OGH vom 31.08.2010, 4Ob51/10v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Stockinger, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Wildmoser/Koch Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei p***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Burgstaller und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 50.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 197/09g-32, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Werkcharakter der Entwürfe des Klägers für eine mögliche Gestaltung der „Salzwelten“ ist unbestritten. Die Revisionswerberin macht jedoch geltend, dass ihre Leistungen das Werk des Klägers nicht beeinträchtigten, weil bei gebotener Gesamtbetrachtung des multimedialen Gesamtkunstwerks - die Ähnlichkeit der beiden Werke sich ausschließlich auf die Verwendung einer freizuhaltenden geometrischen Form, nämlich Kugel/Halbkugel beschränke. Mangels Kenntnis des klägerischen Werks durch die Nebenintervenientin liege keine Bearbeitung, sondern so man überhaupt von einer Ähnlichkeit ausgehe eine Parallelschöpfung vor.
2. Geometrische Formen an sich sind zwar Gemeingut (4 Ob 85/06p), jedoch kann auch die Verwendung allgemein bekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente urheberrechtsschutzfähig sein, wenn dadurch eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird (4 Ob 62/07g = RIS-Justiz RS0122439). Dass bekannte Stilmittel (im vorliegenden Fall eine Kugel) eingesetzt werden, schließt die Originalität nicht grundsätzlich aus, weil es auf die konkrete Umsetzung ankommt (4 Ob 19/06g).
3. Im Plagiatsstreit entscheidet allein die Übereinstimmung zwischen dem Original und dem Verletzungsgegenstand im schöpferischen, also in jenem Teil des Originals, das diesem das Gepräge der Einmaligkeit gibt (RIS-Justiz RS0076468). Ob sich eine Schöpfung aufgrund ihrer Originalität hinreichend deutlich von ähnlichen Schöpfungen unterscheidet und daher ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0122254).
4. Das Konzept des Klägers sah im Abschnitt 7 („G*****-Werk“) als zentrales Element eine - in verschiedenen Lichtgestalten und Projektionen dargestellte - Kugel vor dem Hintergrund des durch den Salzsee herausgebildeten Gesteins vor. Die Vorinstanzen haben der vom Kläger präsentierten Kugel in ihrer konkreten Ausgestaltung urheberrechtlichen Schutz zuerkannt und die über Veranlassung der Beklagten entwickelte Darstellung der Nebenintervenientin angesichts ihrer Übereinstimmung in den künstlerischen Gestaltungselementen als Bearbeitung des Werks iSd § 5 Abs 1 UrhG beurteilt.
Diese Beurteilung findet Deckung in der Rechtsprechung des Senats zum urheberrechtlichen Schutz von Werkteilen (vgl 4 Ob 162/08i; 4 Ob 111/08i). Da es danach auf die individuelle Eigenart des relevanten Werkteils (hier die konkrete Ausgestaltung der vom Kläger präsentierten Kugel im „G*****-Werk“) ankommt, bedarf es nicht der von der Rechtsmittelwerberin gewünschten Gesamtbetrachtung des multimedialen Gesamtkunstwerks. Stimmen jene Merkmale, die die individuelle Eigenart - und somit die Schutzfähigkeit - des Werkteils bestimmen, überein, so ist davon auszugehen, dass die Nachschöpfung in den geschützten Bereich des Originals eingegriffen hat (4 Ob 13/92; vgl auch Schumacher in Kucsko , Urheberrecht [2008] 162 f).
5. Die Klägerin stützt ihren Zahlungsanspruch auf §§ 86 und 87 UrhG. Zu dem von der letztgenannten Bestimmung geforderten Verschulden haben die Vorinstanzen keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, ein Verschulden der Beklagten ist jedoch offenkundig. Aus dem festgestellten Zeitablauf ergibt sich, dass die Beklagte jedenfalls Kenntnis des Werks des Klägers haben musste und dennoch einer Übernahme seiner wesentlichen Gestaltungselemente durch die Nebenintervenientin zustimmte. Dass die Beklagte die Bearbeitung nicht selbst vorgenommen hat, ist für den gegen sie gerichteten Ersatzanspruch unerheblich, weil sie die Bearbeitung der Nebenintervenientin in Kenntnis des (urheberrechtlich geschützten) Vorentwurfs für sich verwendete und auch zur Gestaltung von Werbematerial heranzog. Für die Beurteilung des Verschuldens der Beklagten kommt es auf die Kenntnis der Nebenintervenientin nicht an.
6. Die Ausführungen der Revisionswerberin zeigen insgesamt keine Rechtsfragen erheblicher Bedeutung iSv § 502 Abs 1 ZPO auf. Ihre außerordentliche Revision war als unzulässig zurückzuweisen.