OGH vom 30.05.2007, 7Ob40/07v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Dieter Schnetzinger, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Adolf T*****, vertreten durch Dr. Josef Broinger und Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 15.722,50 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 189/06v-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom , GZ 6 Cg 46/06f-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 15.722,50 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 6.301,48 (hierin enthalten EUR 608,11 USt und EUR 2.653,-- Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Dr. Herbert R***** hatte hinsichtlich seines PKW mit der Klägerin einen Kaskoversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Vollkasko-Versicherung (VK 2002) zugrundelagen, deren Art 10 lautet:
„Unter welchen Voraussetzungen kann eine Versicherungsleistung zurückgefordert werden? (Einschränkung des Regressrechtes des Versicherers)
§ 67 VersVG findet gegenüber dem berechtigten Lenker bzw berechtigten Insassen nur dann Anwendung, wenn auch einem Versicherungsnehmer (als Fahrzeuglenker oder Insassen) bei gleichem Sachverhalt Leistungsfreiheit einzuwenden gewesen wäre.
Als berechtigter Lenker bzw berechtigter Insasse gelten Personen, die mit Willen des Versicherungsnehmers oder des über das Fahrzeug Verfügungsberechtigten das Fahrzeug lenken oder damit befördert werden."
Nach einer im Auftrag des Fahrzeugeigentümers und Versicherungsnehmers der Klägerin von der Beklagten, einer Händlerin und Reparaturwerkstätte für Kraftfahrzeuge, durchgeführten Reparatur an diesem PKW führte ein hiezu befugter Mitarbeiter der Beklagten am eine Probefahrt durch, wobei am PKW für die Beklagte ausgegebene Probefahrtkennzeichen montiert waren. Beim Linkseinbiegen übersah der Mitarbeiter einen entgegenkommenden Motorradfahrer, sodass es zu einem Zusammenstoß kam. Am PKW entstand Totalschaden. Zu dessen Abdeckung überwies die Klägerin an ihren Versicherungsnehmer im Jänner 2005 den nunmehrigen Klagsbetrag von EUR 15.722,50.
Die Klägerin begehrte den Rückersatz dieses Betrages unter Berufung auf § 67 VersVG, wonach die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem mit der Beklagten geschlossenen Werkvertrag auf sie übergegangen seien. Die Beklagte habe für den Totalschaden einzustehen. Der Regressverzicht des Art 10 VK 2002 finde hier keine Anwendung. Diese Bestimmung betreffe lediglich den Lenker eines Fahrzeuges und regle nur das Regressrecht bei deliktischer Schadenszufügung. Überdies habe der Mitarbeiter der Beklagten den Unfall grob fahrlässig verschuldet.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie berief sich auf Art 10 VK 2002 und bestritt das Vorliegen grober Fahrlässigkeit. Der Regressverzicht gelte auch gegenüber dem beauftragten Reparaturunternehmen und bei einem anlässlich der Erfüllung des Reparaturauftrags verursachten Schaden. Außerdem gingen gemäß § 67 VersVG nur geldwerte Ersatzansprüche auf den Versicherer über, nicht aber aus dem Werkvertrag resultierende Verbesserungsansprüche.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Regressverzicht nach Art 10 VK 2002 umfasse grundsätzlich alle Schadenersatzansprüche, die im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall entstanden seien, somit auch solche, „welche (auch) auf der Basis eines Werkvertrages entstehen". Für die Wertung des Verhaltens des Mitarbeiters der Beklagten als grob fahrlässig gebe es keine Anhaltspunkte.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Versicherungsbedingungen regelmäßig für eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern bestimmt und von Bedeutung seien, sodass die Auslegung von Klauseln, die vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht zu beurteilen gewesen seien, eine erhebliche Rechtsfrage darstelle, es sei denn, der klare Wortlaut ließe unzweifelhaft nur eine Interpretation zu, wovon im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden könne.
Das Berufungsgericht führte aus, dass gemäß § 67 VersVG nicht nur Schadenersatzansprüche im engeren Sinn, sondern unter anderem auch Schadenersatzansprüche aus Leistungsstörungen bei einem vertraglichen Schuldverhältnis auf den Versicherer übergingen. Davon sei auch der hier aus der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten anlässlich der Erfüllung des Reparaturauftrages resultierende Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen die Beklagte, die für das Fehlverhalten ihres Mitarbeiters gemäß § 1313a ABGB hafte, umfasst. Der Versicherer habe jedoch im vorliegenden Fall auf sein Regressrecht nach Art 10 VK 2002 verzichtet.
Nach der Rechtsprechung (zum gleichlautenden Art 6 AKB/EA 96) befreie der Regressverzicht zu Gunsten des berechtigten Lenkers diesen vom Risiko, vom Versicherer auf Ersatz des von ihm verursachten Schadens herangezogen zu werden. Die auf der Versicherung eigener Sachen gerichtete Versicherung des Versicherungsnehmers umfasse in einem solchen Fall auch eine Fremdversicherung. Der Verzicht zu Gunsten des Schädigers sei nichts anderes als eine Form der - wenn auch nur teilweisen - Mitversicherung des Sachersatzinteresses dieses Schädigers. Die Berechtigung der Klageforderung hänge daher von der Auslegung des Begriffes des berechtigten Lenkers in Art 10 VK 2002 ab.
Versicherungsbedingungen seien nach ständiger Rechtsprechung nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung habe sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssten so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen müsse, wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der allgemeinen Vertragsbedingungen, also des Versicherers, gingen.
Art 10 VK 2002 ergänze das Familienprivileg des § 67 Abs 2 VersVG und stelle jeden berechtigten Lenker dem Versicherungsnehmer gleich, weil das Regressrecht auf Fälle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung beschränkt werde. Der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck der Bestimmung liege darin, das Sachersatzinteresse jeder Person, die mit Willen des Versicherungsnehmers das Fahrzeug lenke, unabhängig von familiären, emotionalen oder wirtschaftlichen Nahebeziehungen zwischen Versicherungsnehmer und Fahrzeuglenker zu schützen. Art 10 VK 2002 erfasse auch solche Personen, die auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrages mit dem Versicherungsnehmer zum Lenken des Fahrzeuges verpflichtet und damit auch berechtigt seien. Werde vom Versicherungsnehmer jemand damit beauftragt, das Fahrzeug zu lenken, so erstrecke sich der Regressverzicht - zumindest im Zweifel - nicht nur auf die natürliche Person, die in Erfüllung des einer anderen - natürlichen oder juristischen - Person erteilten Auftrages tatsächlich das Fahrzeug lenke, sondern auch auf die - juristische oder natürliche - Person, die sich zur Erfüllung der dem Versicherungsnehmer gegenüber vertraglich übernommenen Verpflichtung einer natürlichen Person, für deren Verhalten sie nach § 1313a ABGB einzustehen habe, bedienen könne oder sogar müsse und die ihre vom Versicherungsnehmer erteilte Berechtigung zum Lenken des Fahrzeuges durch einen Erfüllungsgehilfen ausüben lasse. Anderenfalls käme es zu - gemessen am objektiven Zweck der Bestimmung - völlig unsachlichen Ungleichbehandlungen zwischen Personen, die vom Versicherungsnehmer übernommene Aufträge persönlich erfüllten und solchen, die dazu Erfüllungsgehilfen einsetzten. Nichts anderes könne für den Fall gelten, dass vom Versicherungsnehmer eine Handelsgesellschaft vertraglich mit der Vornahme einer Werkleistung an dem Fahrzeug beauftragt werde, die ein Lenken des Fahrzeuges erforderlich mache. Das Erstgericht habe daher zu Recht die Beklagte als berechtigte Lenkerin im Sinn des Art 10 VK 2002 angesehen und die von der Klägerin geltend gemachte Regressforderung auf Grund des zwischen der Klägerin und deren Versicherungsnehmer vereinbarten Regressverzichtes verneint. Darauf, dass der Mitarbeiter der Beklagten den Verkehrsunfall grob fahrlässig verursacht habe, komme die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht mehr zurück.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung primär die Zurückweisung des Rechtsmittels wegen fehlender erheblicher Rechtsfrage; hilfsweise beantragt sie, diesem keine Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, ist die Beklagte als mit der PKW-Reparatur beauftragte Werkunternehmerin infolge der mit dem Reparaturauftrag übernommenen Haupt- und Nebenpflichten und der Erfüllungsgehilfeneigenschaft ihres den Unfall verschuldenden Mitarbeiters (§ 1313a ABGB) zum Ersatz des am PKW des Versicherungsnehmers der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Schuldner - auch der Werkunternehmer - nicht nur die geschuldete Hauptleistung zu erbringen, sondern er hat auch darauf zu achten, dass Rechtsgüter des Gläubigers, mit denen er in Berührung kommt, nach Tunlichkeit vor Schaden bewahrt werden (RIS-Justiz RS0017049). Richtig ist weiters, dass nach § 67 VersVG alle Schadenersatzansprüche des Versicherungsnehmers (Versicherten) auf den Versicherer übergehen, wobei es auf die Art eines solchen Anspruches nicht ankommt. Es genügt, wenn der Versicherungsnehmer einen Anspruch gegen einen Dritten anlässlich eines Versicherungsfalles (hier: Unfall mit dem kaskoversicherten PKW) erwirbt (RIS-Justiz RS0080533). Auch Schadenersatzansprüche aus Leistungsstörungen bei einem vertraglichen Schuldverhältnis sind vom Forderungsübergang nach § 67 VersVG umfasst (3 Ob 305/02b ua).
