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OGH vom 26.05.1954, 3Ob284/54

OGH vom 26.05.1954, 3Ob284/54

Norm

ABGB §§1198 ff;

Kopf

SZ 27/157

Spruch

Zur Rechnungslegungspflicht des bürgerlichen Gesellschafters.

Entscheidung vom , 3 Ob 284/54.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht hat den Beklagten als Geschäftsführer der zum Zwecke der Herstellung und Verwertung des Filmes "Wintermelodie" gegrundeten Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes schuldig erkannt, der Klägerin als Gesellschafterin dieses Unternehmens über die ihr zum Zwecke der Herstellung des genannten Filmes überlassenen Geldbeträge Rechnung zu legen und ihr insbesondere die ordnungsgemäßen, nach kaufmännischen Grundsätzen errichteten, Bilanzen für die Geschäftsjahre 1946 bis einschließlich 1951 zur Verfügung zu stellen. Es vertrat hiebei die Rechtsansicht, daß die der Klägerin allein zugekommene, vom Buchsachverständigen L. gefertigte, mit Schreiben vom übermittelte "Aufstellung der Herstellungskosten des Filmes "Wintermelodie" bis " mit Beilage "Finanzierung des Filmes" einer ordentlichen Abrechnung im Sinne des § 1198 ABGB. nicht entspreche, da in Anbetracht des Umfanges der Erwerbsgesellschaft und der Höhe der geleisteten Einlagen nur durch ordnungsgemäße, nach kaufmännischen Grundsätzen erstellte Bilanzen der Rechnungslegung genügt werde, welcher Verpflichtung der Beklagte nicht nachgekommen sei.

Der Berufung der Beklagten wurde nicht Folge gegeben.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes mit der Maßgabe, daß im Spruch des Ersturteiles der Satzteil: "und der klagenden Partei insbesondere die ordnungsgemäßen, nach kaufmännischen Grundsätzen errichteten Bilanzen für die Geschäftsjahre 1946 bis einschließlich 1951 zur Verfügung zu stellen" zu entfallen hat.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Grundsätzlich muß der Rechnungslegungspflichtige eine Abrechnung vorlegen, die alle Geschäftsfälle enthält, und Einnahmen und Ausgaben detailliert aufweist. Eine ordentliche Rechnung muß daher erkennen lassen, wofür jede einzelne Zahlung geleistet wurde. Die bloße Zusammenfassung in einer Gesamtpost und die Mitteilung von Endziffern genügt daher im allgemeinen nicht, sondern muß auch bekanntgegeben werden, aus welchen Teilbeträgen sie sich zusammensetzen und aus welchen Geschäftsfällen sie sich ergeben (Rechtsprechung 1936, Nr. 346). Da nun die bürgerliche Erwerbsgesellschaft zum Zwecke der Herstellung und Verwertung des Filmes "Wintermelodie", der auch die Klägerin als Gesellschafterin angehört, ein Unternehmen darstellt, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (vgl. § 2 HGB.), überdies sich die Führung einer eigenen Buchhaltung schon aus den Feststellungen ergibt, ist ein Teil der Rechnungslegung bereits in der Buchführung gelegen. Es wäre daher, insoweit sich die rechnungspflichtigen Umstände einwandfrei aus den ordnungsgemäß geführten Büchern und Belegen ergeben, eine ins einzelne gehende Angabe der Ausgaben und Einnahmen mit dem bezüglichen Nachweis nicht erforderlich und würde der Hinweis auf die entsprechenden Buchungen und die alle erforderlichen Einzelheiten enthaltenden Belege genügen (SZ. XXIII/76). Die nach den Feststellungen der Klägerin erweisbar allein zugekommene "Zusammenstellung der Gebarung des Filmes bis " (Beilage 21), die überdies vom Beklagten nicht verantwortlich gefertigt ist, entspricht jedoch schon deswegen einer ordentlichen Rechnungslegung nicht, weil sie lediglich eine nicht einmal nach Jahren getrennte Gesamtaufstellung von Ausgaben und Einnahmen (nebst einer Zusammenstellung der Einlegerkonti und einer Reihe offener Forderungen gegen das Unternehmen) enthält, also zusammenfassende Endziffern bekanntgibt, irgendeinen Hinweis jedoch auf die entsprechenden bücherlichen Sammeleintragungen und Einzelbuchungen sowie auch im Zusammenhange damit, auf die alle erforderlichen Einzelheiten enthaltenden Belege vermissen läßt. Da mit der vorliegenden Klage in erster Linie Rechnungslegung begehrt wird, woraus ersichtlich ist, daß die Klägerin sich mit der Vorlage der Bilanzen für die Geschäftsjahre 1946 bis 1951 nicht begnügt (§ 1200 ABGB.), erscheint zur Erfüllung der Rechnungslegungspflicht die Vorlage dieser Bilanzen schon deswegen nicht zweckentsprechend und daher auch nicht erforderlich, weil der alleinige Zweck der Bilanzierung darin besteht, die eingetretenen Veränderungen des Kapitalstandes auszuweisen, während die Rechnungslegung lediglich die Überprüfung der Gebarung des Rechnungslegungspflichtigen hinsichtlich aller rechnungspflichtigen Umstände ermöglichen soll.