zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 27.09.2017, 7Ob44/17x

OGH vom 27.09.2017, 7Ob44/17x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****AG, *****, vertreten durch Lindner Rock Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen 63.784,81 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 204/16m35, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 12 Cg 58/14a31, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 21.261,60 EUR samt 9,08 % Zinsen seit zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen weitere 42.523,21 EUR samt 9,08 % Zinsen seit zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat als Leitungswasserversicherer der Betreiberin des S*****hotels (Versicherungsnehmerin [VN]) aufgrund eines Wasseraustritts im Zimmer 30 zwischen 2. und eine Pauschalentschädigung von 99.628 EUR geleistet. Zu diesem Wasseraustritt kam es, weil eine nicht feststellbare Person die Handbrause bei offenem Warmwasserventil außerhalb der Badewanne abgelegt hatte.

Die Beklagte behob als Werkunternehmerin am 2. und für die VN als Werkbestellerin einen Wasserschaden im Frühstücksraum des Hotels. Gemäß einer Vereinbarung zwischen der VN und der Beklagten hatte diese der VN vor der Reparatur einer schadhaften Wasserleitung mitzuteilen, welcher Wasserstrang gesperrt wird, und die VN hatte nach Beendigung der Arbeiten und Aufdrehen der Ventile die Wasserauslässe in den Zimmern zu kontrollieren.

Bei einem „derart komplexen Gebäude“ wie dem Hotel der VN entspricht es „ordnungsgemäßer Betriebsführung“, die Wasserversorgung auch bei kurzfristiger Nichtbenützung „generell“ abzusperren und zu überprüfen, ob alle hinter der Absperrung gelegenen Armaturen geschlossen sind.

Entgegen einer unternehmensinternen Anweisung, für die Reparatur nur den rechten äußeren Wasserversorgungsstrang abzusperren, sperrten Mitarbeiter der Beklagten am gegen 11:00 Uhr zum Zweck der Leckortung die gesamte Warmwasserversorgung des Hotels ab. Der Hausdame des Hotels wurde aber mitgeteilt, es seien nur die die rechte Hälfte des Hotels versorgenden Wasserstränge abgesperrt worden. Das Zimmer 30 liegt in der linken Hälfte des Hotels und wird vom rechten äußeren Wasserversorgungsstrang nicht versorgt. Die Abriegelung der Wasserzufuhr zum Zimmer 30 war für die Reparaturarbeiten nicht erforderlich.

Als eine Putzfrau am Nachmittag des das Zimmer 30 nach der Abreise des letzten Gastes reinigen wollte, floss kein Wasser aus der Waschbeckenarmatur. Sie drehte den Wasserhahn des Waschbeckens wieder zu und verließ das Zimmer. Über den Umstand, dass am Nachmittag des im Zimmer 30 kein Wasser vorhanden war, informierte die Reinigungskraft die Hausdame erst nach Schadenseintritt.

Nach Abschluss von Stemmarbeiten öffneten Mitarbeiter der Beklagten am die gesperrten Ventile; am Morgen des sperrten sie die Wasserleitungen des gesamten Hotels wieder ab, was sie der Hausdame nicht mitteilten, und nach Abschluss der Reparaturarbeiten am öffneten die Mitarbeiter der Beklagten die Ventile wieder.

Hätten die Mitarbeiter der Beklagten der Hausdame mitgeteilt, dass auch die Wasserzufuhr zum Zimmer 30 abgesperrt wurde, hätte sie nach dem Öffnen des Ventils dieses Zimmer kontrolliert; aufgrund dieser Kontrolle wäre der gegenständliche Schaden nicht eingetreten.

Das Hotel war von , der letzte Gast verließ gegen 11:00 Uhr das Zimmer 30, bis nicht geöffnet. Die Handwerker verließen das Hotel am . Die Hauptwasserleitung war in diesem Zeitraum nicht abgesperrt. Dass das Hotel länger als 72 Stunden von allen Personen verlassen war, steht nicht fest.

In der Zeit bis trat aufgrund der offen gelassenen Badewannenarmatur über den außerhalb der Badewanne liegenden Brausekopf Wasser aus, das das Zimmer 30 und darunterliegende Zimmer beschädigte. Der Gully im Bad des Zimmers 30 war schon vor den Reparaturarbeiten mit einer ungelochten Edelstahl-Blech-Platte abgedeckt, sodass er nur eine sehr geringe Wassermenge aufnehmen konnte. Wäre im Badezimmer als Gully-Abdeckung eine herkömmlich perforierte Metallabdeckung angebracht gewesen, wäre das aus der Brause austretende Wasser einfach abgeronnen. Das Umschaltventil der Wannenarmatur hätte automatisch auf Wannenfüllstellung schalten müssen, was aber nur bei neuen oder gut gewarteten Armaturen und bei dazu geeigneten Druckverhältnissen passiert. Solche Ventile neigen im praktischen Betrieb je nach Kalkbelastung des Wassers rasch dazu, ihre Eigenrückstellung zu verlieren. Mit einer derartigen Fehlfunktion ist im praktischen Betrieb zu rechnen.

Die Klägerin begehrte als Legalzessionarin (§ 67 VersVG) von der Beklagten die Zahlung von 63.784,81 EUR sA. Die Beklagte habe ihrer VN den von der Klägerin ersetzten Schaden rechtswidrig und schuldhaft dadurch zugefügt, dass sie sie nicht über die Sperre der Warmwasserzuleitung auch zur linken Hälfte des Hotels mit dem Zimmer 30 informiert habe. Im Fall eines solchen Hinweises wäre der Schaden deshalb nicht eingetreten, weil die Hausdame der VN (auch) das Zimmer 30 kontrolliert hätte.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Schaden der VN sei durch deren eigenes sorgloses Verhalten, nicht aber durch ein schuldhaftes Verhalten von Mitarbeitern der Beklagten entstanden. Die VN hätte aus Anlass der Betriebsunterbrechung im Jänner 2007 die gesamte Wasserzufuhr in die Hotelzimmer absperren und alle Wasserauslässe kontrollieren müssen, dann wäre auch durch einen neben einer Badewanne abgelegten Brausekopf kein Schaden eingetreten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es war rechtlich der Ansicht, die Beklagte hätte der VN mitteilen müssen, dass die gesamte Warmwasserversorgung des Hotels abgesperrt worden sei. Bei der dann folgenden Kontrolle hätte die Hausdame feststellen können, dass das Ventil zur Brause im Zimmer 30 geöffnet gewesen sei. Die Beklagte habe der VN somit adäquat kausal, rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden in Höhe der Klagsforderung zugefügt. Der Ersatzanspruch sei gemäß § 67 VersVG infolge ihrer Zahlung an die VN im Rahmen des versicherten Risikos auf die Klägerin übergegangen. Das Klagebegehren sei daher berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die VN von 2. 1. bis den Gästebetrieb in ihrem Hotel eingestellt und entgegen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Betriebsführung nicht die gesamte Wasserversorgung abgesperrt und auch nicht überprüft habe, ob alle hinter der Absperrung gelegenen Armaturen verschlossen gewesen seien. Am Nachmittag des habe eine der VN zuzurechnende Putzfrau festgestellt, dass im Zimmer 30 kein Wasser aus der Waschbeckenarmatur geflossen sei, ohne dass darauf reagiert worden sei. Die VN habe bis eine Kontrolle des Bades im Zimmer 30 unterlassen, sodass auch aufgrund einer Fehlfunktion des Umschaltventils der Wannenarmatur und wegen der ungelochten Metallabdeckung des Gullys im Bad tagelang Warmwasser aus der neben der Badewanne abgelegten Handbrause in das Zimmer 30 und in darunter liegende Zimmer fließen und dort Schäden anrichten habe können. Dieser Vielzahl von Sorglosigkeiten der VN in eigenen Angelegenheiten stehe nur ein einziger Verhaltensvorwurf gegen die Beklagte gegenüber, die es unterlassen habe, die VN darüber zu informieren, dass sie nicht nur die Wasserversorgung der rechten, sondern auch jene der linken Hälfte des Hotels (mit dem Zimmer 30) im Rahmen der Reparaturarbeiten abgesperrt habe. Das weitaus überwiegende Verschulden der geschädigten VN beseitige die Haftung der Beklagten zur Gänze und führe zur Abweisung des gesamten Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu beantworten gewesen seien.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des klagsstattgebenden Ersturteils. Hilfsweise stellt die Klägerin auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte erstattete eine ihr freigestellte Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof hat die von der Klägerin behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geprüft, sie liegt nicht vor:

1.1. Mit der Behauptung, das Urteil des Berufungsgerichts sei so mangelhaft gefasst, dass es nicht mit Sicherheit überprüft werden könne, macht die Klägerin inhaltlich den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 Fall 1 ZPO geltend (vgl RIS-Justiz RS0007484), der allerdings nicht gegeben ist. Der zweitinstanzlichen Entscheidung ist nämlich, wie die Klägerin bei Ausführung der Rechtsrüge selbst erkennt, ganz unzweifelhaft zu entnehmen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage des zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalts infolge vermeintlich besonders schwerwiegender Sorglosigkeiten der VN in eigenen Angelegenheiten eine Haftung der Beklagten verneinte. Ob diese Rechtsansicht zutreffend ist, ist weder unter dem Gesichtspunkt des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes noch als Verfahrensmangel relevant.

