasten der den Beklagten gehörigen (dienenden) Liegenschaft die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts mit motorisierten Fahrzeugen und landwirtschaftlichen Fahrzeugen aller Art auf dem in der Natur ersichtlichen Weg über das Grundstück der Beklagten bestehe, und 2. die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts gemäß Punkt 1. des Klagebegehrens einzuwilligen.
Er bzw seine Rechtsvorgänger benützten seit jeher, mindestens aber seit drei Jahrzehnten durchgehend die auf dem Grundstück der Beklagten befindliche Wegfläche bzw Straße, um zu dem auf der Liegenschaft des Klägers befindlichen Haus zu gelangen und die im dortigen Bereich befindlichen Grundstücke landwirtschaftlich zu bewirtschaften. Diese Zufahrtsstraße werde seit zumindest dreißig Jahren mit Fahrzeugen aller Art (Autos, landwirtschaftlichen Fahrzeugen, Mähdreschern, etc) benutzt, sodass der Kläger ein Wegerecht in unbeschränktem Umfang ersessen habe. Sowohl er als auch seine Rechtsvorgänger seien über die gesamte Ersitzungszeit redlich gewesen, zumal zwischen den Streitteilen Einigkeit darüber bestanden habe, dass ein allfälliges Fahrverbot nur für den Durchzugsverkehr und ortsfremde Personen zu gelten habe, nicht hingegen für die Parteien. Seit 1972 nutzten der Kläger bzw seine Rechtsvorgänger den Weg zum Fahren mit PKWs. Der Weg werde vom Kläger bzw seinen Rechtsvorgängern seit den 1970er Jahren regelmäßig mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen mit Breiten von über 2,5 m befahren. Diese Rechtsausübung des Klägers und seiner Rechtsvorgänger sei für die Beklagten angesichts der Häufigkeit der stattgefundenen Fahrten auch erkennbar gewesen. Seit 1972 werde das Anwesen durchgehend von Mietern bewohnt. Erstmalig mit Schreiben vom hätten sich die Beklagten gegen die Dienstbarkeit verwehrt. Seither werde das ersessene Fahrtrecht des Klägers nicht mehr anerkannt. Um eine Rechtssicherheit für ihn und allfällige Rechtsnachfolger zu gewährleisten, sei die Dienstbarkeit entsprechend den nunmehr technischen Erfordernissen und der technischen Entwicklung im Laufe der Jahre einzuräumen.
Die Beklagten bestritten die Erfüllung der Ersitzungsvoraussetzungen für einen Servitutserwerb, da auf Klägerseite keine durchgehenden Besitzausübungshandlungen hinsichtlich des gegenständlichen Wegs stattgefunden hätten. Die begehrte Servitut erfülle auch nicht das notwendige Utilitätserfordernis. Das Befahren des streitgegenständlichen Wegs sei zur Bewirtschaftung der klägerischen Felder weder notwendig noch zweckmäßig. Überhaupt sei ein Zufahren zum Anwesen des Klägers mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen und insbesondere mit größeren Wirtschaftsfuhren nie über den gegenständlichen Weg erfolgt, sondern nur über eine andere Straße. Eine Zufahrt über den strittigen Weg mit landwirtschaftlichen Geräten würde eine erhebliche Mehrbelastung, eine unzulässige Verbreiterung des Wegs und eine Beschädigung der an den Weg angrenzenden Wiesen- bzw Feldflächen und der mittig befindlichen Grasnarbe, somit eine unzulässige Erweiterung einer allenfalls bestehenden Servitut bedeuten. Insbesondere erfasse eine allfällige Servitut jedenfalls nicht den Vermietungszweck, zumal das Gut des Klägers ein landwirtschaftliches Anwesen sei und sich der Kläger und seine Rechtsvorgänger seit dem Auszug im Jahr 1972 rein zu Bewirtschaftungszwecken dort aufgehalten hätten. Gegenüber diesem Bewirtschaftungszweck sei das Fahren mit PKW durch Bewohner des Hauses zur leichteren und bequemeren Erreichbarkeit desselben eine unzulässige Erweiterung.
