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OGH vom 29.06.1993, 4Ob54/93

OGH vom 29.06.1993, 4Ob54/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verband des ***** O*****-Fachhandels, ***** vertreten durch Dr.Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** A***** GmbH, ***** vertreten durch DDr.Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 2/93-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 37 Cg 275/92-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.658,20 (darin enthalten S 2.609,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte betreibt den Handel mit Orientteppichen. Für eine Verkaufsveranstaltung in ihrer Betriebsstätte in Wien 7., Schottenfeldgasse 22, in der Zeit vom 10.9.- warb sie mit folgendem Flugblatt:

Dabei waren der Name "Dr.Ahmadi" sowie die Worte "Saison-Räumungsverkauf in unserer Filiale" und "von Teppichen im Wert von mehreren Millionen Schilling vom 10.9. bis !" in roter Farbe auf schwarzem Untergrund gedruckt; die Worte "Räumt total" waren jedoch gegenüber dem schwarzen Untergrund durch weiße Farbe hervorgehoben sowie fetter gedruckt und dadurch auffälliger gestaltet, als die rot gedruckten Wörter. Die Beklagte hat nicht um die Bewilligung der Ankündigung eines Ausverkaufs angesucht.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt der klagende Wettbewerbsverband, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, einen Ausverkauf anzukündigen, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Ausverkaufsbewilligung der zuständigen Gewerbebehörde zu sein. Wegen der deutlich hervorgehobenen Worte "Räumt total" habe der Prospekt den Eindruck erweckt, daß die Beklagte durch besondere Umstände genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen; der weitere Hinweis auf einen "Saisonräumungsverkauf" trete dagegen in den Hintergrund. Damit habe jedoch die Beklagte einen Ausverkauf im Sinne des § 33 a Abs 1 UWG angekündigt, ohne im Besitz einer Bewilligung der Gewerbebehörde gewesen zu sein.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die von ihr vorgenommene Ankündigung eines Saisonräumungsverkaufes sei gemäß § 33 a Abs 2 UWG vom Bewilligungszwang ausgenommen. Daß dieser Ausnahmetatbestand hier vorliegt, sei auf dem Flugblatt blickfangartig durch rote Buchstaben hervorgehoben worden. Die zusätzliche Ankündigung "Räumt total" würde nur als allgemein verständlicher und üblicher Hinweis auf einen Saisonräumungsverkauf aufgefaßt werden, bei welchem nicht bloß ein Teil des Lagers oder eine bestimmte Warengattung, sondern der gesamte Warenbestand abverkauft werde; am Gesamteindruck der Ankündigung ändere sich dadurch nichts. Daß die Beklagte durch besondere Umstände genötigt gewesen wäre, beschleunigt zu verkaufen, sei dem Prospekt nicht zu entnehmen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Ob ein bewilligungspflichtiger Räumungsverkauf oder ein dem Ausnahmetatbestand des § 33 a Abs 2 UWG unterliegender Abschnittsverkauf angekündigt wurde, sei nach dem Gesamteindruck der Ankündigung auf den flüchtigen Durchschnittsinteressenten zu beurteilen. Die blickfangartige Hervorhebung der Worte "Räumt total", denen gegenüber die weitere Ankündigung eines "Saisonräumungsverkaufes" schon durch ihre graphische Gestaltung in den Hintergrund trete, erwecke bei den Durchschnittslesern der Eindruck eines beschleunigten Abverkaufs durch Auflösung des gesamten Warenlagers; diese Auffassung werde noch dadurch verstärkt, daß Orientteppiche keine typischen Saison- oder Modeartikel sind. Die Ankündigung der Beklagten erwecke somit den in § 33 Abs 1 Satz 1 UWG umschriebenen Eindruck eines bewilligungspflichtigen Ausverkaufs. Da die Beklagte um eine solche Bewilligung nicht angesucht habe, bestehe der Unterlassungsanspruch des Klägers zu Recht.