1.2. Das Berufungsgericht hat sich im Zusammenhang mit der Metallabdeckung des Gullys im Bad – entgegen der Ansicht der Klägerin – weder fachmännisches Wissen angemaßt noch über den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt hinwegsetzt. Vielmehr hat das Erstgericht die Wirkung der Gully-Abdeckung in dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sinn ausdrücklich festgestellt.

Die Mängelrüge ist somit nicht berechtigt.

2. Im Rahmen der Rechtsrüge macht die Klägerin im Ergebnis zu Recht eine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts bei der vorgenommenen Gewichtung der von der VN einerseits und der Beklagten andererseits zu vertretenden Sorgfaltswidrigkeiten geltend:

2.1. Der Forderungsübergang nach § 67 Abs 1 VersVG setzt die tatsächliche Leistung an den VN im Rahmen des versicherten Risikos voraus (vgl RIS-Justiz RS0081396). Dass eine Zahlung der Klägerin in der Höhe des Klagsbetrags an deren VN erfolgt ist, ist nicht strittig und die Aktivlegitimation der Klägerin daher grundsätzlich gegeben.

2.2. Erst- und Berufungsgericht haben übereinstimmend erkannt, die Beklagte sei aufgrund einer mit der VN getroffenen Vereinbarung verpflichtet gewesen, diese über den Umstand zu informieren, dass im Zuge der Reparaturarbeiten nicht nur der rechte Versorgungsstrang, sondern die gesamte Warmwasserversorgung des Hotels abgesperrt worden war. Gegen die von den Vorinstanzen daraus zutreffend abgeleitete Pflichtverletzung wendete die Beklagte in ihrer Berufung nichts Stichhältiges ein. Wäre die Hausdame der VN entsprechend informiert worden, hätte diese nach dem Öffnen der Versorgungsstränge (auch) das Zimmer 30 kontrolliert, sodass es dann nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht zum Schaden gekommen wäre. Insoweit steht eine von der Beklagten zu vertretende kausale Sorgfaltswidrigkeit fest.

2.3. Das Berufungsgericht hat der VN als Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten mit Recht angelastet, (auch ohne den zu 2.2. erörterten Hinweis der Beklagten) keine (routinemäßige) Kontrolle der Absperrung der Wasserauslässe im Zimmer 30 durchgeführt zu haben, obwohl der letzte Gast dieses Zimmer am gegen 11:00 Uhr verlassen hat, und die Wasserversorgung des Hotels nicht abgesperrt zu haben, obwohl anschließend ein Betriebsurlaub bis vorgesehen war. Dies hätte nach den bindenden erstgerichtlichen Feststellungen ordnungsgemäßer Betriebsführung entsprochen und es spielt für eine solche Kontrolle im Zimmer 30 – entgegen der von der Klägerin in der Revision vertretenen Ansicht – auch keine erkennbare Rolle, dass noch bis Handwerker (irgendwo) im Hotel anwesend waren. Das Zimmer 30 sollte nämlich nach der Vereinbarung von vornherein nicht von den Absperrungen betroffen sein.

2.4. Erschwerend wirkt auf Seiten der VN, dass schon am Nachmittag des , nachdem die Beklagte bereits die gesamte Warmwasserversorgung des Hotels abgesperrt hatte, eine Putzfrau der VN feststellte, dass im Zimmer 30 kein Wasser aus der Waschbeckenarmatur floss, was angesichts der unsicheren Funktionalität des Umschaltventils der Wannenarmatur eine Ursachenkontrolle noch mehr nahegelegt hätte. Da dem Reinigungspersonal insoweit auch einfache Kontrollaufgaben und Mitteilungspflichten gegenüber dem Hotelmanagement zukommen, ist dieses Wissen der Putzfrau der VN zuzurechnen (vgl RIS-Justiz RS0009172; RS0034422 [T2: Wissenszurechnung des Gehilfen im Rahmen seines Aufgabenbereichs]).

2.5. Das Berufungsgericht hat der VN letztlich noch die ungelochte Metallabdeckung des Gullys im Bad angelastet. Dieser – sachlich eigenständige – Vorwurf ist schon deshalb unberechtigt, weil es sich insoweit um eine überschießende und deshalb unbeachtliche Feststellung des Erstgerichts handelt, die durch kein erstinstanzliches Vorbringen der Beklagten gedeckt war (RIS-Justiz RS0037972 [insb T 8, T 9]). Die Prüfung des Mitverschuldens hat sich nämlich auf jene tatsächlichen Umstände zu beschränken, die der Beklagte eingewendet hat (RIS-Justiz RS0022807).