Das Berufungsgericht hat zwar weiters auch die für allgemeine Versicherungsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätze zutreffend dargestellt. Es hat diese jedoch auf die hier zu beurteilende Bestimmung des Art 10 VK 2002 unrichtig angewendet. Seine Auslegung, dass auch der Unternehmer einer KFZ-Reparaturwerkstätte, der von einem Dritten (hier: seinem Dienstnehmer) eine Probefahrt im Rahmen einer Fahrzeugreparatur durchführen lässt, unter den Begriff des „berechtigten Lenkers" falle, ist verfehlt.
Für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 915 2. Fall ABGB, die bei einer undeutlichen Vertragsbestimmung dem Versicherer (und nicht, wie in der Revision ausgeführt wird, der sich auf den Regressverzicht berufenden Beklagten) zur Last fiele (7 Ob 81/06x), besteht kein Anlass. Nach dem Wortlaut des Art 10 VK 2002 gilt der Regressverzicht (nur) gegenüber dem berechtigten Lenker (und dem Insassen), wobei dieser Begriff in Abs 2 noch näher dahin definiert wird, dass als Lenker nur derjenige zu qualifizieren ist, der mit dem Willen des Versicherungsnehmers „oder des über das Fahrzeug Verfügungsberechtigten" das Fahrzeug lenkt. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist klar, dass unter dem Lenker eines Fahrzeuges nur eine Person verstanden werden kann, die aktiv mit dem Betrieb des Fahrzeuges zu tun hat. In diesem Sinn wird der Begriff des Lenkers etwa auch in § 2 Abs 2 KHVG definiert und den Begriffen des Halters und des Eigentümers gegenübergestellt. Hätte der Versicherer beabsichtigt, auch den Verfügungsberechtigten unabhängig davon, ob er das Fahrzeug selbst lenkt, in den Regressverzicht einzubeziehen, bliebe völlig unerklärlich, warum er nicht einfach auch diesen bei der Aufzählung der vom Regressverzicht Betroffenen aufgenommen hat und zudem in Abs 2 die Begriffe des Verfügungsberechtigten und des Lenkers einander gegenüber stellt. Im Übrigen kann ein verständiger Versicherungsnehmer nicht davon ausgehen, dass ein Versicherer bei der Ausarbeitung seiner AGB die Begriffe des Verfügungsberechtigten und des Lenkers gar nicht voneinander unterscheiden wollte oder verwechselte und den Regressverzicht trotz des gewählten Wortlautes der Bestimmung auch auf den nicht lenkenden Verfügungsberechtigten ausdehnen wollte.
Darüber hinaus darf ein Verzicht grundsätzlich nur einschränkend ausgelegt werden. Auch auf den Regressverzicht des Versicherers ist der erste Tatbestand des § 915 ABGB - wonach bei einseitig verbindlichen Verträgen im Zweifel angenommen wird, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte - anzuwenden (Binder in Schwimann ABGB³ § 915 ABGB Rz 11 mwN). Es handelt sich auch hier um die (freiwillige) Aufgabe eines Rechtes des Versicherers, auf die weder dem Versicherungsnehmer noch dem Beklagten ein Anspruch zusteht (vgl 7 Ob 34/99x = VersR 2001, 1011).
Der Reparaturunternehmer ist zwar (mangels gegenteiliger Anordnungen des Kunden) jedenfalls auch als vom Kunden zur Durchführung einer Probefahrt Berechtigter, also als Verfügungsberechtigter, anzusehen. Eine Auslegung dahin, dass der Regressverzicht in der Kollisionskaskoversicherung parallel zur Mitversicherung in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, die dort auch den Halter umfasst, gelten soll, lässt aber allein der Wortlaut der Bestimmung des § 10 VK 2002 nicht zu.
Auch die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen, dass der Regressverzicht des Kaskosversicherers auf den Betreiber einer Reparaturwerkstätte auszudehnen sei, um eine Ungleichbehandlung zwischen solchen Personen, die eine Probefahrt selbst vornehmen und solchen, die diese Aufgabe delegieren (oder als juristische Person delegieren müssen), zu verhindern, vermag das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes ebenso wenig zu rechtfertigen wie das Argument der Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung, dass der Lenker andernfalls doch im Rahmen des Regresses nach § 1313a ABGB zum Ersatz des Fahrzeugschadens - wenn auch hier infolge der Bestimmungen des DHG im geringeren Umfang - herangezogen werden könnte.