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 33 a Abs 2 UWG seien ua Saisonräumungsverkäufe keine bewilligungspflichtigen Ausverkäufe im Sinne des § 33 a Abs 1 UWG. Auch wenn die Worte "Saisonräumungsverkauf in unserer Filiale" im Werbeprospekt der Beklagten etwas weniger auffällig gestaltet waren als die Worte "Räumt total", sei doch für einen Durchschnittsinteressenten aus der Gesamtgestaltung klar ersichtlich gewesen, daß ein Saisonräumungsverkauf angekündigt wurde; die Wortfolge "Räumt total" könne sich dabei nur auf die "Saisonware" beziehen, worunter bei Teppichen mit großer Wahrscheinlichkeit das bisherige Lager zu verstehen sei, das abverkauft wird, um einem neuen Sortiment an Teppichen Platz zu machen. Die Beklagte könne sich daher mit Erfolg auf den genannten Ausnahmetatbestand berufen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der Frage, wie die Ankündigung eines Saisonräumungsverkaufes im Orientteppichhandel vom Publikum verstanden wird, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 33 a Abs 1 UWG werden unter der "Ankündigung eines Ausverkaufs" im Sinne dieses Bundesgesetzes alle öffentlichen Bekanntmachungen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmten Mitteilungen verstanden, die auf die Absicht schließen lassen, Waren in größeren Mengen beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, und zugleich geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, daß der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt ist, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbietet; Bekanntmachungen oder Mitteilungen, in denen die Wörter "Ausverkauf", "Liquidationsverkauf", "Räumungsverkauf", "Schnellverkauf", "Verkauf zu Schleuderpreisen", "Wir räumen unser Lager" oder Wörter ähnlichen Sinnes vorkommen, gelten jedenfalls als Ankündigung eines Ausverkaufs. Nicht unter die Bestimmungen über diesen Bewilligungszwang fallen gemäß § 33 a Abs 2 UWG Bekanntmachungen und Mitteilungen über Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe udgl und in bezüglichen Geschäftszweig zu bestimmten Jahreszeiten allgemein übliche Sonderverkäufe (zB "Weiße Woche", "Mantelwoche"). Die §§ 33 a bis f UWG über die Ankündigung von Ausverkäufen wurden durch das Wettbewerbs-DeregulierungsG BGBl 1992/147 in das UWG eingefügt; zugleich wurde das AusvG 1985 aufgehoben (Art II Abs 2 Z 4 Wettbewerbs-DeregulierungsG). In das UWG wurde aber nur jener Teil des AusverkaufsG 1985 eingebaut, der die bewilligungspflichtigen "echten" Ausverkäufe geregelt hatte; die weiteren Bestimmungen über Saisonräumungsverkäufe und ähnliche Veranstaltungen wurden hingegen für entbehrlich gehalten; die Gewerbetreibenden sollten hier in Hinkunft den Zeitpunkt, zu dem sie ihre Sommer- oder Winterräumungsverkäufe bzw andere branchenübliche Räumungsverkäufe abhalten, selbst wählen können. Die allgemeinen, den fairen Wettbewerb schützenden Regelungen des UWG sind allerdings auch für diese Verkaufsveranstaltungen weiterhin maßgebend (RV 338 BlgNR 18. GP 9). § 5 Abs 1 AusvG hatte die zeitliche Bindung der Zulässigkeit des Ankündigens von Saisonschlußverkäufen, Saisonräumungsverkäufen, Inventurverkäufen udgl nur für den Fall vorgesehen, daß die örtlich zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft hiefür bestimmte Zeiträume festgesetzt hatte; die bezüglichen Zeiträume waren von der Kammer in der für amtliche Kundmachungen bestimmten Landeszeitung zu verlautbaren gewesen. Schon im zeitlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung hatte es solche Abschnittsverkäufe auch in Geschäftszweigen gegeben, für die keine Zeiträume für ihre Durchführung festgesetzt worden waren. Durch die neue Regelung ist lediglich die Pflicht zur Anmeldung solcher Verkaufsveranstaltungen und die zeitliche Bindung an festgelegte Zeiträume weggefallen; eine Bestimmung, wonach Saisonschlußverkäufe und Saisonräumungsverkäufe nicht in allen Handelszweigen durchgeführt werden dürfen (vgl etwa den Katalog "schlussverkaufsfähiger" Waren in § 7 Abs 3 Z 3 dUWG), ist damit jedoch nicht geschaffen worden (so schon SZ 58/82 zum AusvG: Weder die Vorschriften über die Ausverkäufe noch jene über die Abschnittsverkäufe sind nach dem Wortlaut des Gesetzes auf bestimmte Warengruppen beschränkt). Die Abschnittsschluß(-räumungs-)verkäufe sind nun dadurch gekennzeichnet, daß sie um die Wende zweier Verbrauchsabschnitte stattfinden; ihr Zweck liegt darin, den Kaufleuten das Abstoßen ihrer Restbestände - insbesondere an typischen Saison- und Modeartikeln - zu