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OGH vom 07.10.2011, 5Ob20/11v

OGH vom 07.10.2011, 5Ob20/11v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Dr. Michael S***** und 2. Tzwei-Jen S*****, beide *****, Top 44 und 46, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Kirnbauer, Mieterschutzverband Österreichs, 1070 Wien, Döblergasse 2, gegen die Antragsgegnerin (vormals:) A***** GmbH (nach Verschmelzung: P***** Aktiengesellschaft), *****, vertreten durch die Schaffer Sternad Rechtsanwälte OG in Wien, wegen §§ 8 Abs 2 und 3, 37 Abs 1 Z 5 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 89/10z 23, mit dem infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 7 Msch 20/09s 12, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

„1. Die Anträge der Antragsteller auf Feststellung, ob die von der Hausinhabung beabsichtigten Veränderungen gemäß § 8 MRG von den Antragstellern als Mieter zu dulden sind, in eventu eine Entschädigungspflicht gemäß § 8 Abs 3 MRG festzustellen und die Antragsgegnerin zur Leistung der festgestellten Entschädigung zu verhalten, werden abgewiesen.

2. Die Antragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 1.333,12 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (darin 210,52 EUR an Umsatzsteuer und 76,40 EUR an Barauslagen) zu ersetzen.“

Die Antragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin jeweils binnen 14 Tagen die mit 445,02 EUR (darin 51,44 EUR an Umsatzsteuer und 136,40 EUR an Barauslagen) bestimmten Rekurskosten und die mit 580,28 EUR (darin 61,71 EUR an Umsatzsteuer und 210 EUR an Barauslagen) bestimmten Revisionsrekurskosten zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft mit dem Haus *****. Dieses Objekt umfasst insgesamt 7 Stiegen und besteht U-förmig angelegt aus einem viergeschoßigen (EG und 3 OG) unterkellerten Straßentrakt und 2 unterkellerten Hoftrakten (je 3 Stiegen), und zwar einem südseitig gelegenen viergeschoßigen (EG und 3 OG) und einem nordseitig gelegenen dreigeschoßigen (EG und 2 OG). Die beiden Antragsteller sind dort seit Hauptmieter der auf der hintersten Stiege (Stiege 6) des nordseitigen (niedrigeren) Hoftrakts gelegenen Wohnungen Top 44 und 46. Die beiden Wohnungen liegen übereinander und zwar Top 44 im 1. OG und Top 46 im 2. OG. Laut § 6 des Mietvertrags ist die bis dato aber noch nicht erfolgte Zusammenlegung der beiden Wohnungen genehmigt.

Die Wohnung Top 46 ist 41,67 m² groß und besteht aus einem großen Wohn-/Schlafzimmer, einem Vorraum mit WC, einer dahinter liegenden Küche und einem wieder dahinter liegenden Bad. Die Wohnung verfügt über 4 jeweils zweiflügelige Doppelkastenfenster mit Oberlichte, wobei nur die Oberlichtenfenster gekippt werden können. Drei dieser Fenster befinden sich im Wohn-/Schlafzimmer und eines im Vorraum. Die Fensterflügel gehen nach innen auf.

Die Wohnung Top 44 ist 40,76 m² groß und besteht aus 3 Räumen, nämlich einer Gangküche, einem Wohnraum und einem Kabinett. Die Antragsteller nutzen diese Wohnung derzeit als Arbeits- und Lagerraum. Sie beabsichtigen nach der Wohnungszusammenlegung in Top 44 einen Schlafraum, einen Schrankraum und einen Arbeitsraum zu schaffen. Auch die Wohnung Top 44 hat insgesamt 4 Fenster, und zwar ein Fenster in der Gangküche, 2 Fenster im mittleren größeren Zimmer und 1 Fenster im angrenzenden kleineren Raum. Die Fenster sind ebenfalls zweiflügelige Doppelkastenfenster mit nach innen aufgehenden Fensterflügeln und kippbaren Oberlichten.

Aufgrund der Lage der Hoftrakte, welche direkt an die Nachbarliegenschaften angrenzen, hat nur die hofseitige Fassade Fenster. Auch die jeweils 4 Fenster der Wohnungen Top 44 und 46 liegen hofseitig und unmittelbar nebeneinander.