2.6. Die Pflichtverletzung der Beklagten (2.2.) ist den der VN anzulastenden Sorgfaltswidrigkeiten gegenüberzustellen. Dabei ist kein Verschulden der VN im technischen Sinne oder überhaupt rechtswidriges Verhalten gemeint, sondern eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (RIS-Justiz RS0022681; RS0032045). Diese Abwägung kann zwar auch dazu führen, dass die Haftung des Schädigers gänzlich aufgehoben wird, was aber ein weitaus überwiegendes Verschulden des Geschädigten voraussetzt (RIS-Justiz RS0027202). Dabei ist aber nicht (nur) die Zahl der Sorgfaltswidrigkeiten entscheidend (RIS-Justiz RS0026861 [T1]), sondern vielmehr das Gewicht des (Gesamt-)Verschuldens, die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das Verschulden jeweils bewirkten Gefahr sowie die Bedeutung der gegebenenfalls verletzten Vorschriften (RIS-Justiz RS0026861 [T11]; RS0026597 [T3, T 4]). Bei einer solchen Gesamtabwägung überwiegt zwar die Nachlässigkeit der VN deutlich, doch kann das sorgfaltswidrige, gegen eine eindeutige vertragliche Vereinbarung verstoßende und potenziell zu Missverständnissen über den Umfang notwendiger Kontrollen des Werkbestellers führende Fehlverhalten der Beklagten nicht mehr außer Acht gelassen werden. Der Senat hält vielmehr eine Schadensteilung von 2 : 1 zu Lasten der VN für sachgerecht.

3. Die von der Beklagten in der Berufung erhobenen Einwände zur Schadenshöhe sind nicht berechtigt:

3.1. Steht dem Versicherungsnehmer ein Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten zu, so geht der Anspruch gemäß § 67 Abs 1 VersVG auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Dieser Forderungsübergang setzt bloß die tatsächliche Leistung an den Versicherungsnehmer im Rahmen des versicherten Risikos ohne Rücksicht darauf voraus, ob eine Leistungspflicht des Versicherers bestand (RIS-Justiz RS0081396). Die Schadenersatzforderung des Versicherungsnehmers geht daher auch bei zweifelhafter Deckung oder im Fall einer Kulanzzahlung über (RIS-Justiz RS0081396 [T2]). Maßgeblich für den Umfang des Übergangs gemäß § 67 Abs 1 VersVG ist demnach die Höhe der Versicherungsleistung und jene des Ersatzanspruchs. Dabei erwirbt der Versicherer die Forderung des Versicherungsnehmers gegen den Dritten mit allen ihren Nachteilen (7 Ob 263/97w [Einwand des Mitverschuldens des Versicherungsnehmers]; 1 Ob 214/97w = RIS-Justiz RS0080525 [T3]). Dass die Klägerin in Höhe des Klagsbetrags an ihre VN geleistet hat, ist unstrittig (vgl oben 2.2.) und die Haftungsteilung infolge eigener Sorglosigkeit der VN ist quotenmäßig zu berücksichtigen.

3.2. Der Zeitwert (Verkehrswert) der strittigen Bilder war, worüber sich die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzt, trotz Restaurierung auf Null gesunken und nach Art 7.2.1. der Allgemeinen Bedingungen der Klägerin für die Leitungswasserversicherung war als Versicherungswert der Verkehrswert maßgeblich. Es ist daher der Schaden zur Gänze zu ersetzen. Es handelt sich dabei – entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht – um keine Entschädigung für Wertminderung. Der Klagsbetrag an Kapital ist daher der Höhe nach nicht zu beanstanden.

3.3. Letztlich erweist sich auch der Einwand der Beklagten gegen die Höhe des Zinsenzuspruchs durch das Erstgericht als unberechtigt:

Nach § 456 UGB beträgt bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen der gesetzliche Zinssatz 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dabei ist der Basiszinssatz, der am ersten Kalendertag eines Halbjahres gilt, für das jeweilige Halbjahr maßgebend (vgl dazu etwa Lukits, Zinsenberechnung im österreichischen Zivilrecht, ÖJZ 2011, 293 [294]; Meinl/Stabentheiner, Das neue Zahlungsverzugsgesetz im Überblick, ÖJZ 2013, 437 [445]). Bei Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz () war (noch) der vom Erstgericht zuerkannte Zinssatz maßgeblich und dieser Zinsenzuspruch daher zutreffend (zum späteren Wirksamwerden von Zinsänderungen vgl etwa Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3§ 7 EO Rz 45).

4.1. Im Ergebnis folgt:

Aus der Abwägung der von der Beklagten zu vertretenden Pflichtverletzung und den der VN anzulastetenden Sorgfaltswidrigkeiten folgt eine Schadensteilung von 2 : 1 zu Lasten der VN. Die Beklagte hat der Klägerin folglich ein Drittel des vom Erstgericht richtig angesetzten Schadens, das sind 21.261,60 EUR sA, zu ersetzen, während das darüber hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen war.

4.2. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00044.17X.0927.000
Schlagworte:
Vertragsversicherungsrecht

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.