ermöglichen. Sie dienen daher der Bereinigung der Warenlager, sollen einer Warenentwertung vorbeugen und die Liquidität erhöhen (Christian, Die Ausverkaufsordnung, ÖBl 1961, 41 ff [42]; ÖBl 1986, 49; vgl Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Rz 39 ff zu § 7 dUWG). Daß sie aber nur in solchen Geschäftszweigen durchgeführt werden dürften, die den Handel mit typischen Saison- oder Modeartikeln zum Gegenstand haben, läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Ob durch eine Werbemaßnahme ein bewilligungspflichtiger Ausverkauf im Sinne des § 33 a Abs 1 UWG oder ein nicht dem Bewilligungszwang unterliegender Saisonräumungsverkauf oder eine ähnliche Veranstaltung angekündigt wird, ist - wie bisher - unter Beurteilung sämtlicher Begleitumstände der Ankündigung nach der Verkehrsauffassung zu ermitteln (ÖBl 1979, 165; ÖBl 1980, 161; ÖBl 1986, 49; ÖBl 1989, 84 uva). Da durch den Einbau der Bestimmungen über die Ankündigung von Ausverkäufen in das UWG an den Begriffsbestimmungen des AusvG nichts geändert wurde, kann die zur Abgrenzung der echten Ausverkäufe im Sinne des § 1 Abs 1 AusvG von den Abschnittsverkäufen und Sonderverkäufen im Sinne des § 5 Abs 1 AusvG ergangene Rechtsprechung auch weiterhin angewendet werden (s dazu etwa ÖBl 1984, 107; ÖBl 1986, 49; ÖBl 1987, 134; ecolex 1990, 363). Wie der Oberste Gerichtshof hier zuletzt ausgesprochen hat (ecolex 1990, 363), kann die Verwendung des Wortes "Ausverkauf" allein an dem nach den Umständen vermittelten Gesamteindruck der Ankündigung eines Abschnittsverkaufes nichts ändern, sofern nicht durch sonstige Umstände der Eindruck des Vorliegens der in § 1 Abs 1 Satz 1 AusvG genannten Umstände erweckt wird; die Meinung des Klägers, daß bei Verwendung des Wortes "Ausverkauf" oder der anderen in § 1 Abs 1, letzter Satz, AusvG aufgezählten Ausdrücke eine nähere Prüfung des von der Ankündigung erweckten Eindrucks zu unterbleiben hätte, widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Mit dieser Entscheidung ist der erkennende Senat der gegenteiligen Rechtsansicht des dritten Senates (ÖBl 1983, 147) nicht gefolgt. Maßgebend ist daher auch nach der neuen Gesetzeslage, ob die Ankündigung eines Ausverkaufs den Eindruck erweckt, daß der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt ist, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zu äußerst vorteilhaften Bedingungen und Preisen anbietet. Diese Prüfung darf auch dann nicht unterbleiben, wenn die in § 33 a Abs 1 Satz 2 UWG genannten Wörter oder Wörter ähnlichen Sinns verwendet werden; bestimmen die für einen Abschnittsverkauf sprechenden Umstände den Gesamteindruck, dann kann auch die Verwendung von Ausdrücken, wie sie in § 33 a Abs 1 Satz 2 UWG aufgezählt sind, daran nichts ändern. Die besonderen Umstände, die den Gewerbetreibenden zu einem beschleunigten Verkauf nötigen, müssen außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes liegende Ereignisse - etwa die Einstellung des Gewerbebetriebes, die Auflassung einer bestimmten Warengattung, die Übersiedlung des Geschäftes, ein Elementarereignis, eine im Geschäftslokal beabsichtigte Bautätigkeit oder auch nur die Behebung von Platzmangel oder das Abstoßen eines übermäßig großen Warenlagers - sein (vgl ÖBl 1987, 134).

Im vorliegenden Fall enthält die Ankündigung der Beklagten den deutlichen Hinweis auf einen Verkauf aus Anlaß des Abschlusses einer Verkaufssaison und auf den Zeitraum dieser Veranstaltung von drei Wochen. Mit den Worten "Räumt total" wurde keinerlei Hinweis auf besondere Umstände, die zum beschleunigten Verkauf nötigten, verbunden; durch das Verwenden dieser Worte konnte demnach auch nicht der Eindruck entstehen, daß die Beklagte durch solche Gründe genötigt gewesen wäre, beschleunigt zu verkaufen. Nach dem maßgebenden Gesamteindruck wurde hier vielmehr nur ein Saisonabschnittsverkauf angekündigt, welcher keiner Bewilligungspflicht unterliegt. Daß Orientteppiche keine typischen Saisonwaren sind, kann an diesem Ergebnis nach den dargelegtene Grundsätzen nichts ändern.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf §§ 78, 402 EO; §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO.