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OGH vom 30.06.1983, 6Ob670/82

OGH vom 30.06.1983, 6Ob670/82

Norm

GewO § 60;

KSchG § 3;

Kopf

SZ 56/116

Spruch

Das Recht des Käufers zum Rücktritt vom Vertrag gemäß § 60 GewO 1973 besteht neben dem Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG

Das Recht des Käufers zum Rücktritt vom Vertrag gemäß § 60 GewO 1973 ist zumindest dann auch auf gemischte Verträge anzuwenden, in denen das kaufvertragliche oder werkvertragliche Element dem anderen (hier werkvertraglichen) Element gleichwertig ist

(OLG Innsbruck 2 R 57/82; LG Innsbruck 10 Cg 599/81)

Text

Die Gattin des Beklagten ersuchte im Herbst 1980 die Klägerin telefonisch um Übersendung "eines Anbotes für Fenstererneuerung" in der Wohnung Innsbruck, L-Straße 42, deren Mieterin ihre Mutter ist, und gab die Maße der Fenster bekannt. Im Frühjahr 1981 wandte sich die Gattin des Beklagten neuerlich telefonisch an die Klägerin und urgierte die Übersendung eines solchen Anbotes. Bei diesem Telefongespräch mit dem Geschäftsführer der Klägerin, Dietmar E, erklärte dieser, er werde in die Wohnung kommen. Als Termin wurde der vereinbart. Dietmar E nahm selbst Maß und informierte den Beklagten und dessen Gattin darüber, zu welchen Preisen er liefern und montieren würde. Im Rahmen einer mindestens zwei Stunden dauernden Besprechung füllte Dietmar E ein als "Bestellschein" überschriebenes Formular aus, das der Beklagte unterfertigte. Am nächsten Tag fuhr der Beklagte mit seiner Gattin in das Büro der Klägerin nach K, wo sie von Dietmar K darüber aufgeklärt wurden, daß im Preis von 77 294 S die Mehrwertsteuer nicht enthalten sei. Daraufhin erklärten der Beklagte und seine Gattin, daß ihnen der Preis zu teuer sei und sie an dem Auftrag nicht mehr interessiert seien. Am verfaßte die Gattin des Beklagten ein Schreiben folgenden Wortlautes: "Am Montag den erklärten Sie bei Ihrem Besuch, daß uns trotz einer Unterschrift unter Ihrem Kostenvoranschlag noch immer die Möglichkeit offen bleibt, von einem Durchführungsauftrag zurückzutreten. Sie haben auch die genauen Maße der Fenster noch nicht genommen. Am nächsten Tag teilten wir Ihnen in ihrem Büro mit, daß wir Ihrem Ausführungsvorschlag nicht mehr näher treten können. Wir haben inzwischen in Erfahrung gebracht, daß keine Genehmigung zur Durchführung der Arbeiten erteilt werden kann. Da wir Sie bereits am folgenden Tage von unserem Rücktritt verständigten, können Ihnen auch keine Kosten erwachsen sein, noch dazu, wo Sie noch nicht im Besitz der genauen Fenstermaße waren." Dieses Schreiben unterfertigte der Beklagte und sandte es am eingeschrieben an die Klägerin ab, die dieses Schreiben auch erhielt.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten den Betrag von 45 991.66 S binnen 14 Tagen und einen weiteren Betrag von 45 991.66 S Zug um Zug gegen Lieferung und Montage der am im Bestellschein erwähnten Fenster. Der Beklagte sei an die Bestellung gebunden, ein rechtskräftiger Rücktritt gemäß § 3 KSchG liege nicht vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ua. ein, er habe rechtzeitig von seinem Rücktrittsrecht gemäß § 3 KSchG Gebrauch gemacht. Hilfsweise berief er sich auf die Rücktrittsmöglichkeit nach der Gewerbeordnung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Durch Unterfertigung des Bestellscheines vom habe der Beklagte mit der Klägerin einen Werkvertrag geschlossen. Ein begrundeter Rücktritt nach dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch oder nach § 3 KSchG liege nicht vor. Wohl aber stelle das Schreiben des Beklagten vom einen gültigen Rücktritt vom Vertrag gemäß § 60 GewO 1973 dar. Nach dieser Bestimmung habe ein Käufer das Recht, spätestens am fünften Tage nach Abschluß des Vertrages von diesem zurückzutreten, wenn Bestellungen unter Nichteinhaltung der Bestimmung des § 57 oder des § 59 aufgesucht oder entgegengenommen worden seien. Ein solcher Rücktritt sei schriftlich zu erklären, wobei es genüge, wenn die schriftliche Erklärung des Rücktrittes binnen des genannten Zeitraumes abgesendet werde. Diese Bestimmung sei analog auch auf Werkverträge anzuwenden. Gemäß § 57 Abs. 3 GewO 1973 sei hinsichtlich von Waren, die nicht im Abs. 1 angeführt seien, das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen den Gewerbetreibenden außerhalb der Gemeinde ihres Standortes nur in einzelnen Fällen auf ausdrückliche, schriftliche, auf bestimmte Waren lautende, an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet. Das Aufforderungsschreiben müsse zudem von der Person, die aufgesucht werden wolle, eigenhändig unterfertigt und dem Gewerbetreibenden im Postweg zugekommen sein. Eine solche schriftliche Aufforderung habe die Klägerin im gegebenen Falle nicht erhalten. Die Gemeinde des Standortes der Klägerin sei nicht ident mit dem Ort, an dem die Bestellung entgegengenommen worden sei. Die von Schilcher in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz (280 ff., insbesondere 283) vertretene Ansicht, die Sanktion der Rücktrittsmöglichkeit gemäß § 60 GewO 1973 liege nicht vor, wenn die Anbahnung des Geschäftes iS des Konsumentenschutzgesetzes vom Konsumenten ausgegangen sei, werde nicht geteilt. Es sei nicht einzusehen, weshalb eine gegen den Wortlaut des Gesetzes vorgenommene Interpretation deshalb vorgenommen werden solle, um mit der Bestimmung des § 3 KSchG konform gehen zu können, zumal die Gewerbeordnung über den Konsumentenschutz hinausgehende Zwecke verfolge. Damit sei es aber durchaus denkbar, daß Sanktionen zur Erreichung dieser Zwecke als Nebeneffekt eine günstigere Wirkung für Konsumenten hätten, als sie das Konsumentenschutzgesetz biete. Da innerhalb der Fünftagefrist schriftlich der Rücktritt erklärt worden sei, sei dieser iS des § 60 Gewo 1973 wirksam.

