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OGH vom 06.04.1995, 6Ob669/94

OGH vom 06.04.1995, 6Ob669/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Valerij S*****, Fußballspieler, ***** vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG, wegen Rechnungslegung und Leistung (Streitwert S 500.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , AZ 17 R 187/94(ON 28), womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ 1 Cg 221/93i-23, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte, ein russischer Staatsbürger, ist Berufsfußballspieler. Er war zunächst beim Fußballverein Spartak-Moskau tätig. Im Februar 1991 beauftragte er die klagende Partei schriftlich mit seiner Vermittlung zu einem ausländischen, westeuropäischen Fußballverein. Für diese Vertragsbeziehung vereinbarten die Parteien die Geltung österreichischen Rechtes und als Gerichtsstand Wien. Durch die Vermittlung einer anderen Firma, der L***** Chicago wechselte der Beklagte zum deutschen Bundesligaclub Karlsruher SC, mit welchem er einen Spielervertrag für die Saison 1991/92 abschloß, der später für drei weitere Jahre verlängert wurde.

Die klagende Partei begehrt, den Beklagten zu verpflichten, 1. ihr über dem Beklagten aufgrund seines mit dem Karlsruher SC abgeschlossenen Spielervertrag im Zeitraum Juli 1991 bis Juli 1992 zugekommenen bzw zustehenden und laufend ab August 1992 zustehenden Bezüge sowie anläßlich des Abschlusses der Spielerverträge 1991/92 und 1992/93 einmalig zugekommenen bzw zustehenden Geldbeträge und geldwerte Vorteile unter Anschluß der bezughabenden Verträge und Belege Rechnung zu legen und 2. der Klägerin 20 % der dem Beklagten anläßlich des Abschlusses der Spielerverträge 1991/92 und und 1992/93 einmalig zugekommenen bzw zustehenden Geldbeträge und geldwerte Vorteile und 10 % der ihm im Zeitraum Juli 1991 bis Juli 1992 zugekommenen bzw zustehenden Bezüge einschließlich Prämien und sonstigen Vergütungen zu zahlen.

Die klagende Partei brachte dazu vor, ihr Vermittlungsauftrag mit dem Beklagten sei exklusiv und für die Dauer von 60 Monaten abgeschlossen worden. Sie habe umfangreiche Bemühungen zur Vermittlung des Beklagten an einen westeuropäischen Fußballverein unternommen und auch die Kontakte zum Karlsruher SC geknüpft, der erst durch die Verdienste der klagenden Partei auf den Beklagten aufmerksam geworden sei. Den Vertragsabschluß mit diesem Verein durch die Klägerin habe der Beklagte wider Treu und Glauben vereitelt. Er sei durch die Managementvereinbarung mit der Chicagoer Vermittlungsfirma, der günstigere Abschlußbedingungen vorgegeben worden seien, vertragsbrüchig geworden. Der Vertrag unterliege nicht dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, der Beklagte sei im Einzelfall an einen ausländischen Verein vermittelt worden. Nach dem Vertrag der Streitteile gebühre der klagenden Partei das im Urteilsbegehren angeführte Entgelt.

Der Beklagte wandte Irrtum und List beim Vertragsabschluß ein. Der Geschäftsführer der Klägerin habe ihm erklärt, daß eine Vertragsbindung nur für die Dauer von vier Monaten entstehe. Innerhalb dieser Frist habe die klagende Partei keinerlei Tätigkeit für den Beklagten entfaltet. Der Vertrag sei schon wegen der langen Bindungsdauer sittenwidrig. Der Beklagte habe die vorzeitige Auflösung des Vertrages wegen Untätigkeit und wegen Vertrauensbruches erklärt. Der Vertrag sei nach den Bestimmungen des AMFG auch unzulässig.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es stellte fest, daß der Geschäftsführer der klagenden Partei und der Beklagte am einen Managementvertrag in drei (mit Ausnahme der unstrittigen Rechtswahlklausel) inhaltlich identen Fassungen, einer deutschen, einer englischen, einer russischen in cyrillischer Schrift unterzeichnet haben. Der Beklagte unterschrieb alle drei Fassungen, ohne den russischen Vertrag vorher durchzulesen. Deutsch und englisch verstand er damals nicht. Über den genauen Inhalt des von ihm unterzeichneten Managementvertrages sprach er selbst mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei und der von diesem beigestellten Dolmetscherin ebensowenig wie über die Dauer. Dem Beklagten ging es vorwiegend darum, so schnell wie möglich ins Ausland zu kommen. Der Präsident seines Vereines Spartak-Moskau hatte dem Beklagten erläutert, daß der Geschäftsführer der Klägerin "vier Monate Zeit habe, um den Beklagten ins Ausland zu vermitteln, nach Ablauf dieser Frist werde L***** Chicago mit der Vermittlung betraut". Daß diese Äußerung auf eine Erklärung des Geschäftsführers der klagenden Partei oder der Dolmetscherin zurückgeht, kann nicht festgestellt werden.

