OGH vom 13.02.2018, 5Ob242/17z

OGH vom 13.02.2018, 5Ob242/17z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr.

Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei b***** AG, *****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Ullmann-Geiler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1.237.116,44 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 39/17b-26, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Das gab der Klage auf Auszahlung des Guthabens auf einem Konto der Klägerin bei der Beklagten statt.

Das gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, das aufrechte Pfandrecht der Beklagten am Kontoguthaben stehe einer Auszahlung an die Klägerin entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RISJustiz RS0042936). Dies ist hier nicht der Fall.

1.1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, im Rahmen des „StandStillÜbereinkommens“ sei das Pfandrecht am gegenständlichen Guthaben laut AGB als „existing security“, also als bestehende Sicherheit anerkannt worden, sodass keinesfalls von einem Verzicht auf dieses Pfandrecht auszugehen sei, ist insbesondere mit Blick auf die Korrespondenz der rechtsfreundlichen Vertreter im Vorfeld dieses Übereinkommens nicht korrekturbedürftig.

1.2. Auch die Auslegung der „declaration of approval“ vom durch das Berufungsgericht ist vertretbar. Die in Aussicht genommene Verteilung der Veräußerungserlöse unter den Gläubigern, enthielt keine ausdrückliche Regelung zu Pfandrechten an Kontoguthaben oder anderen „existing securities“ gemäß StandStillÜbereinkommen. Nach den Feststellungen gingen alle Überlegungen im Zusammenhang mit der dort als Grundlage zitierten Lastenverteilung davon aus, dass die Erlöse aus der Verwertung der „existing securities“ allen Altgläubigern zukommen sollten. Demgemäß wäre im Fall der Anmeldung des Pfandrechts durch die Beklagte zwar der für die Beklagte vorgesehene Erlösanteil um 452.000 EUR niedriger gewesen, dessen ungeachtet hätte sie den Klagebetrag vom gegenständlichen Konto aufgrund des Pfandrechts einziehen dürfen. Eine Verwertung im Sinn einer Einziehung des Kontoguthabens, hinsichtlich dessen der Beklagten eine „existing security“ unverändert zustehen sollte, war offenbar nicht beabsichtigt. Im Umfang des Pfandrechts am Kontoguthaben war vielmehr eine Befriedigung der Beklagten im Ausmaß von 100 % vorgesehen, sodass die Auslegung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht auf ihr Pfandrecht verzichtet, nicht korrekturbedürftig ist.

1.3. Das „burdensharingagreement“ sah eine Option der S***** vor, nach Abschluss aller Veräußerungsvorgänge und Verteilung der Erlöse sämtliche (zugunsten des Sicherheitenpools verpfändete) Aktien der Klägerin zu übernehmen und zu verlangen, dass die Gläubiger ihre restlichen, nach Vereinnahmung aller Verwertungserlöse und (naturgemäß aller „existing securities“) noch verbleibenden Restforderungen, die aufgrund der Struktur des Verwertungskonzepts und dem der Vereinbarung zugrundeliegenden Parteiwillen nicht mehr werthaltig sein konnten, an die S***** um 1 EUR abzutreten. Auch diese Vereinbarung nimmt nach der nicht korrekturbedürftigen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts darauf Bezug, dass die Gläubiger lediglich die ihnen nach Vereinnahmung der Verwertungserlöse und aller „existing securities“ noch verbleibenden Restforderungen abzutreten haben. Die Auslegung, die Forderung der Beklagten sei gar nicht als Restforderung im Sinn dieser Vereinbarung anzusehen, soweit sie noch durch das Pfandrecht besichert war, ist zumindest vertretbar, zumal sich aus dem festgestellten Inhalt der Vereinbarung ableiten lässt, dass durch deren Unterfertigung alleine bestehende Sicherheiten noch nicht erloschen sein sollten. In Punkt 4.1.4. wurde vielmehr eine ausdrückliche Verpflichtung der Gläubiger vorgesehen, über schriftliche Aufforderung der Mutter und auf ihre Kosten jegliche von der Mutter oder irgendeinem Mitglied des Konzerns bereitgestellte verbleibende Sicherheiten in dem Ausmaß, als sie nicht im Zug der Veräußerung freigelassen wurden, frei zu geben. Dies zeigt, dass die Parteien von einem Weiterbestand der „existing securities“ ausgingen. Die Auslegung des Berufungsgerichts, ungeachtet der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen habe die Beklagte auf ihr Pfandrecht am Kontoguthaben nicht verzichtet, ist daher im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.

2. Auch mit dem Vorbringen, das Berufungsgericht übersehe den Grundsatz der Akzessorietät, zumal das Pfandrecht das Entstehen und das Fortbestehen einer Forderung aus einem gültigen Rechtsgrund voraussetze, der Beklagten aber keine Forderung gegen die Klägerin mehr zustehe, spricht diese keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO an.

2.1. Auf das aufrechte Bestehen ihres Pfandrechts (wenn auch als „existing security“ bezeichnet) hat sich die Beklagte in ihrem Prozessvorbringen gestützt.

2.2. Gemäß § 469 ABGB hört das Pfandrecht (erst) durch vollständige Tilgung der Schuld auf. Der Akzessorietätsgrundsatz besagt, dass ein Pfandrecht ohne Forderung nicht entstehen oder fortbestehen kann. Der Pfandgläubiger behält das Recht auf Befriedigung aus der Pfandsache bis zum gänzlichen materiellen Erlöschen der Forderung (RISJustiz RS0011343 [T3]). Demgemäß lässt die Teilzahlung die Haftung des ganzen Pfandes für die Restforderung unberührt (RISJustiz RS0011341; Koch in KBB5 § 469 Rz 5).

2.3. Dass eine vollständige Befriedigung der Beklagten nicht erfolgte, ist im Revisionsverfahren nicht strittig, auch die Klägerin argumentiert lediglich mit einer Abtretung der verbliebenen Restforderung an eine Dritte. Das Berufungsgericht ging erkennbar davon aus, im Umfang des Pfandrechts am Kontoguthaben sei die Forderung der Beklagten gar nicht von den von der Klägerin ins Treffen geführten Vereinbarungen erfasst, sodass insoweit eine Abtretung als „nicht mehr werthaltige Restforderung“ gar nicht erfolgt sei. Dass diese Auslegung jedenfalls vertretbar ist, wurde bereits oben (1.3.) erörtert. Ob das Pfandrecht am Kontoguthaben für den Fall, dass man von einer Abtretung der Restforderung ausginge, im Sinn des § 1394 ABGB auf die Zessionarin übergegangen sein konnte, bedarf somit keiner Erörterung. Auch die Abtretung der Forderung führt nicht zum Erlöschen des Pfandrechts.

3. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen, einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00242.17Z.0213.000
Schlagworte:
;

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.