Die gegen dieses Urteil erhobene Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichtes bezüglich der Geltung des Rücktrittsrechtes gemäß § 60 GewO 1973 neben jenem nach § 3 KSchG und führte unter Zitierung der Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Konsumentenschutzgesetzes (744 BlgNR 14. GP, 19) aus, die Rücktrittsmöglichkeit nach § 60 GewO 1973 habe nicht nur wettbewerbsrechtliche Zielsetzungen im Hinblick auf Mitbewerber, sondern jedenfalls zum Teil auch den Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung im Auge. Es liege eine Fallgestaltung vor, die zwar nicht unter das Rücktrittsrecht des Verbrauchers nach § 3 KSchG falle, dem Beklagten aber das Rücktrittsrecht nach § 60 GewO 1973 offen lasse. Daß der Rücktritt vom Vertrag durch den Beklagten schriftlich erklärt und die bezügliche schriftliche Erklärung binnen der Fünftagesfrist eingeschrieben abgesendet worden sei, stehe unbestritten fest. Es bleibe daher nur noch zu prüfen, ob die gegenständliche Bestellung unter Nichteinhaltung der Bestimmungen des § 57 oder des § 59 GewO 1973 aufgesucht bzw. entgegengenommen worden sei. Die Bestellung seitens der Klägerin (bzw. seitens ihres Geschäftsführers Dietmar E) nicht nur unter Nichteinhaltung der Bestimmungen des § 57 GewO 1973 aufgesucht, sondern überdies auch unter Nichteinhaltung jener des § 59 GewO 1973 entgegengenommen worden, weil keiner der in der letztgenannten Gesetzesstelle vorgesehenen Zulässigkeitsfälle vorgelegen sei. Die Rücktrittsregelung des § 60 GewO 1973 sei aber nicht nur auf Waren betreffende Kaufverträge, sondern analog auch auf Werklieferungsverträge anzuwenden. Denn die Klägerin hätte vereinbarungsgemäß nicht nur bloße Dienstleistungen zu erbringen, sondern vielmehr die bestellten Fenster aus von ihr zu beschaffenden Materialien individuell anzufertigen und (bis zu deren Einbau) dem Beklagten als bewegliche Sachen anzuliefern gehabt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Verfehlt ist die Meinung der Klägerin, die Rücktrittsbestimmung des § 60 GewO sei keine Konsumentenschutzbestimmung und gelte als Bestimmung gegen den unlauteren Wettbewerb nur unter konkurrierenden Gewerbetreibenden. Diese Auffassung ist schon dadurch widerlegt, daß das Rücktrittsrecht gemäß § 60 GewO ausdrücklich dem Käufer eingeräumt ist, worunter aber im Zusammenhalt mit § 59 Abs. 1 GewO nur eine Privatperson, also eine Person verstanden werden kann, die die Waren nicht für die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit benötigt (vgl. Anm. 1 zu § 59 GewO in Mache - Kinscher, Gewerbeordnung[5]; Krejci in ÖWZ 76, 97 und 102). Daß es sich dabei auch um eine Konsumentenschutzbestimmung handelt, kann nicht bezweifelt werden (vgl. Krejci aaO; Schuhmacher in Krejci, Handbuch zum KSchG 67). Auch Schilcher in Krejci, Handbuch zum KSchG 277 f., 281 ff. bezweifelt dies nicht. Er sieht allerdings den Schutzzweck des § 60 GewO 1973 als nicht weitergehend als jenen des § 3 KSchG an. Für die von Schilcher aaO, insbesondere 282 f., geforderte teleologische Reduktion des § 60 GewO 1973 ist aber kein Raum. Eine teleologische Reduktion des § 60 GewO könnte überhaupt nur in Frage kommen, wenn in dieser Bestimmung eine sogenannte verdeckte Gesetzeslücke erblickt werden könnte. Eine solche liegt dann vor, wenn ein Gesetz zwar eine auch auf den zu entscheidenden Fall anzuwendende Regelung enthält, diese aber ihrem Sinn und Zweck nach auf diesen Fall nicht paßt, weil sie deren für die Wertung relevante Besonderheit außer Acht läßt (Larenz, Methodenlehre[4] 362). In einem solchen Fall ist der zu weit gehende Wortsinn gemäß der dem Gesetz innewohnende Teleologie einzuschränken (Larenz aaO 377). Diese im Gesetzestext nicht enthaltene Einschränkung kann entweder durch den Zweck und Sinn der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen Zweck einer anderen Norm, der andernfalls nicht erreicht würde, durch die Natur der Sache oder durch ein für eine bestimmte Fallgruppe vorrangiges, dem Gesetz immanentes Prinzip geboten sein (Larenz aaO 378).