Berufsfußballspielerverträge sind in allen westeuropäischen Staaten ähnlich gestaltet. Der Spieler verpflichtet sich, täglich zu vorgegebenen Zeiten Training nach den Anweisungen des vom Verein beigestellten Trainers zu absolvieren und an bestimmten Spielen teilzunehmen. Dafür verspricht der Verein dem Spieler ein regelmäßiges Mindestentgelt, Sachwerte und Zusatzprämien. Die Verträge sind auf ein bis mehrere Jahre befristet.

Auch der vom Beklagten mit dem Karlsruher SC am für die Saison 1991/92 abgeschlossene Vertrag folgte diesem Muster. Er wurde in der Folge auf drei Jahre verlängert. Der Beklagte bezieht ein Mindestentgelt von DM 200.000, das sich bei aktiver Teilnahme an 30 Spielen auf DM 360.000 erhöht. Dazu kommen Leistungsprämien bei Erfolgen.

Die klagende Partei bot im Jahr 1991 zahlreiche weitere Fußballspieler westeuropäischen Fußballvereinen an. Sie war von diesen Spielern vertraglich mit exklusiver Vermittlungsvollmacht ausgestattet. Außer dem Beklagten unterzeichneten so zwei weitere Spieler von Spartak-Moskau Verträge mit der klagenden Partei, die sie zu westeuropäischen Clubs bringen sollten. Die Vermittlung dieser beiden Spieler an österreichische Vereine gelang noch vor dem Wechsel des Beklagten nach Deutschland.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß die vereinbarte Vermittlung des Beklagten ins Ausland für die Klägerin kein Einzelfall sei, weil sie für viele Berufsfußballspieler in gleicher Weise tätig geworden sei. Auch aus dem Aspekt der Vermittlung eines Ausländers ins Ausland sei für die klagende Partei nichts zu gewinnen, weil der letzte Satz des § 9 Abs 1 AMFG so zu lesen sei, daß eine Vermittlung im Sinne dieser Bestimmung auch dann vorliege, wenn sich nur der Zusammenführende im Inland befinde. Die Provisionsvereinbarung der Streitteile für die Vermittlung des Beklagten zu einem Fußballverein in Westeuropa sei daher nach § 879 Abs 1 ABGB in Verbindung mit den Bestimmungen des AMFG gesetzwidrig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und hob das Urteil des Erstgerichtes mit dem Auftrag zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung auf.

Nach § 9 Abs 1 letzter Satz AMFG falle unter den Begriff Arbeitsvermittlung auch die Vermittlung von Arbeitsuchenden von Österreich in das Ausland und vom Ausland nach Österreich. Der Gesetzgeber stelle offenbar darauf ab, daß der österreichische Arbeitsmarkt von der betriebenen Tätigkeit beeinflußt werde. Dies treffe auf die Vermittlung von Arbeitsuchenden aus dem Ausland in das Ausland nicht zu. Sinnvoll könne die Anwendung des AMFG nur sein, wenn der österreichische Arbeitsmarkt dadurch beeinflußt werde. Ungeachtet der Vereinbarung österreichischen Rechtes könne eine Nichtigkeit der Entgeltsvereinbarung nicht auf die Bestimmungen des AMFG gestützt werden. Der von Daniman Potmesil und Steinbach im Kommentar zum AMFG in Anm 4 zu § 9 ohne jede Begründung vertretene Auffassung, daß das AMFG anzuwenden sei, wenn sich (nur) der "Zusammenführende" im Inland befinde, könne sich das Berufungsgericht nicht anschließen. Das Verfahren in erster Instanz sei daher, ausgehend davon, daß das AMFG auf die behauptete Vereinbarung zwischen den Streitteilen nicht anzuwenden sei, fortzusetzen.