Es ist zwar denkbar, dass die Versicherung eigener Sachen konkludent oder bei ergänzender Vertragsauslegung auch das Sachersatzinteresse Dritter (anderer gebrauchsbefugter Personen) umfassen kann (Prölss in Prölss/Martin VVG27 § 80 VersVG Rz 1 ff mwN). Dementsprechend hat auch der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 1/93m (SZ 66/19) erwogen, dass die Kaskoversicherung zwar grundsätzlich die Versicherung des Eigentümerinteresses des Versicherungsnehmers sei, die Mitversicherung anderer Interessen als des Eigentümerinteresses jedoch auch in der Kaskoversicherung möglich sei. Einen Ausgangspunkt für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes bilde § 80 VersVG, wonach eine Versicherung nur dann für eigene Rechnung gelte, wenn sich aus den Umständen nicht ergebe, dass sie für einen anderen genommen werden solle. In Fällen, in denen schon beim Abschluss des Kaskoversicherungsvertrages vorgesehen werde, dass die versicherte Sache (auch) von Dritten benützt werde, ohne dass damit eine Risikoerhöhung verbunden sei, sei der Einschluss des Sachinteresses dieser Dritten in die Kaskoversicherung des Eigentümers anzunehmen. Der Einschluss könne sich aber auch aus einem Regressverzicht zu Gunsten solcher Personen in den einschlägigen Versicherungsbedingungen ergeben. Dort, wo er, wäre er zum Gegenstand der Vertragsgespräche gemacht worden, nicht einmal zur Prämienerhöhung geführt hätte, könne er auch als vereinbart angesehen werden, wenn dieser Punkt nicht ausdrücklich erörtert worden sei. Bei der Auslegung eines Vertrages, der keinen ausdrücklichen Einschluss eines Fremdinteresses enthalte, sei eine Interessenabwägung vorzunehmen: Der Umstand, dass die Benützung der versicherten Sache durch bestimmte Dritte vorgesehen sei, spreche zunächst für das Interesse dieser Personen, in den Kaskoversicherungsvertrag einbezogen zu werden. Werde eine damit verbundene Gefahrenerhöhung durch eine entsprechende Prämienanpassung ausgeglichen, dann sei auch die Zustimmung des Versicherers zum Einschluss derartiger Fremdinteressen anzunehmen.
Aus diesen Erwägungen ist jedoch für die Beklagte nichts zu gewinnen:
Für die Vertragspartner des KFZ-Kaskoversicherungsvertrages ist zwar vorhersehbar, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit am PKW Reparaturarbeiten in einer Werkstätte vorgenommen und in diesem Zusammenhang Probefahrten durchgeführt werden. Einerseits ergibt sich hier aber schon aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen, dass der Wille des Versicherers, wie bereits ausgeführt, gerade nicht darauf gerichtet war, den Werkstättenbetreiber, der selbst nicht lenkt, als (bloßen) Verfügungsberechtigten in den Regressverzicht einzubeziehen. Ist ausdrücklich der Regressverzicht zu Gunsten bestimmter Personen (hier: des berechtigten Lenkers) vorgesehen, so hat dieser insofern „Sperrwirkung", als sich aus ihm ergibt, dass der Regress gegen andere Nutzer nicht ausgeschlossen sein soll (Prölss aaO § 80 VVG Rz 14c). Andererseits ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass der KFZ-Kaskoversicherer das unternehmerische Risiko eines potenziellen Werkunternehmers, der mit dem versicherten Fahrzeug in Berührung kommt, mitversichern wollte. Vielmehr können die Kunden eines Reparaturwerkstättenunternehmers und der Versicherer des Kunden davon ausgehen, dass der Werkstättenunternehmer sein bei Probefahrten bestehendes Unternehmerrisiko durch eine entsprechende Betriebshaftpflichtversicherung - mit den für den KFZ-Handel und die KFZ-Reparatur bestehenden Besonderheiten - eingedeckt hat (vgl 7 Ob 34/99x). Hat der (gegenüber dem Kunden) haftpflichtige Unternehmer keine solche Haftpflichtversicherung genommen, obwohl dies verkehrsüblich ist, so ist der Schutz des potentiell Haftpflichtigen kein vom Sachversicherer zu berücksichtigendes Anliegen des Eigentümers der Sache (Prölss aaO § 80 VVG Rz 16a). Das Sachersatzinteresse von Werkunternehmern, die mit der vom Eigentümer versicherten Sache in Berührung kommen, ist häufig durch eine Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt, sodass der Schutz dieses Interesses durch eine Sachversicherung zurücktritt. Auch wenn eine Haftpflichtversicherung im konkreten Fall nicht besteht, hat der Eigentümer kein Interesse am Schutz von Werkunternehmern, da es jedenfalls deren Angelegenheit ist, sich selbst um den Schutz ihrer Haftpflichtinteressen zu kümmern (Prölss aaO § 80 VVG Rn 30 mwN).