Daß keine durch teleologische Reduktion zu füllende verdeckte Lücke - eine Lücke bedeutet immer eine planwidrige Unvollkommenheit des Gesetzes (vgl. Koziol - Welser[6] I 21) - vorliegt, zeigen schon die Materialien zum Konsumentenschutzgesetz und zur Gewerbeordnungsnovelle 1981, die zwar für den Ausleger nicht bindend sind, aber eine gewisse Vermutung der Richtigkeit für sich haben (Koziol - Welser aaO 19; Larenz aaO 317; EvBl. 1976/53) und bei Übereinstimmung mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes keinen Raum für eine teleologische Interpretation (vgl. EvBl. 1981/237) oder gar Reduktion lassen. Bezüglich des Rücktrittsrechtes nach § 60 GewO 1973 besagen aber die vom Berufungsgericht zitierten Erläuterungen (744 BlgNR 14. GP 19), daß dieses neben dem Rücktrittsrecht des § 3 KSchG bestehen bleibt, wenn auch nur wenige Fallgestaltungen denkbar seien, die nicht unter die Rücktrittsregelung des § 3 KSchG, wohl aber unter jene der Gewerbeordnung 1973 fielen. Anzumerken ist noch, daß durch die Gewerbeordnungsnovelle 1981 zwar die im § 60 GewO 1973 normierte Rücktrittsfrist von fünf Tagen auf eine Woche verlängert und dies damit begrundet wurde, dies sei im Hinblick auf die beim Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG festgelegte Frist von einer Woche im Interesse der Vereinheitlichung zweckmäßig (798 BlgNR 15. GP 10), aber keine sonstige Koordinierung der Voraussetzungen des Rücktrittsrechtes der beiden Gesetze vorgenommen wurde. Es ist daher daran festzuhalten, daß das Rücktrittsrecht unter den im § 60 GewO 1973 normierten Voraussetzungen neben dem des § 3 KSchG besteht (vgl. auch Anm. 4 zu § 60 in Mache - Kinscher aaO).