Das Erstgericht gab – im vierten Rechtsgang – der Klage (neuerlich) statt, indem es (erkennbar) von einer Erfüllung der Ersitzungsvoraussetzungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Servitut ausging. Dieser rechtlichen Beurteilung liegen folgende – vom Berufungsgericht gebilligte – Feststellungen zugrunde:
Das Gut des Klägers wird seit jeher landwirtschaftlich genutzt, aber auch bewohnt. Bis 1972 bestand eine Kleinlandwirtschaft mit Vieh- und Schweinehaltung. Die landwirtschaftlichen Grundstücke wurden teils als Felder, teils als Wiesen bewirtschaftet. Ab 1972 wurde die Landwirtschaft von den Rechtsvorgängern des Klägers gemeinsam mit einer anderen Landwirtschaft mitbewirtschaftet und – abgesehen von Unterbrechungen – auch von Mietern bewohnt. Die Zufahrt von Osten (von Seiten der Beklagten) stellte sich als Feldweg dar, der auch in der letzten Zeit noch einen Hufschlag (Grasbewuchs in der Mitte) sowie beschotterte Fahrspuren aufwies und derzeit im Bereich der Fahrspuren 2,50 m breit ist. Daran anschließend waren befestigte Wiesenraine, die allerdings in letzter Zeit infolge Bearbeitungsmaßnahmen durch die Beklagten zu deren nördlichen Feldern hin teilweise massiv verringert und beseitigt wurden, sodass auch die beschotterten Fahrspuren in Mitleidenschaft gezogen wurden und sich die früheren befestigten Wiesenraine, die Breiten von jedenfalls mehr als 50 cm aufgewiesen haben, nun nicht mehr finden. Die Zufahrt erfolgte früher mit Pferde-/Ochsenfuhrwerken mit Spurbreiten von rund 1,3 m. Im Zuge der Modernisierung bzw Industrialisierung erfolgte ab ca. 1960 die Zufahrt dann sowohl von Westen als auch von Osten her auch mit motorbetriebenen Fahrzeugen. In den 1960er- und 1970-Jahren wurde der Weg von Osten her mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen aber auch anderen Fahrzeugen (wie PKW, LKW für Lieferungen von landwirtschaftlichen Produkten oder für Lieferungen im Rahmen von Gebäudesanierungen) befahren, wobei landwirtschaftliche Fahrzeuge in dieser Zeit schon Breiten von rund 2,5 m aufgewiesen haben. Zusatzgeräte wie Baumaschinen, Walzen, Kultivator etc hatten damals bereits Breiten um 3 m. Schon in den 1970er Jahren wies der Weg eine Fahrspurbreite von rund 2,5 m auf. Der Überhang der Fahrzeuge reichte auf die befestigten Wiesenraine; mit breiteren Fahrzeugen wurden diese auch befahren. Der gegenständliche Weg wurde aber auch mit PKW sowie mit einspurigen Fahrzeugen befahren und auch begangen. Im Zuge der technischen Entwicklung ab den beginnenden siebziger Jahren wurde auch mit breiteren Fahrzeugen regelmäßig gefahren; damals verwendete Mähdrescher hatten Breiten im Bereich der Bereifung von 2,5 m und mehr; die sich im Bereich des Aufbaus auf weit über 3 m ausdehnten. Mit derartigen Fahrzeugen wurde auch schon in der Vergangenheit regelmäßig im Bereich nicht nur der Fahrspuren, sondern auch des angrenzenden Wiesenangers gefahren. Diese landwirtschaftlichen Nutzungshandlungen fanden durch die Rechtsvorgänger des Klägers, den Kläger, deren Beauftragte, Helfer etc statt. Der strittige Weg wurde von Osten her vom genannten Personenkreis landwirtschaftlich zum Zweck des Ackerbaus, aber auch zur Bewirtschaftung der Wiesen genutzt, genauso wie zum Zwecke der Erhaltung des landwirtschaftlichen Anwesens, und zwar jedenfalls bis zum Prozessbeginn im Jahr 2015. Die Fahrten durch die Rechtsvorgänger des Klägers dienten nicht nur der Bewirtschaftung der Landwirtschaft und Viehhaltung, sondern auch Wohnzwecken. Die landwirtschaftliche Nutzung der Felder durch die Rechtsvorgänger des Klägers und den Kläger selbst erfolgte durch Anbau von Hafer, Weizen, Gerste, Kartoffel und anderen Feldfrüchten. Von 1973 bis 1974 war das Anwesen des Klägers vermietet; in der Folge stand es leer. Von 1982 bis 1984 und von 1985 bis 1988 war es jeweils vermietet, wobei beide Mieter das Objekt nur zu Wochenendzwecken in Anspruch nahmen. Von 1989 bis 2007, von 2008 bis 2009, in der Folge bis 2014 und auch danach wurde das Anwesen des Klägers jeweils zum Zwecke des Hauptwohnsitzes vermietet. Die Bestandnehmer bewohnen das Mietobjekt wie schon zuvor die Rechtsvorgänger des Klägers und bewirken keine Erschwernisse oder Beeinträchtigungen des Weges, da von ihnen als größere Fahrzeuge nur Pkw Verwendung finden.
Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil den Zuspruch eines Fahrrechts mit motorisierten Fahrzeugen aller Art bis zu einer Breite im Bereich der Bereifung von 2,5 m zu landwirtschaftlichen Zwecken, wies das Begehren auf ein Fahrrecht mit motorisierten Fahrzeugen aller Art zu Wohnzwecken, die über eine Nutzung als Wochenendresidenz hinausgehen, ab, und hob die Entscheidung im Hinblick auf das Begehren auf ein Fahrrecht mit motorisierten Fahrzeugen aller Art zur Nutzung als Wochenendresidenz auf. Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich zu und ergänzte sein Urteil schließlich über Auftrag des Obersten Gerichtshofs dahin, dass der Entscheidungsgegenstand insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt.
Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, der Klage vollinhaltlich stattzugeben.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
1. Fahrzeuge von mehr als 2,5 m Breite zu landwirtschaftlichen Zwecken
1.1. Für die Begründung einer Servitut durch Ersitzung ist – neben anderen, hier aber nicht mehr strittigen Voraussetzungen – eine für den Eigentümer des belasteten Gutes erkennbare, während der Ersitzungszeit im Wesentlichen gleichbleibende Rechtsausübung zu bestimmten Zwecken und im bestimmten Umfang notwendig (RIS-Justiz RS0105766, RS0033018). Die Dienstbarkeit wird nur in jenen räumlichen Grenzen, aber auch nur in jenem Umfang durch Ersitzung erworben, wie deren Rechtsinhalt schon vor dreißig Jahren ausgeübt wurde (RIS-Justiz RS0011702). Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzungen trifft den Ersitzungsbesitzer (RIS-Justiz RS0034237 [T2]; RS0034243 [T1]).
1.2. Dass der Kläger und seine Rechtsvorgänger den strittigen Weg seit jedenfalls mehr als 30 Jahren vor Klagseinbringung mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen befuhren, ist unstrittig. Strittig ist jedoch der Umfang dieser Benutzung, ob der Kläger also die Liegenschaft auch mit solchen Fahrzeugen befuhr, die einen mehr als 2,5 m breiten Reifenabstand aufwiesen.
1.3. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass der Kläger die Liegenschaft im relevanten Zeitraum mit Mähdreschern befuhr, die im Bereich der Bereifung eine Breite von „2,5 m und mehr“ aufwiesen. Der Kläger hat daher ein solches Recht ersessen.
1.4. Die Beurteilung, ob das Befahren mit breiteren Fahrzeugen eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit darstellen würde, richtet sich nach der tatsächlichen Verwendung des dienenden Grundstücks während der Ersitzungszeit (RIS-Justiz RS0011664). Bei
– wie hier – ungemessenen Wegedienstbarkeiten sind Kulturgattung und Bewirtschaftungsart des herrschenden Grundstücks zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0016364).
1.5. Innerhalb dieser Grenzen kann der Servitutsberechtigte das Recht grundsätzlich den Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks entsprechend ausüben (RIS-Justiz RS0097856; RS0016368). Er ist insbesondere nicht verhalten, sein landwirtschaftliches Gut auf veraltete und unwirtschaftliche Weise zu führen (RIS-Justiz RS0011725). Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt erst dann vor, wenn das dienende Grundstück erheblich schwerer belastet wird (RIS-Justiz RS0011733; RS0016370; RS0034295; RS0016368 [T4]; RS0016369; 4 Ob 25/14a).
1.6. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist abzuleiten, dass der Weg in natura zwei geschotterte Fahrspuren im Abstand von 2,5 m aufweist, ein breiterer Bereifungsabstand daher zwangsläufig zu einem Befahren der angrenzenden Wiesenraine führen muss. Weitere Anhaltspunkte, wieso ein Befahren mit breiteren Fahrzeugen eine unzumutbare Belastung des dienenden Grundstücks bedeuten würde, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
1.7. Die Inanspruchnahme eines breiteren als des bisher befahrenen Grundstreifens stellt zwar grundsätzlich eine erhebliche schwerere Belastung des dienenden Guts dar (vgl RIS-Justiz RS0016367 [T3]; 2 Ob 586/90; 1 Ob 225/12p), wenn die Beschaffenheit des Wegs (etwa dessen Breite und/oder Befestigung) geändert werden muss. Allerdings gilt diese Auffassung nur für den Regelfall (vgl 6 Ob 200/12v).