Der Umstand, dass der tatsächliche Lenker eines kaskoversicherten PKWs bei bestimmten Fallkonstellationen letztlich doch im Regressweg vom (nicht lenkenden) Verfügungsberechtigten in Anspruch genommen werden könnte, wenn nicht auch der Verfügungsberechtigte in den Regressverzicht des Kaskoversicherers einbezogen wird, verschlechtert die Position des Lenkers, der einen Unfall verschuldet, grundsätzlich nicht: Einerseits schließt der Regressverzicht des Kaskoversicherers gegenüber dem Lenker nicht aus, dass der Versicherungsnehmer selbst gegen den berechtigten Lenker, der einen Unfall verschuldet, oder gegen den Werkstättenbetreiber, der dann gegen den Lenker Regress nimmt, vorgeht. Andererseits könnte der Versicherer selbst, hätte er keine Regressverzichtserklärung abgegeben (im Unterschied zum zwingend angeordneten Regressverzicht gegenüber Angehörigen des Versicherungsnehmers) den den Fahrzeugschaden verschuldenden berechtigten Lenker in vollem Umfang im Regressweg zum Schadenersatz heranziehen.
An dieser Rechtslage ändert die hier durch die Bestimmungen des DHG letztlich eingeschränkte Haftung des Lenkers nichts. Handelt es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegen seinen Dienstnehmer (der im Wege der Legalzession gemäß § 67 VersVG auf den Kaskoversicherer übergegangen ist), sondern um einen Schadenersatzanspruch eines außenstehenden Dritten, sind Ansprüche dritter Personen, die der Versicherer befriedigen musste, nicht nach dem DHG zu beurteilen. Wird der Dienstnehmer in Anspruch genommen, ist er insoweit auf die Vergütung gegen seinen Dienstgeber im Sinn des § 3 DHG zu verweisen (7 Ob 42/98x = SZ 71/124).
Der Regressverzicht gegen den berechtigten Lenker bewirkt (anders als wenn dieser selbst Versicherter oder Mitversicherter wäre) keine vollständige Mitversicherung des Sachersatzinteresses des Lenkers. Dieser hat etwa selbst keinen Regress gegen den Versicherer und kann vom Versicherungsnehmer zum Schadenersatz herangezogen werden, ohne dass ihm der Einwand zusteht, dieser solle seinen Kaskoversicherer in Anspruch nehmen (Prölss aaO § 80 VVG Rz 11). Die Erklärung, dass der Versicherer bestimmten Personen gegenüber auf einen Regess verzichtet, besagt nicht in jedem Fall, dass der Versicherer damit auch die Verpflichtung übernimmt, den Schädiger immer auch von Regressansprüchen Dritter freizuhalten.
Der Regressverzicht gegenüber dem berechtigten Lenker ist trotz fehlenden Regressverzichts gegen den - nicht selbst lenkenden - Verfügungsberechtigten nicht generell sinnlos. Die Möglichkeit, dass der Lenker im Regressweg vom Verfügungsberechtigten herangezogen wird, ist zwar bei Vorliegen eines Werkvertragsverhältnisses zwischen dem Versicherungsnehmer und dem - eben deshalb - Verfügungsberechtigten naheliegend, bei anderen Konstellationen - etwa wenn der Versicherungsnehmer sein Fahrzeug an Dritte zum Zweck der Benützung auch durch weitere Personen überlässt, hingegen nicht, weil dann nur eine deliktische Haftung in Frage kommt.
Eine Auslegung der hier zu beurteilenden Kaskoversicherungsbedingungen dahin, dass in jedem Fall auch der Reparaturunternehmer, der anlässlich einer durchzuführenden Reparatur eine Probefahrt unternehmen lässt, vom KFZ-Kaskoversicherer seines Kunden nicht im Regressweg für einen bei der Probefahrt entstandenen Schaden am Kraftfahrzeug herangezogen werden kann, kommt daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht in Betracht.
Die Urteile der Vorinstanzen sind deshalb im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Im Berufungsverfahren gebührt nur ein Einheitssatz von 150 Prozent und nicht, wie verzeichnet, von 180 Prozent.