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OGH vom 18.04.1985, 6Ob685/84

OGH vom 18.04.1985, 6Ob685/84

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton K***, Angestellter, Wien 11., Kaiser Ebersdorferstraße 220/3/37, vertreten durch Dr. Ernst Schnatke, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Friedrich A jun., Kaufmann, Wien 10., Oberlaaerstraße 193/3/7, vertreten durch Dr. Ekardt Blahut, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 180.000,-- samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 160/84-7, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 21 Cg 374/84-2, verworfen wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Friedrich A junior nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Rechtsmittelkosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger brachte gegen den in der Klage mit 'Friedrich A, Kaufmann, 1100 Wien, Himbergerstraße 49' bezeichneten Beklagten eine Klage auf Zahlung eines Betrages von S 180.000,-- samt Anhang ein und führte in der Klage aus:

Der Beklagte sei Gesellschafter der Firma B & CO. Gesellschaft m. b.H. in Wien, Unterlaaerstraße 28. Der Kläger sei handelsrechtlich bestellter Geschäftsführer dieser Gesellschaft gewesen und habe dem Beklagten persönlich einen Betrag von S 180.000,-- zur Verfügung gestellt, zu dessen Rückzahlung sich dieser im Falle des vorzeitigen Austrittes des Klägers aus dem Vertrag als Geschäftsführer verpflichtet habe. Der Kläger sei als Geschäftsführer abberufen und in der Folge unbegründet fristlos entlassen worden, sodaß der Beklagte verpflichtet sei, den ihm als Darlehen gewährten Betrag zurückzuzahlen.

Das Erstgericht erließ am antragsgemäß ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil. Sowohl die Klage als auch das Versäumungsurteil wurden von Friedrich A senior persönlich übernommen, wobei die Zustellung des Versäumungsurteiles am erfolgte.

Gegen dieses Versäumungsurteil erhob Friedrich A, Kaufmann, Wien 10., Oberlaaerstraße 193/3/7 (im folgenden Friedrich A junior) die am überreichte Nichtigkeitsberufung. In dieser führte er aus, an der Anschrift Wien 11., Himbergerstraße 49, wohne der Vater des Beklagten, nämlich Friedrich A senior, Kaufmann. Er, Friedrich A junior, sei zwar an dieser Anschrift noch gemeldet, aber schon mehrere Jahre nicht mehr dort wohnhaft. Die Klage sei von Friedrich A senior übernommen, aber seinem Sohn erst gemeinsam mit dem Versäumungsurteil übergeben worden, der sie erst nach dem entgegengenommen habe.

Das Berufungsgericht hat diese Nichtigkeitsberufung 'verworfen' und dabei ausgeführt:

Friedrich A junior sei in diesem Rechtsstreit nicht Partei, weshalb ihm die Rechtsmittellegitimation fehle. Wer Partei sei, bestimme der Kläger in der Klage. Gemäß den §§ 226 Abs 3, 75 ZPO müßten die Prozeßparteien mit Namen, Wohnort, Beschäftigung und Parteistellung bezeichnet sein. Die Partei sei also anhand der objektiv geforderten Angaben nach § 75 Z. 1 ZPO zu ermitteln. Sei der in der Klage bezeichneten Person zugestellt worden, so werde sie auch dann Partei, wenn sie der Kläger nicht als Partei gewollt habe. Partei sei nicht, wer als Partei bei der Klagsverfassung allenfalls beabsichtigt gewesen sei, sondern derjenige, der bei objektiver Betrachtung der Klagsangaben als Partei anzusehen sei. Dazu könnten aber nur die Angaben in der Klage herangezogen werden. Nachdem Name, Beschäftigung und Anschrift des Beklagten, die eine tatsächliche existente Person, nämlich Friedrich A senior betroffen hätten, ein ausreichendes Kriterium seiner Identifizierung dargestellt hätten, sei Friedrich A senior Prozeßpartei geworden und nicht sein namensgleicher, anderswo wohnhafter Sohn, der im übrigen auch nicht Kaufmann, sondern Angestellter sei. Von einer gesetzwidrigen Zustellung könne daher keine Rede sein. Soweit Friedrich A junior anläßlich seiner Vernehmung vor dem Erstgericht als Auskunftsperson angegeben habe, aus dem ersten Satz des Klagstextes sei klar, daß nur er gemeint sein könne, weil sein Vater an der B & CO. Gesellschaft m.b.H. in keiner Weise beteiligt sei, sei ihm zu erwidern, daß in einem solchen Fall der Beklagte den Klagsanspruch vor dem Erstgericht bestreiten und mangelnde passive Klagslegitimation hätte einwenden müssen. Die Berufung des verfahrensfremden Friedrich A junior sei jedenfalls zu verwerfen gewesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Friedrich A junior.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil er sich gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes wendet, mit welchem dieses die Berufung aus formellen Gründen, nämlich der mangelnden Rechtsmittellegitimation des nach seiner Meinung verfahrensfremden Friedrich A junior, zurückgewiesen hat (§ 519 Abs 1 Z. 1 ZPO), und weil der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--