Im Hinblick auf die aus den Medien bekannte Häufigkeit von Transfers im Bereich des Spitzensportes und auf eine hiezu fehlende Judikatur des Obersten Gerichtshofes sei die Anfechtung der Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zuzulassen, zumal kein Zweifel daran bestehe, daß ein Berufsfußballspieler als Dienstnehmer grundsätzlich den Normen der Arbeitsvermittlung unterstellt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zu beurteilen ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium, ob die aus dem Managementvertrag zwischen den Streitteilen von der klagenden Partei abgeleiteten Ansprüche auch den zwingenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften - hier § 17b Abs 2 - des AMFG zu unterstellen sind.

Das AMFG wurde als Instrument der Arbeitsmarktpolitik geschaffen. Die Aufgaben der mit der Vollziehung des Gesetzes betrauten Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung sind in § 1 AMFG umschrieben. Schon daraus, insbesondere aber auch aus der Gesamtkonzeption und Systematik des Gesetzes ergibt sich, daß Aufgaben und Zielsetzungen nur den inländischen Arbeitsmarkt zum Gegenstand haben. Nur insoweit als aus beschäftigungs- und sozialpolitischen Gründen Auswirkungen auf den inländischen Arbeitsmarkt zu erwarten sind, wurden so insbesondere in § 9 AMFG, öffentlich-rechtliche Eingriffsnormen mit eigenem räumlichem Anwendungswillen geschaffen (SZ 60/11). § 9 AMFG definiert den Begriff der Arbeitsvermittlung. Arbeitsvermittlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist danach jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitsuchende mit Dienstgebern zur Begründung von Dienstverhältnissen....zusammenzuführen, es sei denn, daß diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird. Unter den Begriff Arbeitsvermittlung fällt auch die Vermittlung von Arbeitsuchenden von Österreich in das Ausland und vom Ausland nach Österreich. Es ist nicht mehr bestritten, daß ein Berufsfußballspieler eines Fußballvereines unter den Begriff Dienstnehmer fällt. Arbeitsvermittlung von Dienstnehmern mit Auslandsbeziehungen fällt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes aber nur dann unter die Beschränkungen des AMFG, wenn die Vermittlung von Arbeitsuchenden von Österreich in das Ausland oder vom Ausland nach Österreich erfolgt, also, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, durch die Tätigkeit der österreichische Arbeitsmarkt beeinflußt werden kann. Für Eingriffsnormen in die privatrechtliche Vertragsfreiheit bei Vermittlungstätigkeit eines österreichischen Vermittlers, die ausschließlich ausländische Arbeitsmärkte betreffen kann, also die Vermittlung eines im Ausland befindlichen Ausländers in ein anderes Ausland besteht weder Notwendigkeit noch Kompetenz des österreichischen Gesetzgebers. Eine Subsumtion auch solcher Tätigkeit unter § 9 und damit auch die Anwendung des § 17b AMFG ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Teleologie des Gesetzes abzuleiten.

Da die Ansprüche der klagenden Partei nur auf das Erfüllungsinteresse aus einer von ihr angebahnten Vermittlungstätigkeit des bei Abschluß des Vertrages bei Spartak-Moskau unter Vertrag stehenden Beklagten zu einem deutschen Bundesligaverein gestützt werden, muß nicht darauf eingegangen werden, wie im Hinblick auf internationale Gepflogenheiten beim Fußballtransfer, den in sich geschlossenen Arbeitsmarkt für Spitzenfußballspieler und die in § 18 AMFG normierten Ausnahmen, die Vermittlung eines ausländischen Berufsfußballspielers zu einem inländischen Verein oder vom Inland in das Ausland hinsichtlich der Gültigkeit einer Entgeltsvereinbarung zu beurteilen wären.

Mangels Anwendbarkeit des AMFG auf den vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht zutreffend das erstinstanzliche Verfahren für ergänzungsbedürftig erachtet.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.