OGH vom 18.07.2002, 3Ob284/01p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Goja, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Baurat h.c. DI Robert S*****, vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 247.370,50 S (= 17.977,12 EUR) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 93/01s-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 23 Cg 297/00h-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,84 EUR (darin enthalten 166,81 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Für das von der auch hier klagenden Partei (im Folgenden nur klagende Partei) gegen eine am insolvent gewordene Schlossverwaltungsgesellschaft wegen Zahlung einer Honorarforderung von 2,301.774,82 S sA geführten Vorprozess ist von folgendem hier relevanten Verfahrensablauf auszugehen: Das Erstgericht zog den Beklagten und einen weiteren Gutachter als Sachverständige (im Folgenden SV) bei. Deren Gebühren für ihre Gutachten und Gutachtenserörterungen wurden abschnittsweise mit den Beschlüssen ON 52 f, 68, 76 f, 94 f, 109 f, 114, 117, 121, 131, 143 und 148 mit insgesamt rund 688.000 S bestimmt und ausbezahlt, wovon die klagende Partei den nunmehrigen, der Höhe nach unstrittigen Klagsbetrag von 247.370,50 S bezahlte. Die klagende Partei reagierte auf die ersten Gutachten des Beklagten und eines weiteren SV mit einem 41 Seiten umfassenden, großteils an den Beklagten gewandten Fragenkatalog zur Gutachtenserörterung ON 98, den der Beklagte mit seinem 116 Seiten umfassenden Ergänzungsgutachten ON 101 beantwortete. Die klagende Partei lehnte u.a. den Beklagten als SV erstmals in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom (ON 121/III Band) wegen Befangenheit ab, weil sich die beiden SV von der beklagten Partei in deren Schlosshotel hätten einladen lassen, weshalb sie durch ein solches Naheverhältnis und "darin begründete emotionale Komponenten" nicht mehr in der Lage wären, ein objektives und von Unparteilichkeit getragenes Gutachten zu erstatten. Das Erstgericht wies diese Ablehnungsanträge unangefochten ab (ON 125/III. Band). In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom (ON 134/III. Band) lehnte die klagende Partei ua den Beklagten neuerlich als befangen ab, nunmehr mit der Begründung, dass er in zwei Parallelverfahren denselben Sachverhalt in zwei Punkten (Anschlussprovision und Rechnungen eines näher genannten Unternehmens) gänzlich anders bewertet und somit "unter vorsätzlicher Verschweigung erheblicher, im Zuge seiner Gutachtertätigkeit festgestellter Tatsachen einen falschen Befund und ein falsches Gutachten erstattet" habe. Das Erstgericht behielt sich die Entscheidung darüber vor (ON 134/III. Band) und schloss die Verhandlung, um mit Beschluss vom (ON 150/III.V Band) "das Verfahren" wieder zu eröffnen und den Beklagten und den zweiten SV ihres Amtes zu entheben. Die Begründung dazu lautet:
"Im Parallelverfahren ... (klagende Partei gegen eine andere
Schlossverwaltungs GmbH) hat das OLG Graz mit seiner Entscheidung ...
beginnend ab Seite 21 eine weitgehende Beweiswürdigung betreffend die
Beweisergebnisse des Aktes ... (Vorprozess) getroffen.
Diese Beweiswürdigung ist in sich selbst so schlüssig, dass der
gefertigte Richter einsehen musste, dass seine bisher im Verfahren
... (Vorprozess) eingehaltene Linie der Glaubwürdigkeit nicht mehr
weiter aufrechterhalten werden kann. Auch der Oberste Gerichtshof hat
basierend auf dieser Beweiswürdigung in seiner Entscheidung 5 Ob
28/99z weitergehende Rechtsansichten vertreten, die auch für das
Verfahren ... (Vorprozess) als praktisch überbundene Rechtsmeinung
angesehen werden müssen.