Die Antragsgegnerin plant umfassende bauliche, behördlich bewilligte Änderungen. Nach dem Abtragen der bestehenden Dachkonstruktion über dem Gassentrakt (Stiege 1) und über den beiden hofseitigen Trakten wird über dem Gassentrakt ein zweigeschoßiger Dachgeschoßzubau mit 2 Maisonetten-Wohnungen (Top 12 und 13) errichtet. Über dem linken (nordseitigen) Hoftrakt wird ein eingeschoßiger Dachgeschoßzubau (Aufenthaltsräume zur Erweiterung der im 2. Stock gelegenen Wohnungen Top 34 und 35 der Stiege 4, Top 40 und 41 der Stiege 5 und Top 47 der Stiege 6) errichtet. Im rechten (südseitigen) Hoftrakt werden im 3. OG die Wohnungen Top 20 und 21 der Stiege 2, Top 28 und 29 der Stiege 3 sowie Top 54 und 55 der Stiege 7 jeweils unter Einbeziehung eines Stiegenhausteils und unter Abänderung der Raumeinteilung und -widmungen zusammengelegt und darüber wird ein eingeschoßiger Dachgeschoßausbau (Aufenthaltsräume zur Erweiterung dieser Wohnungen) errichtet.

An der Hofseite des Gassentrakts wurde bereits im Anschluss an das Stiegenhaus ein Schacht für den Einbau eines Personenaufzugs vom Keller bis zum ersten Dachgeschoß in einer Stahl-Glas-Konstruktion zugebaut. Zur Erreichbarkeit der Aufzugsstationen plant die Antragsgegnerin im Bereich des linken (nordseitigen) Hoftrakts im 2. Stock (auf Fußbodenniveau der Wohnung Top 46 und oberhalb der Wohnung Top 44) sowie im Bereich des rechten (südseitigen) Hoftrakts im 3. Stock jeweils einen offenen Laubengang bis zur Eingangstür des jeweils hintersten Stiegenhauses samt Verbindungssteg herzustellen, um auch Wohnungen der Hoftrakte durch die bereits errichtete gassenseitige Aufzugsanlage barrierefrei zugänglich zu machen. Laut Auswechslungsplan vom April 2009 an die Baubehörde wird es in den beiden Hoftrakten insgesamt noch 33 Wohnungen geben (statt 39 Wohnungen laut ursprünglicher Einreichplanung), wovon 23 Wohnungen stufenlos erreichbar sind. Davon befinden sich 11 Wohnungen im Erdgeschoß und 12 Wohnungen in den Hoftrakten. 10 Wohnungen der Hoftrakte bleiben auch weiterhin nur über die jeweiligen Stiegenhäuser erreichbar. Zu den 33 hofseitig gelegenen Wohnungen kommen 11 Wohnungen im Straßentrakt, die über den straßenseitig vorgesehenen Lift erreichbar sind. Die 7 Stiegenhäuser des Hauses sind nicht verbunden; es ist daher nicht möglich, im Hausinneren von einem Stiegenhaus zum anderen zu gelangen.

Nach dem aktuellen Auswechslungsplan grenzen 10 Wohnungen (darunter Top 46) direkt an die Laubengänge an. Im Geschoß darunter befinden sich 8 Wohnungen (darunter Top 44). Nach der laut Plan ebenfalls direkt an einen Laubengang angrenzenden Wohnung Top 46 befindet sich im hintersten Bereich des linken (nordseitigen) Hoftrakts nur noch eine weitere Wohnung (Top 47), die allerdings nicht direkt an den Laubengang angrenzen soll; der Laubengang soll knapp vor der Wohnung Top 47 unmittelbar nach dem Zugang zum Stiegenhaus 6 enden, womit auch die Wohnung Top 47 über die Zugangstür zum Stiegenhaus und den Laubengang barrierefrei erreichbar wäre.

Der Laubengang selbst soll wie folgt aussehen:

Der Fußboden ist eine Konstruktion mit Stahlträgern, Trapezblechen und einem Betonbelag. Der Handlauf befindet sich in 1 m Höhe. Zwischen Fußboden und Handlauf werden im Abstand von max 12 cm dünne Stahlstäbe angebracht. Darüber kommt ebenfalls mit einer Stahlkonstruktion ein beheizbares, leicht geneigtes Glasdach. Die Bodenplatte des Laubengangs ist 1,5 m breit. Da die Stiegenhäuser auskragen, ragt der Laubengang bei den hinteren Stiegen 6 und 7 maximal bis 168 cm in den Innenhof. Im Zwischenraum zwischen Mauerwerk (Hoftraktfassade) und Beginn der Betonplatte des Laubengangs soll ein Gitterrost angebracht werden. Die Überdachung des Laubengangs ist an keiner Stelle breiter als dessen Bodenfläche.

