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OGH vom 22.08.1995, 6Ob4/95

OGH vom 22.08.1995, 6Ob4/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Firmenbuchsache der S***** Bank Aktiengesellschaft mit dem Sitz in B*****, vertreten durch Dr.Michael Barnay, Rechtsanwalt in Bregenz, infolge Revisionsrekurses der Gesellschaft gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 3 R 163/94 (ON 36), womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch vom , GZ FN *****-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch ist zu FN ***** die S***** Bank Aktiengesellschaft mit dem Sitz in B***** eingetragen. Die Satzung dieser Aktiengesellschaft lautete in ihrem § 4 Abs. 1 ursprünglich unter anderem wie folgt: "Die die Gesellschaft betreffenden Bekanntmachungen erfolgen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in der Österreichischen Sparkassenzeitung

...".

Am reichte die Aktiengesellschaft den Jahresabschluß 1993 beim Erstgericht mit der Mitteilung ein, dieser sei vom Aufsichtsrat festgestellt worden und werde in der "Österreichischen Sparkassenzeitung" veröffentlicht. Das Erstgericht forderte die Gesellschaft unter Hinweis auf §§ 277 und 10 HGB auf, binnen zwei Monaten ein Belegblatt des Amtsblattes zur Wiener Zeitung über die Veröffentlichung des Jahresabschlusses zum samt Bestätigungsvermerk vorzulegen. Daraufhin teilte der Vorstand der Aktiengesellschaftt dem Firmenbuchgericht mit, die Satzung sei, bedingt durch das Bankwesengesetz in einigen Punkten geändert worden.

§ 65 des BWG sehe vor, daß Kreditinstitute den Jahresabschluß unverzüglich nach Feststellung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" oder in einem allgemein erhältlichen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen hätten. Im Sinne dieser Bestimmung sei § 5 Abs. 1 der Satzung unter anderem wie folgt neu gefaßt worden: "Die die Gesellschaft betreffenden Bekanntmachungen erfolgen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in der Österreichischen Sparkassenzeitung". Es wurde ersucht, die Satzungsänderung zur Kenntnis zu nehmen und im Hinblick auf die Änderung des § 5 Abs. 1 der Satzung von der Vorlage eines Belegexemplares über die Veröffentlichung des Jahresabschlusses in der Wiener Zeitung abzusehen, da die Veröffentlichung in der Österreichischen Sparkassenzeitung erfolgt sei.

Das Erstgericht wies dieses als Antrag auf Eintragung der Satzungsänderung in ihrem § 5 Abs. 1 gewertete Ersuchen ab. Es vertrat die Auffassung, daß auf die Veröffentlichungen der S***** Bank Aktiengesellschaft grundsätzlich die Bestimmungen des Aktiengesetzes Anwendung zu finden hätten. Gemäß dessen § 18 seien Veröffentlichungen zwingend in der Wiener Zeitung vorzunehmen. Nur daneben könnten überdies auch noch andere Blätter als Bekanntmachungsblätter vorgesehen werden. Die beschlossene Satzungsänderung sei, soweit sie die Veröffentlichung alternativ auch (nur) in der Österreichischen Sparkassenzeitung zulasse, gesetzlich nicht erlaubt. Überdies sei die Österreichische Sparkassenzeitung kein allgemein erhältliches Bekanntmachungsblatt, da dieses bei einem Zeitungskiosk oder in einem Zeitungsgeschäft nicht erhältlich sei und nur in einer Buchhandlung abonniert oder bei einer Sparkasse eingesehen werden könne.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Aktiengesellschaft, der im wesentlichen die Auffassung vertrat, dem § 18 AktG sei durch § 65 BWG als lex specialis derogiert worden, keine Folge.

Es führte aus, das durch das am in Kraft getretene Bankwesengesetz ersetzte Kreditwesengesetz habe in § 24 Abs. 11 unter anderem vorgesehen, daß Banken, ausgenommen solche in der Rechtsform von Personengesellschaften des Handelsrechtes, ihren Jahresabschluß, sofern die Bilanzsumme S 300.000,-- übersteige, unverzüglich nach der Feststellung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in einem allgemein erhältlichen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen hätten. Nunmehr sei durch § 65 Abs. 1 BWG eine Verschärfung eingetreten, weil Kreditinstitute unabhängig von ihrer Rechtsform und der Höhe der Bilanzsumme jedenfalls ihren Jahresabschluß veröffentlichen müßten. Nach § 18 AktG hätten Aktiengesellschaften Veröffentlichungen, soferne diese von Gesetz oder Satzung vorgesehen sei, zwingend in der Wiener Zeitung einzurücken, nur daneben könne die Satzung auch andere Bekanntmachungsblätter bezeichnen. Das Firmenbuchgericht habe die gemäß §§ 277 bis 281 HGB zum Firmenbuch eingereichten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit und ordnungsgemäße Bekanntmachung zu prüfen. Als Aktiengesellschaft könne sich die rekurswerbende Gesellschaft nicht auf die im § 65 BWG vorgesehenen "Erleichterungen" für die Veröffentlichung stützen. Aus den Gesetzesmateralien lasse sich nicht entnehmen, daß der Gesetzgeber Erleichterungen für Kreditinstitute oder eine Ausnahme von § 18 AktG habe normieren wollen. Überdies sei § 18 AktG gegenüber § 65 BWG die "speziellere" Norm, sodaß auch nach den Auslegungsregeln eine Derogation der aktienrechtlichen Bestimmungen durch das BWG nicht in Betracht komme. Das Eintragungsbegehren sei daher abzulehnen, ohne daß es einer besonderen Prüfung bedürfe, ob die Österreichische Sparkassenzeitung überhaupt ein allgemein erhältliches Bekanntmachungsblatt im Sinne des § 65 BWG sei, was zumindest fraglich erscheine.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zum Verhältnis der Bestimmungen des § 18 AktG und § 65 Abs. 1 BWG für Kreditinstitute fehle.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht der Vorinstanzen. § 18 AktG ordnet zwingend an, daß gesetzlich oder satzungsmäßig bekanntzumachende Gegenstände jedenfalls in der Wiener Zeitung zu veröffentlichen sind. Die Satzung kann nur zusätzlich ein oder mehrere Veröffentlichungsblätter bezeichnen. Diese Veröffentlichungspflicht von Aktiengesellschaften betrifft nach § 277 HGB insbesondere auch den Jahresabschluß. Der Vorstand hat unverzüglich nach der Einreichung den Jahresabschluß und den Bestätigungsvermerk zu veröffentlichen und anzugeben, bei welchem Firmenbuch und unter welcher Firmenbuchzahl diese Unterlagen eingereicht worden sind und die Veröffentlichung zum Firmenbuch mit Angabe des Veröffentlichungsblattes, des Veröffentlichungstages und der Nummer der Veröffentlichung einzureichen. Nach § 10 HGB sind die nach dem 3.Buch dieses Gesetzes vorzunehmenden Veröffentlichungen im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" bekanntzumachen.

§ 24 Abs. 11 KWG hat vorgesehen, daß Banken, ausgenommen solche in der Rechtsform von Personengesellschaften des Handelsrechtes ihren Jahresabschluß, soferne die Bilanzsumme 300 Mill.S übersteigt, unverzüglich nach Feststellung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" oder in einem allgemein erhältlichen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen haben.

Durch das mit in Kraft getretene BWG wurde diese Bestimmung im § 65 Abs. 1 BWG dahin geändert, daß die Kreditinstitute den Jahres- und Konzernabschluß unverzüglich nach der Feststellung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" oder in einem allgemein erhältlichen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen haben. Wie die Erläuternden Bemerkungen (1130 BlgNR 18.GP) hiezu ausführen, haben Kreditinstitute künftig ihren Jahresabschluß unabhängig von der Rechtsform und der Höhe der Bilanzsumme jedenfalls zu veröffentlichen. Die Veröffentlichungspflicht wurde also gegenüber dem KWG durch Einbeziehung aller Kreditinstitute und unabhängig von der Höhe der Bilanzsumme verschärft. Die rechtsmittelwerbende Aktiengesellschaft meint nun, daß durch diese Bestimmung dem § 18 AktG derogiert worden sei und der Gesetzgeber für die Veröffentlichung des Jahresabschlusses auch für die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft errichteten Kreditinstitute nicht mehr zwingend eine Verlautbarung jedenfalls in der Wiener Zeitung, sondern alternative Bekanntmachungen nur in einem allgemein erhältlichen anderen Bekanntmachungsblatt vorgeschrieben und so gegenüber § 18 AktG eine "Erleichterung" geschaffen habe. Dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Schon aus der Bestimmung des § 24 Abs. 2 KWG, daß für die Erstellung der Jahresabschlüsse auch bei Banken, die keine Aktiengesellschaften sind, die §§ 129 und 133 AktG sinngemäß anzuwenden sind, läßt sich ableiten, daß der Gesetzgeber nicht zwingende Vorschriften des Aktiengesetzes für Aktiengesellschaften lockern, sondern vielmehr dessen Bestimmungen so weit wie möglich auch auf Kreditinstitute, die keine Aktiengesellschaften sind, angewendet wissen wollte. Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber durch die Einbeziehung von nicht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebenen Kreditinstituten in die Veröffentlichungspflicht wegen deren vielfach geringerer, nur lokaler Bedeutung nur für diese eine auf den Interessentenkreis abgestellte alternative Veröffentlichungsmöglichkeit schaffen wollte. Gerade aus der von der Rechtsmittelwerberin für ihren Standpunkt zitierten Bestimmung des § 65 Abs. 2 BWG, die abweichend nur von § 277 Abs. 1 4.Satz HGB ("Offenlegung bei Aktiengesellschaften") nur für die Veröffentlichung des Anhanges eine Sonderregelung auch für Kreditinstitute, die Aktiengesellschaften sind, trifft, läßt sich ableiten, daß vom Gesetzgeber für Aktiengesellschaften nur im zitierten eingeschränkten Umfang eine Derogierung handels- und aktienrechtlicher Vorschriften gewollt war. Ein vernünftiger Grund, daß gerade Bankaktiengesellschaften mit ihrer nicht nur für die Aktionäre, sondern die gesamte Bevölkerung großen wirtschaftlichen Bedeutung gegenüber Aktiengesellschaften in allen anderen Sparten, die in vielen Fällen von wesentlich geringerer Bedeutung für das Publikum sind, erleichterten Veröffentlichungsvorschriften über den Jahresabschluß unterliegen sollen, läßt sich nicht finden.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen, ohne daß noch auf die Frage einzugehen war, ob die Österreichische Sparkassenzeitung ein allgemein erhältliches Bekanntmachungsblatt im Sinne des § 65 Abs. 1 BWG darstellt.