Da der Klagsvertreter die beiden SV ... (Beklagter) und ... begründet
abgelehnt hat und auch beim Richter bei genauer Studium der vorliegenden Beweisergebnisse zumindest einen Teil dieser Bedenken geteilt wird, waren die SV ihres Amtes zu entheben. Basierend auf diesem Bedenken ist aber das SV-Verfahren neu durchzuführen, da nunmehr gesicherte Beweisergebnisse zur Höhe des Anspruches fehlen.
Es musste daher das Verfahren wieder eröffnet werde."
Mit dem in zweiter Instanz bestätigten Beschluss vom ON 164/III. Band wies der Erstrichter ua den Antrag der klagenden Partei ON 161/III. Band, ua dem Beklagten die Rückzahlung der ihm zugeflossenen SV-Gebühren von 312.563,50 S aufzutragen, mit folgender Begründung ab:
"Entgegen der Ansicht der Parteienvertreter sind die beiden Sachverständigen nicht wegen der vom Klagsvertreter behaupteten Befangenheit ihres Amtes enthoben worden, sondern weil nach der vom Obersten Gerichtshof im Parallelverfahren ... für richtig befundene Beweiswürdigung auch das OLG Graz beim gefertigten Richter doch Bedenken über Vollständigkeit und fachliche Würdigung der beiden Gutachten aufgetreten seien. Nachdem aber der Klagsvertreter bereits vehementestens versucht hatte, mit unhaltbaren Anwürfen der Befangenheit die beiden Sachverständigen zu elimineren, schien es auch dem Richter prozesstaktisch richtiger, durch in der Sache noch unbefangene Sachverständige die Gutachten, insbesondere auch gegenüber dem Parallelverfahren überprüfen zu lassen.
...
Wenn die klagende Partei und nunmehr auch die beklagte Partei meinen, dass die Gutachten aus dem Verschulden der Sachverständigen unvollständig geblieben seien, so ist ausdrücklich darauf zu verweisen, dass der Richter sehr wohl am , wie er den Schluss der Verhandlung verkündet hat, von der Richtigkeit und Vollständigkeit ausgegangen ist und auch gewillt war, auf diese Gutachten das Urteil aufzubauen.
Wenn nachträglich ein Richter seine Meinung ändert und noch weitere Aufklärung und Abklärung für nötig erachtet, entzieht sich dies jedem Parteieneinfluss. Ob jedoch die vorliegenden Gutachten richtig und vollständig sind, könnte erst im weiteren Verfahren schlimmstenfalls auch durch Beiziehung eines Obergutachters geklärt werden. Erst dann könnte gesagt werden, ob die Gutachten aus dem Verschulden der Sachverständigen nicht lege artis erstellt worden sind. Daraus ergibt sich aber, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 25 Abs 3 GebAG noch gar nicht beurteilt werden können. Eine verfahrensrechtliche Unvollständigkeit des Sachverständigengutachtens wurde nicht einmal vom Klagsvertreter behauptet.
..."
Die zweite Instanz vertrat dazu die Auffassung, eine Rückzahlung von SV-Gebühren aus den von der klagenden Partei geltend gemachten Gründen sei im GebAG nicht vorgesehen.
Das Anlassverfahren endete schließlich durch eine gemeinsame Anzeige "ewiges Ruhens" der Parteien (ON 169/III. Band).
