OGH 20.03.2003, 6Ob37/03i
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus Dieter M*****, vertreten durch Dr. Carl-Heinz Gressel, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Birgit M*****, vertreten durch Liebscher Hübel & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg wegen 2.879,96 EUR und Feststellung, über die "außerordentliche Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 255/02z-12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom , GZ 21 C 50/01x-5, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, das angefochtene Urteil durch den Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte 2.879,99 EUR (39.629,05 S) mit der Behauptung, dass sich die Beklagte, seine ehemalige Ehefrau, verpflichtet habe, nach der Trennung selbst für den Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder aufzukommen und den Kläger hinsichtlich jeder diesbezüglichen Inanspruchnahme schad- und klaglos halte. Dennoch hätten die Kinder eine Unterhaltsexekution gegen ihn geführt, sodass er Unterhaltsbeiträge von insgesamt 35.000 S sowie Exekutionskosten von 4.296,89 S und eigene Vertretungskosten von 332,16 S zahlen haben müssen. Die Beklagte sei aufgrund der getroffenen Vereinbarung verpflichtet, dem Kläger diese Beträge zu ersetzen. Er begehrte weiters die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn hinsichtlich jeder Insanspruchnahme an Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder schad- und klaglos zu halten. Das Feststellungsbegehren bewertete der Kläger mit 4.360,37 EUR (60.000 S).
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht gab sowohl dem Zahlungs- als auch dem Feststellungsbegehren statt. Zwischen den Streitteilen sei die vom Kläger behauptete Vereinbarung über die Schad- und Klagloshaltung rechtswirksam zustande gekommen, weshalb die Beklagte verpflichtet sei, die anlässlich der gegen ihn geführten Exekution vom Kläger bezahlten Unterhaltsbeiträge und Verfahrenskosten zu ersetzen. Es sei auch das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu bejahen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Die festgestellte Vereinbarung der Streitteile sei unwirksam, weil sie als Nebenabrede zu einem notariatsaktspflichtigen Kaufvertrag zwischen Ehegatten (betreffend eine Liegenschaftshälfte des Klägers) zu qualifizieren sei, die ebenso wie das formbedürftige Geschäft selbst infolge Verletzung der Formvorschrift nichtig sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete es damit, dass eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliege. Einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes enthält das Urteil nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Wiederherstellung des stattgebenden Ersturteiles abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision weiters - außer im Fall des § 508 Abs 3 - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 4.000 EUR übersteigt oder nicht; bei Übersteigen von 4.000 EUR auch, ob er 20.000 EUR übersteigt oder nicht. Dieser Ausspruch wird durch die vom Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Wertes des Streitgegenstandes nicht ersetzt (RIS-Justiz RS0042296).
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Zahlungs- und ein Feststellungsbegehren. Beide Begehren sind gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen. Das Zahlungsbegehren liegt unter 4.000 EUR. Die Zulässigkeit der Revision hängt daher entscheidend von der Bewertung des Feststellungsbegehrens ab. Ein familienrechtliche Streitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 1a und 2 JN, in der es auf die in § 502 Abs 2 und 3 genannten Streitwertgrenzen, soweit sie unter 20.000 EUR liegen, nicht ankommt (§ 502 Abs 4 und 5 Z 1 ZPO), liegt nicht vor (Simotta in Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen I2 § 49 JN Rz 65).
Da der Streitgegenstand nur teilweise in Geld besteht, hatte das Berufungsgericht einen Bewertungsausspruch im Sinn des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmen. Dieser Ausspruch, der zur Beurteilung der Anfechtungszulässigkeit erforderlich ist, fehlt in der Entscheidung des Berufungsgerichtes. Die Unterlassung dieses Ausspruches stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO zu berichtigen ist (10 Ob 2173/96y).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus Dieter M*****, vertreten durch Dr. Carl-Heinz Gressel, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Birgit M*****, vertreten durch Liebscher Hübel & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 2.879,96 EUR und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 255/02z-12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom , GZ 21 C 50/01x-5, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Streitteile waren während aufrechter Ehe je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, auf der sie ein Wohnhaus errichteten. Mit Notariatsakt vom übertrug der Kläger seine Liegenschaftshälfte an die Beklagte gegen Übernahme auch der auf den Kläger entfallenden Hälfte der pfandrechtlich sichergestellten Verbindlichkeiten, die mit 1,098.530 S beziffert wurden. Punkt Erstens ("Rechtsabsicht") des Vertrages lautet:
"... (die Streitteile) sind je zur Hälfte grundbücherliche
Miteigentümer der Liegenschaft ... mit dem darauf errichteten
Wohnhaus ... (die Streitteile) beabsichtigen, sich scheiden zu lassen
und wollen daher ab sofort die besondere Gütergemeinschaft aufheben.