Die Erschließung der Aufzüge durch die Laubengänge ist baubehördlich nicht vorgeschrieben. Diese Baumaßnahme dient dazu, möglichst viele Wohnungen der Hoftrakte barrierefrei zugänglich zu machen. Mit Ausnahme von 2 bis 3 Objekten im südseitigen Hoftrakt sind alle anderen Wohnungen der Hoftrakte, insbesondere auch die Wohnung Top 47, ohne Laubengang über die vorhandenen Stiegenhäuser zugänglich.

Mit der Errichtung der Laubengänge in der beschriebenen Stahl- und Glaskonstruktion ist eine Reduktion der natürlichen Belichtung in sämtlichen an den Läubengängen angrenzenden Wohnungen (ua Top 46), insbesondere aber der darunter liegenden Wohnungen (ua Top 44) verbunden.

Die Anbringung einer (etwa mit einem Schnappschloss) versperrbaren Tür im Laubengang vor bzw nach der Wohnung Top 46 ist technisch möglich, wobei Schlüssel für diese Tür neben den Antragstellern auch die Bewohner der Wohnung Top 47 erhalten würden.

Die Antragsteller begehrten, festzustellen, „ob die von der Hausinhabung beabsichtigten Veränderungen ([zuletzt] gemeint [offenbar]: das Ende des Laubengangs über eine Länge von 10 m auf der Höhe der Wohnungen Top 46 und 44 [vgl S 4 in ON 16]) gemäß § 8 MRG von den Antragstellern als Mieter nicht zu dulden sind“ und in eventu „eine Entschädigungspflicht gemäß § 8 Abs 3 MRG festzustellen und die Antragsgegnerin zur Leistung der festgestellten Entschädigung (zu) verhalten“. Durch den Laubengang würde der Lichteinfall in den von den Antragstellern gemieteten Wohnungen drastisch gemindert, deren Belüftung erschwert und es drohen der Verlust der Privatsphäre sowie ein erhöhtes Einbruchsrisiko. Die Baumaßnahmen, die von den betroffenen Mietern als massiv nachteilig empfunden würden, seien weder notwendig noch zweckmäßig.

Die Antragsgegnerin bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Feststellung der Duldungspflicht der Antragsteller sowie die Abweisung des Begehrens auf Feststellung einer Entschädigungspflicht der Antragsgegnerin. Die im Innenhof geplanten Laubengänge dienten dazu, für Wohnungen im 2. und 3. Stock der Seitentrakte den barrierefreien Zugang vom/zum eingebauten Lift zu ermöglichen und seien daher als (Teil einer) Verbesserungsmaßnahme zu qualifizieren. Nach der Wohnung der Antragsteller könne der Laubengang mit einer Sicherheitstüre verschlossen und dadurch die Privatsphäre der Antragsteller gewahrt werden. Da die Antragsgegner Maßnahmen nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG beabsichtigten, seien von den Antragstellern relevierte Zumutbarkeitserwägungen nicht anzustellen. Für die von den Antragstellern eventualiter geltend gemachte Entschädigung gemäß § 8 Abs 3 MRG fehle derzeit eine Anspruchsgrundlage, weil die Antragsteller bislang noch keine Mietrechtseingriffe erlitten hätten.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Antragsteller nicht verpflichtet seien, im linken (nordseitigen) Hoftrakt die Errichtung des unmittelbar vor der Wohnung Top 46 geplanten Laubengangteilstücks zu dulden. Auf der Grundlage der eingangs zusammengefassten Feststellungen vertrat das Erstgericht die Rechtsansicht, dass die Duldungspflicht des Hauptmieters auch im Fall von Verbesserungsarbeiten nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG dort seine Grenze finde, wo die eingriffsbedingte Umgestaltung den Begriff der zu tolerierenden „Veränderung des Mietgegenstandes“ überschreite. So habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die durch einen Lifteinbau bedingte Verkleinerung des Mietobjekts, die zwar gemessen am Verlust der Nutzfläche gering gewesen, jedoch mit einer tiefgreifenden Umgestaltung der Wohnung und dem Verlust eines selbstständigen Raums einhergegangen wäre, vom Mieter nicht zu dulden sei (5 Ob 240/99a MietSlg 51.252; ebenso LGZ Wien MietSlg 51.252). Hier sei einerseits zu berücksichtigen, dass mit der Errichtung des Laubengartenteilstücks vor der Wohnung Top 46 eine Reduktion der natürlichen Belichtung sowohl in der Wohnung Top 46 als auch und insbesondere in der Wohnung Top 44, wo sich die Bodenplatte des Laubengangs direkt oberhalb der 4 Fenster befinden würde, sowie eine Lärmbeeinträchtigung (Schritte, Stimmen von vorbeigehenden Personen) verbunden wären. Vor allem aber wäre die Wohnung Top 46 nach der Errichtung des Laubengangs betreffend Sicherheit und Privatsphäre der Antragsteller einer Erdgeschoßwohnung gleich. Verschärfend komme hinzu, dass die Wohnungen Top 46 und 44 ausschließlich hofseitig Fenster und damit eine Belüftungsmöglichkeit hätten und die Wohnungen vom Laubengang aus komplett einsichtig wären. Demgegenüber würden mit den geplanten Laubengängen gar nicht alle Wohnungen der Liegenschaft barrierefrei erschlossen; immerhin blieben 10 der insgesamt 31 in den Obergeschoßen befindlichen Wohnungen ausschließlich über Stufen erreichbar. Durch die Errichtung des Laubengangteilstücks, gegen welches sich das Begehren der Antragsteller richte, würden außerdem nur die Wohnung der Antragsteller sowie die Wohnung Top 47 erschlossen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände müssten die Antragsteller die Errichtung dieses Teilstücks nicht dulden.