Ihr nunmehriges Klagebegehren auf Rückzahlung der SV-Gebühren begründete die klagende Partei zusammenfassend wie folgt: Ihren zweiten Ablehnungsantrag habe sie damit begründet, der Beklagte hätte einen falschen Befund und ein falsches Gutachten erstattet und erhebliche Tatsachen verschwiegen. Da der Beklagte infolge Ablehnung seines Amts enthoben worden sei, sei seine Tätigkeit aus seinem Verschulden unvollendet geblieben und es hätten die bisher erstatteten Gutachten nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Da neue Sachverständige zu bestellen gewesen seien, sei der klagenden Partei ein Schade in Höhe der an den Beklagten bezahlten SV-Gebühren entstanden. Die Ruhensvereinbarung im Vorprozess beruhe ausschließlich darauf, dass über das Vermögen der dort beklagten Partei am der Konkurs eröffnet worden und eine Ausschüttung an die Gläubiger nicht zu erwarten gewesen sei. Nach der Ablehnung des Beklagten als SV am seien keine nennenswerten SV-Gebühren mehr bestimmt worden. Dessen ungeachtet habe die klagende Partei auch dagegen Einwendungen erhoben. Durch die Erstattung eines schuldhaft unrichtigen Gutachtens habe der Beklagte seine Enthebung verschuldet. Er habe in verschiedenen Verfahren zu ein und demselben Fragenkomplex völlig unterschiedliche, teilweise diametrale Darstellungen getroffen, was sich jeweils zum Nachteil der klagenden Partei ausgewirkt habe. Auch habe er seine Ergänzungsgutachten auf Zahlen aufgebaut, von denen er aus eigener Wahrnehmung und Befundung in anderen Verfahren gewusst habe, dass sie falsch seien. Das Gutachten sei so unvollständig und fachlich unrichtig gewesen, dass er seines Amtes enthoben werden habe müssen. Abgesehen von der evidenten und festgestellten Befangenheit sei auch dem Richter klar gewesen, dass das Gutachten in seinen Schlussfolgerungen nicht den Regeln der Wissenschaft in Einklang zu bringen gewesen sei. Die Enthebung sei auch aus diesem Grund erfolgt. Auch darin liege ein Verschulden. Das Gutachten des Beklagten im Vorprozess sei wertlos, weil es für die weiteren Verfahren nicht herangezogen werden könne; somit sei der Werkvertrag nicht erfüllt worden.
In der Folge habe der in das Verfahren eingetretene Masseverwalter der Schlossverwaltungsgesellschaft die Forderung in der Höhe des Klagebetrags anerkannt.
Der Beklagte wendete ein, im Vorprozess nicht befangen gewesen zu sein. Er sei auch nicht aufgrund einer Befangenheit seines Amtes enthoben worden und habe dies auch nicht verschuldet. Es seien im Anlassverfahren keine neuen Sachverständigen bestellt worden, vielmehr sei es zu einer Ruhensvereinbarung gekommen, für die offensichtlich nicht zuletzt das von ihm erstattete Gutachten maßgeblich gewesen sei. Die klagende Partei habe sich den von ihr behaupteten Schaden selbst zuzuschreiben, unabhängig davon, dass ein Ersatzanspruch ohnehin unberechtigt wäre. Im Beschluss ON 164 des Vorprozesses sei festgestellt worden, dass er nicht wegen Befangenheit seines Amtes enthoben worden sei. Es sei auch in keinem der Parallelverfahren festgestellt worden, dass seine Gutachten unrichtig seien. Hätte er sich im Vorprozess gleich vom Beginn seiner gutachterlichen Tätigkeit an für befangen erklärt, so hätte ein anderer SV die erforderlichen Gutachten erstattet, sodass der frustrierte Aufwand im Verfahren durch seine Gutachtertätigkeit nicht entstanden wäre. Selbst im Falle seiner Befangenheit wären die Kosten für SV-Gebühren in der verzeichneten und tarifmäßig bestimmten Höhe anerlaufen.