Hinsichtlich der Berücksichtigung des Rücktrittes des Beklagten ist im vorliegenden Fall nur mehr zu prüfen, ob das im § 60 GewO 1973 normierte Rücktrittsrecht auch auf den vorliegenden Vertrag angewendet werden kann. Der Inhalt dieses Vertrages wird durch den Bestellschein bestimmt. Danach bestellte der Beklagte "Ultra 2000 KF-Fenster ... für Montage ins Mauerwerk", und zwar 6 Stück 130/150 cm a 4025 S 5 Stück 110/140 cm a 3495 S 4 x Erkerausbildung a 650 S, Aufpreis 2 x spez. Dreifach-Glas, Rest mit Thermo-Plus-Phonstop-Glas 17 115 S, Innenfensterbänke Balsa 255 P 4710 S, Kunststoffaußenfensterbänke weiß 2984 S 1 x Aufpreis Rohglas 350 S.

Weiter enthält der Bestellschein den Text: "Fahrten, tischlermäßige Versetzarbeiten in Regiestunden a 230 S, ca. 7980 S" sowie den Summenbetrag 77 274 S. Zusätzlich findet sich noch der Vermerk: "1 x Aufdoppelung bei Badfenster unten (280 S)". Als Liefertermin sind zirka zwei Monate genannt. Neben der Stampiglie der Klägerin am Kopf des Bestellscheines finden sich noch die Vermerke "Eigentumsvorbehalt bis zur vollen Bezahlung aller Waren" und "Garantie: Material (weiß) fünf Jahre, Zeitaufwand in Regiestunden". Berücksichtigt man zusätzlich noch, daß der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten darüber informierte, zu welchen Preisen er liefern und montieren könne, so ist der Vertrag als gemischter Vertrag zu bezeichnen, weil die Klägerin verschiedenen Vertragstypen zugehörende Leistungen als zusammengehörend zugesagt hat, nämlich die Lieferung von Waren zu bestimmten Preisen einerseits sowie die "Einsetzarbeiten" andererseits. Letzteres ist zweifellos dem Typus Werkvertrag zuzuordnen. Hinsichtlich des ersteren kann es - wie noch zu zeigen sein wird - auf sich beruhen, ob ein bürgerlichrechtlicher Kaufvertrag vorliegt oder ein Werklieferungsvertrag iS des § 381 Abs. 2 HGB. Es ist auch nicht die Frage zu beantworten, wie sonst bei gemischten Verträgen die Rechtsfolgenregelung vorzunehmen ist (vgl. dazu Gschnitzer im Klang[2] IV/1, 18 f.; Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 241 f., 714 f.; Koziol - Welser aaO 162; HS 9514 e, g mwN). Für die hier zu lösende Frage der Anwendbarkeit des § 60 GewO 1973 auf den vorliegenden Fall genügt es, daß die vereinbarte Lieferung von Fenstern und Fensterbänken im Verhältnis zur vereinbarten Montageleistung zumindest nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Wenn man den vorliegenden Vertrag nicht schon dahin beurteilen muß, daß die Lieferpflicht im Vordergrund steht (vgl. dazu GroßkommHGB[3] I 124 Anm. 32 zu § 1), so kann doch zumindest keine Rede davon sein, daß die Montageleistung im Vordergrund stunde, dieses werkvertragliche Element dem gesamten (gemischten) Vertrag sein Gepräge gebe und der gesamte Vertrag allenfalls nach werkvertraglichen Regeln beurteilt werden müßte. Der dem § 60 GewO 1973 innewohnende Schutzgedanke gebietet es, diese Bestimmung zumindest dann auf einen gemischten Vertrag anzuwenden, wenn das kaufvertragliche Element dem anderen (hier werkvertraglichen) Element des Vertrages gleichwertig ist.