Das Rekursgericht gab dem von der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts erhobenen Rekurs nicht Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts und verwies ebenfalls auf die mit dem Laubengang verbundenen Nachteile in Form des erhöhten Sicherheitsrisikos, der Verringerung des Lichteinfalls und den Verlust der Privatsphäre für die Wohnungen der Antragsteller. An bereits bei der Errichtung eines Hauses geplante Laubengänge grenzten demgegenüber regelmäßig nur Nebenräume und nicht alle Aufenthaltsräume. Die Antragsteller müssten diese Baumaßnahme daher nicht dulden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil lediglich die Umstände des Einzelfalls maßgeblich seien.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Feststellung, dass die Antragsteller verpflichtet seien, im linken (nordseitigen) Hoftrakt die Errichtung des unmittelbar vor der Wohnung Top 46 geplanten Laubengangteilstücks unter der Voraussetzung der Errichtung einer verschließbaren Verbindungstür zu dulden.

Die Antragsteller erstatteten eine ihnen freigestellte Revisionsrekursbeantwortung , in der sie beantragten, dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegerin ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Voraussetzungen die Duldungspflicht nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG unrichtig beurteilt haben; er ist im Sinn der Abweisung der Sachanträge der Antragsteller auch berechtigt.

1. Nach § 8 Abs 2 MRG hat der Hauptmieter (ua) die vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstands dann zuzulassen, wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses oder zur Behebung ernster Schäden des Hauses in seinem oder in einem anderen Mietgegenstand notwendig oder zweckmäßig ist (Z 1), und wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Beseitigung einer von seinem oder einem anderen Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung oder zur Durchführung von Veränderungen (Verbesserungen) in einem anderen Mietgegenstand notwendig, zweckmäßig und bei billiger Abwägung aller Interessen auch zumutbar ist; die Zumutbarkeit ist im Besonderen anzunehmen, wenn die Beseitigungsmaßnahme oder die Veränderung keine wesentliche oder dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts zur Folge hat (Z 2).

2.1. Eine Verbesserungsarbeit strebt an, aus dem bestehenden Zustand einen besseren, vorteilhafteren, aus verschiedenen Gründen positiver bewerteten zu machen, auch wenn der gegenwärtige Zustand nicht mangelhaft erscheint (5 Ob 15/92 WoBl 1992/123 [ Würth ] = ImmZ 1992, 316; RIS Justiz RS0069443). Ergibt die Abwägung der mit einer konkreten Maßnahme verbundenen Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Überwiegen der Vorteile, so liegt eine solche Verbesserungsarbeit vor, die dann der Mieter beziehungsweise Nutzungsberechtigte nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG zu dulden hat, ohne dass eine weitere Interessenabwägung zu erfolgen hätte. Die Duldungspflicht des Mieters ist nicht davon abhängig, dass der Vermieter die bestmögliche Verbesserung durchführt, sondern, dass er überhaupt eine Verbesserungsarbeit durchführt. Die Auswahl der Verbesserungsarbeiten bleibt im Rahmen der dargestellten Beurteilungsgesichtspunkte dem Vermieter vorbehalten (RIS-Justiz RS0069474).