übersteigt (§ 528 Abs 1 Z. 5 ZPO). Eines Ausspruches über die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes bedurfte es nicht, weil § 528 Abs 2 ZPO nur für Entscheidungen des Rekursgerichtes, nicht aber für solche des Berufungsgerichtes gilt.

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, daß der Kläger bestimmt, wer Partei ist, und bei Unklarheiten jene Person als Partei anzusehen ist, die bei objektiver Betrachtung der Klagsangaben als solche erkennbar ist. Das Berufungsgericht hat dabei aber zumindest nicht genügend beachtet, daß zu dieser objektiven Auslegung nicht nur die gemäß den §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes heranzuziehen sind, sondern jedenfalls der gesamte Inhalt der Klageschrift (Fasching, Zivilprozeßrecht Rdz 322; Stein/Jonas, ZPO 20 Rdn 3 und 7 vor § 50; Rosenberg/Schwab Zivilprozeßrecht 13 , 210 f.; vgl. auch EvBl 1973/30, Seite 77; EvBl 1973/281, Seite 578; RZ 1977/102, Seite 211 u.a.). Es hat vor allem unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger die Person des Beklagten nicht nur durch die Angaben im Kopf der Klage, sondern insbesondere auch in der Klagserzählung durch die - Behauptung bezeichnet hat, der Beklagte sei Gesellschafter der 'Firma B & CO GesmbH'.

Solange im vorliegenden Verfahren nicht geklärt ist, auf welche der beiden Personen, die auf Grund der Gleichnamigkeit als Partei auf Beklagtenseite in Frage kommen, das Merkmal 'Gesellschafter der Firma B & CO Gesellschaft mbH' zutrifft, kann nicht darüber entschieden werden, ob Friedrich A sen. oder Friedrich A jun. Partei ist und daher auch nicht darüber, ob Friedrich A jun. verfahrensfremd ist. Daran vermag es auch nichts zu ändern, daß die in der Klage für den Beklagten angegebene Anschrift selbst nach den Ausführungen des Friedrich A jun. als Wohnanschrift für Friedrich A sen., nicht aber für ihn zutrifft, und dies allenfalls auch bezüglich des Individualisierungsmerkmales 'Kaufmann' gilt. Dem Individualisierungsmerkmal 'Gesellschafter der Firma B & CO Gesellschaft mbH' kommt nämlich gegenüber diesen beiden anderen Merkmalen entscheidende Bedeutung zu, weshalb ohne Feststellung darüber, welche der beiden auf Beklagtenseite in Betracht kommenden Personen Gesellschafter der genannten Gesellschaft war bzw. ist, die Parteifrage nicht entschieden werden kann. Auf die Klarstellung dieser Frage hat wie auch sonst auf die Klarstellung der Parteienbezeichnung das Gericht in jeder Lage des Verfahrens hinzuwirken (vgl. Rosenberg/Schwab a.a.O. Seite 213; EvBl 1973/30 Seite 77; EvBl 1973/281, Seite 578; 1 Ob 83/75 u.a.). Da das Berufungsgericht dies unterlassen hat und eine diesbezügliche Feststellung fehlt, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Da Friedrich A jun., bereits ausgesagt hat, daß das Unterscheidungsmerkmal 'Gesellschafter der B & CO Gesellschaft mbH' nur auf ihn zuträfe, wird es weiterer diesbezüglicher Erhebungen dann nicht bedürfen, wenn der Kläger über Aufforderung durch das Berufungsgericht diesen Umstand als richtig zugeben sollte, weil dann nichts der Beurteilung im Wege steht, daß Friedrich A jun. als beklagte Partei anzusehen ist. Sollte der Kläger die Richtigkeit dieser Aussage bestreiten, wird das Berufungsgericht weitere geeignete Erhebungen vorzunehmen haben. In beiden Fällen wird neuerlich über die Berufung des Friedrich A jun. abzusprechen sein. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Fundstelle(n):
MAAAD-61023