Überdies soll die gesamte vorbezeichnete Liegenschaft ins
grundbücherliche Alleineigentum der Frau ... übertragen werden. ..."
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom wurde die im Jahr 1987 geschlossene Ehe der Streitteile gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden. In dem anlässlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleich wurde die Obsorge hinsichtlich der beiden 1992 und 1994 geborenen Söhne der Beklagten zugewiesen. Der Kläger verpflichtete sich zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je 2.500 S. In Punkt Viertens der Scheidungsvereinbarung wurde darauf hingewiesen, dass das ehemals gemeinsame Wochenendhaus bereits mit notariellem Kaufvertrag vom 20. (richtig: 23.) 11. 1999 in das Alleineigentum der Beklagten übertragen worden sei und die Beklagte die Verpflichtung übernommen habe, die im Zusammenhang mit der Liegenschaft stehenden Schulden allein zurückzuzahlen und den Kläger diesbezüglich schad- und klaglos zu halten; seitens der Kreditinstitute habe bereits eine Haftungsentlassung des Klägers stattgefunden.
Am wurde den Kindern, vertreten durch die Beklagte, die Exekution zur Hereinbringung rückständigen Unterhalts seit 1. 1. bis und des laufenden Unterhalts ab in Titelhöhe bewilligt. Nach Zahlung des Unterhalts von Jänner bis einschließlich Juli 2001 von insgesamt 35.000 S und der Verfahrenskosten von 4.296,89 S wurde das Exekutionsverfahren am eingestellt. An eigenen Vertretungskosten im Exekutionsverfahren hatte der Kläger zusätzlich 332,16 S zu zahlen.
Der Kläger begehrte die Summe dieser Beträge von 2.879,96 EUR (entspricht 39.629,05 S) samt 4 % Zinsen seit und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn hinsichtlich jeder Inanspruchnahme für Kindesunterhalt schad- und klaglos zu halten. Die Schad- und Klagloshaltung sei zwischen den Streitteilen außergerichtlich vereinbart worden. Der Kläger habe die Liegenschaft unbelastet in die Ehe eingebracht. Die Liegenschaft sei über 4 Mio S wert gewesen. Der Kläger habe der Übertragung seiner Hälfte an die Beklagte nur deshalb zugestimmt, weil sie ihm die alleinige Tragung der Unterhaltskosten für die Kinder zugesichert habe. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt die behauptete Zusage. Sie habe sich lediglich bereit erklärt, in der Anfangsphase nach der Scheidung keinen Unterhalt für die Kinder zu fordern.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:
Der Wert des vom Beklagten in die Ehe eingebrachten Baugrundstückes betrug 1,8 bis 2 Mio S. Die Liegenschaft war zunächst unbelastet. Die Streitteile investierten gemeinsam etwa 4 Mio S in den Hausbau. Im Zuge der Gespräche, die sie führten, um ihre Ehescheidung im Einvernehmen zu regeln, bot die Beklagte zunächst mündlich an, dass sie das Haus samt den Verbindlichkeiten übernehme und es für die Kinder erhalten werde. Sie sicherte dann auch zu, für den Unterhalt der Kinder alleine aufzukommen. Aufgrund dieser Zusage willigte der Kläger ein, auf das Haus zu verzichten, ohne eine Ausgleichszahlung zu fordern. Auch bei Errichtung des notariellen Kaufvertrages wurde darüber gesprochen, dass die Beklagte für den Unterhalt der Kinder selbst aufkommen und den Kläger schad- und klaglos halten werde. In diesem Zeitpunkt war die eheliche Lebensgemeinschaft bereits aufgehoben. Der Vertragserrichter wies nicht darauf hin, dass ein Verzicht der Minderjährigen auf ihren Unterhaltsanspruch nicht möglich sei. In der Gerichtsverhandlung über die einvernehmliche Scheidung belehrte jedoch die Richterin die Parteien in diesem Sinn und meinte, dass eine Unterhaltsverpflichtung in den Scheidungsvergleich aufgenommen werden müsse. Die Beklagte könne aber auf die Einforderung des Unterhalts verzichten. Der Kläger ging davon aus, dass diese Frage aufgrund der bereits mündlich getroffenen Vereinbarung mit der Beklagten, dass er keinen Unterhalt zu zahlen habe, keiner näheren Erörterung in der Verhandlung bedürfe. Im Jänner 2000 (richtig: 2001) verschlechterte sich die finanzielle Situation der Klägerin, weil sie erkrankte und die Einnahmen aus dem von ihr betriebenen Blumengeschäft zurückgingen. Sie forderte daher nunmehr den Kläger auf, für die Kinder Unterhalt zu leisten. Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, dass die Eltern Vereinbarungen über die interne Verteilung der Unterhaltslast formfrei schließen könnten. Solche Vereinbarungen seien zwar unwirksam, wenn sie die Unterhaltsinteressen des Kindes beeinträchtigten, doch sei dies kaum möglich, weil der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht berührt werde. Die zwischen den Streitteilen geschlossene mündliche Vereinbarung, dass die Beklagte selbst für den Unterhalt der Kinder aufkommen und den Kläger schad- und klaglos halten werde, sei daher rechtswirksam. Die Beklagte habe deshalb die vom Kläger im Exekutionsweg bezahlten Unterhaltsbeiträge samt den Kosten des Exekutionsverfahrens zu ersetzen. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung sei zu bejahen, weil auch in Zukunft mit Unterhaltsforderungen der Kinder gegenüber dem Kläger zu rechnen sei.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Klageabweisung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes über die grundsätzliche Zulässigkeit und Formfreiheit von Vereinbarungen, wonach sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichte, für den Unterhalt des Kindes allein aufzukommen. Die hier vorliegende Vereinbarung sei jedoch im Zuge des Kaufvertrages zwischen Ehegatten über eine Liegenschaft getroffen worden. Die Zusage der Beklagten sei die Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaftshälfte gewesen. Kaufverträge zwischen Ehegatten seien gemäß § 1 Abs 1 lit b NZwG notariatsaktspflichtig. Nebenabreden zu kraft Gesetzes formpflichtigen Geschäften seien ebenfalls formbedürftig. Werde durch eine mündliche Nebenabrede eine gesetzliche Formvorschrift verletzt, sei diese jedenfalls ungültig, weil bei gesetzlichen Formvorschriften grundsätzlich das ganze Geschäft in der vorgesehenen Form zu tätigen sei. Die strittige mündliche Zusage der Beklagten sei daher infolge Formmangels ungültig, weil sie Bestandteil des Kaufvertrages sei. Dieser sei nicht aufschiebend bedingt durch die künftige Eheschließung geschlossen worden, sodass sich der Kläger nicht auf die Formbegünstigung des § 97 Abs 2 EheG berufen könne. Seinen ursprünglichen Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht auf Antrag des Klägers dahin ab, dass es die Revision doch für zulässig erklärte, weil der Rechtsfrage erhebliche Bedeutung zukomme, ob die Vereinbarung über die Schad- und Klagloshaltung hinsichtlich des Kindesunterhaltes als Nebenabrede zu einem Kaufvertrag zwischen Ehegatten anzusehen sei, auf die die Formbegünstigung des § 97 Abs 2 EheG nicht anzuwenden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinn ihres hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Gerichtliche Unterhaltsvergleiche betreffend Minderjährige bedürfen zu ihrer Gültigkeit und zu ihrer Rechtswirksamkeit als Exekutionstitel der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung. Nebenabsprachen der Eltern kommt keine bindende Wirkung zu, wenn sie mangels Offenlegung gegenüber dem Pflegschaftsgericht von dessen Genehmigung nicht erfasst wurden (RIS-Justiz RS0000166). Es geht hier aber nicht um einen Unterhaltsverzicht der Beklagten namens ihrer Kinder oder um eine den Unterhaltsanspruch der Kinder gegen die Streitteile betreffende Nebenabrede. Nach den Behauptungen des Klägers, denen das Erstgericht gefolgt ist, liegt vielmehr eine Vereinbarung vor, mit der sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt der Kinder allein aufzukommen und den anderen für den Fall der Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. Wie die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ausgeführt haben, sind solche Vereinbarungen zulässig und dem anderen Elternteil gegenüber wirksam, sofern dadurch nicht in rechtlich geschützte Interessen des Kindes eingegriffen wird (RIS-Justiz RS0016550; 4 Ob 302/97h mwN). Als sittenwidrig wurden derartige Zusagen nur bei Vorliegen besonderer, hier nicht gegebener Umstände beurteilt, wie etwa dann, wenn der Vater auf einen Schwangerschaftsabbruch drängte und die Mutter unter Druck setzte, um eine solche Vereinbarung zu erreichen (10 Ob 501/94; Krejci in Rummel ABGB I3 § 879 Rz 160 mw Judikaturbeispielen). Im Übrigen ist die Nichtigkeit einer Vereinbarung nach § 879 ABGB nicht von Amts wegen zu beachten (RIS-Justiz RS0016435). Die Einwendung der Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung erst im Rechtsmittelverfahren ist eine unzulässige Neuerung (RIS-Justiz RS0016481). Da die Beklagte erstmals in ihrer Berufung den Einwand der Sittenwidrigkeit erhob, ist darauf nicht weiter einzugehen.
Gemäß § 97 Abs 1 EheG kann auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im Voraus rechtswirksam nicht verzichtet werden. Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im Voraus regeln, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Gemäß § 97 Abs 2 EheG gilt die Regelung des Abs 1 jedoch nicht für Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse schließen. Die Erzielung eines Einvernehmens über die Scheidung und deren Folgen setzt voraus, dass die Ehegatten über das Gebrauchsvermögen und die Ersparnisse schon vor der Scheidung Vereinbarungen treffen. Auch solche Vereinbarungen stehen daher "im Zusammenhang" mit einem Ehescheidungsverfahren, wenn mit ihnen die Regelung der Scheidungsfolgen der §§ 81 ff EheG bezweckt wird. "Unmittelbar" ist der Zusammenhang dann, wenn er nicht durch irgendwelche Zwischenursachen - wie zB eine vorübergehende Versöhnung - beseitigt wurde (SZ 53/125; 4 Ob 546/90 = EvBl 1990/153 [776]). Bei der Beurteilung des Zusammenhanges nach § 97 Abs 2 EheG kommt es nicht primär auf die zeitliche Nähe, sondern auf den ursächlichen Zusammenhang an, nämlich auf die beim Abschluss der Vereinbarung vorhandene, wenn auch einseitige Absicht, auf Scheidung zu klagen oder auf die beiderseitige Absicht, sich einvernehmlich scheiden zu lassen. Ab dem Entstehen dieser Absicht ist eine außergerichtliche Vereinbarung - durch die künftige richterliche Ehescheidung aufschiebend bedingt - wirksam. Nach einhelliger Auffassung kann die Vereinbarung im Sinn des § 97 Abs 2 EheG formlos getroffen werden. Durch die Bestimmung des § 55a Abs 2 EheG, dass die Ehegatten bei der einvernehmlichen Scheidung eine schriftliche Vereinbarung über ihre vermögensrechtlichen Ansprüche zueinander für den Fall der Scheidung dem Gericht zu unterbreiten oder vor Gericht zu schließen haben, wird die Regelung des § 97 Abs 2 EheG nicht eingeschränkt (SZ 60/95; 2 Ob 111/01i; Stabentheiner in Rummel ABGB II3 § 97 EheG Rz 2 mwN). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes steht die Einigung der Streitteile, dass die Beklagte Alleineigentümerin der gemeinsamen Liegenschaft mit dem Wohnhaus werden und hiefür die Rückzahlung sämtlicher auf der Liegenschaft haftenden Kreditverbindlichkeiten übernehmen sollte, in unmittelbarem Zusammenhang mit der nachfolgenden Ehescheidung. Als diese Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag ihren Niederschlag fand, war die eheliche Lebensgemeinschaft bereits aufgehoben. Die beiderseitige Scheidungsabsicht wurde im Vertrag sogar ausdrücklich festgehalten. Dass dies auch zutraf, kann nicht zweifelhaft sein, wurde doch bereits einige Wochen später die Ehe tatsächlich gerichtlich geschieden. Dadurch wurde diese Vereinbarung wirksam. Sie wäre auch wirksam geworden, wenn der Kaufvertrag nicht in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen worden wäre, weil § 97 Abs 2 EheG im Hinblick auf den aufgezeigten Sinn dieser Vorschrift als speziellere Bestimmung dem § 1 Abs 1 lit b NZwG vorgeht. Die Schutzfunktion der Formvorschrift (vgl. Rummel in Rummel ABGB I3 § 886 Rz 8) wird im Übrigen ohnehin dadurch erreicht, dass die einvernehmliche Scheidung eine dem Formgebot des § 55a Abs 2 EheG entsprechende Vereinbarung voraussetzt und eine Vereinbarung im Sinn des § 97 Abs 2 EheG nur bei nachfolgender Ehescheidung wirksam wird.
Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass Nebenabreden zu kraft Gesetzes formgültigen Geschäften nach dem Formzweck zumeist ebenfalls formbedürftig sind und die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form grundsätzlich Nichtigkeit bewirkt (Rummel aaO Rz 12, 14). Es hat aber aufgrund unrichtiger Rechtsansicht den Zusammenhang der das Ehevermögen betreffenden Vereinbarung der Streitteile über ihre gemeinsame Liegenschaft mit der nachfolgenden Ehescheidung zu Unrecht verneint. Ob ein solcher Zusammenhang besteht, hängt nicht davon ab, dass die Ehegatten die Vereinbarung ausdrücklich als durch die Ehescheidung bedingt bezeichnen. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung im Sinn des § 97 Abs 2 EheG ist vielmehr von vorneherein und unabhängig von der Aufnahme einer solchen Bedingung in das Vertragswerk durch die von den Ehegatten bereits in Aussicht genommene Ehescheidung bedingt. Ein anderer Wille ist den Streitteilen hier im Hinblick auf den einleitenden Punkt Erstens des notariellen Kaufvertrages auch nicht zu unterstellen. Die vom Kläger behauptete und vom Erstgericht in diesem Sinn als erwiesen angenommene zusätzliche Vereinbarung der Streitteile, dass die Beklagte als weitere Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaftshälfte des Klägers die Unterhaltsverpflichtung für die gemeinsamen Kinder im Innenverhältnis allein übernimmt und diesbezüglich den Kläger schad- und klaglos hält, wäre daher wirksam, auch wenn sie weder im Notariatsakt noch in der Scheidungsvereinbarung einen Niederschlag fand. In der Revision des Klägers wird zwar zu Unrecht ausgeführt, dass das Berufungsverfahren mangelhaft sei, weil das Berufungsurteil nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgehe. Das Berufungsgericht hat den Zusammenhang der Kaufvereinbarung mit der Ehescheidung vielmehr auf Basis der insoweit unbekämpften Feststellungen, allerdings infolge unrichtiger Rechtsansicht verneint. Es steht mit seiner rechtlichen Beurteilung im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung, wie in der Rechtsrüge der Revision zutreffend aufgezeigt wird.
Damit ist aber das Klagebegehren noch nicht spruchreif. Denn das Berufungsgericht hat sich aufgrund seiner unrichtigen Rechtsansicht, dass die Vereinbarung, auf die sich das Klagebegehren stützt, ohnehin mangels Einhaltung der vorgeschriebenen Form rechtsunwirksam wäre, mit den von der Beklagten geltend gemachten Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung, die sich insbesondere gegen die Feststellung der vom Kläger behaupteten internen Unterhaltsvereinbarung und die damit zusammenhängenden Feststellungen richten, bisher überhaupt nicht auseinandergesetzt.
Das Urteil des Berufungsgerichtes ist daher aufzuheben. Das Berufungsgericht wird die unerledigten Berufungsgründe zu behandeln und die bekämpften Feststellungen unter Berücksichtigung der Ausführungen beider Streitteile im Berufungsverfahren zu prüfen haben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00037.03I.0320.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAD-60240