2.2. Mit den hier zu beurteilenden Laubengängen sollen nach dem zuletzt maßgeblichen Austauschplan 12 in den Hoftrakten gelegene Wohnungen über den im Straßentrakt vorgesehenen Lift barrierefrei erreichbar gemacht werden. Für die unmittelbar an die Laubengänge angrenzenden bzw darunter liegenden Wohnungen mögen damit zwar bei allerdings wohl recht überschaubarer Benutzerfrequenz gewisse von den Antragstellern durchaus plausibel beschriebenen Nachteile an Sicherheit, Belichtung und Belüftungsmöglichkeit verbunden sein, denen allerdings durch eine entsprechende Bauweise und Situierung der Laubengänge, die von der Antragsgegnerin angebotene Errichtung einer Sicherheitstür und durch Sichtschutzmaßnahmen begegnet werden kann und muss, sodass nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung der mit der Maßnahme verbundene Vorteil eines verbesserten barrierefreien Zugangs überwiegt (zur Errichtung eines Personenaufzugs vgl etwa 5 Ob 151/02w; 5 Ob 233/06k). Dass dabei der Vermieter eine bessere oder die bestmögliche Art der Verbesserung, hier etwa die allfällige Errichtung weiterer Lifte, vornehmen müsste, ist nicht notwendig (vgl oben 2.1.). Es liegt daher eine Verbesserungsarbeit iSd § 8 Abs 2 Z 1 MRG vor, wovon wohl auch die Vorinstanzen (inhaltlich) ausgegangen sein dürften. Eine den Antragstellern offenbar vorschwebende Betrachtungsweise dahin, dass bei dieser Beurteilung die Laubengänge praktisch in einzelne Abschnitte unterteilt und diese einzelnen betroffenen Wohnungen zugeordnet werden, verbietet sich deshalb, weil es sich dabei um ein Gesamtkonzept handelt, das nicht (sukzessive) vom (jeweils) letzten Mieter „gekürzt“ werden kann, und der Laubengang im Bereich der Wohnungen der Antragsteller ja auch die Verbindung zum folgend angrenzenden Stiegenhaus herstellt.

3. Ist dann wie hier das Vorliegen einer Verbesserungsarbeit zu bejahen, findet, wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht, im Gegensatz zu § 8 Abs 2 Z 2 MRG keine Interessenabwägung statt (RIS-Justiz RS0069474; RS0101796; RS0038223); vielmehr hat der Mieter die betreffenden Arbeiten zu dulden. Auch ein mit der Entscheidung 5 Ob 240/99a (MietSlg 51.252) nur annähernd vergleichbarer Fall liegt nicht vor, kommt es doch hier durch die Laubengänge zu keinerlei Verkleinerung des Bestandobjekts.

4. Im Ergebnis folgt daher, dass die Antragsteller die Errichtung des Laubengangs grundsätzlich zu dulden haben, was freilich entgegen dem Antrag der Antragsgegnerin in deren Revisionsrekurs nicht zur positiven Feststellung der Duldungspflicht der Antragsteller, sondern (nur) zur Abweisung des primären Sachantrags führen kann.

5. § 8 Abs 3 MRG gewährt dem nach Abs 2 leg cit duldungspflichtigen Mieter bei wesentlicher Beeinträchtigung seines Mietrechts einen Entschädigungsanspruch, der als rechtswidrigkeits- und verschuldensunabhängige Eingriffshaftung konzipiert ist ( Vonkilch in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht § 8 MRG Rz 42; 5 Ob 152/92 = wobl 1993/112; RIS-Justiz RS0069520 [T3]; RS0069533). Der Zuspruch einer solchen Leistung setzt nach § 37 Abs 1 AußStrG vergleichbar mit § 406 ZPO grundsätzlich die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs im Zeitpunkt der Beschlussfassung voraus und auch die Feststellung einer künftigen Leistungspflicht ist in einem solchen Fall nicht vorgesehen (5 Ob 3/08i wobl 2009/80 [ Vonkilch ] = immolex 2008/62 = EvBl 2008/92; vgl auch 5 Ob 170/01p). Da die Antragsteller bereits vorliegende Beeinträchtigungen gar nicht behaupten (können), diese vielmehr von der künftigen Durchführung der von der Antragsgegnerin in Aussicht genommenen Baumaßnahmen und der Gestaltung der Laubengänge abhängen, erweist sich das Entschädigungsbegehren als verfrüht und war daher ebenfalls abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Bemessungsgrundlage betrug 1.500 EUR (§ 10 Z 3 lit a sublit bb RATG) und die Pauschalgebühr für das Verfahren erster Instanz 70 EUR.