In seinem klageabweisenden Urteil traf das Erstgericht noch Feststellungen darüber, zu welchem Zeitpunkt die klagende Partei von den von ihr geltend gemachten Ablehnungsgründen Kenntnis hatte. In rechtlicher Hinsicht vertrat die Erstrichterin im wesentlichen die Auffassung, es handle sich bei der unmittelbaren Haftung gerichtlich bestellter Sachverständiger für den durch ein unrichtiges Gutachten verursachten Schaden nicht um den Rat eines SV an eine Partei, sondern darum, dass das unrichtige Gutachten ausschlaggebend für eine die Prozesspartei beschwerende Entscheidung sei. Bei der Lösung der Frage, ob die Unrichtigkeit des Gutachtens für die die Prozesspartei beschwerende Entscheidung maßgebend gewesen sei, handle es sich nach stRsp um die Beurteilung der natürlichen Kausalität des Fehlverhaltens für den Schaden. Hier sei das Verhalten des Beklagten nicht kausal für den von der klagenden Partei zu tragenden Aufwand für SV-Gebühren. Auch wenn der Beklagte sein Gutachten tatsächlich falsch und unter Verschweigung erheblicher Tatsachen erstattet haben sollte, sei dies nicht die Ursache für die Bestimmung von SV-Gebühren gewesen. Dies habe die klagende Partei auch nicht einmal behauptet. Unabhängig von einem dem Beklagten allenfalls vorwerfbaren Verhalten wären bei Erstattung eines anderen SV-Gutachtens durch ihn oder einen anderen Gutachter ebenfalls SV-Gebühren bestimmt worden. Dass gerade die falsche Gutachtenserstattung zur Verzeichnung erhöhter Gebühren geführt habe, habe die klagende Partei nicht einmal behauptet. Im Übrigen sei der Gebührenanspruch des SV öffentlich-rechtlicher Natur und wende sich gegen den durch das Gericht repräsentierten Bund. Zwischen den Parteien und den SV bestünden keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen, der SV habe daher seinen Gebührenanspruch nur gegenüber dem Gericht nach den Bestimmungen des GebAG geltend zu machen.
Hätte die klagende Partei gegenüber dem Gebührenanspruch des Beklagten aufgrund seines ersten Gutachtens geltend gemacht, dass seine Tätigkeit unvollendet sei (und durch seine Enthebung auch geblieben sei), hätte sie verhindern können, dass es zu einer Bestimmung und Auszahlung von SV-Gebühren gekommen wäre. Zum Zeitpunkt der Erstattung eines Ergänzungsgutachtens habe sie überdies bereits seit langem um jene Umstände gewusst, die zur Enthebung auch des Beklagten als SV geführt habe, wodurch die Tätigkeit auch unvollendet habe bleiben müssen, wenn ein Gebührenanspruch in Wahrheit gar nicht habe entstehen können. Es bestehe kein Anlass, einer Partei, welche die im Gebührenbestimmungsverfahren vorgesehenen Möglichkeiten der Bekämpfung von Bestimmungsbeschlüssen nicht nütze, nachträglich zur Sanierung ihrer Versäumnisse das Schadenersatzrecht in die Hand zu geben.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es sah die von der klagenden Partei bekämpfte erstrichterliche Feststellung über ihre Kenntnis von Vorgutachten als bedenklich an, erachtete sie aber als überschießend und demnach als unbeachtlich. In rechtlicher Hinsicht billigte die zweite Instanz die Rechtsansicht des Erstgerichts, das von der klagenden Partei dem Beklagten vorgeworfene Verhalten habe die als Schaden geltend gemachte Bezahlung der SV-Gebühren nicht verursacht, diese wären vielmehr aller Voraussicht nach auch dann zu zahlen gewesen, wenn der SV nicht befangen gewesen oder sein Gutachten nicht falsch gewesen oder überhaupt ein anderer SV beigezogen worden wäre. Es könne das dem Beklagten vorgeworfene Verhalten iSd Äquivalenztheorie ohne weiteres weggedacht werden und der Schaden läge trotzdem vor. Eine Rückzahlungspflicht des Beklagten aufgrund eines Rechts der klagenden Partei auf Wandlung wegen Vorliegens eines mangelhaften, nicht verbesserungsfähigen und daher wertlosen Werks scheitere schon daran, dass ein Werkvertrag zwischen den Parteien nicht vorgelegen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz - wegen fehlender Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob und unter welchen Umständen eine Prozesspartei von einem gerichtlichen SV von ihr bereits bezahlte SV-Gebühren zurückfordern könne - zugelassene Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Im Rechtsmittel macht die klagende Partei im Wesentlichen geltend, das Gutachten des Beklagten hätte durch sein sittenwidriges Verhalten ("begründete Ablehnung und Enthebung des Amtes") nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Die gutachterliche Leistung wäre nicht untergegangen, wenn der SV nicht befangen gewesen, sein Gutachten nicht falsch oder überhaupt ein SV beigezogen worden wäre. Entscheidend sei, dass das Fehlverhalten des Beklagten die konkreten SV-Leistungen bzw den SV-Aufwand vernichtet habe. Für den Bereich der rechtsberatenden Berufe werde in stRsp zu Recht die Meinung vertreten, bezahltes Honorar sei aus dem Titel des Schadenersatzes rückforderbar, wenn die Leistung mit auch bloß fahrlässig herbeigeführten Kunstfehlern behaftet sei, sofern dies die Wertlosigkeit der Tätigkeit nach sich ziehe. Hier scheide auch die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten aus, weil sich niemand einen befangenen bzw einen vorsätzlich ein falsches Gutachten erstattenden SV im Verfahren gefallen lassen müsse. Aufgrund unrichtiger Rechtsansicht der Vorinstanzen seien die maßgeblichen Feststellungen, insbesondere zur Pflichtwidrigkeit des Beklagten nicht getroffen worden.