1.8. Im gegenständlichen Fall steht jedoch unbekämpft fest, dass die Beklagten und der Kläger während des ersitzungsrelevanten Zeitraums auch die angrenzenden Wiesenstreifen befuhren, wenn dafür aufgrund der Überbreite des landwirtschaftlichen Geräts Notwendigkeit bestand. Damit erfasst das ersessene Fahrrecht aber ohnehin das Recht, erforderlichenfalls auch auf die Wiese auszuweichen. Eine erhebliche Mehrbelastung des dienenden Grundstücks aus der Verwendung von Fahrzeugen mit mehr als 2,5 m Breite im Bereich der Bereifung ergibt sich damit nicht.
2. Fahrrecht zu Wohnzwecken
2.1. Bei der Benützung eines Hauses zu ständigen oder nur zu vorübergehenden Wohnzwecken (als Wochenendhaus) handelt es sich nicht um verschiedene Bewirtschaftungsarten. Der Unterschied liegt allenfalls – was hier aber nicht feststeht – in der Frequenz der Nutzung des Zufahrtswegs.
2.2. Bei der Prüfung der erheblichen Mehrbelastung des dienenden Grundstücks ist von Relevanz, ob es zu einer erheblich erhöhten Nutzungsfrequenz gekommen ist (vgl 1 Ob 144/07v; 10 Ob 27/11k; 4 Ob 25/14a). Die Entscheidung 2 Ob 150/12s hat darauf auch in einem Sachverhalt Bezug genommen, in dem – wie hier – der Übergang von „temporärem zu dauerhaftem Bewohnen“ zu beurteilen war, jedoch eine nennenswerte Mehrbelastung verneint. Auch im vorliegenden Fall ist bei Benützung des Hauses des Klägers zu ständigen Wohnzwecken (wie auch in der Vergangenheit) unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falls nicht von einer nennenswerten Mehrbelastung der Beklagten auszugehen.
2.3. Im Übrigen handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Klage des Eigentümers des herrschenden Grundstücks auf Feststellung und Einverleibung einer ungemessenen Servitut. Ungemessene Servituten sind – wie ausgeführt – dadurch gekennzeichnet, dass ihr Umfang nicht genau umschrieben ist, sondern sich aus den Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks ableitet (RIS-Justiz RS0097856; RS0016368). Ob eine zukünftige konkrete Ausübung die Grenzen der ersessenen Dienstbarkeit überschreitet, kann daher nur im Einzelfall beurteilt werden, nicht aber bereits bei Verbücherung des Inhalts der Servitut (vgl 7 Ob 228/13z). Es ist daher auch im vorliegenden Fall nicht erforderlich, bereits im Streit um Feststellung und Einverleibung einer Wegedienstbarkeit die höchstzulässige Nutzungsfrequenz exakt abzugrenzen.
2.4. Das Erstgericht hat eine ausreichend dauerhafte Benutzung des Wegs durch die Mieter der Kläger (vgl RIS-Justiz RS0034597, RS0011655 [T4]) zur Erreichung des Wohnhauses festgestellt. Auf die exakte Nutzungsfrequenz kommt es nicht an (vgl 7 Ob 228/13z).
3. Der Kläger ist daher mit seinem Feststellungs- und Verbücherungsanspruch im Recht. Folglich ist das Ersturteil wiederherzustellen. Dem Aufhebungsbeschluss fehlt zwar ein Rechtskraftvorbehalt, jedoch steht der abweisende und bekämpfte Teil in untrennbarem Sachzusammenhang mit dem aufhebenden Teil. Eine Nutzung zu Wohnzwecken, die über die Nutzung als Wochenendresidenz hinausgeht, schließt eine solche Nutzung zwangsläufig mit ein. Daher kann auch über diesen Teil entschieden werden (vgl RIS-Justiz RS0040804 [T4]).
Der Revision ist somit Folge zu geben.
4. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41 und 50 ZPO.
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00056.18S.0322.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAD-61053