§ 60 GewO 1973 ist, und zwar analog, aber auch zumindest dann anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall, in welchem die Klägerin als Handelsgesellschaft und somit als Kaufmann die Lieferung von Waren zusagte, weshalb ein einseitiges Handelsgeschäft vorliegt - der die Lieferung betreffende Teil des Vertrages als Werklieferungsvertrag zu beurteilen ist und die Voraussetzungen für die Anwendung des § 381 Abs. 2 HGB gegeben sind. Nach dieser Bestimmung sind - bei auch nur einseitigem Handelsgeschäft - die für den Kauf von Waren getroffenen Vorschriften auch dann anzuwenden, wenn aus einem vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff eine nicht vertretbare Sache herzustellen ist. Dadurch wird eine Gleichbehandlung zwischen dem Werklieferungsvertrag auf Herstellung einer vertretbaren Sache aus einem vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff, der auch nach bürgerlichem Recht einen Kaufvertrag darstellt (§ 1166 ABGB), und dem Werklieferungsvertrag auf Herstellung einer unvertretbaren Sache aus einem vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff erreicht. Wurde aber schon im Handelsrecht die Unterscheidung zwischen vertretbarer Sache nicht als ausreichend angesehen, um bezüglich der Anwendung der handelsrechtlichen Kaufvertragsvorschriften im Liefergeschäft der Wirtschaft einen Unterschied zu machen (vgl. GroßkommHGB[3] IV Anm. 48 zu § 381), so kann die Anwendung der Schutzbestimmung des § 60 GewO 1973 nicht davon abhängig sein, wie die im Einzelfall oft schwierige Frage zu lösen ist, ob ein Kaufvertrag oder ein Werklieferungsvertrag vorliegt. Dabei muß auch berücksichtigt werden, daß § 60 GewO 1973 zwar vom "Käufer" und "Abschluß des Kaufvertrages" spricht, zum Ausgangspunkt des Rücktrittsrechtes aber macht, daß die "Bestellungen unter Nichteinhaltung der Bestimmungen des § 57 oder des § 59 aufgesucht oder entgegengenommen" wurden. Dort spricht aber das Gesetz nur von Bestellung von Waren, worunter aber alle beweglichen Sachen zu verstehen sind, die Gegenstand des Handelsverkehres sind oder nach der Verkehrsauffassung Gegenstand des gewerbsmäßigen Umsatzes sein können. Der Warenbegriff ist gegenüber dem Begriff der beweglichen Sache nicht wesentlich eingeschränkt (vgl. GroßkommHGB[3] I Anm. 29 zu § 1; Schlegelberger, HGB[5] 1 Anm. 31 zu § 1), umfaßt also vertretbare und unvertretbare Sachen. Es wurde auch schon ausgesprochen, daß unter Waren iS der §§ 55 ff. GewO auch erst herzustellende Waren zu verstehen sind (Mache - Kinscher aaO Anm. 13 zu § 55 GewO 1973; VwGH Slg. 4202 A). Vor allem aber hat der Gesetzgeber selbst im § 61 GewO 1973 die sinngemäße Geltung der Bestimmungen der §§ 55 bis 60 "für das Sammeln und die Entgegennahme von Bestellungen auf das Vermieten von Waren" angeordnet und damit gezeigt, daß er nicht nur die entgegen der Vorschriften der §§ 57 und 59 GewO 1973 zustande gekommenen Kaufverträge unter die Sanktion des § 60 GewO 1973 stellen wollte. Wenn man weiter berücksichtigt, daß auch in § 61 GewO 1973 der uneingeschränkte Warenbegriff verwendet wird und daher auch das Sammeln oder die Entgegennahme von Bestellungen auf Vermietung von Sachen umfaßt, die nach den besonderen Wünschen des Mieters hergestellt werden und deshalb als nicht vertretbare Sachen zu beurteilen sind, dann ist kein Grund zu sehen, warum § 60 GewO 1973 in Fällen wie dem vorliegenden Fall nicht angewendet werden sollte.