a) In ihrer Revision kommt die klagende Partei auf den in erster Instanz erkennbar geltend gemachten Rechtsgrund der Nichterfüllung eines Werkvertrags durch den Beklagten nicht mehr zurück. Schon in der Entscheidung SZ 16/51 hat der Oberste Gerichtshof in Anlehnung an eine Entscheidung des Reichsgerichts aus 1915 ausgesprochen, der SV übe im gerichtlichen Verfahren seine Tätigkeit auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Auftrags aus. Dieselbe Auffassung vertrat das OLG Wien in mehreren Entscheidungen (Nachweise bei Krammer/Schmidt, SDG und GebAG 19753 § 38 E 1). Dass der Sachverständige zwar vom Gericht bestellt wird, aber trotzdem kein Organ der Gerichtsbarkeit ist, weshalb der Bund für einen Schaden, den ein solcher SV durch ein rechtswidriges Verhalten wen immer schuldhaft zufügt, nach dem AHG nicht haftet, entspricht bisheriger und neuester Rsp (1 Ob 1/01f = JBl 2001, 788 [Rummel]).
b) Nach stRsp haftet der vom Gericht bestellte Sachverständige den
Prozessparteien gegenüber persönlich nach §§ 1295, 1299 ABGB für die
Folgen eines im Rechtsstreit schuldhaft abgegebenen unrichtigen
Gutachtens (SZ 11/225 = JBl 1930, 190; SZ 50/98 = EvBl 1978/189; SZ
57/105 [dazu Nowotny in JBl 1987, 282] uva, zuletzt 5 Ob 18/00h = JBl
2001, 227; RIS-Justiz RS0026316, RS0026319, RS0026360). Welser
(Sachverständigenhaftung und Insolvenzverfahren, in NZ 1984, 92 ff)
geht dazu von einer Verantwortlichkeit des gerichtlich bestellten SV
gegenüber den Parteien eines Verfahrens nach Vertragsgrundsätzen
durch die verfahrensrechtliche Sonderbeziehung, in der er zu diesen
Parteien steht, aus. Ob einer Prozesspartei durch ein solches
schuldhaftes Fehlverhalten des SV ein Schaden entstanden ist, ist
jedenfalls danach zu beurteilen, ob die Entscheidung im
Anlassverfahren günstiger ausgefallen wäre, wenn der SV dort in allen von ihm begutachteten Fragen ein richtiges Gutachten abgegeben hätte (SZ 50/98 ua). Bei der Lösung der Frage, ob die Unrichtigkeit des Gutachtens eines gerichtlich bestellten SV maßgebend für die die Prozesspartei beschwerende gerichtliche Entscheidung war, ob also - mit anderen Worten - das Gericht dann, wenn der SV ein sachlich richtiges Gutachten erstattet hätte, eine andere oder die gleiche Sachentscheidung getroffen hätte, handelt es sich um die Beurteilung der natürlichen Kausalität des Fehlverhaltens des SV für den der Prozesspartei entstandenen Schaden. Ob aber der natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist, ist nach stRsp eine reine Tatfrage, deren Lösung durch die Vorinstanzen im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden kann (SZ 51/66 mwN; 8 Ob 505/86 ua). Im hier zu beurteilenden Vorprozess kam es zu keiner gerichtlichen Entscheidung. Die Frage, ob ein allfälliges schuldhaftes Verhalten des Beklagten kausal für den behaupteten Vermögensschaden (in casu:
Zahlung der vom Beklagten verzeichneten und ihm rechtskräftig zugesprochenen Gebühren) war, ist nach der juristischen Kausalität als Rechtsfrage an Hand der maßgeblichen Vorschriften des GebAG 1975 zu beurteilen. Der Gebührenanspruch des SV ergibt sich aus den §§ 1, 24 ff GebAG 1975. Dabei sind die Gebühren - anders als dies im Vorprozess geschah - erst nach Abschluss der gutachterlichen Tätigkeit zu bestimmen (§ 38 Abs 1 erster Satz, § 39 GebAG 1975; vgl dazu auch Krammer/Schmidt aaO § 38 E Nr 13); vorher ist nur die Gewährung von Vorschüssen zulässig (§ 26 GebAG 1975). Einschränkungen für den Zuspruch von Gebühren enthält § 25 GebAG 1975 idFd hier maßgeblichen GebAG-Novelle 1994 BGBl 1994/623. Dessen Abs 3 lautet:
Ist die Tätigkeit des Sachverständigen aus seinem Verschulden unvollendet geblieben, so hat er keinen, sonst nur einen Anspruch auf die seiner unvollendeten Tätigkeit entsprechende Gebühr. Hat der Sachverständige aus seinem Verschulden seine Tätigkeit nicht innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist erbracht oder sein Gutachten so mangelhaft abgefasst, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, so ist die Gebühr für Mühewaltung nach richterlichem Ermessen unter Bedachtnahme auf das den Sachverständigen treffende Verschulden, die Dringlichkeit des Verfahrens, das Ausmaß der Verzögerung und den Umfang der erforderlichen Erörterungen um insgesamt bis zu einem Viertel zu mindern.
Danach ist somit die Gebühr des SV dann entsprechend zu mindern, wenn er sein Gutachten entweder nicht vollständig oder verspätet erstattete. Das Ziel der GebAG-Novelle 1994, die Erstellung der SV-Gutachten zu beschleunigen und das Erfordernis nicht notwendiger Erörterungen möglichst hintanzuhalten, sollte dadurch erreicht werden, dass die Gebühr für Mühewaltung nach richterlichem Ermessen zu mindern ist, wenn der SV eine Verzögerung seiner Tätigkeit oder die Erörterungsbedürftigkeit seines Gutachtens zu vertreten und sie verschuldet hat (RV zur GebAG-Novelle 1994, 1554 BlgNR 18. GP, 8; Krammer/Schmidt aaO § 25 Anm 11). Auf seine inhaltliche Richtigkeit sollte das Gutachten im Gebührenbestimmungsverfahren auch nach der GebAG-Novelle 1994 nicht zu prüfen sein (Krammer/Schmidt aaO § 25 Anm 11); nach der stRsp der Rekursgerichte soll im Rahmen der Gebührenbemessung nicht über Schlüssigkeit, Beweiskraft, Tunlichkeit und Nachvollziehbarkeit eines Gutachten abgesprochen werden, weil dies die richterliche Beweiswürdigung anlässlich der Endentscheidung präjudizieren würde (Krammer/Schmidt aaO § 25 E Nr 101 ff). Die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens ist somit grundsätzlich nicht Voraussetzung für den Gebührenanspruch. Nach den Materialien der GebAG-Novelle 1994 sollte aber die bisherige Rsp der Rekurssenate, wonach für völlig unbrauchbare Gutachten kein Gebührenanspruch zustehe, unberührt bleiben; derartige Gutachten seien auch weiterhin nicht als Erfüllung des Auftrags des Gerichts anzusehen (Krammer/Schmidt aaO § 25 Anm 11 und E Nr 108). Insoweit haben daher die Vorinstanzen die Kausalität des dem Beklagten vorgeworfenen Verhaltens für den geltend gemachten Schaden zu Recht verneint. Dass die umfangreiche Gutachtertätigkeit des Beklagten völlig unbrauchbar iS einer absoluten Wertlosigkeit gewesen wäre, entspricht weder dem Prozessvorbringen der klagenden Partei im Vorprozess noch im vorliegenden Schadenersatzprozess.
c) Gemäß § 355 Abs 1 ZPO können SV aus den selben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen, jedoch kann die Ablehnung nicht darauf gegründet werden, dass der SV früher in derselben Rechtssache als Zeuge vernommen wurde. Die Ablehnungserklärung ist bei dem Prozessgerichte ... vor dem Beginn der Beweisaufnahme und bei schriftlicher Begutachtung vor erfolgter Einreichung des Gutachtens mittels Schriftsatzes oder mündlich anzubringen. Später kann eine Ablehnung nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines unübersteiglichen Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte (§ 355 Abs 2 ZPO). Wird dem Ablehnungsantrag stattgegeben, hat das Gericht einen anderen SV zu bestellen; ein schon erstattetes Gutachten darf nicht berücksichtigt werden (5 Ob 176/73 = EvBl 1974/66 uva E zu RIS-Justiz RS0040667; Rechberger in Rechberger2, § 356 ZPO Rz 6). Demnach kämen dadurch frustrierte Aufwendungen als der Partei entstandener Schaden in Betracht (vgl 1 Ob 3/92 = SZ 65/125 zur Aufhebung eines Verfahrensabschnitts wegen erfolgreicher Ablehnung eines Richters als nichtig). Die klagende Partei hat aber die behauptete "Befangenheit" des Beklagten in ihrem 2. Ablehnungsantrag des Vorprozesses - der 1. Ablehnungsantrag wurde ja rechtskräftig abgewiesen - gar nicht mit Befangenheitsgründen iSd § 355 Abs 1 ZPO iVm §§ 19 f JN begründet, sondern mit der behaupteten Unrichtigkeit der Gutachten des Beklagten, was aber keinen Grund für eine Befangenheit, sondern für einen Antrag auf neuerliche Begutachtung bzw weitere Begutachtung durch andere Sachverständige nach § 362 Abs 2 ZPO darstellt. Inhaltlich hat der Erstrichter den Antrag der klagenden Partei ungeachtet der Verwendung des Wortes "befangen" in seinen Beschlüssen ON 150 und ON 164 nach dem Inhalt seiner Begründung zweifellos auch so verstanden. Damit kann aber auch nicht gesagt werden, dass es sich bei den Leistungen der klagende Partei für SV-Gebühren des Beklagten im Vorprozess um frustrierte Aufwendungen wegen Enthebung des Beklagten als SV aufgrund Befangenheit handeln würde. Zu aufgelaufenen Gebühren weiterer Sachverständiger, die durch ein unrichtiges oder auch unvollständig gebliebenes Gutachten des Beklagten adäquat verursacht worden wären, ist es aber im Vorprozess nicht gekommen.
d) Dass der Beklagte einen tatsächlich vorliegenden und für ihn erkennbaren Befangenheitsgrund nicht schon vor der Erstattung seines Gutachtens gegenüber dem Gericht bekannt gab, worin eine schuldhafte Verletzung einer Rechtspflicht gesehen werden kann (vgl Fasching, Kommentar III 487), hat die klagende Partei nie zum Gegenstand ihres Vorbingens gemacht. Auf die Frage, ob sich die klagende Partei gegen die abschnittsweise § 38 GebAG widersprechende Gebührenbestimmung zur Wehr hätten setzen müssen, kommt es nicht mehr an.
Der Revision ist demnach nicht Folge zu geben.