OGH vom 17.01.2012, 5Ob251/11i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jutta H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Gabriele E*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof Dr. Damian GmbH in Wien, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. Wolfgang S*****, vertreten Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 17.614,27 EUR sA (Revisionsinteresse: 13.333,34 EUR), über die Revision der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 42/10z 35, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 55 Cg 96/08d 24, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 997,12 EUR (darin 166,18 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof soweit überblickbar im Ergebnis erst einmal in 7 Ob 561/95 für eine Schenkungsanrechnung einer aufgrund eines Gütergemeinschaftsvertrags erfolgten Vermögenszuwendung ausgesprochen habe, sich der dieser Entscheidung zugrunde gelegene Fall vom vorliegenden aber insofern unterscheide, als dort anders als hier keine das gesamte Vermögen der Ehegatten umfassende Gütergemeinschaft abgeschlossen worden sei, sondern sich die Regelung darauf beschränkt habe, dass die Frau zur Hälfte Eigentümerin einer vormals im Alleineigentum ihres Mannes gestandenen Liegenschaft geworden sei, während die übrigen Vermögenswerte der Ehegatten ausdrücklich ausgeklammert worden seien.
Die von der Beklagten und ihrem Nebenintervenienten jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revisionen sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO wie folgt kurz zu begründen ist:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang 5 Ob 245/10f (ON 34 der Akten), auf welche betreffend Parteivorbringen und erstgerichtliche Feststellungen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, war vom Berufungsgericht in seiner neuerlichen Entscheidung nur mehr die Tatfrage der mit dem abgeschlossenen Notariatsakt gegebenenfalls verbundenen Schenkungsabsicht zu klären. Diese Klärung hat das Berufungsgericht mit der nunmehr bekämpften Entscheidung vorgenommen und ist dabei zusammengefasst zum Schluss gekommen, dass mit dem als Ehepakt titulierten Vertrag eine Vermögensverschiebung (Begründung des Miteigentums der Beklagten an einer Liegenschaft) bezweckt war, um die Pflichtteilsansprüche der Klägerin zu verringern. Darauf aufbauend hat das Berufungsgericht die Anrechnungspflicht nach § 785 ABGB bejaht. Dies ist eine nicht unvertretbare Vertragsauslegung in einem ganz spezifischen Einzelfall, der nicht die Qualität einer erheblichen Rechtsfrage zukommt (RIS Justiz RS0042936).
2. Aus der wiedergegebenen Begründung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts, auf welche sich auch die Revisionswerber für die Zulässigkeit ihrer Rechtsmittel stützen, folgen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ebenfalls nicht. Richtig ist, dass der Entscheidung 7 Ob 561/95 (= SZ 68/198) ein Sachverhalt zugrunde lag, nach dem lediglich eine Liegenschaftshälfte übertragen worden war. Insoweit ist allerdings hervorzuheben, dass auch hier nur die Schenkungsanrechnung betreffend einer Liegenschaftshälfte zu beurteilen war, im Notariatsakt überhaupt nur auf das Liegenschaftsvermögen des Erblassers Bezug genommen wurde, sonstige Vermögenswerte auch jene der Beklagten unerwähnt blieben, nach dem Altersunterschied zwischen den Ehegatten von 39 Jahren ein Überleben des Mannes nach menschlichem Ermessen nicht zu erwarten war und nach den getroffenen von den Rechtsmittelwerbern weiterhin konsequent negierten erstgerichtlichen Feststellungen mit der Vermögensübertragung durch den zu beurteilenden Vertrag gerade die Pflichtteilsverkürzung der Klägerin beabsichtigt war. In der wesentlichen vertraglichen Zielsetzung einer einseitigen Vermögensverschiebung betreffend die fragliche Liegenschaft besteht daher kein entscheidungswesentlicher Unterschied zu besagter Vorentscheidung.
3. Die Beklagte sieht letztlich noch eine Verkennung der Rechtslage darin, dass die Vorinstanzen für den Fall der Annahme einer unentgeltlichen Vermögenszuwendung eine dafür bestandene sittliche Pflicht des Erblassers verneint haben. Das Vorliegen einer fehlenden „sittlichen Pflicht“ des Erblassers haben die Vorinstanzen jedoch auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts ebenfalls vertretbar verneint, stand diese doch auch subjektiv nach dem Verständnis der Parteien und entgegen der Sachlage in der von der Beklagten bezogenen Entscheidung 7 Ob 102/72 JBl 1973, 32 (krit F. Bydlinski ) „die Versorgung der Beklagten (...) nicht im Vordergrund“.
4.1. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO sind die Revisionen daher unzulässig und deshalb zurückzuweisen.
4.2. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS Justiz RS0035979).
Fundstelle(n):
OAAAD-60970